Pirouette No. 06/2020 Juli + August
ISU Skating Awards Wertvollster Läufer - unterhaltsamstes Programm - beste Newcomerin - bestes Kostüm - beste Trainerin - beste Choreographin - Lebenswerk: Die ISU vergibt erste »Eislauf-Oscars« online und ehrt damit alle im Eiskunstlauf Tätigen. Sommertraining, das ist weiteres Schwerpunktthema dieser Ausgabe. Tatjana Flade und Klaus-Reinhold Kany besuchten die Trainingszentren in Telfs, Egna, Oberstdorf, Berlin und Dortmund um exclusiv für die Pirouette zu berichten. … Topthemen: · ISU Skating Awards 2020 · Sommertraining Weiteres aus dem Inhalt: · Interview: Vanessa James & Maé-Bérénice Méité · Wettbewerbs-Planung der ISU: Die nächsten Weltmeisterschaften, Grand Prix und Challenger · Interview: Stéphane Lambiel · Juli-Training in Telfs: Lambiels Sommertraining mit Paganini, Vasiljevs, Shimada, Zandron · Interview: Katharina Müller & Tim Dieck · Juni-Training in Dortmund · Neues aus aller Welt · Die Corona-Krise und der Sportverein: Ein kritischer Blick auf eine Entwicklung · Juli-Training in Egna · Juni-Training in Oberstdorf · Juni-Training in Berlin · Neues aus aller Welt · Leserbrief von Denise Biellmann · ISU-Serie „Keep Training!“: Signale für die Zukunft · ISU Skating Awards 2020: Hanyu, Papadakis/Cizeron, Kostornaia, Browning und andere geehrt · Sommertraining in Russland · Buchrezension: The Girl Without a Face (Ein amerikanischer Eislaufroman) · Eislaufgeschichte: Elsa Rendschmidt, Die große Pionierin des deutschen Damen-Eiskunstlaufens Titelbild: Eteri Tutberidze mit ihrer Schülerin Alina Zagitova. ISU Skating Awards: Eteri Tutberidze setzte sich in der Wahl zum besten Coach durch. Es war überraschend, dass Alina Zagitova es nicht ins Finale als wertvollste Läuferin schaffte. Foto: Tatjana Flade Auch als Printversion erhältlich unter: www.pirouette-online.de/nr-6-juli-august-2020.html (Erscheinungstermin 28.7.2020)
ISU Skating Awards
Wertvollster Läufer - unterhaltsamstes Programm - beste Newcomerin - bestes Kostüm - beste Trainerin - beste Choreographin - Lebenswerk: Die ISU vergibt erste »Eislauf-Oscars« online und ehrt damit alle im Eiskunstlauf Tätigen. Sommertraining, das ist weiteres Schwerpunktthema dieser Ausgabe. Tatjana Flade und Klaus-Reinhold Kany besuchten die Trainingszentren in Telfs, Egna, Oberstdorf, Berlin und Dortmund um exclusiv für die Pirouette zu berichten. …
Topthemen:
· ISU Skating Awards 2020
· Sommertraining
Weiteres aus dem Inhalt:
· Interview: Vanessa James & Maé-Bérénice Méité
· Wettbewerbs-Planung der ISU: Die nächsten Weltmeisterschaften, Grand Prix und Challenger
· Interview: Stéphane Lambiel
· Juli-Training in Telfs: Lambiels Sommertraining mit Paganini, Vasiljevs, Shimada, Zandron
· Interview: Katharina Müller & Tim Dieck
· Juni-Training in Dortmund
· Neues aus aller Welt
· Die Corona-Krise und der Sportverein: Ein kritischer Blick auf eine Entwicklung
· Juli-Training in Egna
· Juni-Training in Oberstdorf
· Juni-Training in Berlin
· Neues aus aller Welt
· Leserbrief von Denise Biellmann
· ISU-Serie „Keep Training!“: Signale für die Zukunft
· ISU Skating Awards 2020: Hanyu, Papadakis/Cizeron, Kostornaia, Browning und andere geehrt
· Sommertraining in Russland
· Buchrezension: The Girl Without a Face (Ein amerikanischer Eislaufroman)
· Eislaufgeschichte: Elsa Rendschmidt, Die große Pionierin des deutschen Damen-Eiskunstlaufens
Titelbild:
Eteri Tutberidze mit ihrer Schülerin Alina Zagitova. ISU Skating Awards: Eteri Tutberidze setzte sich in der Wahl zum besten Coach durch. Es war überraschend, dass Alina Zagitova es nicht ins Finale als wertvollste Läuferin schaffte. Foto: Tatjana Flade
Auch als Printversion erhältlich unter: www.pirouette-online.de/nr-6-juli-august-2020.html (Erscheinungstermin 28.7.2020)
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6<br />
Stéphane Lambiel<br />
Der zweimalige<br />
Welt meister<br />
Stéphane Lambiel (35)<br />
aus der Schweiz<br />
kon zen triert sich<br />
zu nehmend auf seine<br />
Arbeit als Trainer und<br />
Choreograph.<br />
Stéphane Lambiel<br />
»Als Trainer musst du den<br />
Schlüssel zu jedem Läufer finden«<br />
Interview<br />
Foto: Flade<br />
<strong>Pirouette</strong>: Wann konnten Sie wieder auf<br />
dem Eis arbeiten?<br />
Stéphane: Wir haben am 11. Mai angefangen,<br />
in Champéry waren wir ab dem 21. Mai. Die<br />
vergangene Saison endete leider ohne das<br />
Hauptziel für die Sportler (die WM). Das war<br />
für viele schwer zu akzeptieren. Die Hallen<br />
waren nach der Absage der WM noch eine<br />
Weile offen, aber die Motivation war weg. Wir<br />
haben uns viele Dinge gefragt, wir wussten<br />
nicht, was die Zukunft bereithielt und waren<br />
etwas verloren. Ich habe mit meinem Team<br />
gleich mit Training außerhalb vom Eis begonnen,<br />
damit die Sportler aktiv blieben.<br />
Wie war es nach der Pause, wieder ins Training<br />
zurückzukommen?<br />
Ich war in der Tat überrascht, denn alle Sportler<br />
haben sehr gut wieder angefangen. Ich<br />
denke, dass kommt daher, weil wir während<br />
der Isolationszeit Kontakt gehalten haben. Wir<br />
hatten den Kontakt, um die Motivation zu<br />
halten und wir hatten das physische Training,<br />
um die Form zu halten. Die Sportler haben die<br />
Verantwortung übernommen, autonomer zu<br />
arbeiten und sich selbst besser zu korrigieren.<br />
Sie hatten die Zeit, ihre eigenen Bedürfnisse<br />
zu entwickeln, ihre Vorlieben. Das war etwas<br />
sehr Positives. Als wir wieder angefangen haben,<br />
hatten einige der Schüler sich sogar fortentwickelt<br />
im Vergleich zu vorher.<br />
Wie unerwartet war das für Sie?<br />
Die gesamte Situation war sehr, sehr unerwartet.<br />
Wir leben in einer Welt, in der alles sehr,<br />
sehr schnell geht und dann auf einmal bleibt<br />
alles stehen. Aber wie ich sagte, wir haben<br />
schnell etwas organisiert, damit die Schüler<br />
untereinander in Kontakt blieben. Es hat mir<br />
sehr gefallen, dass alle sehr solidarisch waren,<br />
trotz der Distanz.<br />
Wie denken Sie, wird die Pandemie die neue<br />
Saison beeinflussen?<br />
Das ist schwer zu sagen. Als Sportler hatte ich<br />
immer gerne Ziele, und das hat mir erlaubt,<br />
mein Training zu planen und hat mich motiviert.<br />
Jetzt, in dieser unsicheren Situation ist<br />
es sehr schwierig, Ziele zu setzen. Es gibt sehr<br />
viele Fragen und ich denke, es ist sehr wichtig,<br />
an sich selbst zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln.<br />
Wir bereiten uns vor und sind auf<br />
Stand-By und gleichzeitig bereit, wenn es die<br />
Bestätigung gibt, dass die Saison beginnt.<br />
Haben Sie die Zeit genutzt, um Musik zu<br />
recherchieren und sich neue Programme auszudenken?<br />
Wir haben schon vor der WM viel Musik gehört<br />
und die Zeit nach der Absage war sehr kreativ.<br />
Dann ließ es ein wenig nach, weil wir nicht<br />
wussten, was passieren wird, danach ging es<br />
wieder aufwärts. Ich habe meine erste Choreographie<br />
mit Zoom gemacht, das Kurzprogramm<br />
mit Satoko Miyahara.<br />
Wie negativ ist so eine lange Eispause für die<br />
Läufer?<br />
Als Sportler hatte ich Verletzungen und musste<br />
manchmal für zwei Monate pausieren und 2008<br />
habe ich fast ein ganzes Jahr pausiert. Es ist<br />
immer schwer zurückzukommen, es braucht<br />
Zeit, aber es ist auch eine Zeit um zu entspannen,<br />
mit dem Kopf woanders zu sein und wenn<br />
du zurückkommst, hat dein Geist sich weiterentwickelt<br />
und du bist kreativer und aufnahmefähiger.<br />
Eine Pause ist nicht unbedingt etwas<br />
Schlechtes. Allerdings hat die Situation auf unserem<br />
Planeten einen Einfluss. Wir wissen nicht<br />
genau, was geschieht und ich mache mir mehr<br />
Gedanken um die Atmosphäre in der Welt. Ich<br />
bemerke zwei Seiten der Gesellschaft – die eine<br />
ist aggressiv und sagt ‚dieses Virus wird uns<br />
nicht attackieren, das Leben muss weitergehen‘<br />
und die andere ist viel vorsichtiger, hat Angst.<br />
Wenn sich diese zwei Teile der Gesellschaft gegenseitig<br />
konfrontieren, ist es schwer, eine Balance<br />
zu finden.<br />
Was ist Ihre Vision für den Eiskunstlauf?<br />
Zuallererst definiere ich Eislaufen als eine<br />
Kunst, in der du physisches Können zeigen<br />
kannst, aber auch die Möglichkeit hast, etwas<br />
auszudrücken und zu interpretieren. Ich würde<br />
sagen, es ist die einzige Sportart, die diese Eleganz,<br />
Raffinesse hat und in der die Persönlichkeit<br />
eine solche Bedeutung hat. Meine Vision<br />
ist, dass wir weiterhin diese starken Persönlichkeiten<br />
haben, die den Eiskunstlauf voranbringen,<br />
die dich träumen lassen, wenn alles mehr und<br />
mehr reglementiert und technisch wird. Vision<br />
ist weniger Berechnung, sondern mehr Träumen,<br />
mehr Persönlichkeit, mehr Musikalität, mehr<br />
Emotion. Das ist das, was mich am Eiskunstlauf<br />
angezogen hat, als ich sieben Jahre alt war. Und<br />
jetzt, 28 Jahre später, ist es immer noch das,<br />
was ich mir wünsche.<br />
Werden Sie weiter in Shows auftreten?<br />
Das ist eine gute Frage. Ich trete gerne auf,<br />
denn ich habe immer noch diesen Wunsch,<br />
mich zu zeigen und ich habe Freude am Eislaufen.<br />
Ich weiß nicht, wie lange, aber ein paar<br />
Jahre möchte ich noch weitermachen. Mir<br />
macht das Unterrichten sehr viel Spaß und ich<br />
habe großes Glück mit meinen Schülern.<br />
Sie sagten mal, dass sie nie Trainer werden<br />
wollten. Wieso haben Sie Ihre Meinung<br />
geändert?<br />
Ich habe das gesagt, weil ich Herrn Grütter vor<br />
Augen hatte, der immer schon und immer noch<br />
jeden Tag von 6:30 Uhr morgens bis 19:30 Uhr<br />
abends in der Eishalle arbeitet. Ich hatte viel<br />
Bewunderung für ihn, aber gleichzeitig hatte<br />
ich nicht vor, dieses Modell zu kopieren. Und<br />
heute mache ich genau dasselbe! Mein erster<br />
Schüler, für den ich Choreographie gemacht<br />
habe, war Denis Ten. Ich denke an ihn und behalte<br />
ihn im Herzen. Dank ihm habe ich meine<br />
Leidenschaft zum Unterrichten entdeckt und<br />
was du einem Schüler geben kannst. Dann lud<br />
mich der japanische Verband zu einem Seminar<br />
ein. Ich fand es wunderbar, dass ich trotz der<br />
Sprachbarriere einen Weg fand, mit jedem einzelnen<br />
Kind zu kommunizieren. Das weckte<br />
meine Leidenschaft, denn als Trainer musst du<br />
den Schlüssel finden, um die Tür zu jedem Läufer<br />
zu öffnen.<br />
Warum haben Sie Ihre Schule in Champéry<br />
eröffnet?<br />
Erstens ist Champéry im Vallée, das ist die Region,<br />
in der ich aufgewachsen bin. Es war wichtig<br />
für mich, nah bei meiner Familie zu sein. Zweitens<br />
haben sie im Jahr 2005 die Eishalle für das<br />
Europäische Olympische Jugendfestival renoviert.<br />
Bis 2014 wurde die Halle kaum genutzt<br />
und mir gefiel der Ort. Ich möchte auch dem<br />
Schweizer Eiskunstlauf etwas zurückgeben und<br />
den Eiskunstlauf im Vallée entwickeln.<br />
Vielen Dank für das Interview!<br />
Mit Stéphane Lambiel sprach Tatjana Flade. •••