Routenführer der Herzschlaufen 2021
Die Schweiz entdecken per E-Bike. Die Veloland-Route 99 führt vom Bodensee zum Genfersee in 13 Tagesetappen quer durch die ganze Schweiz. Eine wunderbare Route abseits vom Verkehr durch die schönsten Regionen der Schweiz. Die Veloland-Routen Herzschlaufe Sense (299), Herzschlaufe Napf (399), Herzschlaufe Seetal (599) und neu Herzschlaufe Burgdorf (899) erweitern die "Original-Herzroute" ideal und verzaubern mit idyllischen Landschaften. Radwandern für Geniesser - jetzt auf mehr als 1000km!
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Die Eidgenossen
Eine kleine Einführung für ausländische Gäste
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Die Schweiz ist so schön, dass eine
vernünftige Annäherung fast nicht
möglich ist.
Normale Staaten haben Bürger, die Schweiz hat Eidgenossen. Diese subtile Erweiterung
des gesellschaftlichen Wir-Gefühls mag im ersten Moment nostalgisch, ja reichlich
mirakulös anmuten, bei näherer Betrachtung stellt der Besuchende des Alpenlandes
aber fest, dass in der Tat ein geringer sozialer Gen-Defekt vorliegt, der nicht hinlänglich
erklärt werden kann. Natürlich wissen wir, dass im ausgehenden 13. Jahrhundert eine
erste Task-Force gegen das organisierte Verbrechen (Die Habsburger) gebildet werden
musste, auf die sich heute das ganze Gefüge der Schweiz abstützt, zumindest mental.
Diese geschichtliche Eindeutigkeit, fussend auf einem Treueschwur im Nieselregen, ist
eine der Schwächen und Stärken des Alpenlandes. Die Stärke besteht darin, dass die
Schweizer nach wie vor den Eindruck haben, dass sie irgendwie unverwundbar sind,
da sie ihr Überleben in der 700-jährigen alpinen Sozial-Quarantäne immer so gedeutet
haben. Sie haben Erdrutschen, Lawinen, Elefanten
und dem Schwerverkehr getrotzt und leben heute
noch. Das ist eine Leistung, wenn man bedenkt, dass
bis auf Bergkristalle in der alpinen Ödnis eigentlich
nichts wächst.
Die Schwäche ist darin zu suchen, dass sie zu fast
nichts zu gebrauchen sind, da sie sich immer wieder
zurückziehen, wenn es um wichtige Dinge wie Weltkriege
oder Europäische Unionen geht. Sie leben mit
der Haltung, dass es sich in den meisten Fällen um unausgegorene
Konzepte handelt, die zuerst eine mehrhundertjährige
Bewährungsphase zu absolvieren haben,
um ihren Ansprüchen an Praktikabilität und
demokratischer Bodenhaftung zu genügen, womit wir
beim Thema wären, das viele für das Kernelement helvetischer
Harmonie halten, –kurz nach dem Käsefondue
versteht sich–: Die Demokratie. Sie ist in der Tat
eine erstaunliche kulturelle Blüte, die hier in einer Version
gepflegt wird, die jedem Diktator oder Hobby-Despoten den Schweiss in den Nacken
treibt. So sind Eidgenossen befugt, irgendeine Frage zu stellen, auf dass diese
dem ganzen Volke vorgelegt werden muss, –lächerliche 100‘000 Unterschriften vorausgesetzt.
Diese werden in der Regel schnell erreicht, da die Schweizer aufgrund der
hohen Berge noch immer keinen Fernsehempfang haben und froh sind um jede Art gesellschaftlicher
Themenbildung. So stimmt man denn ab über Kuhhörner, Zweitwohnungen,
Kirchturmspitzen, richtige und falsche Ausländer und ein paar weitere Details
des gesitteten Zusammenlebens.
Bereist man heute die Schweiz, erkennt man, mit welcher Hingabe die Eidgenossinnen
und Eidgenossen trotz ihrer schwierigen Ausgangslage eine Art Normalität anzubieten
versuchen. Sie bemühen sich, dem Gast in einer dem Deutschen recht ähnlichen
Schriftsprache kommunikativ nahe zu treten. Sie fahren zudem rechts, haben ebenfalls
das Grün als Farbe der freien Fahrt bei Ampeln anerkannt und schenken neben Vollmilch
an Tankstellen auch Benzin aus. Muss man sich mit ihnen verbal austauschen,
wird es etwas kniffliger. Die Sprache ist auf dem Stand der mittelhochdeutschen Gaumenverschiebung
stehengeblieben, versetzt mit französisch und italienisch anmutenden
Bruchstücken, die man damals einbaute, um die Nachbarländer milde zu stimmen,
nachdem man sie mit inzwischen verbotenen Kampfmethoden demoralisiert
hatte. Auch die Flagge weist mit ihrer quadratischen Form von der Norm ab und soll Gerüchten
zufolge aus der Kombination von vier Sackgasse-Schildern entstanden sein,
Symbol für das jähe Ende praktisch aller Strassen im Alpenraum. Sicherlich ist es kein
Erste-Hilfe-Zeichen, wie viele vermuten, und wahrscheinlich auch kein Plus-Zeichen,
obwohl das beim stetig wachsenden Kontostand ihrer Banken eigentlich denkbar wäre.
Aufgrund dieser Eigenheiten hat die Schweiz erst wenig von ihrem exotischen Charme
eingebüsst. Kaum eine andere Tour ins europäische Umland kann so viele kulturelle Überraschungen
präsentieren wie das kleine Helvetien. So
hat man hier nach wie vor kein Frauenstimmrecht (nach
Redaktionsschluss hinzugekommen, Anmerkung des
Lektorats), wenig Arbeitslose (der letzte bekannte ist inzwischen
fast 80-jährig) und Käsesorten, die sich nur mit
einem Giftschein erwerben lassen. So gesehen löst die
Schweiz bei den meisten europäischen Touristen dieses
leicht erheiterte Schmunzeln hervor, das erst dann ermattet,
wenn man Kaffee mit Kuchen bezahlen muss
oder eine Mittellinie überfahren hat.
Was nun wirklich Dichtung und was Wahrheit ist, wissen
die Schweizer selber nicht mehr. Sie erinnern sich,
dass es diesen Schwur gab, der damals zur Gründung
einer genossenschaftlichen Selbtshilfeorganisation
geführt hat, sehen sich aber keinesfalls als Vorläufer
des Kommunismus. Sie haben im Gegenteil den Eindruck,
dass bei ihnen eine Art veredelter Anarchismus
am Werke sei, den sie liebevoll als «gesunden Menschenverstand»
umschreiben und sich damit über so Einiges hinwegsetzen, was in den
700 Jahren nach besagtem Nieselregen als zivilisatorische Errungenschaft in Europa
Einzug gehalten hat.
Das Ganze könnte als Happy-End in die Geschichte eingehen, wären die lieben Voralpenpatrioten
nicht dieser unschönen Droge anheim gefallen, die bei ihnen praktisch legal
gehandelt und in Massen verfügbar ist: Geld. Anfangs neben Ovomaltine als Stärkungsmittel
verabreicht, entwickelte «Geld» bald irreversible Nebeneffekte wie
Selbstüber-schätzung und Herzträgheit. Zwar hat man inzwischen Strategien gegen
diese Substanz entwickelt, doch darf der Kampf noch lange nicht als ausgestanden
gelten. Drogenberatungsstellen im ganzen Land motivieren die Menschen, ihr Geld sicher
anzulegen und es so dem Konsum zu entziehen. Man spricht gar von Tiefenlagern,
wo diese Droge verwahrt werden soll, zu inerten Barren verschmolzen und vor
Zugriff geschützt. Am besten meidet man das Thema, gibt den Schweizern aber auch
nicht ständig das Gefühl, teuer zu sein. Man muss sie nehmen, wie sie sind.
Der Mythos der Schweiz geht auf
den Rütlischwur zurück, der bis
heute nachwirkt.