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2021/03 |Unternehmen #76 | Ausgabe März 2021 | NIE LÖSCHEN! Verknüpft mit Archiv

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unternehmen [!] TITELTHEMA 13<br />

Corona-Krise,<br />

Klinik und KI<br />

Uniklinik Ulm Die Pandemie hat den Alltag in der Universitätsmedizin drastisch verändert.<br />

Der Leitende Ärztliche Direktor Udo Kaisers bewegt sich zwischen Krisenmanagement und<br />

Zukunftsplänen. Ein Gespräch über den Covid-Alltag, Forschungsstärke, Kooperationen im<br />

Südwesten und die Klinik der Zukunft.<br />

Ein Jahr Corona-Pandemie in Deutschland: Wie<br />

fällt Ihr Zwischenfazit für die Uniklinik Ulm aus?<br />

Wir sind sehr stolz darauf, wie zupackend und kreativ<br />

die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese<br />

Herausforderung trotz der immensen Belastung angenommen<br />

haben. Alle haben die Ärmel hochgekrempelt<br />

und sehr schnell Abläufe angepasst und<br />

Strukturen geschaffen, die es uns ermöglicht haben,<br />

die spezifischen Corona-bedingten Anforderungen<br />

sehr gut zu erfüllen. Wir konnten die Bedarfe aus<br />

der Stadt und der Region aufnehmen, und unsere<br />

Patienten auch in der Pandemie<br />

<strong>mit</strong> hoher Qualität und Sicherheit<br />

versorgen. Gleichzeitig gab es innovative<br />

wissenschaftliche Ansätze<br />

für Therapien.<br />

Wie meinen Sie das?<br />

Wissenschaftliche Gruppen, die<br />

sich bisher vor allem <strong>mit</strong> HIV beschäftigt<br />

haben, haben ihren Fokus<br />

innerhalb kürzester Zeit auf das<br />

Coronavirus gelenkt, sehr erfolgreich Forschungs<strong>mit</strong>tel<br />

eingeworben und interessante Therapieansätze<br />

entwickelt. Ein gutes Beispiel – neben vielen<br />

anderen – dafür, wie viel Potenzial in der Universitätsmedizin<br />

Ulm steckt.<br />

Wie unterscheidet sich die heutige Situation zu<br />

der vor einem Jahr?<br />

Der Bund hat uns damals angewiesen, beträchtliche<br />

Regelkapazitäten vom Netz zu nehmen, um auf eine<br />

hohe erwartete Anzahl von Corona-Patienten reagieren<br />

zu können. Der Bedarf war letztlich niedriger<br />

als erwartet. Heute haben wir ein stärker am<br />

Bedarf orientiertes, abgestuftes System, nach dem<br />

wir das Regelleistungsvolumen einschränken. Aber<br />

die Erfahrung aus der ersten Welle zeigt: Wir haben<br />

damals die non-Covid-Leistungen zu stark heruntergefahren.<br />

Woran machen Sie das fest?<br />

Daran, dass deutschlandweit zum Beispiel die Zahl<br />

der stationär behandelten Herzinfarkte während<br />

Alle haben<br />

die Ärmel<br />

hochgekrempelt<br />

und sehr schnell<br />

Abläufe angepasst.<br />

des ersten Lockdowns nach einer Erhebung der<br />

AOK signifikant abgenommen hat. Wir müssen uns<br />

fragen: Sind diese Patienten adäquat versorgt worden?<br />

Heute sind es ungleich mehr Infizierte und<br />

deutlich mehr Intensivpatienten und dennoch erbringen<br />

wir mehr Regelleistungen.<br />

Wie kommt die Uniklinik Ulm durch die Corona-Pandemie?<br />

Wir schaffen das nach meiner Auffassung sehr gut.<br />

Wir sorgen für eine hohe Verlässlichkeit in der Versorgung,<br />

auch für Tumorpatienten,<br />

Verunfallte oder andere Notfälle.<br />

Das war auch in der ersten<br />

Phase so. Allerdings war die Besorgnis<br />

über das Virus in der Bevölkerung<br />

damals so groß, dass<br />

Viele die Kliniken gemieden und<br />

den Rettungsdienst nicht oder erst<br />

sehr spät alarmiert haben. Das ist<br />

inzwischen anders. Darüber bin<br />

ich sehr froh.<br />

Sie erhalten eine Vielzahl behördlicher Vorgaben.<br />

Wie lassen sich diese schnell umsetzen?<br />

Seit Februar 2020 haben wir eine zehnköpfige Task-<br />

Force, die unter meiner Leitung bereits regelmäßig<br />

tagte, noch bevor das gefordert war. In den Hochphasen<br />

der ersten und zweiten Welle hat die Task-<br />

Force täglich getagt, aktuell sind wir bei einem<br />

Rhythmus von drei Mal in der Woche angelangt.<br />

Eine achtköpfige Umsetzungsgruppe setzt die Beschlüsse<br />

dann im klinischen Betrieb um.<br />

Was hat sich für die Mitarbeiter verändert?<br />

Das ist ganz unterschiedlich. Besonders dramatisch<br />

hat sich der Arbeitsalltag der Mitarbeiter gewandelt,<br />

die in den un<strong>mit</strong>telbar von der Corona-Pandemie<br />

betroffenen Bereichen tätig sind. So sind bestimmte<br />

Intensivbereiche ausschließlich für<br />

Covid-19-Patienten reserviert. Das ist schon aus<br />

Gründen des Infektionsschutzes eine andere Form<br />

von Intensivmedizin. Es sind viele Patienten, teilweise<br />

auch jüngere, die maschinell beatmet werden<br />

Zur Person<br />

Udo X. Kaisers ist<br />

seit 2015 Leitender<br />

Ärztlicher Direktor<br />

und Vorstandsvorsitzender<br />

des Uniklinikums<br />

Ulm. Zuvor war<br />

er klinisch-wissenschaftlicher<br />

Leiter<br />

des Departments für<br />

operative Medizin am<br />

Uniklinikum Leipzig.<br />

Kaisers (verheiratet,<br />

fünf Töchter) studierte<br />

in Bonn, Berlin und<br />

Wien, machte 1994<br />

seinen Facharzt in<br />

Anästhesiologie und<br />

habilitierte 1998 an<br />

der Charité in Berlin.<br />

Nach anstrengenden<br />

Arbeitstagen entspannt<br />

er sich <strong>mit</strong><br />

Mountainbiken und<br />

Joggen. „Ich wandere<br />

gerne und freue mich<br />

an der tollen Natur,<br />

die wir hier direkt um<br />

uns haben“, sagt der<br />

60-Jährige.

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