2021/03 |Unternehmen #76 | Ausgabe März 2021 | NIE LÖSCHEN! Verknüpft mit Archiv
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FINANZIEREN unternehmen [!]<br />
Das sollten Firmenchefs wissen<br />
konzept aufgestellt und diskutiert<br />
werden.“ Wichtig sei es, die Ursachen<br />
der Krise zu analysieren und<br />
mögliche Maßnahmen zu erörtern.<br />
„Gegebenenfalls sind auch Sanierungsalternativen<br />
zu besprechen“,<br />
gibt Rendels zu bedenken.<br />
Rendels unterstreicht, dass der<br />
Rettungsplan im präventiven Restrukturierungsrahmen<br />
ein kompliziertes<br />
Gebilde ist: „Das Verfahren<br />
ist in betriebswirtschaftlicher und<br />
juristischer Hinsicht extrem anspruchsvoll.<br />
Ohne sanierungs- und<br />
insolvenzerfahrene Berater sind weder<br />
die präventive Restrukturierung<br />
noch eine Insolvenz in Eigenverwaltung<br />
denkbar.“ Ins gleiche Horn<br />
stößt auch Kranzusch: „Gerade kleinere<br />
Betriebe verfügen nur selten intern<br />
über ausreichende Rechtskenntnisse<br />
für das komplexe Verfahren.“<br />
Sich dieses Know-how von<br />
kompetenten Beratern zu holen, ist<br />
jedoch nicht ganz billig.<br />
Die Alternative ist dann eben<br />
doch die Insolvenz. Erst jüngst wurde<br />
die Phase der Restschuldbefreiung<br />
für Selbstständige auf drei Jahre<br />
verkürzt. Doch das reicht nach<br />
Ansicht von Kranzusch nicht: „Für<br />
Selbstständige, die durch die pandemiebedingten<br />
Berufsausübungsverbote<br />
zahlungsunfähig sind und keine<br />
Fördermaßnahmen erhalten,<br />
könnte eine noch schnellere Restschuldenlösung<br />
sinnvoll sein.“ Das<br />
ließe sich beispielsweise in einem<br />
Insolvenzplan festlegen.<br />
Wenn die Betriebe<br />
nicht zügig die<br />
zugesagten Hilfen<br />
erhalten, droht ein<br />
Massensterben.<br />
Wenn die Zahlungsunfähigkeit droht, gilt es sich schnell von Experten beraten zu lassen.<br />
Was ist zu tun, wenn trotz aller<br />
Hilfen einem Unternehmen<br />
die Zahlungsunfähigkeit droht?<br />
Das IfM Bonn empfiehlt, sich zunächst<br />
über die Sanierungslösungen<br />
bei einem Restrukturierungsverfahren<br />
und bei einem<br />
Insolvenzplanverfahren zu informieren.<br />
Sanierungsexperten und<br />
betreibt. Allerdings steht diese Möglichkeit<br />
im StaRUG-Verfahren ausschließlich<br />
Unternehmen zur Verfügung,<br />
die „drohend zahlungsunfähig“<br />
sind. Ist das Unternehmen<br />
schon illiquide muss wie bisher ein<br />
Insolvenzantrag gestellt werden. Für<br />
Zahlungsunfähigkeit war die Insolvenzantragspflicht<br />
in der Pandemie<br />
nur bis Ende September 2020 ausgesetzt.<br />
Dietmar Rendels, der als geschäftsführender<br />
Gesellschafter der<br />
RST Beratung in Köln tätig und Mitglied<br />
im Verband Die Familienunternehmer<br />
ist, rät finanziell trudelnden<br />
Betrieben, zunächst ihre Finanzbuchhaltung<br />
zu aktualisieren und<br />
eine fundierte Unternehmensplanung<br />
aufzusetzen: „Zudem sollte<br />
sehr frühzeitig ein Sanierungsgrob-<br />
auf Insolvenzrecht spezialisierte<br />
Rechtsanwälte sind erste Adressen<br />
dafür. Für kleinere Betriebe<br />
ist das unerprobte Restrukturierungsverfahren<br />
nicht ohne Risiko.<br />
Kostenlose Informationen<br />
bekommen Selbstständige, die<br />
privat haften, bei den Schuldnerberatungen.<br />
Hilfreich kann<br />
Zur Person<br />
Dr. Klaus-Heiner<br />
Röhl studierte Volkswirtschaft.<br />
Am Institut<br />
der deutschen<br />
Wirtschaft beschäftigt<br />
er sich schwerpunktmäßig<br />
unter anderem<br />
<strong>mit</strong> Gründungen<br />
und Schließungen<br />
von Unternehmen.<br />
auch das Angebot der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Schuldnerberatung<br />
sein. Informationen<br />
geben auch Selbsthilfegruppen<br />
und regionale Modellprojekte,<br />
wie beispielsweise am Steinbeis-Europa-Zentrum<br />
in Baden-<br />
Württemberg und die Fachberater<br />
der regionalen IHKs.<br />
Klaus-Heiner Röhl<br />
Institut der deutschen Wirtschaft<br />
Der Verband Die Familienunternehmer<br />
fordert, das Steuerrecht an<br />
vielen Stellen besser <strong>mit</strong> dem Sanierungs-<br />
und Insolvenzrecht zu synchronisieren.<br />
„Da gibt es viel Potential“,<br />
ist Verbandsgeschäftsführer<br />
Paulus überzeugt. Als Stichworte<br />
nennt er die Nichtbesteuerung des<br />
Sanierungsgewinns und schnellere<br />
verbindliche Auskünfte. Experte<br />
Röhl hofft hingegen, dass die Politik<br />
zur Kenntnis nimmt, dass die neue<br />
Regeln kleineren Firmen, die aufgrund<br />
der Krise in Schwierigkeiten<br />
sind, wenig bringen. „Wenn diese<br />
Betriebe nicht zügig die zugesagten<br />
Hilfszahlungen erhalten, droht ein<br />
Firmen-Massensterben“, ist Röhl<br />
überzeugt.<br />
Der IW-Volkswirt bringt zudem<br />
die Frage des Unternehmereinkommens<br />
auf die Agenda: „Derzeit sind<br />
Einzelunternehmer und Selbstständige<br />
gegenüber GmbHs massiv benachteiligt,<br />
weil ihr Lebensunterhalt,<br />
anders als das GmbH-Geschäftsführergehalt,<br />
nicht zu den<br />
Kosten zählt, für die Hilfe ausgezahlt<br />
wird.“ Zwar würden Kosten für das<br />
Unternehmereinkommen bis zum<br />
nicht pfändbaren Lebensunterhalt<br />
anerkannt, „das ist jedoch nur ein<br />
sehr niedriger Betrag: 1179 Euro pro<br />
Monat.“ [!] Jürgen Hoffmann