15.03.2021 Aufrufe

Dübener Wochenspiegel - Ausgabe 5 - Jahrgang 2021

Dübener Wochenspiegel - Ausgabe 5 - Jahrgang 2021 mit dem gewerblichen Sonderthema "fit, schön & gesund"

Dübener Wochenspiegel - Ausgabe 5 - Jahrgang 2021
mit dem gewerblichen Sonderthema "fit, schön & gesund"

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

16

HEIMATGESCHICHTE 17. März 2021

Dübener

WOCHENSPIEGEL

Das gelbe Haus in Splau (Teil II)

Eine Postkarte und ein gelber Ziegelstein

(Bad Schmiedeberg/Wsp/ny). Nach

dem Erscheinen unseres Beitrages

über das „Gelbe Haus bei Splau“

erreichten uns Zuschriften mit ergänzenden

Informationen. Darin wird

das Gebäude unter anderem auch

als Gutshaus beziehungsweise als

Herrensitz bezeichnet, in dem nach

1945 eine Lungenheilanstalt eingerichtet

wurde. Nachdem die TBC

eingedämmt werden konnte, wurde

das Anwesen zunächst als Hilfsschule

für Körperbehinderte und später als

Pflegeheim genutzt. Übrigens sollen

alte Fotografien existieren, auf denen

zu sehen ist, dass auf dem Gutsteich

hinter dem Herrenhaus Kahn- und

Gondelfahrten unternommen wurden.

Heimatgeschichte

Die Entstehung des Dübener Stadtparkes vor 175 Jahren

(Düben/Wsp). Zwischen Heide Spa,

dem Museumsdorf an der Obermühle

und unserem Friedhof erstreckte sich

früher ein Stück Land, dessen einer

Teil der Dübener Garnison als Reitplatz,

ein zweiter als Sandgrube diente.

Vor 175 Jahren passierte da Folgendes:

Im Jahre 1846 fasste eine Anzahl

Dübener Bürger, unter Leitung des

Forstinspektors Hartig und Gerichtsamtmann

Rasch, den Beschluss, dieses

Gelände, in eine parkähnliche Anlage

umzuwandeln. Bereits im April 1846

schickten die Dübener Stadtverordneten

ein offizielles Schreiben an

den Magistrat der Stadt, in welchem

sie auf die baldige Gründung eines

Vereins aufmerksam machten. Dieser

Verein will sich auf Anregung des

Forstinspektors Hartig mit dem Zweck

gründen, jene Sandgruben zu kultivieren.

Der Magistrat wurde deshalb

gebeten, diesen Verein zu unterstützen

und vor allem die Besitzanteile der

Feldbesitzer für die Stadt zu erwerben.

Der Verein, der bald darauf in Erscheinung

trat und in den nächsten Jahren

hauptverantwortlich für die Entstehung,

Erweiterung und Erhaltung des

Stadtparks war, nannte sich „Verein

zur Verschönerung und Bepflanzung

des Parkes“, kurz „Verschönerungsverein“.

Am 15. September 1846 fand

in der Mittelmühle (heute Heide Spa)

eine Sitzung von Vertretern der Stadt

und dem Vorstand des Verschönerungsvereins

statt, um das gemeinsame

Vorgehen abzustimmen.

Zuerst wurde mit den Besitzern des

Landes zwecks Kauf verhandelt. Der

Obermüller Schneider, der Niedermüller

Luft, Gerbermeister Wahlis und der

Amtmann gaben ihr Land kostenlos

ab, der Rest wurde angekauft. Das

benötigte Geld kam durch Spenden zusammen.

So gaben die Mitglieder des

Verschönerungsvereins 42 Taler, das

Eine historische Postkarte zeigt eine alte Ansicht des „gelben Hauses“. Uwe Lehmann

besitzt einen alten Klinkerstein aus Splau. Fotos: (Wsp) Nyari/Archiv Lehmann

Offizierskorps der Husaren 23 Taler

10 Groschen und eine Sammlung unter

den Dübener Bürgern brachte 35 Taler.

Herr Simon, ein Dübener Bürger, lieh

der Stadt 200 Taler, zinsfrei auf ein

Jahr, um mit dem Aufbau des Parkes

beginnen zu können.

Die Aufgabe war gewaltig. Zuerst

ergab sich die Notwendigkeit, die

gesamte Fläche einzuebnen und mit

Mutterboden aufzufüllen, als Voraussetzung,

um in dieser Sandwüste

überhaupt etwas gedeihen zu lassen.

Die vorhandenen Finanzmittel waren

da natürlich schnell aufgebraucht und

trotz ständig neuer Geldsammlungen

kam die Sache in den ersten Jahren

nicht recht voran. Dies hatte aber

in erster Linie politische und wirtschaftliche

Hintergründe. Nicht nur

in Preußen, zu welchem Düben seit

1815 gehörte, wurden die Rufe nach

einem vereinten Vaterland, Rede- und

Pressefreiheit – ganz einfach nach Demokratie

– immer lauter. Wirtschaftlich

setzten sich nach Einführung der

Foto: Archiv Fritzsche

Wie in der letzten

Ausgabe des

Dübener Wochenspiegels

zu lesen

war, handelt es sich

bei dem Anwesen

ursprünglich um eine

ehemalige Ziegelei, die gelbe

Klinker herstellte. Uwe Lehmann

aus Bad Schmiedeberg zeigte einen

Beweis in Form eines gelben Steines,

der durch seine Beschriftung eindeutig

belegt, dass er aus Splau stammt.

Außerdem sendete er ein Bild, das

aller Wahrscheinlichkeit nach in den

1930ger Jahren fotografiert wurde.

Inzwischen wurde auch bekannt, dass

einige Postkarten aus alten Zeiten

existieren.

Gewerbefreiheit die Manufakturen

und ersten größeren Industriebetriebe

immer mehr durch. Damit wurde der

Untergang des Handwerks- und Innungswesens

eingeleitet. Und der für

unsere Gegend typische Handwerksmeister

herabgesetzt zum Verkäufer

industriell preiswert gefertigter Waren.

Dazu kam noch eine geringe Ernte

im Jahre 1846. Der ohnehin spärliche

Ertrag der Felder war vielerorts durch

schwere Unwetter fast völlig vernichtet

worden. Schon im Oktober war der

Scheffel Roggen kaum unter 6 Taler zu

haben; sein Preis war Ostern 1847 auf

8 und an Johanni gar auf über 9 Taler

gestiegen. Damit waren Not und Armut

auch in unsere Stadt gezogen. Die

Menschen hatten jetzt andere Sorgen,

als die Errichtung eines Parkes. In den

Nachbarorten, wie zum Beispiel in Eilenburg

und Gräfenhainichen, kam es

zu Hungerunruhen und Plünderungen.

Die Staatsgewalt setzte zur Aufrechterhaltung

von Ruhe und Ordnung auch

die in Düben stationierten Husaren

ein. In Düben selbst kam es nur am

29. April 1848 zu Tumulten, die aber

Dank der Besonnenheit der Bürger

nicht weiter eskalierten.

Erst nach dem Scheitern der Revolution

1848/49, die auch an unserer Stadt

nicht spurlos vorüberging, besannen

sich die Bürger wieder auf ihren Park.

Allerdings hatte der Verschönerungsverein

1850 durch den Tod von Hartig

einen schweren Verlust erlitten. An

seine Stelle trat in der Vereinsführung

der Assessor Schütze. Durch die oben

angeführten Ereignisse war natürlich

in den ersten Jahren die Vereinstätigkeit

nur provisorisch und spontan.

Eben nur dann, wenn Geld vorhanden

war. Aber mit der zunehmenden Normalisierung

der Verhältnisse konnte

man auch an eine umfassende Kultivierung

der gesamten Parkanlage denken.

Die 1850 vom Verein veranstaltete

Sammlung freiwilliger Beiträge

hatte 40 Taler 21 Silbergroschen und

3 Pfennige eingebracht. Davon sind

etwa 20 Taler für Löhne während der

dreiwöchigen Arbeitszeit ausgeben,

der Rest für gekaufte junge Bäume

zum Anpflanzen verwendet worden.

In diesem Jahr wurden insgesamt 110

Schock Birken, 40 Schock Fichten,

Kiefern und Tannen sowie Akazien,

Linden, Eschen und Kirschbäume, also

über 10.000 Stück Bäume gepflanzt

(ein Schock = 60 Stück). Im Winter

des gleichen Jahres begann auch die

Beaufsichtigung des Parkes um denselben

vor Frevel und Beschädigung

zu schützen. Dies war um so wichtiger,

da wegen des mageren Bodens viele

Anpflanzungen wieder eingegangen

waren. Nur Birken und Akazien hatten

sich in den ersten Jahren behauptet.

Um nun auch den Bürgern die Möglichkeit

zu geben, am Wachsen und

Gedeihen ihres Parkes teilnehmen

zu können, wurden die Straßen nach

Schwemsal und Tornau instandgesetzt.

Und im Frühjahr 1851 erfolgte

wieder ein Aufruf zur Übernahme

einer Blumenrabatte in persönliche

Pflege. Hier taten sich besonders die

Dübener Frauen und Mädchen hervor.

Aber auch fast jeder andere Einwohner

unterstützte den Verschönerungsverein

in seiner Arbeit, um damit seine

Liebe zur Heimat und Vaterstadt zu

betonen. Mit den Jahren nahm nun die

Parkanlage immer mehr Gestalt an, die

Bäume wurden größer und größer und

begannen dem Spaziergänger Schatten

zu spenden. Das im Herbst herabfallende

Laub dagegen verbesserte den

Boden. Die Stadtverwaltung, welche

die Aufsicht über den Park finanzierte,

übernahm nun auch die weitere Hege

und Pflege.

Lutz Fritzsche

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!