Magazin von FRAGILE Suisse - Nummer 1, März 2011
Magazin von FRAGILE Suisse - Nummer 1, März 2011
Magazin von FRAGILE Suisse - Nummer 1, März 2011
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<strong>Magazin</strong> <strong>von</strong> <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Journal de <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong><br />
01 | <strong>März</strong> / mars <strong>2011</strong><br />
Schweizerische Vereinigung<br />
für hirnverletzte Menschen<br />
Association suisse pour<br />
les personnes cérébro-lésées<br />
Sonja A.: Ein Snowboard-Unfall<br />
durchkreuzte ihre Berufspläne Seite 4<br />
Brennpunkt Arbeitsintegration Seite 16<br />
Sonja A.: des projets d’avenir brisés<br />
par un accident de snowboard page 22<br />
Travailler après une lésion cérébrale ? page 24
Editorial<br />
«Ich möchte wieder eine Arbeit haben!» wünscht sich die 33-jährige Grafikerin<br />
Sonja A., die Ihnen in diesem Heft Einblicke in ihr Schicksal gewährt. 2004 erlitt sie<br />
bei einem Snowboard-Unfall ein Schädel-Hirn-Trauma. Sie hat wieder Freude am<br />
Leben – auch dank Hilfe <strong>von</strong> <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong>. Doch der Weg zurück ins Berufsleben<br />
zieht sich hin. Sonja A. präsentiert zwar stilsichere Grafikarbeiten. «Sie braucht aber<br />
einen Arbeitgeber, der sie in ihrem eigenen Rhythmus arbeiten lässt», erklärt <strong>FRAGILE</strong>-<br />
<strong>Suisse</strong>-Begleiterin Sylvianne Imhof.<br />
Arbeit vor Rente ist eines der Hauptziele auch der 6. Revision der Invalidenversicherung<br />
(IV). Verstärkte Eingliederungsmassnahmen sollen dazu beitragen.<br />
Während Betroffene unter Androhung <strong>von</strong> Rentenentzug zum Mitmachen angehalten<br />
sind, bleibt das Engagement der Wirtschaft freiwillig. Ob auf diese Weise zehntausende<br />
IV-RentnerInnen wieder eine Anstellung finden, erscheint wenig realistisch.<br />
Denn die berufliche Integration erfordert <strong>von</strong> Arbeitgeberseite sehr oft ein starkes<br />
Engagement. Das gilt gerade auch für Menschen mit einer Hirnverletzung. Lesen Sie<br />
dazu mehr im Artikel «Arbeiten nach einer Hirnverletzung?» auf Seite 16.<br />
Unfaire IV-Revisionen: Neu sollen IV-RentnerInnen ohne nachweisbare organische<br />
Behinderungsursache auf ihre Erwerbsunfähigkeit nochmals überprüft werden.<br />
Zwar ist eine mittlere bis schwere Hirnverletzung in der Regel organisch nachweisbar.<br />
Doch in etlichen Fällen ist diese mit heutigen Methoden noch nicht oder einige Zeit<br />
nach der Verletzung nicht mehr nachweisbar. Auch gibt es hirnverletzte Menschen,<br />
die aufgrund einer psychischen Folgeerkrankung eine Rente erhalten. Beide sind <strong>von</strong><br />
einem Rentenentzug bedroht. Ob die Behindertenorganisationen inklusive <strong>FRAGILE</strong><br />
<strong>Suisse</strong> das Referendum bereits gegen die IV-Revision 6a ergreifen oder ein Referendum<br />
aus anderen Kreisen unterstützen werden, ist zum Zeitpunkt dieses Editorials<br />
noch offen. Immerhin enthält diese Vorlage auch positive Inhalte wie die Assistenzbeiträge.<br />
Auf jeden Fall wollen wir unsere knappen Ressourcen auf die Bekämpfung<br />
der zweiten Revisions tranche 6b konzentrieren: der Bundesrat schlägt darin einen<br />
radikalen Rentenkahlschlag vor. Diesen gilt es erfolgreich zu bekämpfen.<br />
Daniel Albrecht, Skirennfahrer: «Vieles ist wieder möglich nach einer Hirnverletzung.<br />
Wichtig ist der Support.» <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> wird diesen dank Ihrer Unterstützung<br />
weiterhin leisten. Und sich einsetzen für eine faire Invalidenversicherung und Arbeitsintegration.<br />
Herzlich, Marcel Odermatt<br />
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«Unsere knappen Ressourcen möchten wir vor<br />
allem auf die Bekämpfung des im zweiten Teil<br />
der 6. IV-Revision vorgesehenen Rentenkahlschlages<br />
konzentrieren.» Marcel Odermatt,<br />
Geschäftsleiter <strong>von</strong> <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong>.<br />
Titelbild Couverture Foto: Tres Camenzind<br />
Herausgeberin Editrice<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong>, CH-8006 Zürich<br />
Redaktion Rédaction<br />
Verena Paris (Leitung), paris@fragile.ch /<br />
Carine Fluckiger (responsable Romandie)<br />
Übersetzungen Traductions<br />
Clipper, Zürich / Dominique Nägeli-Gascon, Zürich<br />
Gestaltung Graphisme<br />
Frau Schmid, Visuelle Gestaltung, Zürich<br />
Auflage Tirage 40 000<br />
Druck Impression Prowema GmbH, 8330 Pfäffikon<br />
John Büsser, prowema@bluewin.ch<br />
Abonnement Abonnement<br />
CHF 10.– pro Jahr, im Spenden- bzw.<br />
Mitgliederbeitrag inbegriffen. /<br />
CHF 10.– par an, inclus dans le don<br />
ou dans la cotisation de membre.<br />
Inserate Annonces<br />
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Tel. 043 444 51 09, Fax 043 444 51 01<br />
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© <strong>2011</strong>, <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Schweizerische Vereinigung<br />
für hirnverletzte Menschen /<br />
Association suisse pour<br />
les personnes cérébro-lésées<br />
Beckenhofstrasse 70, CH-8006 Zürich<br />
Tel. 044 360 30 60, Fax 044 360 30 66<br />
www.fragile.ch, mail@fragile.ch<br />
Spendenkonto <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> PC 80-10132-0<br />
ISSN 1660-7813<br />
Das <strong>Magazin</strong> <strong>von</strong> <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> erscheint vier<br />
Mal jährlich. Redaktionsschluss für die nächste<br />
Ausgabe: April <strong>2011</strong>.<br />
Le journal de <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> paraît quatre fois<br />
par an. Délai pour la remise des prochaines<br />
contributions rédactionnelles : avril <strong>2011</strong>.
Andy Müller, EQ Images<br />
Skirennfahrer Daniel Albrecht erlitt 2009 bei einem<br />
Sturz ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Knapp zwei<br />
«<br />
Jahre später schafft er ein sensationelles Comeback.<br />
Im Januar 2009 stürzte ich im Abfahrtstraining<br />
am Hahnenkamm in Kitzbühel und erlitt ein<br />
schweres Schädel-Hirn-Trauma. Ich wurde in<br />
ein künstliches Koma versetzt. Danach fing ich<br />
quasi ein neues Leben an: Ich war weich wie<br />
Gummi, konnte kaum stehen. Ich verwechselte<br />
das Pflegepersonal mit meiner Familie, bezeichnete<br />
das Stück Fleisch auf meinem Teller<br />
als Audi. Es war verflixt.<br />
Ich wusste am Anfang nicht, dass ich Sportler<br />
bin. Aber mein Körper hat das wohl gespeichert,<br />
der wollte jeden Tag Fortschritte machen,<br />
wieder lernen, besser werden. Die Aufholjagd<br />
begann. Und das ist das Hoffnungsvolle nach<br />
einer Hirnverletzung: Vieles ist wieder möglich,<br />
auch wenn man zwischendurch auf die Ersatzbank<br />
muss oder sich selber ins Aus manövriert.<br />
Mit viel Ausdauer, kann man sich wieder zurück<br />
ins Rennen bringen.<br />
Aber es braucht Unterstützung! Anfangs<br />
spielen die Ärztinnen und Mediziner, die Therapeutinnen<br />
und Betreuer eine wichtige Rolle<br />
und natürlich das engere Umfeld, die Familie<br />
und Freunde. Bei mir kam dann schnell die<br />
berufliche Komponente dazu, die Trainer und<br />
meine Mannschaftskollegen.<br />
Nicht alle erhalten den gleichen Support wie<br />
ich. Deshalb ist es wichtig, dass es Organisationen<br />
wie <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> gibt, damit Menschen<br />
nach einer Hirnverletzung optimal begleitet<br />
werden. Vor allem auf ihrem Weg zurück in den<br />
Alltag. Obwohl man nach der Rehabilitation<br />
vielleicht meint, man hätte es geschafft, gibt es<br />
täglich kleine und grössere Herausforderungen<br />
zu meistern. Dann ist es entscheidend, dass man<br />
sich bei Menschen Hilfe holen kann, die wissen,<br />
um was es geht. Und <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> hilft Menschen<br />
mit einer Hirnverletzung seit 20 Jahren.<br />
Ich sage immer: Wenn man so auf den Kopf<br />
gefallen ist, ist nun mal der Kopf das Problem.»<br />
»<br />
Herzlich, Daniel Albrecht<br />
Inhalt<br />
Editorial 2<br />
Testimonial: Daniel Albrecht 3<br />
Porträt Sonja A.: «Ich möchte<br />
wieder eine Aufgabe haben.» 4<br />
Slackline: Jeder Schritt<br />
eine Herausforderung 7<br />
Tabuthema Blasenschwäche: Tipps<br />
zur Bekämpfung <strong>von</strong> Inkontinenz 8<br />
Zauberei: Verblüffend einfach,<br />
aber hochkomplex 11<br />
Bildungswoche: Vom Wissen<br />
zum Verstehen 12<br />
Helpline: Case Management<br />
für hirnverletzte Menschen 14<br />
Arbeitsintegration: Arbeiten<br />
nach einer Hirnverletzung? 16<br />
Kunstauktion: Berner Kunstsammler<br />
zeigten sich grosszügig 18<br />
Kurz und Hirn 20<br />
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Sommaire<br />
Témoignage : Daniel Albrecht 21<br />
Éditorial 21<br />
Sonja A. « Je voudrais avoir<br />
à nouveau des obligations » 22<br />
Travailler après une lésion<br />
cérébrale ? 24<br />
Helpline Le case management :<br />
une solution d’avenir pour les<br />
victimes de lésions cérébrales ? 26<br />
Troubles vésicaux<br />
et incontinence urinaire :<br />
comment les surmonter ? 28<br />
Slackline : Chaque pas est un défi 30<br />
Cerveau en bref 31<br />
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3
Sie müsste täglich Gesichtsgymnastik machen: «Aber ich bin nachlässig geworden.<br />
Es gehört jetzt einfach zu mir, dieses Lächeln.»<br />
«Ich möchte wieder eine Aufgabe haben.»<br />
Text: Verena Paris, Fotos: Tres Camenzind<br />
Die junge Grafikerin stand mitten im Leben, war voller Pläne. Doch kurz vor ihrem<br />
27. Geburtstag geschah etwas, das vieles veränderte: Zusammen mit vier Freunden<br />
war Sonja A. mit dem Snowboard unterwegs. Die Gruppe genoss den Tag in den Bergen<br />
– bis zum Sturz <strong>von</strong> Sonja. Sie schlug auf einem Felsen auf und streifte den Stein<br />
mit Kopf und Gesicht derart heftig, dass sie noch auf der Unfallstelle ins Koma fiel.<br />
Rettung per Helikopter, Notoperation, ein Monat Spitalaufenthalt, acht Monate Rehabilitation.<br />
Heute lächelt die 33-Jährige ein besonnenes, etwas asymmetrisches Lächeln.<br />
«Ich hatte Glück», sagt sie, obwohl sie gekennzeichnet ist <strong>von</strong> den Folgen des<br />
Unfalles und sich zurück in den Arbeitsprozess sehnt. Aber sie gibt sich zuversichtlich:<br />
Dank gezieltem Coaching und Begleitetem Wohnen <strong>von</strong> <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> gelingt<br />
ihr auch dieser Schritt noch.<br />
Wenn man die Altbauwohnung betritt,<br />
merkt man sofort: hier hat jemand ein<br />
Auge für Details, ein Flair für Farben und<br />
Kontraste. Die junge Frau setzt sich in die<br />
gemütliche Küche und sagt: «Ich bin froh.»<br />
Oft beginnt Sonja A. einen Satz, legt eine<br />
Pause ein, fährt dann nachdenklich fort.<br />
«Ja, ich bin froh und ich geniesse das Leben,<br />
so wie es ist.» Starke Worte <strong>von</strong> einer<br />
jungen, anmutigen Frau, deren Narben<br />
an Hals und Gesicht sie täglich an diesen<br />
schicksalhaften Tag im <strong>März</strong> 2004 erinnern.<br />
Nach dem tragischen Unfall in Verbier /<br />
VS standen ihre Chancen nicht gut. Die<br />
Ärzte waren sich lange nicht sicher, welche<br />
Prognose eintreffen würde. Überleben?<br />
Tod? Behinderung? Ihre Mutter kündigte<br />
ihre Arbeitsstelle und war Tag und<br />
Nacht am Krankenbett ihrer Tochter. Die<br />
27-Jährige lag zwei Wochen im Koma. Als<br />
sie erwachte, war sie gelähmt, sie konnte<br />
weder sprechen noch schlucken. Ihr Schädel<br />
war <strong>von</strong> den Ärzten geöffnet worden<br />
und das entfernte Stück Schädeldecke in<br />
ihrem Bauch zwischengelagert. Sie konnte<br />
das rechte Auge nicht mehr schliessen,<br />
weil die Muskelstränge zwischen Auge<br />
und Mund total durchtrennt waren. «Ich<br />
erkannte am Anfang meine Eltern nicht,<br />
wusste nicht, wie ich heisse, ich erinnerte<br />
mich an rein gar nichts», erzählt Sonja A.<br />
gelassen. Vieles kam glücklicherweise mit<br />
der Zeit wieder. Sie war allerdings bereits<br />
in der Rehabilitation in Zihlschlacht, als<br />
ihr eine Freundin ein Modemagazin mitbrachte.<br />
«Ich blätterte es durch und konnte<br />
nichts anfangen damit. Als ich merkte,<br />
dass ich nicht mehr lesen konnte, da war<br />
ich wirklich schockiert und verzweifelt. Ich<br />
bin aus dem Zimmer gerannt.»<br />
Schiefes Lächeln<br />
Acht Monate verbrachte sie im Rehabilitationszentrum<br />
in Zihlschlacht – ein strenges<br />
Therapieprogramm begleitete sie <strong>von</strong><br />
Tag zu Tag, <strong>von</strong> Fortschritt zu Fortschritt.<br />
Ein ganzes Jahr ist nach dem Unfall vergangen,<br />
bis sie wieder in ihre Wohngemeinschaft<br />
zurückkehren konnte, zurück<br />
zu ihren Freunden. Doch es waren weitere<br />
Operationen nötig. Damit sie das Auge<br />
wieder schliessen kann, wurde Muskulatur<br />
aus dem Wadenbein entfernt und im<br />
Gesicht eingesetzt. Dank dieser Operation<br />
gelingt ihr das spontane Lächeln wieder,<br />
die Mimik ist nicht mehr verzerrt. Mit ihrem<br />
Spiegelbild hat sie Frieden geschlossen,<br />
vernachlässigt auch gerne mal die<br />
Gesichtsübungen, die sie machen sollte.<br />
«Es gehört jetzt einfach zu mir, es ist mein<br />
Lächeln», sagt sie und blättert irgendwie<br />
nachdenklich, mit gedämpften Gefühlen<br />
durch das Fotoalbum, das Bilder aus der<br />
Rehabilitationszeit zeigt.<br />
Wunsch nach einer Aufgabe<br />
«Ich hab so vieles wieder gelernt, vieles<br />
funktioniert wieder.» Und sie hat ihre Erinnerungen<br />
wieder. Das sei sehr wertvoll.<br />
Sonja A. ist dankbar und sagt: «Ich hatte<br />
Glück, andere sind gestorben – ich lebe<br />
noch.» Sie hat akzeptiert, obwohl sie immer<br />
noch ein Rauschen hat im rechten<br />
Ohr, schnell erschöpft ist, oft <strong>von</strong> Kopfschmerzen<br />
geplagt wird und im Gespräch<br />
immer wieder mal nach Wörtern sucht.<br />
«Auch vor der Geschwindigkeit habe ich<br />
Angst, ich würde zum Beispiel nie mehr<br />
selber Auto fahren», gesteht sie. Grosse<br />
Ziele setze sie sich nicht, man wisse nie,<br />
was passiere. Aber einen grossen Wunsch<br />
hegt sie doch ganz tief in ihrem Herzen:<br />
«Ich möchte wieder eine Arbeit, eine Verpflichtung<br />
haben!»<br />
Doch der Weg zurück ins Berufsleben<br />
zieht sich hin. Sonja A. präsentiert zwar<br />
stilsichere Arbeiten in ihrem Portfolio,<br />
schwungvolle Logos und überzeugende<br />
4 <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong>
« Ich hatte Glück,<br />
andere sind<br />
gestorben –<br />
ich lebe noch.»<br />
Illustrationen. Trotzdem hapert es bei<br />
der Arbeitssuche. Die linke Hirnhälfte <strong>von</strong><br />
Sonja A. ist beim Unfall verletzt worden<br />
und die linke Hemisphäre ist aktiv, wenn<br />
es um Logik, Rechnen, Analyse geht. «Die<br />
Kreativität ist mir nicht abhanden gekommen»,<br />
hat Sonja A. erkannt, «es sind eher<br />
die technischen Abläufe und komplizierte<br />
Programme, die mir Mühe bereiten.»<br />
Es kann vorkommen, dass sie Fachbegriffe<br />
nicht aufs Erste begreift und nicht auf<br />
Anhieb weiss, welche Abläufe oder Regeln<br />
sich dahinter verstecken.<br />
Job-Coaching dank <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Sonja A. konnte bei einem früheren Arbeitgeber<br />
als Praktikantin einsteigen. Später<br />
folgte eine mehrmonatige Abklärung<br />
im Zentrum für berufliche Abklärung<br />
in Luzern. Die gelernte Grafikerin wurde<br />
engmaschig begleitet, konnte praktische<br />
Erfahrungen in einer Buchbinderei<br />
sammeln. «Sonja A. möchte unbedingt<br />
wieder in den ersten Arbeitsmarkt einsteigen,<br />
weil sie wieder anknüpfen will<br />
an ihr altes Leben.» Sylvianne Imhof organisiert<br />
das Begleitete Wohnen <strong>von</strong><br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> und kennt Sonja A. schon<br />
seit mehreren Jahren. Zusammen mit der<br />
<strong>FRAGILE</strong>-Help line-Beraterin unterstützt<br />
sie die junge Grafikerin punktuell. Egal ob<br />
in administrativen Belangen oder bei Versicherungsfragen,<br />
es geht immer darum,<br />
dass Sonja A. lernt, selbstständig zu leben.<br />
Im Moment ist der Beruf das Hauptthema.<br />
«Frau A. braucht keinen geschützten<br />
Arbeitsplatz, aber einen Arbeitgeber,<br />
der bereit ist, ihr mehr Raum zu geben.»<br />
Sylvianne Imhof erklärt: «Sie muss in ihrem<br />
Tempo arbeiten können, sie braucht<br />
länger, bis sie Zusammenhänge erfasst.»<br />
Aus diesem Grund hat Sylvianne Imhof die<br />
Triage zu einem Job-Coach <strong>von</strong> «Wintegra»<br />
gemacht. Wintegra ist eine Fachstelle<br />
für Menschen mit einer Behinderung<br />
oder Lernschwäche. Wintegra vermittelt<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong><br />
Frauen und Männern, die eine IV-Rente<br />
beziehen, Arbeitsplätze in der freien<br />
Wirtschaft. Denn: Arbeit bedeutet mehr<br />
als den Lebensunterhalt verdienen. Arbeit<br />
stiftet Sinn, gibt Selbstvertrauen, schenkt<br />
Freiheit und Eigenständigkeit.<br />
Veränderungen annehmen<br />
Nicht nur im Berufsleben ist Sonja A. auf<br />
Spurensuche. Mit einer gewissen Sprunghaftigkeit<br />
nimmt sie oft gleichzeitig auf<br />
verschiedene Ziele Kurs. «Meine Mutter<br />
ist Japanerin. Ich wollte schon immer wissen,<br />
wie das Leben in Japan ist.» Aus diesem<br />
Grund ist sie ein Jahr zu ihren Verwandten<br />
nach Asien gegangen. Zurück in<br />
der Schweiz, hat sich einiges verändert:<br />
Die Wohngemeinschaft hat sich aufgelöst,<br />
ihre Freunde haben Familien gegründet.<br />
Sie wohnen aber in der Nähe und Sonja A.<br />
pflegt herzlichen Kontakt zu ihnen. Ihre<br />
Wohnung in der Stadt hat sie jetzt für sich<br />
alleine, was sie sehr schätzt. «Und Coco<br />
wohnt jetzt bei mir.» Ein Strahlen huscht<br />
über ihr Gesicht, die Augen leuchten. Die<br />
neue, quirlige «Mitbewohnerin» ist ein<br />
deutscher Pinscher. Die Hündin ist halbjährig,<br />
sehr aufgeweckt und verschmust.<br />
Mit dem Vierbeiner besuchte Sonja A. bereits<br />
die Welpenschule, jetzt absolviert sie<br />
den Junghunde-Kurs: «Coco ist im Moment<br />
meine Hauptaufgabe.»<br />
Informationen zum Thema Handlungsplanung<br />
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Rechte Hirnhälfte<br />
Körpersprache, Bildsprache, Intuition,<br />
Gefühl, Kreativität, Spontaneität, Sprunghaftigkeit,<br />
Neugier, Risiko, Synthese,<br />
Überblick, Kunst, Tanz, Musik, Ganzheitlich<br />
/ Zusammenhänge, Raumempfinden<br />
«Coco ist im Moment meine Hauptaufgabe.»<br />
Sonja A. absolviert den Junghundekurs mit<br />
ihrem Pinscher.<br />
Auch in der Freizeit setzt Sonja A. ihre<br />
kreativen Ideen gut und gerne um.<br />
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Jeder Schritt eine Herausforderung<br />
Text und Foto: Verena Paris<br />
Seine eigene Mitte finden – ist nicht immer ganz einfach. Für Menschen mit Halbseitenlähmung,<br />
mit Gleichgewichtsstörungen, mit einem Neglect erst recht nicht.<br />
Und trotzdem geht es. Ergotherapeut Roger Stadelmann lässt sie alle tanzen – über<br />
ein einfaches Seil. Slackline heisst sein neuer Therapieansatz. Auch <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong><br />
hat sich in der Rehabilitationsklinik Zihlschlacht aufs Seil gewagt.<br />
Mit den langen Haaren und dem Silberring<br />
am Fuss würde er eigentlich besser<br />
in ein buddhistisches Kloster passen<br />
– aber sein echtes Leben findet in der<br />
Turnhalle statt. Doch auch dort tritt er mit<br />
einer leichtfüssigen Gelassenheit auf und<br />
beweist pädagogisches Geschick.<br />
Was ist Slackline?<br />
Roger Stadelmann ist Ergotherapeut in<br />
der Klinik Zihlschlacht, die sich auf die<br />
Rehabilitation <strong>von</strong> hirnverletzten Menschen<br />
spezialisiert hat. Und er hat das<br />
Seil, das man normalerweise spasseshalber<br />
in der Freizeit benutzt und zwischen<br />
zwei Bäume spannt, in die Turnhalle geholt.<br />
Zu Therapiezwecken.<br />
Warum als Therapie geeignet?<br />
Das Seil ist nur so breit wie eine Kinderhand<br />
und bloss auf Wadenhöhe gespannt.<br />
Allerdings dehnt sich die Slackline<br />
unter der Last – und genau das macht es<br />
erst zu einer richtigen Herausforderung.<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong><br />
Wer oben bleiben will, muss vollen Körpereinsatz<br />
zeigen: Orientierung, Gleichgewicht,<br />
Stabilität und alle Muskeln sind<br />
gefragt, um sich der Schwerkraft entgegenzusetzen.<br />
«Die Slackline verlangt ein<br />
ständiges aktives Ausgleichen der eigenen<br />
Bewegungen», erklärt Roger Stadelmann<br />
und meint schmunzelnd: «Was so<br />
anstrengend tönt, ist ein spielerisches<br />
und sensorisches Erlebnis.»<br />
Und meist ein Erfolgserlebnis. Das<br />
Training dauert nämlich nur ein paar Minuten,<br />
aber der Erfolg ist nachweisbar.<br />
Roger Stadelmann hat für seine Diplomarbeit<br />
Messungen durchgeführt: «Vor allem<br />
das Gleichgewicht, die Koordination<br />
und Konzentration werden verbessert.<br />
Auch Menschen mit einem Neglect oder<br />
einer Halbseitenlähmung erfahren über<br />
das Balancieren auf dem Seil, wo ihre<br />
Körpermitte ist», erzählt Roger Stadelmann.<br />
Weiter zählt er auf, dass sich das<br />
«Range of move» oder das Bewegungsausmass<br />
bei allen Patienten verbessert<br />
hat. «Durch die Slackline-Therapie kann<br />
ich den Patienten eine Erleichterung bei<br />
der Verrichtung der alltäglichen Aktivitäten<br />
verschaffen.»<br />
Begeisterung bei den Patienten<br />
Tatsächlich. Eine Pensionärin, nach einem<br />
Hirnschlag gehunfähig, wagt nach<br />
zwei Wochen Rehabilitationsaufenthalt<br />
den Balanceakt übers Seil. Sie wird gestützt<br />
und geführt <strong>von</strong> Roger Stadelmann.<br />
Ein paar Minuten Körperspannung<br />
und Konzentration pur – <strong>von</strong> der<br />
Seiltänzerin und dem Ergotherapeuten.<br />
Nach 15 Metern die grosse Freude.<br />
Sie hat es geschafft. Beim zweiten<br />
Durchgang wird sie schon selbstsicherer,<br />
geht leichtfüssiger, sichert sich nur noch<br />
an einer Hand. «Das werde ich meinen<br />
Enkeln zeigen», lacht sie und freut sich<br />
schon auf die baldige Heimkehr.<br />
www.slackline-therapie.ch<br />
7
Inkontinenz ist ein Tabuthema, obwohl es verbreiteter ist, als man denkt.<br />
So überwinden Sie eine Blasenstörung<br />
oder Inkontinenz<br />
Text: Dr. med. André Reitz<br />
Eine Harninkontinenz oder eine Störung der Blasenfunktion kann jeden treffen – ob<br />
jung oder alt, Frau oder Mann. Blasenprobleme und Inkontinenz beeinträchtigen<br />
empfindlich den Alltag und die Lebensqualität. Oft verschweigen Betroffene aus<br />
Scham ihre Beschwerden oder fühlen sich damit beim Arzt nicht ernst genommen.<br />
André Reitz ist Leitender Arzt des KontinenzZentrums Hirslanden in Zürich und<br />
schätzt, dass zirka jeder fünfte Erwachsene im Laufe des Lebens eine Blasenfunktionsstörung<br />
mit oder ohne begleitende Inkontinenz hat. «Dabei ist eine Blasenfunktionsstörung<br />
kein unausweichliches Schicksal. Auch nach einer Hirnverletzung oder<br />
einem Schlaganfall gibt es wirksame Behandlungen», erklärt der Facharzt für<br />
Urologie.<br />
Blasenstörungen und Inkontinenz nach<br />
Schädel-Hirn-Verletzung<br />
Eine Gewalteinwirkung auf den Kopf bei<br />
einem Unfall oder Sturz kann auch das<br />
Gehirn beschädigen. Insbesondere im<br />
vorderen Gehirnabschnitt, dem Frontalhirn,<br />
liegen jene Hirnareale, welche die<br />
willkürliche Kontrolle der Blase und des<br />
Schliessmuskels steuern. Sind diese Nervenzellen<br />
beschädigt, agiert die Blase<br />
ähnlich wie bei einem Kleinkind vor dem<br />
Erlernen der Blasenkontrolle: Die Blase<br />
füllt sich bis zu einem gewissen Volumen<br />
und entleert sich dann reflexartig,<br />
ohne dass es die oder der Betroffene kon-<br />
trollieren kann. Die Folgen sind häufiger<br />
und starker Harndrang, häufiges Wasserlassen<br />
sowie in vielen Fällen eine recht<br />
ausgeprägte Dranginkontinenz. Besonders<br />
bei jungen Betroffenen und einer<br />
leichten Schädigung erholt sich die Blasenkontrolle<br />
häufig nach einigen Wochen<br />
bis Monaten wieder. Bestehen die Beschwerden<br />
auch drei Monate nach dem<br />
Unfallereignis weiter, so ist an eine Abklärung<br />
und Behandlung in einem spezialisierten<br />
neuro-urologischen Zentrum<br />
zu denken. In der urodynamischen Untersuchung<br />
findet sich dann meist eine<br />
überaktive Blase, die – <strong>von</strong> der Kontrolle<br />
des Gehirns abgekoppelt – versucht, sich<br />
schon bei einer geringen Füllung selbstständig<br />
zu entleeren.<br />
Eine medikamentöse Behandlung mit<br />
anticholinergen Medikamenten kann<br />
die Kontrolle der Blase verbessern, die<br />
Häufigkeit des Wasserlassens reduzieren<br />
und auch die Harninkontinenz eindämmen.<br />
Sind die anticholinergen Medikamente<br />
nicht ausreichend wirksam<br />
oder unverträglich, kann die Injektion<br />
<strong>von</strong> Botulinumtoxin oder die Sakralnervenstimulation<br />
helfen. Ist die Kontrolle<br />
der Beckenbodenmuskulatur intakt, kann<br />
auch durch ein gezieltes Training dieser<br />
Muskeln die Blasenkontrolle verbessert<br />
werden. Ebenso hilfreich ist ein Blasentraining,<br />
bei dem die oder der Betroffene<br />
im Abstand <strong>von</strong> zwei bis drei Stunden<br />
nach der Uhr die Toilette aufsucht und<br />
die Blase entleert. Damit gelingt es vielen<br />
Betroffenen, der gefürchteten Harndrangattacke<br />
mit ungewolltem Harnverlust<br />
zuvorzukommen und damit eine<br />
Inkontinenz zu vermeiden.<br />
Blasenstörung und Inkontinenz nach<br />
Schlaganfall<br />
Ein Schlaganfall ist eine Störung der<br />
Blutversorgung eines bestimmten Bereichs<br />
im Gehirn. Zwei mögliche Ursachen<br />
kommen dafür in Frage: eine<br />
Durchblutungsstörung oder eine Hirn-<br />
8 <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong>
lutung. Nach einer Schlaganfallerkrankung<br />
treten sehr häufig Störungen der<br />
Harnblasenfunktion auf. Die Ausprägung<br />
hängt <strong>von</strong> der Ausdehnung und der Lokalisation<br />
des betroffenen Hirnareals ab.<br />
Offenbar kommt eine Inkontinenz häufiger<br />
bei einem Schlaganfall der rechten<br />
Hirnhälfte vor. Eine Beeinträchtigung<br />
des Frontalhirns und eine Unterbrechung<br />
der Nervenbahnen zum Hirnstamm werden<br />
als häufigste Ursache einer Harninkontinenz<br />
nach einem Schlaganfall angesehen.<br />
Einseitige Beschädigungen<br />
dieser Regionen führen eher zu einer vorübergehenden<br />
Inkontinenz, beidseitige<br />
Schäden meist zu dauerhafter Inkontinenz.<br />
Eine Harninkontinenz nach einem<br />
Schlaganfall gilt als wichtiger Hinweis,<br />
wie die Erkrankung verlaufen wird und<br />
ob der Kranke später <strong>von</strong> äusserer Hilfe<br />
abhängig sein wird. Bei vielen Patienten<br />
erholt sich die Blase glücklicherweise<br />
wieder. Drei Monate nach dem Ereignis<br />
geben noch 50 Prozent der Betroffenen<br />
Blasenbeschwerden an, meist eine Dranginkontinenz<br />
oder ein Problem, die Blase<br />
zu entleeren. Sechs Monate nach dem<br />
Ereignis sind ohne Therapie immerhin<br />
noch 20 bis 30 Prozent noch <strong>von</strong> einer<br />
Inkontinenz betroffen. Häufigster Befund<br />
in der urodynamischen Untersuchung ist<br />
die überaktive Blase mit fehlender Kontrolle<br />
der Entleerung und unkontrolliertem<br />
Harnabgang. Ein etwas anderes Bild<br />
zeigt sich, wenn der Hirnstamm betroffen<br />
ist. Auch hier ist etwa die Hälfte der<br />
Patienten <strong>von</strong> Blasenstörungen betroffen,<br />
je ein Drittel klagt über nächtliches Wasserlassen,<br />
Schwierigkeiten beim Einleiten<br />
des Wasserlassens oder eine unvollständige<br />
Entleerung.<br />
Die urologische Akutversorgung nach<br />
einem Schlaganfall besteht in der Regel<br />
aus einem durch die Harnröhre eingelegten<br />
Blasenkatheter. Nach Fortschritten<br />
in der Erholung wird der Katheter<br />
meist einmal versuchsweise entfernt<br />
und man beobachtet, ob die oder der<br />
Betroffene die Blase kontrollieren kann.<br />
Ist dies nicht möglich, sollte eine Abklärung<br />
in einem spezialisierten Zentrum<br />
erfolgen. Neben einer Urinuntersuchung,<br />
einer Restharnmessung und dem Führen<br />
eines Blasentagebuchs für drei Tage<br />
ist eine neuro-urologische und urodynamische<br />
Untersuchung ratsam. Wenn<br />
das Gefühl für die Blasenfüllung und<br />
den Abgang <strong>von</strong> Urin durch die Harnröhre<br />
vorhanden ist und der Patient den<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong><br />
Schliessmuskel willentlich anspannen<br />
kann, ist die Wahrscheinlichkeit gross,<br />
dass er die Kontrolle über die Blase wiedererlangen<br />
kann. Eine medikamentöse<br />
Behandlung mit einem Anticholinergikum<br />
steht dabei im Mittelpunkt und<br />
kann mit einem Verhaltens- und Blasentraining<br />
kombiniert werden. Lässt<br />
sich mit dieser Behandlung keine Kontinenz<br />
erreichen, kann vorübergehend ein<br />
durch die Bauchdecke eingelegter Katheter<br />
notwendig sein, der ein kontrolliertes<br />
Blasentraining ermöglicht. Auch<br />
die Injektionsbehandlung der Blase mit<br />
Botulinumtoxin hat sich in dieser Situation<br />
als sehr hilfreich erwiesen.<br />
Weitere Informationen zur Abklärung<br />
und Behandlung einer Blasenstörung<br />
oder Inkontinenz nach Hirnverletzung<br />
oder Schlaganfall finden Sie unter<br />
www.kontinenzzentrumhirslanden.ch<br />
Der Ratgeber «Gesunde und starke<br />
Blase» bietet umfassende Informationen<br />
und eingehende Beratung zu allen<br />
Fragen der Blasenfunktions störung<br />
und der Inkontinenz für Betroffene und<br />
Angehörige. Offen, aber mit dem<br />
nötigen Fingerspitzengefühl geht der<br />
Autor Dr. André Reitz das Tabu thema<br />
Harninkontinenz an, baut Ängste und<br />
Vorurteile ab und räumt so manches<br />
Missverständnis aus. Untersuchungen<br />
und Behandlung einer Vielzahl <strong>von</strong><br />
Blasenproblemen werden anschaulich<br />
dargelegt und illustriert; Tipps und<br />
Tricks helfen den Betroffenen durch den<br />
Alltag. Fallbeispiele veranschaulichen<br />
erfolgreiche Behandlungen und<br />
machen Mut für den Gang zum<br />
Spezialisten. Die wichtigste Botschaft<br />
zieht sich wie ein roter Faden durch<br />
das Buch: Blasenprobleme und<br />
Inkontinenz sind kein «Schicksal»,<br />
mit dem man sich abfinden muss,<br />
praktisch allen Betroffenen kann<br />
wirksam geholfen werden.<br />
André Reitz, Leitender Arzt des auf die<br />
Abklärung und Behandlung <strong>von</strong><br />
Blasenstörungen und unfreiwilligem<br />
Harnverlust spezialisierten KontinenzZentrums<br />
Hirslanden in Zürich.<br />
Tipps und Tricks bei überaktiver Blase<br />
– Entleeren Sie regelmässig Ihre Blase,<br />
so vermeiden Sie eine plötzliche<br />
Harndrangattacke.<br />
– Meiden Sie Harndrang auslösende<br />
Reize wie Kälte, fliessendes Wasser,<br />
tropfende Wasserhähne etc.<br />
– Das Stehenbleiben, Hinsetzen oder<br />
-hocken sowie das Überkreuzen der<br />
Beine kann hilfreich sein, den<br />
Harndrang für kurze Zeit zu unterdrücken,<br />
um dann ruhig eine Toilette<br />
aufzusuchen.<br />
– Sanfter Druck auf den Damm durch<br />
Sitzen auf einer Sessellehne kann<br />
den Harndrang reduzieren.<br />
– Spannen Sie den Beckenboden für 15<br />
bis 20 Sekunden an, das dämpft den<br />
Harndrang.<br />
– Lenken Sie sich ab, z.B. durch eine<br />
Rechenaufgabe oder ein Gedicht.<br />
– Das Stehen auf den Zehen für einige<br />
Sekunden kann hilfreich sein.<br />
9
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Wie funktioniert dieser Trick? Die Neugierde ist ein guter Begleiter in der Rehabilitation.<br />
Magier Pierre Greiner (rechts im Bild) führt Therapeuten in die Zauberei ein.<br />
Verblüffend einfach, aber hochkomplex<br />
Text und Foto: Verena Paris<br />
Hokuspokus und schon ist der Knopf im Seil. Zickzack und die Münze kommt aus dem<br />
leeren Hosensack. Verblüffend. Unerwartet. Zauberei ist Illusion und grenzt an Wunder.<br />
«Zauberei fasziniert alle Menschen, unabhängig <strong>von</strong> Alter, Geschlecht oder Kultur»,<br />
ist Stefan Staubli überzeugt. Er ist Teamleiter der Neurorehabilitation an der<br />
Reha-Klinik Bellikon und er zaubert: Nicht für die Patienten, sondern lieber mit<br />
ihnen.<br />
Keine Frage, wer lacht, entspannt sich,<br />
schaltet ab, fühlt sich wohl. Mehr als 300<br />
Muskeln kommen zum Einsatz, wenn ein<br />
Mensch sich vor Lachen schüttelt. Gleichzeitig<br />
füllen sich die Lungenflügel mit<br />
Luft, die dann mit zirka 100 Kilometern<br />
pro Stunde wieder herausgeschleudert<br />
wird. Die Sauerstoffaufnahme erhöht sich<br />
so um ein Vielfaches. Das Zwerchfell zieht<br />
sich zusammen und massiert gleichsam<br />
die inneren Organe. Zwei bis drei Minuten<br />
herzhaftes Lachen bringen so viel wie<br />
15 Minuten Joggen. Humor tut gut – und<br />
ist in der Therapie und Pflege etabliert.<br />
Entdeckung als Motivation<br />
Hingegen ist bei der Zauberkunst nicht<br />
das Lachen vordergründiges Ziel – obwohl<br />
Zauberei grossartig unterhält und<br />
ein gelungener Trick fast immer ein Lächeln<br />
auf das Gesicht des Zuschauers<br />
zaubert. «Es geht ums Entdecken», meint<br />
Stefan Staubli <strong>von</strong> der Reha-Klinik Bel-<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong><br />
likon. «Ein Zaubertrick fasziniert, verblüfft.<br />
Die meisten wollen verstehen, wie<br />
es funktioniert.» Und Neugierde spornt<br />
an, motiviert – das wirkt sich auch in der<br />
Therapie anspornend aus. Stefan Staubli<br />
erinnert sich an einen Forstwart, der nach<br />
einer Hirnverletzung halbseitig und vor<br />
allem mit den Hand- und Fingerbewegungen<br />
stark eingeschränkt war. Er hat<br />
ihm den Trick «das springende Gummiband»<br />
gezeigt, das sehr viel Fingergeschicklichkeit<br />
verlangt. «Bis Freitag kann<br />
ich das», habe der Patient zu ihm gesagt<br />
und gleich den Motivationsgrund dazu<br />
geliefert: «Freitag gehe ich nach Hause,<br />
das will ich meinen Kindern zeigen.»<br />
Kein Referenzwert zu vorher<br />
In der Reha-Klinik Bellikon lernen die Patientinnen<br />
und Patienten die körperlichen,<br />
psychischen und sozialen Folgen<br />
der Hirnverletzung auf ein Minimum zu<br />
beschränken. Je nach Schweregrad der<br />
Hirnverletzung müssen sie sogar wieder<br />
Sprechen, sich Anziehen, Laufen lernen.<br />
Da steht Zauberei natürlich nicht gleich<br />
in den ersten Tagen auf dem Therapieprogramm.<br />
Denn Zauberei erfordert viel<br />
Geschicklichkeit, höchste Konzentration<br />
und die Bewegungen müssen exakt ausgeführt<br />
werden. «Und trotzdem lernen es<br />
unsere Patienten stressfrei», erzählt Stefan<br />
Staubli. «Wer konnte vor der Hirnverletzung<br />
schon zaubern?» Es gibt also keine<br />
Vergleichsmöglichkeiten. «Und das»,<br />
ist der Ergotherapeut überzeugt, «stärkt<br />
das Selbstwertgefühl enorm.»<br />
Therapeuten als Zauberlehrlinge<br />
Und er hat dabei seine Finger im Spiel:<br />
Magier Pierre Greiner aus der Innerschweiz.<br />
Bereits 1993 lernte er das «Project<br />
Magic» <strong>von</strong> David Copperfield kennen,<br />
der mit 25 ausgewählten Tricks die<br />
Zauberei als Therapieform zugänglich<br />
machen wollte. Pierre Greiner hat das<br />
Copperfield-Therapieprogramm offiziell<br />
für die Schweiz übernommen. Er hat<br />
schon viele Psychiater, Kindergärtnerinnen,<br />
Physiotherapeuten und Pfleger ausgebildet.<br />
«Ich arbeite mit den Therapeuten<br />
und nicht mit den Patienten direkt»,<br />
erklärt er: «Ich kenne die Grenzen der Patienten<br />
nicht.»<br />
Und beim Zaubern kann man schon<br />
mal an die Grenzen kommen – denn<br />
Zaubern lernen ist anstrengend. «Man<br />
muss die Bewegungen präzise ausführen,<br />
man muss schnell rechnen und zählen<br />
können», erklärt Pierre Greiner: «Man<br />
muss sich im Raum orientieren können<br />
und seine Zuschauer ablenken, indem<br />
man mit ihnen kommuniziert.» Das<br />
setzt Übung voraus. Und trotzdem sind<br />
die meisten Zauberlehrlinge schnell erfolgreich.<br />
«Die Tricks sind relativ einfach,<br />
wenn man versteht, wie es funktioniert.»<br />
Und das könne man nur, wenn man hinter<br />
die Kulisse schaue und selber Hand<br />
anlege, meint Pierre Greiner. Und damit<br />
lädt er auch alle Interessierten ein, am<br />
nächsten Grundkurs «Zaubern als therapeutisches<br />
Mittel» in der Reha-Klinik<br />
Bellikon teilzunehmen.<br />
www.magic-pierre.ch<br />
Grundkurs «Zaubern als therapeutisches<br />
Mittel», 6. und 7. Mai <strong>2011</strong><br />
www.rehabellikon.ch<br />
› Kurse und Kultur<br />
11
Eigene Stärken erkennen: Betroffene lernen mit ihrer Lebenssituation besser umzugehen.<br />
Vom Wissen zum Verstehen<br />
Text: Dorothee Rübel, Foto: Marianne Mani<br />
Am Anfang stand die Frage: Wie können wir in Institutionen den professionellen Alltag<br />
mit hirnverletzten Menschen konfliktfreier gestalten? Dank dem innovativen Ansatz<br />
– betreuende Mitarbeitende sowie Bewohnerinnen und Bewohner gleichzeitig<br />
weiterzubilden – wurde das Zusammenleben verständnisvoller und stressfreier.<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> führte in den Jahren 2009<br />
und 2010 das Projekt «Vom Wissen zum<br />
Verstehen» durch. Angesprochen wurden<br />
Institutionen, in denen hirnverletzte Menschen<br />
zusammen mit Menschen leben,<br />
die andere Behinderungen haben. Wie<br />
kann die Zusammenarbeit und das Zusammenleben<br />
hilfreich gestaltet werden?<br />
Dazu führte das erfahrene Team <strong>von</strong> FRA-<br />
GILE <strong>Suisse</strong> Weiterbildungsveranstaltungen<br />
für das Personal und für die BewohnerInnen<br />
dieser Institutionen durch. Die<br />
Durchführung aller Weiterbildungen leitete<br />
Marianne Mani in Zusammenarbeit<br />
mit Koreferentinnen und Koreferenten mit<br />
Hirnverletzung sowie mit der Körpertherapeutin<br />
Anita Weimer.<br />
Ziele<br />
Das Projekt hatte einerseits zum Ziel, dass<br />
die Mitarbeitenden der Institutionen die<br />
wichtigsten und vor allem auch die unsichtbaren<br />
Folgen einer Hirnverletzung<br />
kennen, deren Konsequenzen verstehen<br />
und ihre Kenntnisse im Institutionsalltag<br />
anwenden können. Gemeinsam erarbeitete<br />
Strategien für den Umgang mit Problemsituationen<br />
sollten helfen, Stresssituationen<br />
zu entschärfen und Konflikte und<br />
Aggressionen zu vermindern.<br />
Weiteres Ziel war, dass hirnverletzte Bewohner<br />
ihre Beeinträchtigung besser verstehen<br />
und ihre Bedürfnisse erfassen und<br />
formulieren können. Nicht hirnverletzte<br />
Bewohner sollten ein besseres Verständnis<br />
für die speziellen Bedürfnisse ihrer<br />
MitbewohnerInnen entwickeln.<br />
Bewohnerinnen und Bewohner<br />
Die Weiterbildungen für BewohnerInnen<br />
beinhalteten einen kognitiven und einen<br />
auf Körperarbeit orientierten Teil. Im<br />
kognitiven Teil der Weiterbildung wurde<br />
mit den Fragen: «Wie ist mein Bild für<br />
die Beeinträchtigung, welches sind meine<br />
Schwierigkeiten?» gearbeitet. Stärken<br />
wurden genutzt anhand der Fragen:<br />
«Was kann ich wieder, was kann ich<br />
noch?» «Was mag ich an mir, was mögen<br />
andere an mir?» Aufnahmefähigkeit<br />
und Erinnerungsvermögen waren bei vielen<br />
Bewohnern stark eingeschränkt, weshalb<br />
sich die Inhalte der Weiterbildungen<br />
im Wesentlichen auf das Erfassen der aktuellen<br />
Situation sowie auf die Stärkung<br />
der Selbstwahrnehmung und der Akzeptanz<br />
fokussierten. Einige TeilnehmerInnen<br />
konnten sich nur über eine Buchstabentafel<br />
verständigen. Dies erforderte <strong>von</strong><br />
allen Geduld und viel Konzentration. Ein<br />
Bewohner meinte zu seiner gegenwärtigen<br />
Situation: «Mein Leben ist eine Baustelle.»<br />
In der Körperarbeit stand die aktuelle<br />
Situation der BewohnerInnen im Vordergrund.<br />
Durch Übungen wie zum Beispiel<br />
nicht wertendes Sehen und Hören wurde<br />
versucht, Stress abzubauen und kreativ<br />
mit Neuem zu experimentieren. Neben<br />
viel Schmerz über verlorene Kompetenzen<br />
entstanden immer wieder heitere Momente,<br />
die der Veranstaltung Leichtigkeit<br />
schenkten. Nicht hirnverletzte BewohnerInnen<br />
verbesserten ihr Verständnis für<br />
ihre hirnverletzten MitbewohnerInnen.<br />
Die sehr unterschiedliche Befindlichkeit<br />
und das breite Spektrum an Beeinträchtigungen<br />
erforderte ein flexibles und achtsames<br />
Eingehen auf die jeweilige Gruppenzusammensetzung.<br />
Mitarbeitende<br />
Bei den Mitarbeitenden führten die Weiterbildungen<br />
zu einem verbesserten Verstehen<br />
der Folgen <strong>von</strong> Hirnverletzungen.<br />
Sie realisierten, dass die erhöhte Ermüdbarkeit<br />
und die verminderte Leistungsfähigkeit<br />
erhebliche Konsequenzen für<br />
die Planung des Alltags und die Formulierung<br />
der Förderziele hat. Sie lernten,<br />
12 <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong>
welche Strukturen es braucht, um den gründen zu wenig Weiterbildungseinhei-<br />
Bewohnern Halt zu geben und ihren Beten für die BewohnerInnen durchgeführt<br />
dürfnissen zu entsprechen. Mitarbeiten- werden, um eine nachhaltige Wirkung zu<br />
de nahmen sich nach der Weiterbildung<br />
mehr Zeit für die Arbeit mit hirnverletz-<br />
erreichen.<br />
ten Menschen und planten mehr Pausen Empfehlungen und Fazit<br />
ein. Als schwierig empfundene Reaktio- Mit dem Projekt konnten schwer betroffenen<br />
wie Aggression, Blockade oder Verne Menschen mit Hirnverletzung erreicht<br />
weigerung wurden besser verstanden und werden. Die Projektleiterin Marianne<br />
führten zur reflektierteren Handlungswei- Mani hält es für wichtig, dass die Bewohse<br />
bei den Teilnehmenden.<br />
nerInnen in einem Kontext ausserhalb des<br />
Neben dem fachlichen Lernen und Gruppenalltags und begleitet <strong>von</strong> einer<br />
den Inputs der Koreferenten war es wich- externen Person Gelegenheit haben, sich<br />
tig, auf die Bedürfnisse der Mitarbeiten- mit der Bewältigung ihrer Lebenssituation<br />
den einzugehen und dabei Achtsamkeit, auseinanderzusetzen. Um mehr Nachhal-<br />
Stressmanagement und Entspannung <strong>von</strong> tigkeit zu erreichen, müssten die Weiter-<br />
Konfliktsituationen zu ermöglichen. Durch bildungen genauer auf die Möglichkeiten<br />
das Eingehen auf aktuelle Themen ergab der Institutionen abgestimmt werden und<br />
sich eine deutliche Zufriedenheit betref- kontinuierlich in kurzen Abständen stattfend<br />
Transfermöglichkeit des Erlernten in finden. Es zeigte sich, wie wichtig es ist,<br />
den Alltag. In der Nachevaluation zeigte dass Institutionen mit speziell ausgebilde-<br />
sich, dass der Stress im Alltag bei einem tem Personal für diese Menschen da sind.<br />
grossen Teil der Mitarbeitenden vermin- <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> bietet für Fachpersonen<br />
dert werden konnte. Ein nicht erwarteter seit 2004 den Grundlagenkurs Hirnverlet-<br />
Nebeneffekt war die Förderung der Teamzung und fachspezifische Aufbaumodule<br />
bildung.<br />
an. Aufgrund der Erfahrungen im Projekt<br />
wird <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> in Zukunft vermehrt<br />
Koreferentinnen und Koreferenten für Institutionen Einführungen, Vertiefun-<br />
Die hirnverletzten Koreferenten erleichtergen und situationsspezifische Supervisioten<br />
den Mitarbeitenden die Verknüpfung<br />
mit dem Arbeitsalltag. Die Bereitschaft der<br />
Koreferenten, ihre persönlichen, oft unangenehmen<br />
Erfahrungen zur Verfügung zu<br />
stellen, trug zu einer offenen Atmosphäre<br />
bei. Ihre Präsenz erleichterte auch den<br />
Zugang zu den Bewohnern, die sich durch<br />
deren Erfahrungen angesprochen und<br />
verstanden fühlten.<br />
nen anbieten.<br />
Positive Erfahrungen<br />
Die BewohnerInnen schätzten es gleichermassen<br />
wie die Mitarbeitenden an einer<br />
Weiterbildung teilzunehmen. Durch die<br />
Das Projekt in Kürze<br />
Förderung der Kompetenzen <strong>von</strong> Men- Das Projekt konnte dank der Unterschen<br />
mit und ohne Behinderung verstützung <strong>von</strong> Gesundheitsförderung<br />
besserte sich auch die Zusammenarbeit Schweiz durchgeführt werden.<br />
in den Institutionen. Sehr wirkungsvoll Das Angebot für die fünf beteiligten<br />
war, dass jeweils das gesamte Personal – Institutionen umfasste 18 Veranstaltun-<br />
neben Betreuung und Pflege auch Mitgen für MitarbeiterInnen und 10 für<br />
arbeitende aus Hauswirtschaft und Ver- BewohnerInnen. 47 BewohnerInnen<br />
waltung – in das Weiterbildungsprojekt konnten mit dem Projekt angesprochen<br />
einbezogen wurde.<br />
werden, da<strong>von</strong> 30 mit einer Hirnverletzung.<br />
Seitens MitarbeiterInnen waren<br />
Erschwerende Bedingungen<br />
an den Einführungshalbtagen 126, an<br />
Daneben gab es Faktoren, die im Pro- den Vertiefungshalbtagen 111 Personen<br />
jekt nicht optimal berücksichtigt werden<br />
konnten. So war für einzelne BewohnerInnen<br />
aufgrund ihrer kognitiven Beeinträchtigung<br />
weniger Beteiligung möglich<br />
als erwartet. Zudem konnten aus Kosten-<br />
präsent.<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong><br />
Marianne Mani, was waren aus Ihrer<br />
Sicht die Highlights im Projekt?<br />
– Die Mitarbeitenden mit ihrer<br />
Offenheit, ihrem Interesse und ihrem<br />
aufrichtigen Bemühen um gute<br />
Zusammenarbeit mit den Bewohnerinnen<br />
und Bewohnern.<br />
– Die wunderbare Zusammenarbeit mit<br />
Koreferentinnen und Koreferenten.<br />
– Die BewohnerInnen machten<br />
mir das Geschenk, Einblick in ihre<br />
schwierige Lebenssituation zu<br />
gewähren und mich besser verstehen<br />
zu lassen, wo ihre Kräfte verborgen<br />
sind. Immer waren für mich auch<br />
As pekte <strong>von</strong> Gesundheit wahrnehmbar:<br />
Interesse, Neugier, Heiterkeit,<br />
aufrichtiger Ärger, Freundlichkeit und<br />
Präsenz.<br />
13
iStockphoto<br />
Jeder Mensch mit einer Hirnverletzung benötigt individuelle Lösungsvorschläge.<br />
Case Manager helfen diese zu erarbeiten.<br />
Helpline: Case Management für hirn verletzte<br />
Menschen – eine Lösung mit Zukunft?<br />
Text: Carine Fluckiger, Christine Ryser<br />
Eine Hirnverletzung tangiert das gesamte Leben einer betroffenen Person – die<br />
Familie, das persönliche, soziale, berufliche Umfeld. Wie können betroffene Personen<br />
ganzheitlicher betreut werden? Für Dr. Pierre Christe, Gründer des Centre<br />
Rencontres, ist die Antwort klar: mit Case Management. Christine Ryser, Helpline-<br />
Beraterin <strong>von</strong> <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong>, erklärt, worum es sich beim Case Management handelt<br />
und weshalb es für hirnverletzte Menschen interessant sein könnte.<br />
Case Management ist ein Verfahren, das<br />
im Versicherungs- und Personalbereich<br />
immer häufiger zum Einsatz kommt. Die<br />
Fachliteratur definiert den Prozess als<br />
«Kunst, einen komplexen Fall abzuwickeln».<br />
Angesichts <strong>von</strong> Situationen, die<br />
eine Vielzahl <strong>von</strong> Problemen und involvierten<br />
Stellen mit sich bringen, stellt das<br />
Case Management einen «systematischen<br />
Kooperationsprozess» dar, um auf individuelle<br />
Bedürfnisse einzugehen. Dadurch<br />
können die Grenzen zwischen Fachleuten<br />
und Institutionen überwunden und die<br />
gemeinsam vereinbarten Ziele und Wirkungen<br />
effizient erreicht werden.<br />
Vertrauensbeziehung mit dem Kunden,<br />
eine globale Herangehensweise und eine<br />
langfristig personalisierte Betreuung.<br />
Weit da<strong>von</strong> entfernt, sich auf das «Diktat»<br />
des Fachmanns zu stützen, bedingt<br />
das Case Management eine Partnerschaft<br />
zwischen dem Case Manager und seinem<br />
Kunden. Beide definieren einen Plan, der<br />
die zu lösenden Probleme sowie die Lösungen<br />
selbst berücksichtigt. Der Case Manager<br />
fördert dadurch das Mitwirken der<br />
betroffenen Person und setzt sich während<br />
der gesamten Bearbeitung des Dossiers als<br />
deren Vertreter ein. Unter diesen Bedingungen<br />
sind langfristig ein Vertrauensverhältnis<br />
und eine effiziente Arbeit möglich.<br />
Vertrauen und Mitwirken<br />
Als Drehscheibe zwischen den Akteuren, Interesse für hirnverletzte Menschen<br />
die sich mit der betroffenen Person aus- Weil sie oft Ursache für «komplexe Fäleinandersetzen<br />
(Ärzte, Therapeuten, Verle» sind, eignen sich Hirnverletzungen<br />
sicherer, Arbeitgeber usw.), kommt dem im Sinne des Case Managements spezi-<br />
Case Manager demnach die Rolle einer ell gut für diese Arbeitsweise. Die vielen<br />
Bezugsperson zu, die ein Dossier betreut. Informationen, die die hirnverletzte Per-<br />
Für diese Aufgabe braucht es jedoch eison betreffen, können zentral gesammelt<br />
nige wesentliche Voraussetzungen: eine und bedarfsgerecht unter den verschie-<br />
denen Akteuren ausgetauscht werden. Da<br />
der Case Manager sowohl die Sprache der<br />
Versicherer als auch jene der Rechtsvertreter<br />
und Ärzte kennt, spielt er als Vermittler<br />
zwischen den <strong>von</strong> einer Hirnverletzung<br />
betroffenen Personen und ihren<br />
Angehörigen eine wichtige Rolle, indem er<br />
deren Verunsicherung und Isolierung gegenüber<br />
den sich ihnen stellenden Herausforderungen<br />
vermindert.<br />
Mit dem Case Management können<br />
Probleme und Personen zudem gesamtheitlich<br />
betrachtet werden. Dies ist angesichts<br />
der Tatsache, dass eine Hirnverletzung<br />
das gesamte Leben und Umfeld<br />
(Familie, persönliches, soziales und berufliches<br />
Umfeld) einer Person beeinflusst,<br />
ein grosser Pluspunkt.<br />
«Empowerment»<br />
Ein weiteres Prinzip des Case Managements,<br />
nämlich die betroffene Person zum<br />
Projektmittelpunkt zu machen, bringt bei<br />
Menschen mit Hirnverletzungen einen<br />
weiteren Vorteil. Tatsächlich ist anhand<br />
mehrerer Studien bewiesen, dass es ein<br />
Schlüsselfaktor sein kann, wenn die betroffene<br />
Person in die Problemlösung mit<br />
einbezogen wird. Ein Prinzip, das auch für<br />
die Angehörigen gilt, die vollumfänglich<br />
in den Prozess integriert werden und damit<br />
ihr Gefühl, gebraucht zu werden, verstärken<br />
können.<br />
Der Case Manager spornt die hirnverletzte<br />
Person an, ihr Schicksal in die eigenen<br />
Hände zu nehmen, aus ihren eigenen<br />
Ressourcen zu schöpfen und Verantwortung<br />
zu übernehmen. In einer auf Gleichberechtigung<br />
basierenden Beziehung wird<br />
die hirnverletzte Person als vollwertiger<br />
Mensch wahrgenommen, der sich seiner<br />
Situation bewusst ist. Dies gibt ihm<br />
Vertrauen und er kann auf den weiteren<br />
Verlauf seines Lebens Einfluss nehmen.<br />
Gleichzeitig akzeptiert er die Ratschläge,<br />
die man ihm gibt, interessiert sich für die<br />
Leistung und arbeitet mit den verschiedenen<br />
Akteuren zusammen.<br />
Eine spezifische und geeignete<br />
Betreuung<br />
Eine langfristig personalisierte Betreuung<br />
bildet einen weiteren Schlüssel zum Erfolg<br />
des Case Managements bei Hirnverletzten,<br />
da diese über lange Zeit begleitet werden<br />
müssen. Der Weg zur Anpassung ist lang,<br />
es werden keine linearen Erfolge erzielt<br />
und auch Jahre nach der Erkrankung oder<br />
dem Unfall können Probleme auftauchen.<br />
Wichtig ist in diesem Fall, dass die Pflege<br />
14 <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong>
ständig gewährleistet ist, dass eventuelle<br />
Orientierungsfehler korrigiert werden und<br />
dass die Betreuung immer wieder an die<br />
Verfahrensschritte angepasst wird.<br />
Auch Menschen mit Hirnverletzungen<br />
sind Individuen und brauchen deshalb<br />
eine spezifische Unterstützung. Eine Lösung,<br />
die für eine bestimmte Person funktioniert,<br />
eignet sich nicht unbedingt für<br />
einen anderen hirnverletzten Menschen.<br />
Es ist deshalb <strong>von</strong> grosser Bedeutung,<br />
dass im Zusammenhang mit Hirnverletzungen<br />
keine standardisierten Methoden<br />
angewandt werden.<br />
Erfolgsbedingungen<br />
Beim heutigen Stand der Dinge wird Case<br />
Management häufig im Rahmen einer<br />
Versicherung praktiziert. Deren Ziel ist es<br />
im Allgemeinen, die berufliche Wiedereingliederung<br />
des Versicherten zu fördern.<br />
Dies ist im Falle <strong>von</strong> hirnverletzten<br />
Menschen allerdings nicht immer realistisch<br />
(siehe Artikel Seite 16 «Arbeiten nach<br />
einer Hirnverletzung?»).<br />
Ein versicherungsinternes Case Management<br />
wirft zudem das Problem der<br />
Neutralität und der Loyalitätspflicht des<br />
Anzeige<br />
Blasenschwäche:<br />
Na und?<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong><br />
Case Managers gegenüber seinem Arbeitgeber<br />
auf. Wie kann der Case Manager<br />
in diesem Fall unabhängig bleiben?<br />
Wie kann er mögliche Konflikte zwischen<br />
den Interessen seines Kunden und denjenigen<br />
der Versicherung, für die er arbeitet,<br />
verhindern? Zweifel dieser Art können das<br />
Vertrauensverhältnis, das eine Grundbedingung<br />
für ein effizientes Case Management<br />
ist, beeinträchtigen.<br />
Im Laufe der letzten Jahre sind unabhängige<br />
Leistungserbringer aufgetreten,<br />
die, sofern sie nicht zur Interessensgruppe<br />
der Versicherungen gehören, bei ihren<br />
Kunden eine grosse Glaubwürdigkeit aufbauen<br />
können. Ein solches Profil scheint<br />
uns für die Betreuung <strong>von</strong> hirnverletzten<br />
Personen am besten geeignet zu sein. Bedingung<br />
ist jedoch, dass die Case Manager<br />
sich in der Problematik <strong>von</strong> Hirnverletzungen<br />
auskennen oder sich entsprechend<br />
ausbilden. Da ein Grossteil der Verletzungsfolgen<br />
nicht sichtbar ist oder – im<br />
Falle <strong>von</strong> Anosognosie – <strong>von</strong> den Betroffenen<br />
selbst nicht erkannt wird, muss der<br />
Case Manager die Symptome beim Treffen<br />
mit seinem Kunden erkennen und entsprechende<br />
Fragen stellen können.<br />
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Christine Ryser ist Beraterin bei der Helpline.<br />
Sie hat 2010 an der Fachhochschule<br />
Westschweiz eine Ausbildung im Case<br />
Management absolviert.<br />
Helpline <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Melden Sie sich bei unserer Helpline,<br />
wenn Sie Fragen zum Case Management<br />
haben.<br />
0800 256 256<br />
(Montag bis Freitag, 10:00 – 13:00)<br />
helpline@fragile.ch<br />
U E H L I N G E R A G, M e d i c a l S e r v i c e<br />
Langenhagstrasse 20, 4127 Birsfelden<br />
B e r a t u n g : Te l . 0 8 4 8 0 0 0 1 9 9 I w w w. u e h l i n g e r m e d i c a l . c h<br />
15
Die meisten Menschen mit einer Hirnverletzung sind arbeitsfähig. Wichtig ist die kompetente<br />
Begleitung der Reintegration, Anpassung der Arbeitsstelle und die Bereitschaft <strong>von</strong> Arbeitgeberseite<br />
zum Mitmachen.<br />
Arbeiten nach einer Hirnverletzung?<br />
Text: Carine Fluckiger, Fotos: Zentrum für Berufliche Abklärung<br />
Viele Betroffene stehen mitten im Erwerbsleben, wenn sie eine Hirnverletzung erleiden.<br />
Welche Chancen haben sie, wieder arbeiten zu können? Diese Frage muss<br />
sowohl aus Sicht des Betroffenen als auch Arbeitgebenden geklärt werden. Die<br />
Weiterbeschäftigung oder Anstellung <strong>von</strong> Menschen mit einer Hirnverletzung erfordert<br />
<strong>von</strong> den Arbeitgebenden Stellenanpassungen und ein Umdenken. Wirtschaftliche<br />
Gegebenheiten stehen dabei oft im Weg. Diese Tatsache gilt es bei der<br />
6. Revision der Invalidenversicherung zu berücksichtigen.<br />
Fragt man einen hirnverletzten Menschen<br />
nach seinem grössten Wunsch,<br />
wird er Ihnen mit Sicherheit antworten,<br />
dass er wieder arbeiten möchte. Gestützt<br />
auf eine 2004 durchgeführte Umfrage bei<br />
25 Schwerstbetroffenen in der Reha-Klinik<br />
Clinique romande de réadaptation (CRR)<br />
in Sion gehört die berufliche Wiedereingliederung<br />
zu den wichtigsten Kriterien<br />
für die Lebensqualität.<br />
Ein Graben zwischen Wunsch<br />
und Wirklichkeit<br />
Zwischen Wollen und Können klafft jedoch<br />
oft ein Graben, den die Betroffenen<br />
manchmal nicht erkennen. Cathy Barraud,<br />
Beraterin bei IPT Integration für alle, erlebt<br />
diesen Konflikt häufig: «Es sind willensstarke<br />
Menschen, die über spezielle Fähigkeiten<br />
verfügen und denen man eine<br />
Chance geben möchte. Aber manchmal<br />
haben sie Mühe, realistische Vorhaben zu<br />
entwickeln, und erkennen ihre Einschränkungen<br />
erst nach einiger Zeit.»<br />
*Namen geändert<br />
Auch das Umfeld hat einen Einfluss auf<br />
die Chancen einer Rückkehr an den Arbeitsplatz;<br />
namentlich die Lage auf dem<br />
Arbeitsmarkt, die Unterstützung seitens<br />
der Familie, des Bekanntenkreises und Arbeitgebenden<br />
sowie die Begleitung durch<br />
ein speziell auf Menschen mit Hirnverletzung<br />
zugeschnittenen Wiedereingliederungsprogramms.<br />
Die grössten Hürden<br />
Kognitive und Verhaltensänderungen gehören<br />
zu den grössten Hürden für eine<br />
langfristige Arbeitsintegration nach einer<br />
Hirnverletzung. «Wer Konzentrationsprobleme<br />
hat, wird unabhängig <strong>von</strong> seinem<br />
Beruf immer Mühe bei der Arbeit haben»,<br />
betont Dr. Philippe Vuadens, Leiter des<br />
Reha-Dienstes der CRR.<br />
In einem wirtschaftlichen Umfeld, das<br />
immer mehr Leistung und Rendite fordert,<br />
führen auch andere Schwierigkeiten der<br />
Betroffenen zu einer Verminderung der<br />
Arbeitsmarktfähigkeit: rasche Ermüdung,<br />
geringe Stressresistenz, mangelnde Flexibilität<br />
usw.<br />
David* ist hirnverletzt und Schreiner<br />
mit einem Arbeitspensum <strong>von</strong> 90 %. 2009<br />
bat er die Helpline <strong>von</strong> <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> um<br />
Hilfe, um in einer telefonischen Besprechung<br />
mit seinem Chef über seine Arbeitszeiten<br />
bzw. mehr Ruhephasen zu<br />
reden. «Ich kann pro Tag nur ein, zwei<br />
wichtige Sachen machen; danach benötige<br />
ich eine Pause», erklärt er. Sein Arbeitgeber,<br />
der ihm inzwischen aus wirtschaftlichen<br />
Gründen kündigte, meinte<br />
dazu: «Er arbeitete gut, manchmal zu gut.<br />
Aber er war langsam und seine Leistung<br />
schwankte <strong>von</strong> Tag zu Tag. Weil man ihm<br />
nichts ansieht, möchte man ihn schütteln,<br />
vor allem in Stresszeiten. Seine Kollegen<br />
gaben alles, aber bei ihm hatte man<br />
das Gefühl, er sei nicht ganz bei der Sache.<br />
Das ist nicht förderlich für den Teamgeist.»<br />
«Am Anfang geht es gut»<br />
Ein Problem, das auch Dr. Vuadens bei<br />
seinen Patienten regelmässig feststellt:<br />
«Am Anfang geht es gut. Aber nach fünf<br />
bis sechs Monaten vergisst man Behinderungen,<br />
die nicht offensichtlich sind. Das<br />
führt zu Feindseligkeiten, die sich auf das<br />
ganze Team auswirken. Der Chef muss<br />
sich entscheiden.» Der Arzt zeigt sich zunehmend<br />
skeptisch: «Hirnverletzte Menschen<br />
wieder in die Arbeitswelt eingliedern?<br />
In den letzten Jahren stellte ich mir<br />
immer häufiger diese Frage. Die meisten<br />
Schwerstbetroffenen sind noch arbeitsfähig,<br />
aber es gibt nur wenige Arbeitgeber,<br />
die die erforderliche Sensibilität für eine<br />
langfristige Anstellung aufbringen.»<br />
Der stellvertretende Direktor des Westschweizer<br />
Unternehmensverbandes (Fédération<br />
des entreprises romandes), Olivier<br />
Sandoz, neigt dazu, diese Meinung<br />
zu bestätigen: «Hauptaufgabe eines Unternehmens<br />
ist es nicht, behinderte Menschen<br />
zu integrieren. Will ein Unternehmen<br />
dies tun, muss es prüfen, ob es in<br />
der Lage ist, den Betroffenen einzustellen,<br />
welche internen Tätigkeiten ihm übertragen<br />
werden können und welche Anpassungen<br />
es dazu braucht. Das ist nicht in<br />
allen Fällen möglich.»<br />
«Ich träume <strong>von</strong> einem zweiten Leben»<br />
Bei fehlenden Anpassungen laufen hirnverletzte<br />
Mitarbeitende Gefahr, einen hohen<br />
Preis für ihre Anstrengungen zu bezahlen.<br />
Christian* erlitt 1995 einen<br />
schweren Unfall und arbeitet seit mehr<br />
als zehn Jahren vollzeitlich in seinem Be-
uf als Landschaftsgärtner. Dennoch musste<br />
er mehrmals wegen Depressionen und<br />
Erschöpfungsphasen pausieren. «Man hat<br />
mich auf die Arbeit programmiert. Am<br />
Anfang hat mir das gut getan. Aber heute<br />
träume ich <strong>von</strong> einem zweiten Leben.<br />
Manchmal, wenn ich es nicht mehr aushielt,<br />
habe ich mich bei der Arbeit versteckt,<br />
um auszuspannen. Ich habe kein gesellschaftliches<br />
oder Familienleben mehr.»<br />
Neben den Anpassungen am Arbeitsplatz<br />
(siehe Kästchen) braucht es für die Arbeit<br />
mit hirnverletzten Menschen auch eine<br />
gewisse Organisation. «Man darf keinen<br />
Druck auferlegen», betont Cathy Barraud.<br />
«Die Aufgaben müssen etappenweise<br />
übertragen und kontrolliert werden.» Eric<br />
hat dies in seiner Schreinerei im Laufe der<br />
Zeit lernen müssen, als er vor sechs Jahren<br />
einen hirnverletzten Freund einstellte:<br />
«Ich muss mich oft wiederholen, damit er<br />
nichts vergisst, und eventuelle Fehler voraussehen.<br />
Damit er bei einer Sache nicht<br />
müde wird, gebe ich ihm immer wieder<br />
andere Arbeiten. Er kann nicht allzu lange<br />
an einer Aufgabe arbeiten, sonst kommt<br />
Die Bedingungen für eine erfolgreiche Wiedereingliederung<br />
es zur Katastrophe! Wenn er aber eine Tätigkeit<br />
liebt, geht ihm die Arbeit leichter<br />
<strong>von</strong> der Hand und seine Leistung ist besser.»<br />
Für Eric sind die Schlüsselbegriffe dieser<br />
Zusammenarbeit vor allem Taktgefühl,<br />
Dialog und Offenheit. Bleibt der menschliche<br />
Faktor: «Ich schätze ihn als Person und<br />
arbeite gerne mit ihm. Wenn es nur ums<br />
Geld ginge, hätte ich mich schon lange <strong>von</strong><br />
ihm getrennt.» Dr. Vuadens meint dazu abschliessend:<br />
«Es braucht ergänzend zu den<br />
wirtschaftlichen auch ethische Ziele, um<br />
die soziale und berufliche Wiedereingliederung<br />
zu erreichen.»<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> Fachinformationsschrift<br />
2: Berufliche Wiedereingliederung<br />
nach einer Hirnverletzung.<br />
Erhältlich unter<br />
www.fragile.ch<br />
«Auf dem Weg zur Selbstbestimmung –<br />
Behinderte Menschen in unserer<br />
Arbeitswelt», Bela Böke, DVD.<br />
Ausleihbar in unserer Bibliothek über<br />
biasio@fragile.ch<br />
Es ist wichtig, die Hürden bei der beruflichen Wiedereingliederung <strong>von</strong> Menschen<br />
mit einer Hirnverletzung zu erkennen, ernst zu nehmen und Lösungen zu finden.<br />
Laut Fachliteratur sind die Chancen für eine Rückkehr an die Arbeit besser, wenn der<br />
oder die Betroffene wieder die vor der Verletzung ausgeübte Tätigkeit ausübt. Nur<br />
in wenigen Fällen ist jedoch eine Vollzeitbeschäftigung möglich. Häufig erweisen sich<br />
Anpassungen als unumgänglich: flexible Pausen, ergonomische Anpassungen,<br />
fachlich kompetente Information und Begleitung <strong>von</strong> Arbeitgebenden und Mitarbeitenden<br />
usw. In etlichen Fällen ist eine berufliche Neuausrichtung unvermeidbar.<br />
Die berufliche Wiedereingliederung <strong>von</strong> hirnverletzten Menschen ist ein langer,<br />
manchmal mehrere Jahre dauernder Prozess. Am besten beginnt er schon während<br />
der Reha-Phase in der Klinik. Bevor auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Stelle gesucht<br />
wird, empfiehlt sich meist, die Fähigkeiten und Schwierigkeiten in einem beschützenden<br />
Umfeld zu klären und gemeinsam Strategien zu entwickeln. Die effektive<br />
Integration an einer Stelle sollte <strong>von</strong> Anfang an und über eine längere Zeit begleitet<br />
werden. Die Begleitung erfordert gute Kenntnisse der neuropsychologischen Funktionsstörungen<br />
und die Fähigkeit, Anpassungen für einen konkreten Arbeitsplatz zu<br />
ent wickeln und zu übersetzen. Wichtig dabei ist nicht nur der Einbezug der vorgesetzten<br />
und betroffenen Person, sondern auch der Arbeitskollegen.<br />
Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt – Adressen<br />
Erkundigen Sie sich bereits während der Rehabilitation in der Klinik<br />
nach entsprechenden Massnahmen und Programmen.<br />
Fachstellen zur Arbeitsintegration spezialisiert auf hirnverletzte Menschen:<br />
– Helpline <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong>: 0800 256 256 (Erstberatung)<br />
– andante, Angebot Wintegra: www.stiftung-andante.ch<br />
– Haus Selun: www.ovwb.ch/hausselun.html<br />
– Zentrum für berufliche Abklärung (ZBA): www.zba.ch<br />
Fachstellen zur Arbeitsintegration für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen:<br />
– Stiftung IPT Integration für alle: www.stiftung-ipt.ch<br />
– Profil Arbeit und Handicap: www.profil.proinfirmis.ch<br />
Der Wiedereinstieg ins Berufsleben erfordert<br />
viel Flexibilität: Manchmal ist es nicht möglich,<br />
wieder derselben Tätigkeit nachzugehen.<br />
Begleitung ist wichtig: Es braucht viel<br />
Fein gefühl, um die Belastbarkeit einer<br />
betroffenen Person zu erkennen.<br />
Menschen mit einer Hirnverletzung finden im<br />
Zentrum für berufliche Abklärung (ZBA)<br />
kompetente Unterstützung und Begleitung bei<br />
der beruflichen Neuorientierung und<br />
Reintegration.<br />
17
Führte in die Leidenschaft des<br />
Kunstsammelns ein: Unternehmerin und<br />
Sammlerin Sabine Hahnloser Tschopp.<br />
Bereiteten die Auktion über neun Monate<br />
hinweg minutiös vor: Projektteam<br />
mit (v. r.) Gaby Pfyffer, Raphael T. Rigassi,<br />
Claudia Pfitzenmaier.<br />
Verband die Themen Hirnverletzung und<br />
Bilder gekonnt in ihrer Einführung:<br />
Neuropsychologin und <strong>FRAGILE</strong>-Bern-<br />
Co-Präsidentin Dr. Helene Hofer.<br />
François Loeb, Schirmherr der Auktion, und<br />
Silvia Luginbühl, Stellenleiterin <strong>von</strong> <strong>FRAGILE</strong><br />
Bern, freuen sich über das Auktionsergebnis.<br />
Marcel Odermatt bedankte sich als <strong>FRAGILE</strong>-<br />
Geschäftsleiter herzlich bei allen Beteiligten.<br />
Im edlen Burgerratssaal <strong>von</strong> Bern fanden hundert Kunstwerke aus aller Welt einen Käufer.<br />
Berner Kunstsammler<br />
zeigten sich grosszügig<br />
Text: Mike Weibel, Fotos: Martin Bichsel<br />
Mitte Februar versteigerte der Berner Galerist Raphael T. Rigassi zugunsten <strong>von</strong><br />
<strong>FRAGILE</strong> Bern über 100 Kunstwerke. Die Benefiz-Auktion war ein voller Erfolg: 90<br />
Prozent der Werke wurden verkauft, über 50 000 Franken Erlös darf <strong>FRAGILE</strong> erwarten.<br />
Nach gut zwei Stunden «unter dem Hammer» gabs für den Auktionator<br />
eine Standing Ovation. Rigassi hatte die Kunstwerke bei anderen Galeristen,<br />
Künstlerinnen und Sammlern beschafft. Es waren auch Werke <strong>von</strong> Menschen mit<br />
einer Hirnverletzung unter den Versteigerungsobjekten.<br />
Gaby Pfyffer eröffnete um 18.30 Uhr die<br />
Veranstaltung im ehrwürdigen Kultur-<br />
Casino in Bern. Neun Monate lang hatte<br />
sie zusammen mit dem Galeristen<br />
Raphael T. Rigassi die Kunstauktion vorbereitet,<br />
nachdem dieser sie um Hilfe gebeten<br />
hatte. Gaby Pfyffer musste nicht lange<br />
überlegen: Als Logopädin hatte sie jahrelang<br />
mit hirnverletzten Menschen gearbeitet<br />
und dabei auch die Organisation<br />
<strong>FRAGILE</strong> schätzen gelernt. Wie sie in<br />
ihrer Eröffnungsrede sagte, ging mit dem<br />
«traumhaft schönen Burgerratssaal», dem<br />
Auktionsstandort, ein grosser Wunsch in<br />
Erfüllung. Auch der zweite Traum <strong>von</strong> Frau<br />
Pfyffer sollte wahr werden: ein traumhaftes<br />
Auktionsresultat.<br />
Dazu trug Raphael T. Rigassi das Seine bei.<br />
Der Galerist hatte im Vorfeld der Auktion<br />
über hundert Kunstwerke gesammelt, die<br />
meisten da<strong>von</strong> in Form <strong>von</strong> Spenden. Sie<br />
stammten <strong>von</strong> anderen Galeristen, Künstlerinnen<br />
und Sammlern. Im Katalog der<br />
Auktion fanden sich Werke <strong>von</strong> bekannten<br />
Berner Künstlern neben unbekannten und<br />
ausländischen. Es waren auch Kunstwerke<br />
<strong>von</strong> Menschen mit einer Hirnverletzung<br />
unter den Versteigerungsobjekten. Rigassi<br />
hatte bereits vor einigen Jahren eine<br />
Auktion zugunsten <strong>von</strong> <strong>FRAGILE</strong> durchgeführt.<br />
«Ich bin einfach dankbar, dass es<br />
mir gut geht, dass ich Glück habe – und<br />
möchte mit der Auktion jenen Menschen<br />
und ihren Angehörigen helfen, die auf-<br />
18 <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong>
grund einer Hirnverletzung jäh aus dem<br />
Alltag gerissen werden», schildert Rigassi<br />
seine Beweggründe. Im Vorfeld der Auktion<br />
hatte <strong>FRAGILE</strong> zusammen mit den Organisatoren<br />
kräftig die Werbetrommel für<br />
den Benefiz-Anlass gerührt, und die Berner<br />
Stellenleiterin Silvia Luginbühl war<br />
gleichentags im Radio-Interview zu hören.<br />
Die Auktion startete nach Mass. Bereits<br />
für das zweite Werk flogen die Hände im<br />
Sekundentakt in die Höhe; ein auf seinen<br />
Namen lautender Geldschein des Künstlers<br />
Robin Bhattacharya erzielte – bei einem<br />
Schätzpreis <strong>von</strong> 40 Franken – einen<br />
Erlös <strong>von</strong> 1800 Franken! So hatte es die<br />
Berner Kunstsammlerin Sabine Hahnloser<br />
Tschopp angekündigt: «Gute Kunst für gutes<br />
Geld, marktfrisch.»<br />
Nach gut zwei Stunden und einem<br />
Schlussspurt mit einer amerikanischen<br />
Versteigerung der noch nicht verkauften<br />
Werke kam ein Auktionserlös <strong>von</strong><br />
über 50 000 Franken zusammen. «Das<br />
Ergebnis freut mich sehr», kommentierte<br />
François Loeb, Mitglied des <strong>FRAGILE</strong>-<br />
Patronats komitees, «nun kann <strong>FRAGILE</strong><br />
Bern weiterhin wertvolle Arbeit in der<br />
Unterstützung <strong>von</strong> Menschen mit einer<br />
V O R B E U G U N G U N D T H E R A P I E<br />
Gesund in Gastein<br />
Linderung der Schmerzen,<br />
Reduktion der Medikamente<br />
und Steigerung der Lebens -<br />
qualität sind die erzielbaren<br />
Erfolge der Gasteiner Kur.<br />
Das Gasteinertal ist wie geschaffen, Körper, Geist und Seele neue<br />
Energie zu geben. Die Kur hat eine lange Tradition. Besonders in<br />
Gastein. Heilmittel sind hier der weltweit einzigartige Heilstollen,<br />
das Radon Thermalwasser und das Dunstbad. Wirksamster<br />
Bestandteil aller Heilmittel ist das Edelgas Radon, in seiner einzigartigen<br />
Verbindung mit Wärme und Höhenlage.<br />
Die Gasteiner Thermalkur wirkt bei Er kran kungen des Be we -<br />
gungs apparates, der Atemwege und der Haut. Außerdem ist sie<br />
auch wohl tuend für das Allgemeinbefinden (Immunprophylaxe),<br />
bringt neue Vitalität, Kraft und Energie.<br />
Das Gasteinertal mit seinen Bergen, den vielfältigen Freizeit- und<br />
Wellness-Einrichtungen und der einmaligen Gasteiner Thermen-<br />
Hirnverletzung und ihren Angehörigen<br />
leisten.» Freude herrschte auch bei Silvia<br />
Luginbühl <strong>von</strong> <strong>FRAGILE</strong> Bern: «Mit dieser<br />
Spende können wir die Beratung <strong>von</strong> Betroffenen<br />
und Angehörigen weiterführen<br />
und ebenso unsere Kurse weiterhin anbieten.»<br />
Dann fügt die Stellenleiterin hinzu:<br />
«Diese Auktion war nur dank des Engagements<br />
<strong>von</strong> Freiwilligen, vorab <strong>von</strong> Frau<br />
Pfyffer, und dank des grosszügigen Sponsorings<br />
diverser Firmen möglich.»<br />
Die Benefizauktion wurde <strong>von</strong> folgenden<br />
Partnern unterstützt: Burgergemeinde<br />
Bern, LGT Bank (Schweiz) AG, Valiant<br />
Bank, Vögeli Druckzentrum Langnau und<br />
Klinik im Spiegel. An dieser Stelle möchten<br />
wir uns herzlich für das Engagement<br />
bedanken!<br />
Ins_176,5x114,5mm_01_<strong>2011</strong>_Ins_176,5x114,5mm_01_<strong>2011</strong> 04.01.11 12:53 Seite 1<br />
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2 Wochen ab € 1.032,– pro Person<br />
Anreise per Hausabholung<br />
ab Zürich € 330,–<br />
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Mit 17 500 Franken spielte ein Werk der<br />
Zhou Brothers den zweithöchsten Erlös<br />
ein. Die Künstler-Brüder erleben dank<br />
Präsident Obama derzeit einen Höhenflug<br />
auf dem Kunstmarkt: Er schenkte<br />
dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao<br />
ein Werk der Zhou Brothers anlässlich<br />
dessen Staatsbesuchs am 18. Januar.<br />
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<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong><br />
19
Kurz und Hirn<br />
Text: Florinda Biasio<br />
Sexualität nach Schlaganfall<br />
Die Lust ist weg. Die Beweglichkeit eingeschränkt.<br />
Die Erektionsfähigkeit zu kurz.<br />
Häufig ändern sich nach einer Hirnverletzung<br />
die gewohnten Lebensumstände.<br />
Die Ursachen sind vielschichtig. Für Partnerinnen<br />
und Partner eine grosse Verunsicherung<br />
und manche Beziehung geht in<br />
die Brüche. Offen darüber reden, ist wichtig.<br />
Sich informieren und Unterstützung<br />
holen, noch besser.<br />
Bezug bei <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> über<br />
Telefon 044 360 30 60 oder<br />
mail@fragile.ch<br />
Hirntumor – eine Herausforderung<br />
Die Diagnose Hirntumor und das Leben<br />
damit sind grosse Herausforderungen.<br />
<strong>FRAGILE</strong> Zentralschweiz und die Krebs liga<br />
laden Betroffene und Angehörige ein zum<br />
Austausch-Treffen:<br />
Datum: Mittwoch, 30. <strong>März</strong> <strong>2011</strong><br />
Mittwoch, 25. Mai <strong>2011</strong><br />
Zeit: 17 Uhr<br />
Ort: Pfarreiheim «Zum Barfüsser»<br />
Winkelriedstrasse 5 in Luzern<br />
Kontakt über<br />
<strong>FRAGILE</strong> Zentralschweiz,<br />
Marlies Heini<br />
Telefon 041 260 78 61 oder<br />
Krebsliga Zentralschweiz,<br />
Yasmina Petermann<br />
Telefon 041 210 25 50<br />
«Lieben und Leben<br />
nach Schlaganfall»,<br />
Stiftung Deutsche<br />
Schlaganfall-Hilfe<br />
(2010). Ein Ratgeber<br />
für Betroffene und<br />
Angehörige.<br />
Singen tut gut!<br />
<strong>FRAGILE</strong> Bern gründet einen Chor für hirnverletzte<br />
Menschen mit und ohne Aphasie.<br />
Wir starten am 18. <strong>März</strong> in Thun. Singfreudige<br />
TeilnehmerInnen sind jederzeit herzlich<br />
zum Mitsingen eingeladen. Du hast<br />
eigene Wünsche und Ideen? Wir freuen<br />
uns darüber!<br />
Anmeldung bei Judith Eigenmann<br />
(Chorleiterin) über<br />
Telefon 033 335 30 15 oder musik.<br />
eigenmann@bluewin.ch<br />
«Die Geschichte<br />
vom Fuchs,<br />
der den Verstand<br />
verlor» <strong>von</strong><br />
Martin Bascheit<br />
(2010), BV Berlin<br />
Verlag GmbH.<br />
Die Geschichte vom Fuchs<br />
Der Fuchs ist schlau. Er weiss alles, was<br />
ein Fuchs wissen muss. Doch das Alter<br />
setzt ihm zu. Er wird vergesslich. Verwechselt<br />
erst nur die Wochentage, vergisst<br />
dann seinen Hunger und später, dass<br />
Hunde seine Feinde sind. Ein Glück, gibt<br />
es die jungen Füchse. Sie sichern sein<br />
Überleben, nähren und wärmen ihn. Eine<br />
Fabel über Alter und Demenz, berührend<br />
und ausdrucksstark.<br />
Ausleihe bei <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> über<br />
Telefon 044 360 30 60 oder<br />
biasio@fragile.ch<br />
«Spastizität. Pflegerische<br />
Interventionen aus der<br />
Sicht der Basalen<br />
Stimulation® und der<br />
Ortho-Bio nomy®» <strong>von</strong><br />
Rosemarie Mathys und<br />
Jan Straub (2010).<br />
Für Angehörige und<br />
Pflegefachpersonen.<br />
Spastizität und Pflege<br />
Spastizität wirkt sich auf die Lebensqualität<br />
der Betroffenen gravierend<br />
aus. Sie schränkt ihre Bewegungs-,<br />
Wahrnehmungs- und Kommunikationsfähigkeit<br />
massiv ein. Die Pflege dieser<br />
Menschen ist sehr anspruchsvoll. Schritt<br />
für Schritt beschreiben die beiden Autoren<br />
das Vorgehen bei typischen Pflegesituationen:<br />
Bei der Körperpflege, dem<br />
Um betten, An kleiden, der Nahrungsaufnahme<br />
und Mobilisation. Massgebend<br />
dabei sind der körpersprachliche Dialog<br />
und die Gleichwertigkeit des Gegenübers.<br />
Ausleihe bei <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> über<br />
Telefon 044 360 30 60 oder<br />
biasio@fragile.ch<br />
Für Betroffene und Angehörige<br />
Sie sind <strong>von</strong> einem Schlaganfall betroffen?<br />
Im Rahmen einer wissenschaftlichen<br />
Studie bietet Ihnen das Inselspital Bern<br />
eine psychologische Behandlung an.<br />
Sie haben einen Partner / eine Partnerin<br />
oder nahen Angehörigen mit einer erworbenen<br />
Hirnverletzung (Schlaganfall,<br />
Schädel-Hirn-Trauma, Hirnblutung)? Das<br />
Oscar-Online-Coaching unterstützt Sie.<br />
Kontakt über Frau F. Lüthy, Uni Bern<br />
Telefon 031 631 54 72 oder<br />
franziska.luethy@psy.unibe.ch<br />
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20 <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong>
Shutterstock Images<br />
«<br />
En 2009, le skieur Daniel Albrecht est victime d’un<br />
grave traumatisme cranio-cérébral à la suite d’une<br />
terrible chute. A peine deux ans plus tard, il<br />
accomplit un retour sensationnel.<br />
En janvier 2009, je suis tombé à l’entraînement<br />
dans la descente du Hahnenkamm à Kitzbühel<br />
et j’ai été victime d’un grave traumatisme cranio-cérébral.<br />
On m’a placé en coma artificiel.<br />
Ensuite, j’ai pratiquement recommencé une<br />
nouvelle vie : j’étais mou comme du caoutchouc,<br />
je pouvais à peine tenir sur mes jambes.<br />
Je confondais l’équipe soignante avec ma famille,<br />
je disais que la viande dans mon assiette<br />
était une Audi. Bref, ce n’était pas brillant.<br />
Au début, je ne savais plus que j’étais un<br />
sportif. Mais mon corps, lui, le savait : il voulait<br />
faire des progrès tous les jours, apprendre, se<br />
surpasser. Et j’ai commencé à regagner du<br />
terrain. Voilà ce qu’il faut se dire après une<br />
lésion cérébrale : on peut récupérer, même s’il<br />
faut parfois aller sur le banc des remplaçants<br />
et si on se met hors jeu. Avec beaucoup de<br />
persévérance, on peut se remettre en course.<br />
Mais on a besoin d’aide ! Au début, les<br />
médecins, les thérapeutes, toute l’équipe soignante<br />
jouent un rôle important. Et bien sûr,<br />
la famille, les amis. Chez moi, le cadre professionnel<br />
a beaucoup compté, les entraîneurs,<br />
les copains de l’équipe de ski.<br />
Tout le monde ne bénéficie pas du même<br />
soutien que moi. C’est pour ça que les organisations<br />
comme <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> sont si importantes<br />
: elles offrent un accompagnement optimal<br />
aux victimes de lésions cérébrales. Surtout<br />
quand il s’agit de reprendre pied dans la vie<br />
quotidienne. Souvent, après la réadaptation,<br />
on pense qu’on a réussi, mais il y a chaque<br />
jour des obstacles plus ou moins grands à surmonter.<br />
Alors, il est indispensable de demander<br />
de l’aide à ceux qui savent de quoi il s’agit. Et<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> aide les victimes de lésions<br />
cérébrales depuis 20 ans.<br />
Je le répète toujours : quand on est tombé<br />
sur la tête comme moi, c’est la tête qui reste le<br />
problème.<br />
»<br />
Cordialement, Daniel Albrecht<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong><br />
Éditorial<br />
« Je voudrais retrouver du travail », c’est ce que souhaite ardemment Sonja A.,<br />
une jeune graphiste de 33 ans. Elle révèle ici une partie de son histoire : en 2004,<br />
elle est victime d’un accident de snowboard qui provoque chez elle un traumatisme<br />
cranio-cérébral. Aujourd’hui, elle a retrouvé le goût de vivre – notamment<br />
grâce à l’aide de <strong>FRAGILE</strong>. Le retour dans la vie professionnelle prend cependant<br />
du temps. Les travaux graphiques de Sonja A. attestent son talent. « Mais elle a<br />
besoin d’un employeur qui la laisse travailler à son rythme », explique Sylvianne<br />
Imhof, responsable de l’Accompagnement à domicile chez <strong>FRAGILE</strong>.<br />
Le travail avant la rente est l’un des principaux buts de la 6e révision de<br />
l’assurance-invalidité (AI). L’intensification des mesures de réadaptation doit<br />
contribuer à la réalisation de cet objectif. Alors que les personnes handicapées<br />
sont astreintes à collaborer sous peine de perdre leur rente, la participation de<br />
l’économie reste facultative. Il semble peu réaliste d’espérer que, dans ces<br />
conditions, des dizaines de milliers de rentiers AI retrouvent un emploi. Car<br />
l’intégration professionnelle exige très souvent des efforts particuliers de la part<br />
des employeurs. Cette remarque vaut tout particulièrement dans le cas des<br />
personnes cérébro-lésées. Pour en savoir plus, lisez l’article « Travailler après<br />
une lésion cérébrale ? ».<br />
Révisions de l’AI : la porte ouverte à la discrimination. Les révisions proposent<br />
que les rentes AI octroyées en l’absence d’une cause organique décelable soient<br />
réexaminées. Certes, les lésions cérébrales de gravité moyenne ou sévère<br />
peuvent le plus souvent être mises en évidence au niveau organique. Mais les<br />
méthodes actuelles ne permettent pas toujours de les rendre visibles, par<br />
exemple quand l’imagerie est faite un certain temps après l’irruption de la<br />
lésion. Par ailleurs, il existe des personnes qui touchent une rente du fait d’un<br />
trouble psychique consécutif à leurs lésions cérébrales. Ces deux catégories de<br />
personnes sont menacées de se voir retirer leur rente. A l’heure où nous<br />
mettions cet éditorial sous presse, les organisations du secteur du handicap, y<br />
compris <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong>, n’avaient pas encore décidé si elles allaient lancer ou<br />
soutenir un référendum contre la révision 6a de l’AI. Ce premier volet de la<br />
révision comporte des aspects positifs, telles que les contributions d’assistance.<br />
Quoi qu’il en soit, nous concentrerons nos ressources limitées dans la lutte<br />
contre la révision 6b : le Conseil fédéral y propose des coupes radicales dans les<br />
rentes, un projet qui mérite d’être combattu et qui peut l’être avec succès.<br />
Daniel Albrecht, champion de ski : « Surmonter une lésion cérébrale, c’est<br />
possible. Avec du soutien. » Grâce à votre appui, <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> continuera à<br />
apporter cette aide à ceux qui en ont besoin. Et à s’investir pour une AI qui joue<br />
son rôle de protection et pour une intégration professionnelle qui donne des<br />
chances véritables.<br />
Cordialement, Marcel Odermatt<br />
«Nous de<strong>von</strong>s nous mobiliser contre les<br />
mesures prévues par la révision 6b de l’AI.»<br />
Marcel Odermatt, directeur de <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong>.<br />
21
Elle doit faire tous les jours des exercices faciaux. «Mais je néglige de les faire.<br />
Je me suis habituée à mon nouveau visage.»<br />
« Je voudrais avoir à nouveau<br />
des obligations »<br />
Texte : Verena Paris, Photos : Tres Camenzind<br />
Nous sommes en 2004 : Sonja A. est une jeune graphiste débordante d’énergie, avec<br />
des projets plein la tête. Peu de temps avant son 27e anniversaire, sa vie bascule : elle<br />
est partie en montagne avec quatre amis pour une journée de snowboard. Le petit<br />
groupe s’amuse ferme – jusqu’à la chute de Sonja. Elle percute un rocher, sa tête et<br />
son visage heurtent la pierre avec une telle violence qu’elle tombe dans le coma sur<br />
le lieu de l’accident. Transport en hélicoptère, opération d’urgence, un mois d’hôpital,<br />
huit mois de réadaptation. Aujourd’hui, Sonja a 33 ans. Avec un sourire pensif, légèrement<br />
asymétrique, elle déclare : « J’ai eu de la chance », même si son accident a<br />
laissé des traces et qu’elle ne peut pas encore travailler. Mais elle a confiance en l’avenir<br />
: grâce au coaching et à l’accompagnement à domicile de <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong>, elle espère<br />
réussir à se réinsérer.<br />
Quand on pénètre dans l’appartement de<br />
Sonja A., situé dans une maison ancienne,<br />
on remarque tout de suite que la locataire<br />
a le sens des couleurs et des contrastes,<br />
du petit détail qui fait la différence. La<br />
jeune femme s’assied dans sa cuisine accueillante<br />
et constate : « Je suis heureuse. »<br />
Souvent, Sonja A. commence une phrase,<br />
fait une pause, puis continue songeuse.<br />
« Oui, je suis heureuse, et j’aime la vie<br />
comme elle est. » Une remarque qui en<br />
impose chez cette jeune femme pleine de<br />
charme à qui des cicatrices au cou et au<br />
visage rappellent quotidiennement cette<br />
journée fatidique de mars 2004.<br />
Après son tragique accident sur les<br />
pistes de Verbier, sa vie ne tient qu’à un<br />
fil. Longtemps, les médecins hésitent :<br />
va-t-elle mourir ou survivre ? Resterat-elle<br />
handicapée ? La mère de Sonja A.<br />
renonce à son travail pour être jour et<br />
nuit au chevet de sa fille. La jeune accidentée<br />
reste deux semaines dans le coma.<br />
A son réveil, elle est paralysée et ne peut<br />
ni parler ni avaler. Les médecins lui ont<br />
ouvert le crâne et placé en attente dans la<br />
cavité abdominale la partie de la calotte<br />
crânienne qu’ils ont ôtée. Comme les<br />
muscles situés entre l’œil et la bouche ont<br />
été sectionnés dans la chute, Sonja A. ne<br />
peut plus fermer l’œil droit. « Au début, je<br />
ne reconnaissais même plus mes parents,<br />
je ne savais plus mon nom et je ne me<br />
souvenais plus de rien », raconte la jeune<br />
femme sobrement. Heureusement, les<br />
fonctions se sont largement rétablies avec<br />
le temps. Elle se souvient d’une anecdote<br />
survenue pendant son séjour de réadaptation<br />
à Zihlschlacht (TH). Un jour, une<br />
amie lui apporte un magazine de mode.<br />
« J’ai commencé à le feuilleter, mais je ne<br />
savais pas quoi faire de ce journal. Tout à<br />
coup, je me suis rendu compte que je ne<br />
savais plus lire. J’ai été horrifiée et je suis<br />
sortie de la pièce en courant. »<br />
Un sourire retrouvé<br />
Elle passe huit mois au centre de réadaptation<br />
de Zihlschlacht, où un programme<br />
de thérapie astreignant structure son<br />
quotidien, l’accompagne d’un progrès à<br />
l’autre. Un an s’écoule entre l’accident et le<br />
moment où elle peut retourner dans son<br />
appartement, retrouver ses colocataires.<br />
Mais d’autres opérations sont nécessaires.<br />
Pour qu’elle puisse à nouveau fermer l’œil<br />
droit, les médecins prélèvent de la musculature<br />
du mollet et l’implantent dans<br />
le visage. Grâce à cette intervention, la<br />
jeune femme parvient à nouveau à sourire<br />
spontanément, sans que sa bouche<br />
soit déformée. Elle a fait la paix avec son<br />
reflet dans le miroir, et oublie souvent<br />
les exercices qu’elle devrait faire devant<br />
la glace. « Maintenant, c’est mon sourire,<br />
c’est tout simplement une partie de moi »,<br />
dit-elle en feuilletant avec des gestes mesurés<br />
l’album des photos prises pendant<br />
sa réadaptation.<br />
Un travail comme perspective<br />
« J’ai réappris à faire beaucoup de choses,<br />
mon corps fonctionne à nouveau. » Et elle<br />
a aussi retrouvé ses souvenirs – ils lui sont<br />
très précieux. Sonja A. déclare, pleine de<br />
gratitude : « J’ai eu de la chance, d’autres<br />
sont morts – moi, je vis encore. » Elle a<br />
accepté, même si elle a encore des bourdonnements<br />
dans l’oreille droite, est vite<br />
épuisée, a souvent des maux de tête et<br />
doit chercher ses mots quand elle parle.<br />
« Maintenant, j’ai aussi très peur de la vitesse,<br />
je ne pourrais plus jamais conduire<br />
une voiture », avoue-t-elle. Elle ne se fixe<br />
pas de buts trop ambitieux – on ne sait<br />
jamais ce qui arrive dans la vie. Mais elle<br />
nourrit secrètement un vœu qui lui est<br />
cher : « Je voudrais retrouver du travail,<br />
avoir un engagement ! »<br />
Le retour dans la vie professionnelle<br />
prend du temps. Dans son dossier, Sonja A.<br />
présente des logos élégants, des illustrations<br />
talentueuses. Pourtant, la recherche<br />
d’un emploi s’avère difficile. Chez Sonja,<br />
22 <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong>
« Je voudrais retrouver du travail,<br />
avoir une obligation »<br />
l’accident a touché l’hémisphère cérébral<br />
gauche, la partie du cerveau qui est active<br />
lorsqu’il s’agit de raisonner logiquement,<br />
de compter, d’analyser. « Je n’ai pas perdu<br />
ma créativité », constate la jeune femme,<br />
« ce qui me donne plutôt du fil à retordre,<br />
ce sont les opérations techniques, les<br />
programmes compliqués. » Il peut arriver<br />
qu’elle ne comprenne pas tout de suite<br />
la signification des termes spécialisés et<br />
qu’elle ne sache plus quelles activités ou<br />
quelles règles ils désignent.<br />
Job-coaching grâce à <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Sonja A. peut faire un stage chez l’un de<br />
ses anciens employeurs. Puis vient une<br />
période de plusieurs mois dans un centre<br />
de réinsertion professionnelle à Lucerne.<br />
La jeune graphiste bénéficie d’un suivi<br />
étroit et fait ses premières armes dans un<br />
atelier de reliure. «Sonja A. voudrait absolument<br />
réintégrer le marché du travail<br />
primaire, car elle désire renouer avec sa<br />
vie d’avant l’accident » : Sylvianne Imhof<br />
organise la prestation « Accompagnement<br />
à domicile » de <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> et connaît<br />
Sonja A. depuis plusieurs années. Avec la<br />
conseillère de la Helpline de <strong>FRAGILE</strong>, elle<br />
épaule ponctuellement la jeune graphiste.<br />
Qu’il s’agisse de questions administratives<br />
ou de problèmes d’assurance, le but est<br />
toujours que Sonja A. retrouve son autonomie.<br />
Pour le moment, l’activité professionnelle<br />
est à l’ordre du jour : « Sonja<br />
n’a pas besoin d’un emploi protégé, mais<br />
d’un employeur qui soit prêt à lui donner<br />
un cadre suffisamment large», explique<br />
Sylvianne Imhof. « Elle doit pouvoir travailler<br />
à son rythme, elle a besoin de<br />
temps pour comprendre la suite logique<br />
des opérations. » Pour cette raison, Sylvianne<br />
Imhof a fait appel à un job-coach<br />
de Wintegra, un service spécialisé qui<br />
s’adresse aux personnes handicapées ou<br />
ayant des difficultés d’apprentissage. Cet<br />
organisme fournit des emplois en milieu<br />
de travail ordinaire à des personnes qui<br />
touchent une rente AI. En effet, travailler<br />
signifie davantage que gagner sa vie.<br />
Le travail donne du sens à l’existence, il<br />
procure confiance en soi, liberté et autonomie.<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong><br />
Accepter les changements<br />
Sonja A. cherche ses repères, ses racines –<br />
et pas seulement dans la vie professionnelle.<br />
Souvent, elle court deux lièvres à la<br />
fois. « Ma mère est japonaise. J’ai toujours<br />
voulu savoir comment on vivait au Japon ».<br />
Elle est donc allée passer un an dans sa<br />
famille maternelle. De retour en <strong>Suisse</strong>,<br />
elle constate que les choses ont changé :<br />
le petit groupe qui vivait en colocation<br />
n’existe plus ; ses amis ont fondé une<br />
famille. Mais ils vivent toujours dans les<br />
environs, et Sonja A. a gardé des contacts<br />
chaleureux avec eux. En revanche, elle est<br />
heureuse d’avoir désormais l’appartement<br />
rien que pour elle. « Mais Coco habite avec<br />
moi. » Le visage de Sonja A. s’éclaire d’un<br />
sourire fugitif, ses yeux brillent. La nouvelle<br />
« colocataire » est une petite chienne<br />
de six mois, un pinscher allemand au caractère<br />
enjoué et câlin. Avec sa compagne<br />
à quatre pattes, Sonja a déjà suivi l’école<br />
des chiots et fréquente à présent le cours<br />
pour jeunes chiens : « Maintenant, j’ai<br />
Coco, c’est elle mon obligation. »<br />
Pour de plus amples informations, lire<br />
Fonctions exécutives et rééducation<br />
de Pascale Pradat-Diehl,<br />
Philippe Azouvi, Vincent Brun,<br />
Masson, 2006.<br />
«Coco est au centre de mes activités<br />
en ce moment.»<br />
Graphiste de formation, Sonja rêve de<br />
retrouver du travail dans son domaine.<br />
Les hémisphères droit et gauche du cerveau humain remplissent des fonctions différentes.<br />
Hémisphère gauche<br />
Langage, lecture, calcul, raisonnement,<br />
logique, règles, lois, concentration,<br />
analyse, détails, sciences, progression<br />
étape par étape, sens du temps<br />
Hémisphère droit<br />
Langage corporel, compréhension<br />
non verbale (par l’image), intuition,<br />
sentiments, créativité, spontanéité,<br />
curiosité, risque, synthèse, vue<br />
d’ensemble, art, danse, musique,<br />
globalité / perception des structures<br />
complexes, orientation spatio-temporelle<br />
23
Les victimes de lésions cérébrales ont des compétences. Le tout est de trouver des postes adaptés.<br />
Travailler après une lésion cérébrale ?<br />
Texte : Carine Fluckiger, Photos : Robert Hofer<br />
Bien des victimes de lésions cérébrales sont fauchées en pleine vie active. Quelles<br />
sont leurs chances de retravailler à long terme ? La question mérite d’être éclairée du<br />
point de vue des victimes, mais aussi des employeurs. Réalité économique oblige, les<br />
capacités résiduelles des unes ne répondent pas toujours aux exigences des autres.<br />
Une réalité que <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> tient à rappeler à l’heure des débats sur la VIe révision<br />
de l’assurance-invalidité.<br />
Demandez à un cérébro-lésé quel est son<br />
vœu le plus cher : il vous répondra certainement<br />
qu’il espère retravailler. Selon<br />
une enquête réalisée en 2004 auprès de<br />
25 traumatisés sévères à la Clinique romande<br />
de réadaptation (CRR) à Sion, la<br />
réinsertion professionnelle figure ainsi<br />
en bonne place parmi leurs principaux<br />
critères de qualité de vie.<br />
tences et à qui on a envie de donner une<br />
chance. Mais elles ont parfois de la peine<br />
à avoir un projet réaliste et à reconnaître<br />
leurs difficultés. »<br />
Le contexte conditionnera également<br />
les chances d’un retour au travail : la<br />
conjoncture économique (et donc la situation<br />
sur le marché du travail), le soutien<br />
dont peut bénéficier la victime de la<br />
part de sa famille ou de son entourage,<br />
et la mise en place de programmes de<br />
réinsertion spécifiquement adaptés aux<br />
cérébro-lésés.<br />
Un fossé entre désir et réalité<br />
Mais entre désir et réalité, il peut y avoir<br />
un fossé que les victimes tardent parfois à<br />
reconnaître. Conseillère chez IPT intégration<br />
pour tous, une fondation privée spé- Le plus invalidant<br />
cialisée dans le placement de personnes Restent les impondérables, à savoir les<br />
atteintes dans leur santé, Cathy Barraud troubles fonctionnels qui découlent<br />
a eu l’occasion de l’observer à plusieurs d’une lésion. Parmi ceux-ci, les troubles<br />
reprises sur le terrain : « Ce sont des per- cognitifs et comportementaux sont les<br />
sonnes volontaires, qui ont des compé- plus grands obstacles à une réinsertion à<br />
long terme. « Quelqu’un qui présente des<br />
troubles de l’attention aura toujours des<br />
problèmes au travail, et cela quelle que<br />
soit sa profession », souligne ainsi le Dr<br />
Philippe Vuadens, responsable du Service<br />
de réadaptation de la CRR.<br />
Dans un contexte économique de plus<br />
en plus axé sur la performance et le rendement,<br />
d’autres difficultés courantes chez<br />
les victimes s’avèrent particulièrement<br />
invalidantes : fatigabilité, faible résistance<br />
au stress, manque de flexibilité, etc.<br />
Actif à 90 % en tant que menuisier,<br />
David* a sollicité en 2009 la Helpline<br />
de <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> pour participer à une<br />
séance de réseau avec son employeur. But<br />
de la réunion : réaménager le temps de<br />
travail de l’employé pour lui accorder plus<br />
de temps de repos. « Je dois me limiter à<br />
une ou deux choses importantes par jour ;<br />
après, je dois débrancher », explique-til.<br />
Son employeur, qui a dû le licencier<br />
entretemps pour raisons économiques,<br />
témoigne : « Il travaillait bien, même trop<br />
bien. Mais il était très lent et son rendement<br />
variait selon les jours. Comme<br />
il a l’air sain, on est tenté de le secouer,<br />
surtout en période de stress. Pendant que<br />
ses collègues se dépensaient, il donnait<br />
l’impression de ne pas mettre le même<br />
cœur à l’ouvrage. Ce n’est pas facile pour<br />
l’esprit d’équipe. »<br />
24 <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong>
« Au début, ça se passe bien »<br />
Un problème que le Dr Vuadens observe<br />
lui aussi régulièrement avec ses patients :<br />
« Au début, ça se passe bien. Mais au bout<br />
de 5 ou 6 mois, on oublie des handicaps<br />
qui ne se voient pas. Cela crée des animosités<br />
qui se répercutent sur toute l’équipe.<br />
Le patron doit faire un choix. » Aussi le<br />
médecin se dit-il désormais sceptique :<br />
« Réinsérer les victimes de lésions cérébrales<br />
? Avec les années, je me pose de<br />
plus en plus la question. Une majorité de<br />
victimes de traumatismes graves aurait<br />
des capacités de travail, mais il n’y a pas<br />
d’employeurs susceptibles de les engager<br />
à long terme. »<br />
Directeur général adjoint de la Fédération<br />
des entreprises romandes, Olivier<br />
Sandoz tend à confirmer cette analyse :<br />
« L’entreprise n’a pas pour mission première<br />
d’insérer des personnes handicapées.<br />
Pour le faire, elle doit examiner si<br />
elle est capable de reprendre l’employé, si<br />
d’autres activités peuvent lui être confiées<br />
à l’interne et quels sont les aménagements<br />
à envisager. Ce n’est pas possible<br />
dans tous les cas. »<br />
« Je rêve d’avoir une autre vie »<br />
En l’absence d’aménagements, l’employé<br />
cérébro-lésé risque de payer le prix fort<br />
de ses efforts. Victime d’un grave accident<br />
en 1995, Christian* exerce depuis plus de<br />
dix ans sa profession de paysagiste à<br />
plein temps. Un parcours qui a été interrompu<br />
par plusieurs épisodes dépressifs<br />
et des phases d’épuisement. « On m’a<br />
programmé pour travailler. Au début, ça<br />
me faisait du bien. Maintenant, je rêve<br />
d’avoir une autre vie. Il m’est arrivé de me<br />
cacher au travail pour faire des siestes<br />
quand je ne tenais plus. Je n’ai plus de<br />
vie sociale ni familiale. »<br />
Les conditions d’une réinsertion réussie<br />
Outre des aménagements de poste (voir<br />
encadré), travailler avec des cérébro-lésés<br />
suppose encore une certaine organisation.<br />
« Il ne faut pas leur mettre la pression,<br />
souligne ainsi Cathy Barraud ; les tâches<br />
doivent leur être confiées par tranches<br />
et ensuite contrôlées. » Un apprentissage<br />
qu’Eric S., entrepreneur en menuiserie<br />
qui a engagé il y a 6 ans un ami cérébro-lésé,<br />
fait au fil du temps : « Je dois<br />
souvent me répéter pour qu’il n’oublie<br />
rien et anticiper ses éventuelles erreurs.<br />
Pour éviter qu’il ne se fatigue, j’alterne les<br />
travaux que je lui confie. Il ne faut pas le<br />
laisser trop longtemps sur la même tâche,<br />
sinon c’est la catastrophe ! Mais quand il<br />
aime une activité, il a plus de facilité et il<br />
est plus efficace. »<br />
Pour Eric S., les maîtres-mots de cette<br />
collaboration sont avant tout tact, dialogue<br />
et franchise. Reste le facteur humain :<br />
« J’apprécie sa valeur et j’ai de la satisfaction<br />
à travailler avec lui. S’il n’y avait que<br />
l’argent, cela ferait longtemps que je me<br />
serais séparé de lui. » Et le Dr Vuadens de<br />
conclure : « Il faut ajouter à l’objectif économique<br />
des buts éthiques, à savoir une<br />
réinsertion à visée sociale et occupationnelle<br />
».<br />
Pour en savoir plus :<br />
François Cohadon et al., Les traumatisés<br />
crâniens, de l’accident à la réinsertion,<br />
Arnette, 2008 (3 ème éd.).<br />
Philippe Vuadens, Le retour au travail<br />
après un traumatisme cranio-cérébral,<br />
Revue médicale de la <strong>Suisse</strong> romande,<br />
123, 637-641, 2003.<br />
*Prénoms d’emprunt<br />
Les obstacles à la réinsertion des cérébro-lésés sont réels. Pour autant, il ne s’agit pas<br />
de renoncer à tout projet professionnel. Selon la littérature spécialisée, les chances<br />
d’un retour au travail sont meilleures quand la victime reprend l’activité qu’elle<br />
exerçait avant le traumatisme. Rares sont cependant celles qui peuvent retravailler à<br />
100 %. Des aménagements sont souvent indispensables : réduction du temps de<br />
travail, pauses non fixes, adaptations ergonomiques, information à l’employeur et<br />
aux collègues de travail, etc. Dans certains cas, une réorientation est inévitable.<br />
La réinsertion des personnes cérébro-lésées est un processus long. Elle doit être<br />
initiée tôt, dès la phase de réhabilitation hospitalière. Avant de tenter une reprise sur<br />
le marché du travail primaire, il convient d’évaluer les ressources et les difficultés de<br />
la victime dans un milieu protégé. L’ensemble de ce processus doit être assuré par<br />
des spécialistes des lésions cérébrales et de leurs conséquences, de manière à<br />
estimer concrètement l’impact des troubles sur le poste de travail.<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong><br />
Favoriser la réinsertion sur le marché primaire<br />
de l’emploi : à qui s’adresser ?<br />
Se renseigner dès la phase<br />
de réhabilitation hospitalière<br />
Organisations spécifiques pour les<br />
victimes de lésions cérébrales :<br />
– Helpline de <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> :<br />
0800 256 256 (pour un premier conseil)<br />
– Centre Rencontres :<br />
www.centre-rencontres.ch<br />
Organisations spécialisées<br />
dans le domaine du handicap :<br />
– Centre d’intégration professionnelle :<br />
www.cip.ch<br />
– Clinique romande de réadaptation<br />
de la Suva : www.crr-suva.ch<br />
– Fondation IPT intégration pour tous :<br />
www.fondation-ipt.ch<br />
– Insert de Pro Infirmis Vaud :<br />
www.proinfirmis.ch/fr/<br />
offres-cantonales/vaud.html<br />
Les ateliers de la Clinique romande de<br />
réadaptation à Sion proposent des programmes<br />
de réinsertion professionnelle pour les victimes<br />
de lésions cérébrales.<br />
Favoriser la réinsertion professionnelle d’une<br />
personne cérébro-lésée passe notamment par<br />
une prise en charge précoce.<br />
25
iStockphoto<br />
Chaque personne cérébro-lésée est différente et requiert un suivi personnalisé sur le long terme.<br />
Helpline : Le case management –<br />
une solution d’avenir pour les victimes<br />
de lésions cérébrales ?<br />
Texte : Carine Fluckiger et Christine Ryser<br />
Quels sont les défis liés à la prise en charge des personnes cérébro-lésées ? Pour le<br />
Dr Pierre Christe, père fondateur du Centre Rencontres, la réponse tient en quelques<br />
mots : le case management. Un thème qui, précise-t-il, a déjà fait l’objet de nombreuses<br />
discussions au sein de l’EBIS (European Brain Injury Society). Conseillère à la<br />
Helpline, Christine Ryser éclaire ici cette approche et son intérêt potentiel pour les<br />
victimes de lésions cérébrales.<br />
Le case management est une démarche<br />
de plus en plus fréquente dans certaines<br />
branches d’assurances et dans les ressources<br />
humaines. La littérature spécialisée<br />
le définit notamment comme « l’art<br />
de conduire un cas complexe ». Face à des<br />
situations qui impliquent une multitude<br />
de problèmes et d’intervenants issus de<br />
domaines différents, le case management<br />
engage un « processus de coopération<br />
systématique » pour répondre à un besoin<br />
individuel. Il permet ainsi de dépasser les<br />
frontières entre les professionnels et les<br />
institutions pour favoriser une prise en<br />
charge commune.<br />
Confiance et participation<br />
Plaque tournante entre les acteurs qui<br />
gravitent autour de la personne concernée<br />
– médecins, thérapeutes, assureurs,<br />
employeur, etc. – le case manager a donc<br />
un rôle de référent pour le suivi d’un<br />
dossier. Plusieurs notions sont en outre<br />
essentielles pour comprendre sa mission :<br />
une relation de confiance avec le client,<br />
une approche globale et un suivi personnalisé<br />
dans le long terme.<br />
Loin de se baser sur le « diktat » du professionnel,<br />
le case management suppose<br />
un partenariat entre le case manager et<br />
son client. Ensemble, ils définissent un<br />
projet qui tient compte des problèmes<br />
à résoudre et de leurs solutions. Le case<br />
manager favorise donc la participation de<br />
la personne concernée et se pose comme<br />
son défenseur tout au long du dossier.<br />
C’est à cette condition qu’une relation de<br />
confiance et un travail sur le long terme<br />
sont possibles.<br />
L’intérêt pour les cérébro-lésés<br />
Parce qu’elles sont souvent à l’origine de<br />
« cas complexes », au sens du case management,<br />
les lésions cérébrales se prêtent<br />
particulièrement bien à cette approche.<br />
Celle-ci permet en effet de centraliser les<br />
nombreuses informations concernant la<br />
victime et de les faire circuler au besoin<br />
entre les différents intervenants. Dans la<br />
mesure où il entend aussi bien le langage<br />
de l’assureur que celui du juriste ou encore<br />
du médecin, le case manager peut<br />
également jouer un rôle déterminant pour<br />
conseiller les victimes et leurs proches, et<br />
réduire leur désarroi et leur isolement<br />
face à des enjeux qui les dépassent bien<br />
souvent.<br />
Le case management garantit également<br />
une approche globale des problèmes<br />
et des personnes. Un atout de<br />
taille quand on sait combien une lésion<br />
cérébrale affecte la victime dans sa globalité<br />
– dans son être, mais aussi dans sa vie<br />
familiale, sociale et professionnelle.<br />
« Empowerment »<br />
Un autre principe du case management –<br />
mettre la personne concernée au centre<br />
du projet – constitue un avantage supplémentaire<br />
dans le cas des lésions cérébrales.<br />
Plusieurs études ont en effet montré<br />
que l’implication de la victime dans les<br />
décisions est un facteur de succès pour la<br />
résolution des problèmes. Un principe qui<br />
vaut aussi pour les proches qui, intégrés<br />
à part entière dans le processus, peuvent<br />
ainsi renforcer leur sentiment d’utilité.<br />
Le case manager incite la victime à<br />
devenir un acteur de son propre devenir,<br />
à puiser dans ses ressources et à prendre<br />
ses responsabilités. Dans une relation basée<br />
sur un rapport d’égal à égal, la victime<br />
est appréhendée comme un expert de sa<br />
situation, ce qui permet de lui redonner<br />
confiance et de reprendre un pouvoir<br />
d’influence sur le cours de son existence.<br />
Elle sera dès lors plus encline à accepter<br />
les conseils qu’on lui donne, à prendre<br />
part à la prestation et à collaborer avec les<br />
différents intervenants.<br />
Une prise en charge spécifique<br />
et adaptée<br />
La mise en place d’un suivi personnalisé<br />
sur le long terme constitue enfin une<br />
autre clé de réussite du case management<br />
dans le cas des lésions cérébrales. La nécessité<br />
d’un accompagnement de longue<br />
durée est en effet une des particularités<br />
des lésions cérébrales. Le chemin vers<br />
l’adaptation est long, la progression n’est<br />
pas linéaire et les problèmes peuvent encore<br />
surgir des années après la maladie ou<br />
l’accident. Il importe dans ce sens d’assurer<br />
une continuité dans les soins, de corriger<br />
les éventuelles erreurs d’orientation et<br />
d’adapter la prise en charge à chaque<br />
étape du processus.<br />
26 <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong>
Chaque personne cérébro-lésée est en<br />
outre différente et requiert un service<br />
spécifique. Une solution qui a fonctionné<br />
pour une personne ne sera pas forcément<br />
efficace pour une autre. Il est donc important<br />
de ne pas appliquer de méthode<br />
standardisée dans le contexte des lésions<br />
cérébrales.<br />
Conditions de réussite<br />
Dans l’état actuel des choses, le case management<br />
est souvent pratiqué dans le<br />
cadre d’une assurance, dont la finalité est<br />
en général de tout mettre en œuvre pour<br />
favoriser la réinsertion professionnelle de<br />
l’assuré. Un objectif qui n’est pas toujours<br />
réaliste dans le cas des lésions cérébrales<br />
(voir l’article en p. 24, « Travailler après une<br />
lésion cérébrale ? », ndlr). Dans ce sens, on<br />
recommandera de ne pas se focaliser à<br />
tout prix sur la réinsertion professionnelle<br />
et d’envisager d’autres fins : l’autonomie<br />
de la personne concernée, sa participation<br />
sociale et sa qualité de vie.<br />
Le case management interne à une<br />
assurance pose en outre le problème de la<br />
neutralité et du devoir de loyauté du case<br />
manager envers son employeur. Comment<br />
«Surmonter une<br />
lésion cérébrale,<br />
c'est possible.<br />
garantir dans ce cas l’indépendance du<br />
case manager ? Comment empêcher les<br />
possibles conflits entre les intérêts de son<br />
client et ceux de l’assurance pour laquelle<br />
il travaille ? Ce doute peut être préjudiciable<br />
à la relation de confiance qui est à<br />
la base du case management.<br />
Au cours de ces dernières années sont<br />
apparus des prestataires indépendants qui,<br />
quand ils ne sont pas parties prenantes<br />
dans les assurances, peuvent jouir d’une<br />
bonne crédibilité auprès de leurs clients.<br />
C’est ce type de profil qui nous paraît le<br />
plus indiqué pour la prise en charge de<br />
personnes cérébro-lésées. Encore faut-il<br />
que ces professionnels connaissent la<br />
problématique des lésions cérébrales ou<br />
qu’ils aient reçu une formation ad hoc.<br />
Car une bonne partie des séquelles des<br />
lésions sont invisibles ou, dans les cas<br />
d’anosognosie, non perçues par la victime<br />
elle-même. Le case manager doit être<br />
capable d’observer ces séquelles lors des<br />
rendez-vous avec son client et de se poser<br />
les bonnes questions.<br />
Avec du soutien.»<br />
Daniel Albrecht, champion de ski alpin<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> aide les victimes de lésions cérébrales –<br />
dans toute la <strong>Suisse</strong>, depuis vingt ans.<br />
Association suisse des personnes cérébro-lésées<br />
Tél. 021 329 02 30 www.fragile.ch Helpline 0800 256 256 CCP 80-10132-0<br />
Conseillère à la Helpline, Christine Ryser a<br />
complété en 2010 une formation en Case<br />
management à la Haute Ecole Spécialisée de<br />
<strong>Suisse</strong> Occidentale (CAS HES-SO en Case<br />
Management).<br />
Helpline <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Adressez-vous à notre Helpline si vous<br />
avez des questions relatives au case<br />
management.<br />
0800 256 256<br />
(les lundi, mardi et jeudi de 10.00 à 13.00)<br />
helpline.romandie@fragile.ch<br />
Photo : Andy Müller, EQ Images
Shutterstock / Fotolia<br />
L’incontinence, un sujet tabou qui concerne pourtant un grand nombre de personnes.<br />
Troubles vésicaux et incontinence urinaire :<br />
comment les surmonter<br />
Texte : Dr. med. André Reitz<br />
Jeune ou moins jeune, homme ou femme : nous pou<strong>von</strong>s tous souffrir d’incontinence<br />
urinaire ou de troubles vésicaux. Ces problèmes affectent notre quotidien et altèrent<br />
sensiblement la qualité de vie. Par pudeur, les personnes qui en souffrent cachent<br />
souvent leurs difficultés. Il arrive aussi qu’elles ne se sentent pas prises au sérieux<br />
par leur médecin. André Reitz est chef de service au KontinenzZentrum Hirslanden<br />
de Zurich, centre spécialisé dans l’évaluation et le traitement des troubles vésicaux<br />
et de l’incontinence urinaire. Il estime qu’un adulte sur cinq souffre une fois dans sa<br />
vie de ces troubles, accompagnés ou non d’incontinence. « Pourtant, un trouble fonctionnel<br />
de la vessie n’est pas irrémédiable. Même après une lésion cérébrale ou une<br />
attaque, il existe des traitements efficaces », déclare le médecin spécialiste en<br />
urologie.<br />
Troubles vésicaux et incontinence après<br />
un traumatisme cranio-cérébral<br />
Un choc violent sur la tête, lors d’un accident<br />
ou d’une chute, peut endommager le<br />
cerveau. Dans la partie antérieure du cerveau,<br />
au niveau des lobes frontaux, sont<br />
situées les zones cérébrales responsables<br />
du contrôle volontaire de la vessie et du<br />
sphincter vésical. Si les cellules nerveuses<br />
de cette région sont lésées, la vessie<br />
fonctionne comme celle d’un petit enfant<br />
qui n’a pas encore appris à la contrôler :<br />
la vessie se remplit jusqu’à atteindre un<br />
certain volume et se vide ensuite par<br />
réflexe, sans qu’on puisse la contrôler.<br />
La personne ressent un besoin impératif<br />
d’uriner, urine fréquemment et présente<br />
souvent une incontinence d’urgence particulièrement<br />
marquée. Chez les patients<br />
jeunes dont les lésions sont légères, ces<br />
troubles régressent généralement en<br />
l’espace de quelques semaines ou mois.<br />
Si les troubles persistent au-delà de trois<br />
mois après l’accident, il faut envisager des<br />
examens et un traitement dans un centre<br />
spécialisé en neuro-urologie. L’examen<br />
urodynamique révèle alors le plus souvent<br />
une hyperactivité de la vessie qui – n’étant<br />
plus contrôlée par le cerveau – essaye de<br />
se vider, même si elle ne contient que peu<br />
d’urine.<br />
Les traitements possibles<br />
Un traitement basé sur la prise de médicaments<br />
anticholinergiques peut améliorer<br />
le contrôle de la vessie, réduire la<br />
fréquence des mictions et aussi atténuer<br />
l’incontinence. Si les anticholinergiques<br />
ne sont pas suffisamment efficaces ou s’ils<br />
sont mal supportés, l’injection de toxine<br />
botulinique ou la stimulation des nerfs<br />
sacrés peut agir. Si le patient contrôle la<br />
musculature du plancher pelvien, un<br />
entraînement spécifique de ces muscles<br />
peut aussi améliorer le contrôle vésical.<br />
Enfin, les patients peuvent suivre un entraînement<br />
vésical prévoyant des mictions<br />
régulières toutes les 2 ou 3 heures. Ce programme<br />
permet à beaucoup de personnes<br />
de prévenir l’incontinence sous la forme<br />
de l’incontinence d’urgence et de pertes<br />
involontaires d’urines tant redoutées.<br />
28 <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong>
Après un accident vasculaire cérébral<br />
Le terme d’accident vasculaire cérébral<br />
(AVC) désigne un trouble de l’irrigation<br />
d’une région donnée du cerveau. Il existe<br />
deux causes principales d’AVC : un trouble<br />
de la circulation ou une hémorragie cérébrale.<br />
Un AVC est souvent suivi de troubles<br />
vésicaux. Leur gravité dépend de l’étendue<br />
et de la localisation de la lésion cérébrale.<br />
On constate que l’incontinence est plus<br />
fréquente à la suite des accidents vasculaires<br />
touchant l’hémisphère droit.<br />
Après un AVC, l’incontinence est due le<br />
plus souvent à une lésion du lobe frontal<br />
du cerveau et à l’interruption des voies<br />
nerveuses menant au tronc cérébral. Les<br />
lésions unilatérales de ces régions provoquent<br />
plutôt une incontinence réversible,<br />
tandis que les lésions bilatérales sont<br />
fréquemment la cause d’une incontinence<br />
durable.<br />
L’apparition d’une incontinence urinaire<br />
après une attaque et la façon dont<br />
elle se manifeste permettent souvent de<br />
prévoir comment la maladie va évoluer<br />
et de savoir si le patient aura besoin de<br />
l’aide de tiers. Il est heureux de constater<br />
que, chez beaucoup de patients, les<br />
fonctions vésicales se rétablissent. Trois<br />
mois après l’accident vasculaire, 50 %<br />
d’entre eux mentionnent encore des<br />
troubles vésicaux, le plus souvent une<br />
incontinence d’urgence ou des difficultés<br />
à vider la vessie. Six mois après l’accident<br />
vasculaire et en l’absence de traitement,<br />
20 à 30 % des patients souffrent encore<br />
d’incontinence.<br />
Le diagnostic le plus fréquent ressortant<br />
de l’examen urodynamique est l’existence<br />
d’une hyperactivité vésicale, impliquant<br />
l’impossibilité de contrôler l’évacuation<br />
de la vessie ainsi que des pertes d’urines<br />
involontaires. Lorsque le tronc cérébral<br />
est atteint, les symptômes sont légèrement<br />
différents. Dans ce cas également,<br />
environ la moitié des patients souffrent<br />
de troubles vésicaux ; parmi eux, un tiers<br />
environ se plaint de pertes involontaires<br />
d’urine la nuit, un autre tiers de difficultés<br />
à commencer à uriner et les autres de<br />
l’impossibilité de vider complètement leur<br />
vessie.<br />
Les traitements possibles<br />
Après un AVC, le traitement neurologique<br />
en phase aigüe consiste en règle générale<br />
à placer une sonde vésicale dans l’urètre.<br />
Lorsque le patient se rétablit, on essaye de<br />
retirer la sonde et on observe comment le<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong><br />
patient parvient à contrôler sa vessie. S’il<br />
n’y parvient pas, il faudrait envisager un<br />
examen dans un centre spécialisé. Dans<br />
ce cas, il est conseillé de procéder à une<br />
analyse d’urine et à une mesure du résidu<br />
post-mictionnel, tout en tenant pendant<br />
trois jours un journal des mictions. De<br />
préférence, on pratiquera également<br />
un examen neuro-urologique et urodynamique.<br />
Si le patient perçoit quand sa<br />
vessie est pleine et quand elle se vide et<br />
qu’il peut aussi contracter volontairement<br />
le sphincter urinaire, il est probable qu’il<br />
pourra recouvrer le contrôle de sa vessie.<br />
Le traitement de choix repose sur le recours<br />
aux anticholinergiques, qui peut<br />
être combiné avec un entraînement vésical<br />
et comportemental. Si ce traitement<br />
ne permet pas de rétablir la continence, il<br />
peut être nécessaire de placer, à travers la<br />
paroi abdominale, une sonde qui permet<br />
un entraînement vésical contrôlé. Dans ce<br />
cas également, le traitement de la vessie<br />
par injection de toxine botulinique s’est<br />
révélé très utile. Après un AVC, il n’est<br />
pas rare de constater chez les patients de<br />
sexe masculin une hypertrophie bénigne<br />
de la prostate, responsable de difficultés<br />
de miction et de l’impossibilité de vider<br />
entièrement la vessie. Si ces troubles ne<br />
répondent pas à un traitement par alphabloquants<br />
ou inhibiteurs de la 5-alpha<br />
réductase, il peut être nécessaire de<br />
recourir ici à une sonde abdominale ou<br />
à des sondages réguliers, jusqu’au moment<br />
où un traitement de l’hypertrophie<br />
prostatique proprement dite peut être<br />
envisagé.<br />
Pour plus d’informations sur l’évaluation<br />
et le traitement d’un trouble<br />
vésical ou d’une incontinence après<br />
un traumatisme cérébral ou un AVC,<br />
consulter le site (en allemand et en<br />
anglais) :<br />
www.kontinenzzentrum-hirslanden.ch<br />
André Reitz est médecin chef de service<br />
au KontinenzZentrum Hirslanden à Zurich,<br />
centre spécialisé dans l’évaluation et le<br />
traitement des pertes d’urine involontaires.<br />
Quelques conseils en cas d’hyperactivité<br />
vésicale<br />
– Videz régulièrement votre vessie,<br />
vous éviterez d’éprouver constamment<br />
le besoin impérieux d’uriner.<br />
– Evitez les situations favorisant<br />
l’hyperactivité vésicale : exposition au<br />
froid, eau qui coule, robinets qui<br />
gouttent, etc.<br />
– Il peut être utile de s’arrêter, de<br />
s’asseoir, de s’accroupir ou de croiser<br />
les jambes pour stopper un court<br />
instant le besoin d’uriner, le temps<br />
de trouver des toilettes.<br />
– Exercer une pression modérée sur le<br />
périnée, en s’asseyant sur l’accoudoir<br />
d’un fauteuil, peut réduire le besoin<br />
d’uriner.<br />
– Contractez le plancher pelvien<br />
pendant 15 à 20 secondes, cet<br />
exercice atténue le besoin d’uriner.<br />
– Essayez de détourner votre attention<br />
en faisant des exercices de calcul<br />
mental ou en récitant un poème.<br />
– Se mettre sur la pointe des pieds<br />
pendant quelques secondes peut<br />
aider.<br />
29
Séance d’entraînement ludique sur la corde raide : à la clinique de réadaptation de Zihlschlacht, le slackline fait partie du programme.<br />
Chaque pas est un défi<br />
Texte et Photo : Verena Paris<br />
Il n’est pas toujours facile d’être d’aplomb. Surtout pour les personnes hémiplégiques<br />
et celles qui souffrent de troubles de l’équilibre ou d’une héminégligence. Et pourtant,<br />
c’est possible. L’ergothérapeute Roger Stadelmann invite ses patients à s’aventurer<br />
sur une simple sangle, comme des funambules. Slackline : tel est le nom de cette<br />
nouvelle thérapie. <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> l’a testée à la Clinique de réadaptation de Zihlschlacht<br />
(TH).<br />
Cheveux longs, anneau d’argent à la cheville<br />
: on s’attendrait plutôt à le rencontrer<br />
dans un cloître bouddhiste. Mais sa vie<br />
professionnelle se déroule dans la salle de<br />
gymnastique. Sa sérénité est communicative<br />
; son agilité et son talent pédagogique<br />
convainquent les plus hésitants.<br />
Qu’est ce que le slackline ?<br />
Roger Stadelmann est ergothérapeute à la<br />
clinique de Zihlschlacht, spécialisée dans<br />
la réadaptation des personnes cérébrolésées.<br />
C’est lui qui a fait entrer dans la<br />
salle de gymnastique cette sangle que l’on<br />
utilise normalement en plein air, tendue<br />
entre deux arbres. Une activité de loisirs<br />
reconvertie à des fins thérapeutiques.<br />
Utilité thérapeutique<br />
Tendue à hauteur du mollet, la corde –<br />
ou plutôt la sangle – a la largeur d’une<br />
main d’enfant. Une particularité : elle se<br />
tend sous le poids, et c’est ce qui fait de<br />
l’exercice un véritable défi. Pour rester sur<br />
la sangle et résister à la pesanteur, il faut<br />
mobiliser tous ses muscles, le sens de<br />
l’orientation et celui de l’équilibre. « Avec<br />
le slackline, il faut compenser, rééquilibrer<br />
constamment chacun de ses mouvements<br />
», explique Roger Stadelmann et<br />
d’ajouter en souriant : « Ce qui semble<br />
si astreignant est en fait une expérience<br />
ludique et sensorielle. »<br />
Et le plus souvent une expérience<br />
concluante. En effet, l’entraînement ne<br />
dure que quelques minutes, mais le<br />
succès est manifeste. Pour son travail de<br />
diplôme, Roger Stadelmann a effectué<br />
des mesures : « Ce sont surtout l’équilibre,<br />
la coordination et la concentration<br />
qui s’améliorent. Même les personnes<br />
présentant une héminégligence ou une<br />
hémiplégie découvrent, en recherchant<br />
leur équilibre sur la sangle, où se trouve<br />
le centre de leur corps », raconte-t-il. Il<br />
explique aussi que le range of motion<br />
ou l’amplitude des mouvements s’est<br />
améliorée chez tous les patients. « Grâce<br />
au slackline, je peux aider les patients à<br />
accomplir plus facilement les activités de<br />
la vie quotidienne. »<br />
Des patients enthousiastes<br />
Rien de plus vrai. Ayant perdu l’usage<br />
de ses jambes après une attaque, une<br />
retraitée se hasarde sur la sangle après<br />
deux semaines de réadaptation. Elle est<br />
guidée et soutenue par Roger Stadelmann.<br />
Quelques minutes de maîtrise corporelle<br />
et de concentration mentale à l’état pur –<br />
de la part de la funambule comme de<br />
l’ergothérapeute. Après 15 mètres, la jubilation.<br />
Elle a réussi. Au deuxième parcours,<br />
elle est déjà plus sûre d’elle, plus agile,<br />
elle ne se tient que d’une main. « Je vais<br />
montrer ça à mes petits-enfants », assuret-elle<br />
en riant, et se réjouit de pouvoir<br />
bientôt rentrer chez elle.<br />
www.slackline-therapie.ch<br />
30 <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong>
Cerveau en bref<br />
Textes : Carine Fluckiger et Thierry Maurice<br />
« CHUT! L’univers<br />
des sons » : Un monde<br />
qui peut devenir<br />
problématique à la<br />
suite d’une lésion<br />
cérébrale.<br />
Sons et acouphènes<br />
La Fondation Verdan, dévolue à la culture<br />
scientifique, médicale et artistique, présente<br />
du 27 janvier au 1er mai 201 une exposition<br />
intitulée Chut ! L’univers des sons.<br />
A travers une approche à la fois ludique et<br />
rigoureuse, l’exposition aborde le monde<br />
des bruits qui nous entourent et le rapport<br />
que nous entretenons avec eux. Elle joint<br />
à son programme acoustique balades,<br />
conférences et animations.<br />
Mardi 15 mars <strong>2011</strong> à 18h30 : conférence<br />
du Dr Raphaël Maire, médecin chef en<br />
otoneurologie (CHUV) : « Vous avez dit<br />
acouphène ? ».<br />
www.verdan.ch<br />
VIH et AVC<br />
Selon un article paru en février dans<br />
« Neurology », la revue de l’American<br />
Academy of Neurology, les personnes<br />
porteuses du virus VIH auraient trois fois<br />
plus de risques de faire un AVC. Entre<br />
1997 et 2006, période sur laquelle porte<br />
la recherche, le nombre d’accidents vasculaires<br />
cérébraux a augmenté de 67 %<br />
chez les séropositifs aux Etats-Unis, alors<br />
qu’il baissait dans la population générale<br />
américaine de 7 % durant la même période.<br />
Les auteurs de cette étude mettent<br />
en avant deux hypothèses pour expliquer<br />
ce phénomène inquiétant : il pourrait être<br />
dû à un effet secondaire des traitements<br />
antirétroviraux ou encore à l’allongement<br />
de l’espérance de vie des personnes porteuses<br />
du virus. On sait en effet que les<br />
risques d’AVC augmentent avec l’âge.<br />
www.neurology.org<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong><br />
Attention aux anti-inflammatoires !<br />
Une étude menée sous la direction du<br />
Professeur Peter Jüni, de l’Université de<br />
Berne, alerte sur les effets néfastes de plusieurs<br />
médicaments anti-inflammatoires.<br />
Cette méta-analyse regroupant plus de<br />
116’000 patients souligne la nocivité de<br />
sept anti-inflammatoires d’usage courant,<br />
à l’exemple du Voltaren, du Brufen et de<br />
l’Arcoxia. Les scientifiques estiment que,<br />
prises régulièrement par des patients<br />
âgés souffrant de douleurs chroniques,<br />
ces substances analgésiques exposent à<br />
un risque accru d’infarctus du myocarde<br />
ou d’accident vasculaire cérébral. Ce risque<br />
peut être multiplié par quatre comparativement<br />
à l’usage d’un placebo et s’avère<br />
également significatif pour des patients<br />
de moins de 65 ans, fumeurs et / ou en<br />
surpoids.<br />
www.bmj.com/content/342/bmj.<br />
c7086<br />
« La couverture du salaire<br />
en cas de maladie » : La maladie<br />
de longue durée soulève<br />
de nombreuses questions en<br />
matière d’assurances.<br />
La brochure du BCAS propose<br />
des réponses juridiques et des<br />
conseils pratiques.<br />
Je m’appelle Félix et j’ai 9 ans<br />
Un enfant est victime d’un traumatisme<br />
cranio-cérébral et c’est tout l’équilibre<br />
familial qui se trouve bouleversé. Comment<br />
les frères et les sœurs de la petite<br />
victime vivent-ils ce choc en particulier ?<br />
C’est ce thème douloureux, abordé tout<br />
en finesse, qui a donné naissance à un<br />
petit livre joliment illustré, réalisé par la<br />
psychologue clinicienne Sophie Aubert.<br />
Vue à travers les yeux d’un garçon de 9<br />
ans, cette histoire vise à aider la fratrie à<br />
mieux comprendre ce qui lui arrive et à<br />
poser des questions qu’elle n’ose pas toujours<br />
aborder avec les parents.<br />
Ce livre est désormais disponible à la<br />
bibliothèque de <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong>. Pour<br />
l’emprunter , mail à :<br />
biasio@fragile.ch<br />
Toucher son salaire en cas de maladie<br />
En 2010, le Bureau Central d’Aide Sociale (BCAS) de Genève a publié une brochure<br />
consacrée à « La couverture du salaire en cas de maladie ». Conçu et rédigé par Jacqueline<br />
Deck, cet opuscule est organisé d’après le parcours de vie fictif d’un employé qui<br />
tombe malade. Pourvu d’informations juridiques précises, de conseils et de mises en<br />
garde, il permet tant aux assurés qu’aux professionnels de la santé de mieux s’orienter<br />
dans les domaines complexes du droit du travail et des assurances sociales. On y<br />
suit toutes les étapes administratives traversées par un déménageur dans l’incapacité<br />
d’exercer son métier, depuis son arrêt maladie jusqu’à sa réinsertion professionnelle<br />
prise en charge par l’AI.<br />
www.bcas.ch<br />
Cette brochure est disponible<br />
à la Bibliothèque de <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong>.<br />
Pour l’emprunter, mail à :<br />
biasio@fragile.ch<br />
« Notre frère a eu un<br />
accident » :<br />
« Coma », « séquelles »,<br />
« traumatisme craniocérébral<br />
»… Autant de<br />
mots nouveaux qui<br />
ouvrent sur un monde<br />
angoissant, aussi bien<br />
pour les parents que<br />
pour les frères et sœurs<br />
de la victime.<br />
31
Kontakte / Contacts / Contatti<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong><br />
Beckenhofstrasse 70<br />
8006 Zürich<br />
Tel. 044 360 30 60<br />
Fax 044 360 30 66<br />
mail@fragile.ch<br />
www.fragile.ch<br />
Académie: afs@fragile.ch, 044 360 26 90<br />
Begleitetes Wohnen: imhof@fragile.ch<br />
Helpline Deutschschweiz / Romandie :<br />
0800 256 256<br />
Regionale Vereinigungen und Selbsthilfegruppen<br />
/ Associations régionales<br />
et groupes d’entraide<br />
Aargau, Solothurn Ost<br />
<strong>FRAGILE</strong> Aargau Solothurn Ost<br />
Vereinigung für hirnverletzte<br />
Menschen und deren Angehörige<br />
Postfach<br />
5023 Biberstein<br />
Tel. 079 657 19 36<br />
fragile.suisse.ag.so@bluewin.ch<br />
Selbsthilfegruppen in: Aarau, Baden<br />
Basel<br />
<strong>FRAGILE</strong> Basel<br />
Basler Vereinigung<br />
für hirnverletzte Menschen<br />
Steinenring 5<br />
4051 Basel<br />
Tel. 061 271 15 70<br />
Fax 061 271 27 75<br />
basel@fragile.ch<br />
Selbsthilfegruppe in: Basel<br />
Bern Espace Mittelland<br />
<strong>FRAGILE</strong> Bern Espace Mittelland /<br />
Berner Vereinigung für hirnverletzte<br />
Menschen<br />
Villa Stucki<br />
Seftigenstrasse 11<br />
3007 Bern<br />
Tel. 031 376 21 02<br />
Fax 031 376 21 01<br />
bern@fragile.ch<br />
Selbsthilfegruppen in: Bern, Biel,<br />
Langenthal, Solothurn, Thun<br />
Genève<br />
<strong>FRAGILE</strong> Genève<br />
Association genevoise<br />
pour les traumatisés cranio-cérébraux<br />
Av. de la Praille 30<br />
1227 Carouge<br />
Tél. 078 683 25 43<br />
geneve@fragile.ch<br />
Groupes d’entraide : Genève<br />
Jura, Neuchâtel<br />
Association jurassienne<br />
pour les traumatisés cranio-cérébraux<br />
Centre « Rencontres »<br />
Rte de Soulce 36, CP 133<br />
2853 Courfaivre<br />
Tél. 032 427 37 00<br />
Fax 032 427 37 38<br />
ajtcc@bluewin.ch<br />
Ostschweiz: Appenzell Inner- und<br />
Ausserrhoden, St. Gallen, Glarus,<br />
Schaffhausen, Thurgau, Graubünden<br />
<strong>FRAGILE</strong> Ostschweiz<br />
Ostschweizer Vereinigung<br />
für hirnverletzte Menschen<br />
Sekretariat<br />
Grenzstrasse 17<br />
Postfach 233<br />
9430 St. Margrethen<br />
Tel. 071 740 13 00<br />
Fax 071 740 13 01<br />
ostschweiz@fragile.ch<br />
Selbsthilfegruppen in: Glarus,<br />
Chur, Samedan, St. Gallen, Buchs SG,<br />
Schaffhausen, Weinfelden<br />
Ticino<br />
Associazione ticinese per<br />
le persone con lesioni cerebrali<br />
Via Prada 6<br />
6710 Biasca<br />
Tel. 091 880 00 00<br />
Fax 091 880 00 01<br />
ticino@fragile.ch<br />
Gruppo di auto-aiuto: Biasca, Giubiasco<br />
Valais, Wallis<br />
<strong>FRAGILE</strong> Valais<br />
Association valaisanne en faveur<br />
des traumatisés cranio-cérébraux<br />
Rue de la Blancherie 23<br />
1950 Sion<br />
Tél. 027 322 56 00<br />
Fax 027 322 56 01<br />
valais@fragile.ch<br />
Groupes d’entraide : Sion, Martigny<br />
Vaud, Fribourg<br />
<strong>FRAGILE</strong> Vaud<br />
Association vaudoise<br />
pour les traumatisés cranio-cérébraux<br />
Rue du Bugnon 18<br />
1005 Lausanne<br />
Tél. 021 329 02 08<br />
Fax 021 329 02 13<br />
vaud@fragile.ch<br />
Groupes d’entraide : Lausanne<br />
Zentralschweiz: Uri, Ob- und Nidwalden,<br />
Luzern, Zug, Schwyz<br />
<strong>FRAGILE</strong> Zentralschweiz<br />
Zentralschweizer Vereinigung<br />
für hirnverletzte Menschen<br />
Pilatusstrasse 30<br />
6003 Luzern<br />
Tel. 041 260 78 61<br />
Fax 041 210 78 61<br />
zentralschweiz@fragile.ch<br />
Selbsthilfegruppen in: Emmenbrücke,<br />
Lachen, Luzern, Schwyz, Zug<br />
Zürich<br />
<strong>FRAGILE</strong> Zürich<br />
Verein für hirnverletzte Menschen<br />
Region Zürich<br />
Postfach 1761<br />
8032 Zürich<br />
Tel. 044 262 61 13<br />
Fax 044 262 61 17<br />
zuerich@fragile.ch<br />
Selbsthilfegruppen in: Zürich, Winterthur<br />
Weitere Treffpunkte auf Anfrage oder<br />
unter www.fragile.ch.