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Magazin von FRAGILE Suisse - Nummer 1, März 2011

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Eigene Stärken erkennen: Betroffene lernen mit ihrer Lebenssituation besser umzugehen.<br />

Vom Wissen zum Verstehen<br />

Text: Dorothee Rübel, Foto: Marianne Mani<br />

Am Anfang stand die Frage: Wie können wir in Institutionen den professionellen Alltag<br />

mit hirnverletzten Menschen konfliktfreier gestalten? Dank dem innovativen Ansatz<br />

– betreuende Mitarbeitende sowie Bewohnerinnen und Bewohner gleichzeitig<br />

weiterzubilden – wurde das Zusammenleben verständnisvoller und stressfreier.<br />

<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> führte in den Jahren 2009<br />

und 2010 das Projekt «Vom Wissen zum<br />

Verstehen» durch. Angesprochen wurden<br />

Institutionen, in denen hirnverletzte Menschen<br />

zusammen mit Menschen leben,<br />

die andere Behinderungen haben. Wie<br />

kann die Zusammenarbeit und das Zusammenleben<br />

hilfreich gestaltet werden?<br />

Dazu führte das erfahrene Team <strong>von</strong> FRA-<br />

GILE <strong>Suisse</strong> Weiterbildungsveranstaltungen<br />

für das Personal und für die BewohnerInnen<br />

dieser Institutionen durch. Die<br />

Durchführung aller Weiterbildungen leitete<br />

Marianne Mani in Zusammenarbeit<br />

mit Koreferentinnen und Koreferenten mit<br />

Hirnverletzung sowie mit der Körpertherapeutin<br />

Anita Weimer.<br />

Ziele<br />

Das Projekt hatte einerseits zum Ziel, dass<br />

die Mitarbeitenden der Institutionen die<br />

wichtigsten und vor allem auch die unsichtbaren<br />

Folgen einer Hirnverletzung<br />

kennen, deren Konsequenzen verstehen<br />

und ihre Kenntnisse im Institutionsalltag<br />

anwenden können. Gemeinsam erarbeitete<br />

Strategien für den Umgang mit Problemsituationen<br />

sollten helfen, Stresssituationen<br />

zu entschärfen und Konflikte und<br />

Aggressionen zu vermindern.<br />

Weiteres Ziel war, dass hirnverletzte Bewohner<br />

ihre Beeinträchtigung besser verstehen<br />

und ihre Bedürfnisse erfassen und<br />

formulieren können. Nicht hirnverletzte<br />

Bewohner sollten ein besseres Verständnis<br />

für die speziellen Bedürfnisse ihrer<br />

MitbewohnerInnen entwickeln.<br />

Bewohnerinnen und Bewohner<br />

Die Weiterbildungen für BewohnerInnen<br />

beinhalteten einen kognitiven und einen<br />

auf Körperarbeit orientierten Teil. Im<br />

kognitiven Teil der Weiterbildung wurde<br />

mit den Fragen: «Wie ist mein Bild für<br />

die Beeinträchtigung, welches sind meine<br />

Schwierigkeiten?» gearbeitet. Stärken<br />

wurden genutzt anhand der Fragen:<br />

«Was kann ich wieder, was kann ich<br />

noch?» «Was mag ich an mir, was mögen<br />

andere an mir?» Aufnahmefähigkeit<br />

und Erinnerungsvermögen waren bei vielen<br />

Bewohnern stark eingeschränkt, weshalb<br />

sich die Inhalte der Weiterbildungen<br />

im Wesentlichen auf das Erfassen der aktuellen<br />

Situation sowie auf die Stärkung<br />

der Selbstwahrnehmung und der Akzeptanz<br />

fokussierten. Einige TeilnehmerInnen<br />

konnten sich nur über eine Buchstabentafel<br />

verständigen. Dies erforderte <strong>von</strong><br />

allen Geduld und viel Konzentration. Ein<br />

Bewohner meinte zu seiner gegenwärtigen<br />

Situation: «Mein Leben ist eine Baustelle.»<br />

In der Körperarbeit stand die aktuelle<br />

Situation der BewohnerInnen im Vordergrund.<br />

Durch Übungen wie zum Beispiel<br />

nicht wertendes Sehen und Hören wurde<br />

versucht, Stress abzubauen und kreativ<br />

mit Neuem zu experimentieren. Neben<br />

viel Schmerz über verlorene Kompetenzen<br />

entstanden immer wieder heitere Momente,<br />

die der Veranstaltung Leichtigkeit<br />

schenkten. Nicht hirnverletzte BewohnerInnen<br />

verbesserten ihr Verständnis für<br />

ihre hirnverletzten MitbewohnerInnen.<br />

Die sehr unterschiedliche Befindlichkeit<br />

und das breite Spektrum an Beeinträchtigungen<br />

erforderte ein flexibles und achtsames<br />

Eingehen auf die jeweilige Gruppenzusammensetzung.<br />

Mitarbeitende<br />

Bei den Mitarbeitenden führten die Weiterbildungen<br />

zu einem verbesserten Verstehen<br />

der Folgen <strong>von</strong> Hirnverletzungen.<br />

Sie realisierten, dass die erhöhte Ermüdbarkeit<br />

und die verminderte Leistungsfähigkeit<br />

erhebliche Konsequenzen für<br />

die Planung des Alltags und die Formulierung<br />

der Förderziele hat. Sie lernten,<br />

12 <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong>

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