Magazin von FRAGILE Suisse - Nummer 1, März 2011
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lutung. Nach einer Schlaganfallerkrankung<br />
treten sehr häufig Störungen der<br />
Harnblasenfunktion auf. Die Ausprägung<br />
hängt <strong>von</strong> der Ausdehnung und der Lokalisation<br />
des betroffenen Hirnareals ab.<br />
Offenbar kommt eine Inkontinenz häufiger<br />
bei einem Schlaganfall der rechten<br />
Hirnhälfte vor. Eine Beeinträchtigung<br />
des Frontalhirns und eine Unterbrechung<br />
der Nervenbahnen zum Hirnstamm werden<br />
als häufigste Ursache einer Harninkontinenz<br />
nach einem Schlaganfall angesehen.<br />
Einseitige Beschädigungen<br />
dieser Regionen führen eher zu einer vorübergehenden<br />
Inkontinenz, beidseitige<br />
Schäden meist zu dauerhafter Inkontinenz.<br />
Eine Harninkontinenz nach einem<br />
Schlaganfall gilt als wichtiger Hinweis,<br />
wie die Erkrankung verlaufen wird und<br />
ob der Kranke später <strong>von</strong> äusserer Hilfe<br />
abhängig sein wird. Bei vielen Patienten<br />
erholt sich die Blase glücklicherweise<br />
wieder. Drei Monate nach dem Ereignis<br />
geben noch 50 Prozent der Betroffenen<br />
Blasenbeschwerden an, meist eine Dranginkontinenz<br />
oder ein Problem, die Blase<br />
zu entleeren. Sechs Monate nach dem<br />
Ereignis sind ohne Therapie immerhin<br />
noch 20 bis 30 Prozent noch <strong>von</strong> einer<br />
Inkontinenz betroffen. Häufigster Befund<br />
in der urodynamischen Untersuchung ist<br />
die überaktive Blase mit fehlender Kontrolle<br />
der Entleerung und unkontrolliertem<br />
Harnabgang. Ein etwas anderes Bild<br />
zeigt sich, wenn der Hirnstamm betroffen<br />
ist. Auch hier ist etwa die Hälfte der<br />
Patienten <strong>von</strong> Blasenstörungen betroffen,<br />
je ein Drittel klagt über nächtliches Wasserlassen,<br />
Schwierigkeiten beim Einleiten<br />
des Wasserlassens oder eine unvollständige<br />
Entleerung.<br />
Die urologische Akutversorgung nach<br />
einem Schlaganfall besteht in der Regel<br />
aus einem durch die Harnröhre eingelegten<br />
Blasenkatheter. Nach Fortschritten<br />
in der Erholung wird der Katheter<br />
meist einmal versuchsweise entfernt<br />
und man beobachtet, ob die oder der<br />
Betroffene die Blase kontrollieren kann.<br />
Ist dies nicht möglich, sollte eine Abklärung<br />
in einem spezialisierten Zentrum<br />
erfolgen. Neben einer Urinuntersuchung,<br />
einer Restharnmessung und dem Führen<br />
eines Blasentagebuchs für drei Tage<br />
ist eine neuro-urologische und urodynamische<br />
Untersuchung ratsam. Wenn<br />
das Gefühl für die Blasenfüllung und<br />
den Abgang <strong>von</strong> Urin durch die Harnröhre<br />
vorhanden ist und der Patient den<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> 01 | <strong>2011</strong><br />
Schliessmuskel willentlich anspannen<br />
kann, ist die Wahrscheinlichkeit gross,<br />
dass er die Kontrolle über die Blase wiedererlangen<br />
kann. Eine medikamentöse<br />
Behandlung mit einem Anticholinergikum<br />
steht dabei im Mittelpunkt und<br />
kann mit einem Verhaltens- und Blasentraining<br />
kombiniert werden. Lässt<br />
sich mit dieser Behandlung keine Kontinenz<br />
erreichen, kann vorübergehend ein<br />
durch die Bauchdecke eingelegter Katheter<br />
notwendig sein, der ein kontrolliertes<br />
Blasentraining ermöglicht. Auch<br />
die Injektionsbehandlung der Blase mit<br />
Botulinumtoxin hat sich in dieser Situation<br />
als sehr hilfreich erwiesen.<br />
Weitere Informationen zur Abklärung<br />
und Behandlung einer Blasenstörung<br />
oder Inkontinenz nach Hirnverletzung<br />
oder Schlaganfall finden Sie unter<br />
www.kontinenzzentrumhirslanden.ch<br />
Der Ratgeber «Gesunde und starke<br />
Blase» bietet umfassende Informationen<br />
und eingehende Beratung zu allen<br />
Fragen der Blasenfunktions störung<br />
und der Inkontinenz für Betroffene und<br />
Angehörige. Offen, aber mit dem<br />
nötigen Fingerspitzengefühl geht der<br />
Autor Dr. André Reitz das Tabu thema<br />
Harninkontinenz an, baut Ängste und<br />
Vorurteile ab und räumt so manches<br />
Missverständnis aus. Untersuchungen<br />
und Behandlung einer Vielzahl <strong>von</strong><br />
Blasenproblemen werden anschaulich<br />
dargelegt und illustriert; Tipps und<br />
Tricks helfen den Betroffenen durch den<br />
Alltag. Fallbeispiele veranschaulichen<br />
erfolgreiche Behandlungen und<br />
machen Mut für den Gang zum<br />
Spezialisten. Die wichtigste Botschaft<br />
zieht sich wie ein roter Faden durch<br />
das Buch: Blasenprobleme und<br />
Inkontinenz sind kein «Schicksal»,<br />
mit dem man sich abfinden muss,<br />
praktisch allen Betroffenen kann<br />
wirksam geholfen werden.<br />
André Reitz, Leitender Arzt des auf die<br />
Abklärung und Behandlung <strong>von</strong><br />
Blasenstörungen und unfreiwilligem<br />
Harnverlust spezialisierten KontinenzZentrums<br />
Hirslanden in Zürich.<br />
Tipps und Tricks bei überaktiver Blase<br />
– Entleeren Sie regelmässig Ihre Blase,<br />
so vermeiden Sie eine plötzliche<br />
Harndrangattacke.<br />
– Meiden Sie Harndrang auslösende<br />
Reize wie Kälte, fliessendes Wasser,<br />
tropfende Wasserhähne etc.<br />
– Das Stehenbleiben, Hinsetzen oder<br />
-hocken sowie das Überkreuzen der<br />
Beine kann hilfreich sein, den<br />
Harndrang für kurze Zeit zu unterdrücken,<br />
um dann ruhig eine Toilette<br />
aufzusuchen.<br />
– Sanfter Druck auf den Damm durch<br />
Sitzen auf einer Sessellehne kann<br />
den Harndrang reduzieren.<br />
– Spannen Sie den Beckenboden für 15<br />
bis 20 Sekunden an, das dämpft den<br />
Harndrang.<br />
– Lenken Sie sich ab, z.B. durch eine<br />
Rechenaufgabe oder ein Gedicht.<br />
– Das Stehen auf den Zehen für einige<br />
Sekunden kann hilfreich sein.<br />
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