Magazin von FRAGILE Suisse - Nummer 1, März 2011
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uf als Landschaftsgärtner. Dennoch musste<br />
er mehrmals wegen Depressionen und<br />
Erschöpfungsphasen pausieren. «Man hat<br />
mich auf die Arbeit programmiert. Am<br />
Anfang hat mir das gut getan. Aber heute<br />
träume ich <strong>von</strong> einem zweiten Leben.<br />
Manchmal, wenn ich es nicht mehr aushielt,<br />
habe ich mich bei der Arbeit versteckt,<br />
um auszuspannen. Ich habe kein gesellschaftliches<br />
oder Familienleben mehr.»<br />
Neben den Anpassungen am Arbeitsplatz<br />
(siehe Kästchen) braucht es für die Arbeit<br />
mit hirnverletzten Menschen auch eine<br />
gewisse Organisation. «Man darf keinen<br />
Druck auferlegen», betont Cathy Barraud.<br />
«Die Aufgaben müssen etappenweise<br />
übertragen und kontrolliert werden.» Eric<br />
hat dies in seiner Schreinerei im Laufe der<br />
Zeit lernen müssen, als er vor sechs Jahren<br />
einen hirnverletzten Freund einstellte:<br />
«Ich muss mich oft wiederholen, damit er<br />
nichts vergisst, und eventuelle Fehler voraussehen.<br />
Damit er bei einer Sache nicht<br />
müde wird, gebe ich ihm immer wieder<br />
andere Arbeiten. Er kann nicht allzu lange<br />
an einer Aufgabe arbeiten, sonst kommt<br />
Die Bedingungen für eine erfolgreiche Wiedereingliederung<br />
es zur Katastrophe! Wenn er aber eine Tätigkeit<br />
liebt, geht ihm die Arbeit leichter<br />
<strong>von</strong> der Hand und seine Leistung ist besser.»<br />
Für Eric sind die Schlüsselbegriffe dieser<br />
Zusammenarbeit vor allem Taktgefühl,<br />
Dialog und Offenheit. Bleibt der menschliche<br />
Faktor: «Ich schätze ihn als Person und<br />
arbeite gerne mit ihm. Wenn es nur ums<br />
Geld ginge, hätte ich mich schon lange <strong>von</strong><br />
ihm getrennt.» Dr. Vuadens meint dazu abschliessend:<br />
«Es braucht ergänzend zu den<br />
wirtschaftlichen auch ethische Ziele, um<br />
die soziale und berufliche Wiedereingliederung<br />
zu erreichen.»<br />
<strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong> Fachinformationsschrift<br />
2: Berufliche Wiedereingliederung<br />
nach einer Hirnverletzung.<br />
Erhältlich unter<br />
www.fragile.ch<br />
«Auf dem Weg zur Selbstbestimmung –<br />
Behinderte Menschen in unserer<br />
Arbeitswelt», Bela Böke, DVD.<br />
Ausleihbar in unserer Bibliothek über<br />
biasio@fragile.ch<br />
Es ist wichtig, die Hürden bei der beruflichen Wiedereingliederung <strong>von</strong> Menschen<br />
mit einer Hirnverletzung zu erkennen, ernst zu nehmen und Lösungen zu finden.<br />
Laut Fachliteratur sind die Chancen für eine Rückkehr an die Arbeit besser, wenn der<br />
oder die Betroffene wieder die vor der Verletzung ausgeübte Tätigkeit ausübt. Nur<br />
in wenigen Fällen ist jedoch eine Vollzeitbeschäftigung möglich. Häufig erweisen sich<br />
Anpassungen als unumgänglich: flexible Pausen, ergonomische Anpassungen,<br />
fachlich kompetente Information und Begleitung <strong>von</strong> Arbeitgebenden und Mitarbeitenden<br />
usw. In etlichen Fällen ist eine berufliche Neuausrichtung unvermeidbar.<br />
Die berufliche Wiedereingliederung <strong>von</strong> hirnverletzten Menschen ist ein langer,<br />
manchmal mehrere Jahre dauernder Prozess. Am besten beginnt er schon während<br />
der Reha-Phase in der Klinik. Bevor auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Stelle gesucht<br />
wird, empfiehlt sich meist, die Fähigkeiten und Schwierigkeiten in einem beschützenden<br />
Umfeld zu klären und gemeinsam Strategien zu entwickeln. Die effektive<br />
Integration an einer Stelle sollte <strong>von</strong> Anfang an und über eine längere Zeit begleitet<br />
werden. Die Begleitung erfordert gute Kenntnisse der neuropsychologischen Funktionsstörungen<br />
und die Fähigkeit, Anpassungen für einen konkreten Arbeitsplatz zu<br />
ent wickeln und zu übersetzen. Wichtig dabei ist nicht nur der Einbezug der vorgesetzten<br />
und betroffenen Person, sondern auch der Arbeitskollegen.<br />
Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt – Adressen<br />
Erkundigen Sie sich bereits während der Rehabilitation in der Klinik<br />
nach entsprechenden Massnahmen und Programmen.<br />
Fachstellen zur Arbeitsintegration spezialisiert auf hirnverletzte Menschen:<br />
– Helpline <strong>FRAGILE</strong> <strong>Suisse</strong>: 0800 256 256 (Erstberatung)<br />
– andante, Angebot Wintegra: www.stiftung-andante.ch<br />
– Haus Selun: www.ovwb.ch/hausselun.html<br />
– Zentrum für berufliche Abklärung (ZBA): www.zba.ch<br />
Fachstellen zur Arbeitsintegration für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen:<br />
– Stiftung IPT Integration für alle: www.stiftung-ipt.ch<br />
– Profil Arbeit und Handicap: www.profil.proinfirmis.ch<br />
Der Wiedereinstieg ins Berufsleben erfordert<br />
viel Flexibilität: Manchmal ist es nicht möglich,<br />
wieder derselben Tätigkeit nachzugehen.<br />
Begleitung ist wichtig: Es braucht viel<br />
Fein gefühl, um die Belastbarkeit einer<br />
betroffenen Person zu erkennen.<br />
Menschen mit einer Hirnverletzung finden im<br />
Zentrum für berufliche Abklärung (ZBA)<br />
kompetente Unterstützung und Begleitung bei<br />
der beruflichen Neuorientierung und<br />
Reintegration.<br />
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