Der Windische Bauernaufstand von 1573 - Historicum.net
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<strong>Der</strong> <strong>Windische</strong> <strong>Bauernaufstand</strong> <strong>von</strong> <strong>1573</strong><br />
Thurn es gar als Ziel des Aufstands zu erkennen, „alle obrigkhaiten, <strong>von</strong> der<br />
grössten bis auf die wenigste, also auch in gemein die <strong>von</strong> adl und ambtleuth<br />
zu erwirgen" 126 ) . Wenn auch die einzelnen Berichte auf die detaillierten Beschwerden<br />
und Forderungen der Bauern eingehen und insgesamt auch keinen<br />
Zweifel an der Schuld Tahys lassen, so konnte doch insgesamt für die ständischen<br />
Beobachter kein Zweifel daran bestehen, daß die Forderungen der aufständischen<br />
Bauern der bestehenden feudalen Ordnung diametral gegenüberstanden<br />
und vor allem die Position des landständischen Adels betrafen. Es<br />
verwundert deshalb nicht, wenn der Ausbruch des Aufstands beim landständischen<br />
Adel die latente Angst offenlegte, die er gegenüber den Untertanen<br />
empfand. Detailliert und mißtrauisch wurden die geringsten Unmutsäußerungen<br />
der Bauern und verdächtiges Auftauchen fremder Personen in entfernteren<br />
Teilen der Steiermark (wie im Gebiet <strong>von</strong> Judenburg, um Schladming und<br />
Eisenerz) festgestellt und nach Graz berichtet 127). Man war vorsichtig genug,<br />
angesichts des Aufstands auf das bäuerliche Aufgebot zu verzichten, statt dessen<br />
ließ man bewußt unter den Handwerkern der Städte Kriegsleute anwerben<br />
und machte sich damit die bestehenden Interessenunterschiede zwischen<br />
bäuerlicher und städtischer Bevölkerung zunutze 128). Als zur Zeit des Aufstandes<br />
der Abt <strong>von</strong> Stift Rein (bei Graz) mit einigen seiner Bauern in Streit geriet,<br />
mußte er sich <strong>von</strong> der landesfürstlichen Regierung das Verbot gefallen<br />
lassen, irgend etwas gegen die Untertanen zu unternehmen, was diesen Anlaß<br />
zum Aufstand geben könne129).<br />
Angesichts dieser <strong>von</strong> allen adeligen Beobachtern konstatierten explosiven<br />
politischen Lage im Lande überrascht es in), wenn wir deren Vermutungen<br />
über die Schuldfrage untersuchen. Nach der einhelli gen Meinung aller Berichte<br />
ist die ursächliche Schuld bei dem Mitlandmann Franz Tahy zu suchen,<br />
dessen „unmenschliche tractierung", dessen „grimkhädt" als alleiniger Grund<br />
für den Aufstand angesehen wurde: „Diser Aufruer ist gleichwol niements<br />
vorausgegangenen Bitte um Geld: „... ir gantzlich furnemen gewessen alle Obrichkeit<br />
und Edelleut ausszutilgen und umtzubringen und sich ainst der grossen anlagen<br />
tzu entladen." Adameek u. a., Nova gradja, I, S. 31.<br />
120) Hauptstaatsarchiv München. loc. cit., fol. 54 a.<br />
127)Ebenda, fol. 16 b, Krones, Beiträge, S. 31, Nr. 59.<br />
128)<br />
) Hauptstaatsarchiv München, loc. cit., fol. 40 b und weitere Belege bei Raeki,<br />
Gradja, S. 183 und 205.<br />
120) Vorgang nach dem Diplomatarium Runense, Bd. 4, S. 401 ausführlicher<br />
bei Schulze, Landesdefension und Staatsbildung, S. 193 f.<br />
130) Als Beleg für die vom Adel allgemein als außerordentlich gefährlich eingeschätzte<br />
Lage in den ersten Tagen des Aufstandes kann die Beurteilung des kaiserlichen<br />
Botschafters in Spanien, Hans Khevenhüller, herangezogen werden, der sich<br />
damals gerade in seiner Kärntner Heimat aufhielt. Er spricht in seinem „Geheimen<br />
Tagebuch 1548-1605", hg. <strong>von</strong> Georg Khevenhüller-Mets ch , Graz 1971, S. 75<br />
da<strong>von</strong>, daß „man sich dann zum höchsten eines gemain aufstand besorgt" und <strong>von</strong><br />
„der forcht, so bei jung und alten sich erhebt." Nach Meinung Khevenhüllers hatte<br />
„des Tahi Ferenz (Gott verzeih ihm sein sünd!) tiranei nicht wenig" den Aufstand<br />
verursacht.<br />
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