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Der Windische Bauernaufstand von 1573 - Historicum.net

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Winfried Schulze<br />

Klagen gegen ihre Obrigkeiten, etwa in der Reichskammergerichtsordnung,<br />

belegen diese Tendenz ex negativo.<br />

Bestimmt man so vorläufig die politische Bedeutung bäuerlicher Schichten<br />

im späten 16. Jahrhundert, so scheint damit auch ein Anhaltspunkt gegeben<br />

zu sein, um die Bauernaufstände, die nach dem Bauernkrieg in<br />

Deutschland zu verzeichnen sind, einzuordnen. Ihnen müßte dann stärkeres<br />

Gewicht beigemessen werden als nur regionalen Besonderheiten, die eigentlich<br />

gar nicht mehr in die Epoche der durch den Ausgang des Bauernkrieges<br />

domestizierten bäuerlichen Schichten passen. Vielmehr wäre die Frage zu<br />

stellen, ob in den Bauernaufständen des späten 16. Jahrhunderts nicht eher<br />

Aufstandsbewegungen zu sehen sind, die deshalb besondere Bedeutung verdienen,<br />

gerade weil sie in einer Zeit erfolgten, in der der Ausgang des<br />

Bauernkrieges in breiten bäuerlichen Schichten nur allzu bewußt war und<br />

in der über die Chancen einer meist lokal oder regional begrenzten Aufstandsbewegung<br />

keine Zweifel bestehen konnten. Ferner wäre die Frage zu<br />

stellen — und dies scheint mir für die österreichischen und kroatisch-slawonischen<br />

Verhältnisse des späten 16. Jahrhunderts wichtig zu sein — ob nicht<br />

in diesen regionalen Aufstandsbewegungen ein in einem bestimmten Sinne<br />

normales soziales Handeln zu sehen ist. Normal insofern nämlich, als in dem<br />

Herrschaftssystem der feudalen Territorialstaaten des späten 16. Jahrhunderts<br />

Bauernaufstände eine regulative Funktion für die Ausübung <strong>von</strong><br />

Herrschaft schlechthin darstellten. Das würde bedeuten, daß der Aufstand<br />

für die Bauern ein Mittel war, um — unabhängig <strong>von</strong> der Erfolgsaussicht —<br />

deutlich zu machen, daß eine bestimmte „Reizschwelle" in der Ausübung <strong>von</strong><br />

ökonomischer, rechtlicher oder persönlicher Herrschaft auf der lokalen oder<br />

territorialen Ebene erreicht wurde, die auf einem bestimmten Entwicklungsstand<br />

der Herrschaftsverhältnisse nicht mehr hingenommen werden kann.<br />

Für die andere Seite der Grundherren oder der Landesherrschaft würde<br />

diese Annahme bedeuten, daß sich Herrschaft über bäuerliche Schichten immer<br />

nur so weit intensivieren läßt, wie die erwähnte „Reizschwelle" nicht<br />

tangiert wird. Bäuerlicher Aufstand muß deshalb in dem Herrschaftssystem<br />

der vorwiegend agrarisch strukturierten Territorialstaaten, mit denen wir<br />

es in unserem Untersuchungsbereich vorwiegend zu tun haben, vor allem als<br />

Faktor angesehen werden, der die Möglichkeiten <strong>von</strong> Herrschaftsausübung<br />

und möglicher Intensivierung dieser Herrschaft im positiven wie negativen<br />

Sinne begrenzt. Diese Funktion scheint aber notwendig in einem Herrschaftssystem,<br />

das durch die Parallelität <strong>von</strong> ökonomischer und rechtlich-politischer<br />

Herrschaft und durch das weitgehende Fehlen <strong>von</strong> offiziellen Regulationsmechanismen<br />

zur Bestimmung des Ausmaßes dieser Herrschaft geprägt ist.<br />

Es liegt im Sinne dieser Argumentation, die mir nicht nur für den hier<br />

interessierenden Zeitraum wichtig zu sein scheint, daß man auch die Bauernaufstände<br />

des späten 16. Jahrhunderts als „normale" soziale Konflikte bezeichnen<br />

kann, bei denen es nicht darauf ankommen kann zu klären, warum<br />

sie überhaupt noch zu dieser Zeit ausbrechen, sondern vielmehr nach dem<br />

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