Der Windische Bauernaufstand von 1573 - Historicum.net
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Winfried Schulze<br />
len Reibungsverluste im feudalen System, die durch Aufstände verursacht<br />
wurden, durch eine Stärkung der Obrigkeit zu vermindern. Vor die Wahl gestellt,<br />
bei weitestgehender Autonomie des grundbesitzenden Adels durch sich<br />
ständig wiederholende Konflikte das gesamte System zu gefährden oder sich<br />
der natürlich damit wachsenden Bedeutung des Landesfürstentums unterzuordnen,<br />
zielen die Überlegungen eines erheblichen Teils des Adels auf diese<br />
Stärkung der Obrigkeit und auf ihre stabilisierende Funktion in möglichen<br />
sozialen Konflikten. <strong>Der</strong> Machtanspruch des absoluten Fürstentums konnte<br />
aus diesen Überlegungen des landständischen Adels langfristig seinen Nutzen<br />
ziehen.<br />
Die umfassenden Formen der Reaktion des ständischen Systems auf den<br />
Ausbruch des <strong>Bauernaufstand</strong>es, die wir bisher untersucht haben, haben die<br />
These bestätigt, daß diese Reaktionen eher Aussagekraft für den Grad der<br />
Stabilität dieses Systems haben als für die Rolle der Bauern im Aufstand<br />
selbst. Die Bestätigung dieser These fällt noch leichter, wenn man die Verhöre<br />
der gefangenen Bauern und Bauernführer sowie deren Diskussion in den<br />
Kreisen des Ständetums untersucht. Auch hier erscheint mir diese Quellengruppe<br />
wiederum für das politisch-soziale Bewußtsein des Ständetums aussagekräftiger<br />
als für die Untersuchung der Ziele der aufständischen Bauern.<br />
Unser Interesse an diesen Verhören basiert vor allem auf der Tatsache,<br />
daß die Verhöre keineswegs subalternen Beamten überlassen wurden, sondern<br />
nach vorher festgelegten Fragenkatalogen durchgeführt, in denen z. T.<br />
genau angegeben war, welche Fragen unter Zuhilfenahme der Folter gestellt<br />
werden sollten 137). So lassen sich aus der Vielzahl der vorliegenden Fragen<br />
vor allem zwei Gruppen herausheben: Einmal die Fragen, die auf den Schuldanteil<br />
einzelner Anführer, auf die Rekonstruktion des Verlaufs und bestimmte<br />
Details der Ereignisse zielen. Daneben läßt sich eine Gruppe <strong>von</strong> Fragen ausmachen,<br />
die vor allem darauf abzielen, die angestrebten und erreichten Verbindungen<br />
der Bauern zu den anderen sozialen Gruppen des Landes zu untersuchen.<br />
So empfiehlt der Freiherr <strong>von</strong> Thurn in seinem Fragenkatalog folgende<br />
Fragen:<br />
„Ob Sy ettwan durch ainichen herrn vom Adl oder andern zu diesem mit<br />
vertrösstung, hilff, rhat und that vermant und aufgewiglt sein worden? ...<br />
Was, Wölchermassen und an Was ort Sy vertrösstungen aus disem Landt <strong>von</strong><br />
burger oder Paurschafft gehobt? ... Ob die Statt Rain In Irer Pindtnuss gewesst?"<br />
Auch die für die Bauern bedeutsame Verbindung zu den Uskoken<br />
wird in den Verhören besonders berührt: „Ob nit mer Ussgokhen, wo nachends<br />
bey den Pündischen Pauern anrainen, auch In dem Pündtnuss wären?"<br />
Auch die Fragen für den Hauptmann Michael Gossetitsch zielen in die erwähnte<br />
Richtung: „Ob sy die Obrigkeiten und Edlleutt vertriben haben wellen<br />
oder ein neues Regiment anrichten? ... Warumb sy die Meut, Tocz und<br />
Aufschlog wollen obthuen? ... Welche herrn und Edlleutt sy die aufruerer<br />
gern und eignes willens in Iro heüsser eingelossen haben? Item weliche Inen<br />
137) Vgl. Adameek u. a., Nova grada, I, S. 32 und als Beispiel für einen solchen<br />
Fragenkatalog RaCki, Gradja, S. 297 ff.<br />
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