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Nachhaltigkeitsreporting

Nachhaltigkeitsbericht, erweiterter Lagebericht, Klimareporting, Berichte zu menschenrechtliche Sorgfaltspflichten, Diversitätsbericht, Transparenzbericht, usw. - der Gesetzgeber schärft an allen Ecken nach. Damit kommt einiges in Sachen Nachhaltigkeits-Reporting auf Unternehmen zu. In unserem neuen UmweltDialog Themenheft liefern wir auf 88 Seiten Überblick, Best Practices und Tipps.

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Reporting<br />

werden – dann ist da nichts. Da braucht<br />

sich niemand zu wundern, wenn die<br />

Mitarbeitermotivation und am Ende<br />

auch die Überzeugungskraft gegenüber<br />

dem Kunden nicht da sind. Insofern<br />

führt diese reine Erfolgs- oder auch<br />

Fortschritts-Kommunikation tatsächlich<br />

nirgendwo hin. Die ist für die Selbstmotivation<br />

wichtig. Das wird – und das ist<br />

meine Kritik an der Stelle – oft ein bisschen<br />

unterkomplex verhandelt und spiegelt<br />

sich dann in den Berichten an der<br />

einen oder anderen Stelle wider.<br />

Was auch in vielen Berichten nicht angesprochen<br />

wird, sind Misserfolge. Wobei<br />

auch die ja in jedem Unternehmen dazu<br />

gehören. Häufig liegt das daran, dass<br />

Misserfolge – seien es Probleme in der<br />

Lieferkette, beim Thema Compliance, Korruption<br />

oder anderen Bereichen – leicht<br />

zu einer Art von Shitstorm führen können.<br />

Wie kann man sich in einem Nachhaltigkeitsbericht<br />

ehrlich machen, ohne in diese<br />

Falle zu tappen?<br />

Es kommt immer darauf an, ob wir über<br />

rechtliche Fallen sprechen, die man sehr<br />

ernst nehmen muss – da hört der Spaß<br />

sehr schnell auf – oder ob das eher die<br />

typische Shitstorm-Perspektivfalle ist,<br />

bei der man ein Thema möglicherweise<br />

ein bisschen anders sehen oder interpretieren<br />

kann. Ich glaube, dass die Angst<br />

vor Shitstorms enorm übertrieben ist.<br />

Nicht zuletzt, weil heutzutage alles zum<br />

Teil doch erstaunlich schnell versandet.<br />

Der andere Punkt ist, dass vieles in der<br />

Kommunikation deshalb schiefläuft,<br />

weil schon an der ersten Kreuzung der<br />

falsche Weg gewählt wurde. Wenn ich<br />

ein bisschen ausholen darf: In dem Begriff<br />

Storytelling stecken zwei wichtige<br />

Gedanken. Der eine ist, dass wir eine<br />

Story brauchen – wir kennen das von<br />

Joseph Campbells Heldenreise. Und so<br />

ein Held, der steht auch mal vor Problemen,<br />

der scheitert auch mal, der fällt<br />

hin und steht wieder auf. Das gehört zu<br />

einer guten Dramaturgie dazu. Marken<br />

und Unternehmen sind am Ende in der<br />

Wahrnehmung auch nur Menschen. Wir<br />

brauchen Persönlichkeiten, wir brauchen<br />

Nahbarkeit. Wir brauchen aber<br />

auch eine gewisse Fähigkeit, Spannung<br />

loszuwerden und Entspannung in so<br />

einem Prozess zu haben. Insofern halte<br />

ich es aus inhaltlicher Sicht für extrem<br />

wichtig, bewusst mit dem Scheitern umzugehen.<br />

Das ist auch für den Dialog nach innen,<br />

in Richtung Mitarbeiter wichtig. Die<br />

Mitarbeiter sind ja nicht doof, sie sind ja<br />

dabei. Man kann denen nicht erzählen:<br />

„Ach übrigens, bei uns war alles super“,<br />

und die sagen: „Ist ja komisch, ich hatte<br />

das Gefühl, es lief nicht so gut“. Es wird<br />

ohnehin gern von Kommunikatoren unterschätzt,<br />

wie viele wichtige Entscheidungen<br />

in der informellen Kommunikation<br />

getroffen werden. Zwei Drittel<br />

aller Entscheidungen laufen rein über<br />

informelle Kommunikation. Da kannst<br />

Du Reden halten, Leaflets ausgeben und<br />

Mitarbeitermagazine schreiben, bis der<br />

Arzt kommt – wenn in der Kantine einer<br />

erzählt: „Hast Du gehört, was der<br />

Vorstandsvorsitzende gestern gemacht<br />

hat?“, kannst Du alle Berichte wegschmeißen.<br />

Als Kommunikationsexperte<br />

im Haus musst Du deshalb diese Story<br />

kennen und wissen, woher sie kommt.<br />

Storytelling ist extrem wichtig. Es ist<br />

aber auch aus einer anderen Perspektive<br />

wichtig, und das ist ein Punkt, der<br />

mich immer wieder stört: Ich sehe so<br />

viele Unternehmen, die eine Story nicht<br />

aktiv erzählen, sondern der Nachhaltigkeitsstory<br />

nur zugucken. Sie versuchen,<br />

am Rand mitzuspielen oder reinzukommen.<br />

Sie erzählen nicht selber eine Story,<br />

sieie sind nicht im Fahrersitz. Das<br />

Thema wird von Anfang an auf der falschen<br />

Höhe angeflogen.<br />

Das würde ich gerne mit etwas verknüpfen,<br />

was wir vor einigen Minuten<br />

besprochen haben, nämlich mit dem<br />

Thema Digitalisierung oder Augmented<br />

Reality respektive KI. Vieles im Nachhaltigkeits-Reporting<br />

ist ja im Grunde ein<br />

Blick in den Rückspiegel. Wir gucken<br />

immer auf zurückliegende Berichtsjahre.<br />

Ein Blick nach vorne, also Foresight-Reporting<br />

oder auch Gegenwartsberichterstattung<br />

findet nicht oder nur kaum statt.<br />

Was ist in Zukunft möglich jenseits von<br />

Rückspiegel-Kommunikation?<br />

Ich bin ehrlich gesagt überrascht, dass<br />

da so wenig passiert. Ich habe schon vor<br />

vielen Jahren geglaubt, dass wir stärker<br />

in eine Art „Real Time“-basierte Kommunikation<br />

kommen werden. Das ist bei<br />

vielen Indikatoren, die wir messen, und<br />

mit den ERP-Systemen, die es heutzutage<br />

gibt, auch möglich. Ich glaube, darin<br />

liegt noch ein großes Potenzial. Wir können<br />

alles, was an Verbräuchen und sonstigen<br />

Leistungsdaten ist, live zeigen, das<br />

ist machbar!<br />

Nach dem Abschlussbericht des Sustainable-Finance-Beirats<br />

erwarte ich Impulse<br />

aus der Investorenwelt, weil diese die<br />

Zukunft kauft und verhandelt. Und das<br />

war ja auch eine der zentralen Forderungen<br />

des Beirats, wenn ich das richtig<br />

sehe, in der Kommunikation stärker in<br />

die Zukunft zu schauen.<br />

Was man bei GRI und vielen anderen Initiativen<br />

derzeit sieht, ist, dass wir viel<br />

stärker über Wirkung sprechen. Also<br />

nicht, was machst Du, sondern was tut<br />

es? Das ist ja auch eine naheliegende<br />

Frage, und sie gerät glücklicherweise<br />

immer mehr ins Zentrum, so schwer sie<br />

auch zu beantworten ist.<br />

Insofern glaube ich, dass wir in den<br />

nächsten Jahren noch einmal eine ganz<br />

entscheidende Entwicklung in der<br />

Nachhaltigkeitskommunikation sehen<br />

werden. Wir werden die technischen<br />

Möglichkeiten in der Echtzeit-Kommunikation<br />

mehr nutzen, und wir werden<br />

mehr über Zukunftsszenarien und über<br />

Wirkung sprechen.<br />

Vielen Dank für das Gespräch. f<br />

Prof. Dr. Riccardo Wagner<br />

war lange Jahre Journalist<br />

und Berater. Heute unterrichtet<br />

er an der Fresenius<br />

Hochschule Köln und leitet<br />

dort die Mediaschool.<br />

Ausgabe 15 | Mai 2021 | Umweltdialog.de<br />

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