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rik Juni / Juli 2021

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MUSIK<br />

NACHGEFRAGT<br />

OWEN<br />

FOTO: YUULA BENIVOLSKI<br />

PALLETT<br />

„Es ist so wichtig,<br />

mit Fremden zu<br />

reden“<br />

Es hat lange gedauert, bis Owen<br />

Palletts neustes Album „Island“<br />

erscheinen konnte – der Vorgänger „In<br />

Conflict“ stammt immerhin schon aus<br />

dem Jahr 2014. Woran es lag? Zum Großteil<br />

an ihm selbst.<br />

Der Kanadier, der seine ersten Schritte<br />

unter dem Namen Final Fantasy gemacht<br />

hat und mittlerweile für seine Arbeit mit<br />

Arcade Fire mit einem Grammy ausgezeichnet<br />

wurde, hat einfach viel zu tun.<br />

Ob Arrangements für Frank Ocean und<br />

Christine and The Queens, Taylor Swift<br />

oder die Pet Shop Boys oder die zahlreichen<br />

Aufträge für Filmmusik. Es dauerte<br />

einfach. „Dabei habe ich gar nicht hart<br />

an dem Album arbeiten müssen, es kam<br />

schnell zusammen. Sehr schnell. Es hat<br />

sich nur lange hingezogen aufgrund all der<br />

anderen Projekte.“ Selbst die Aufnahmen<br />

mit dem London Contemporary Orchestra<br />

in den Abbey Road Studios waren kein<br />

Drama. „Das war ein symbiotisches<br />

Verhältnis. Und es ist auch einfach meine<br />

Aufgabe als Arrangeur, so zu schreiben,<br />

dass man mich versteht.“<br />

Zu seiner eigenen Überraschung setzt<br />

Owen auf „Islands“ eine Geschichte fort,<br />

die er mit seinem Solodebüt „Heartland“<br />

2010 begonnen hat, und die von einem<br />

Mann namens Lewis und seinem Ringen<br />

mit einem Gott namens Owen handelt –<br />

und die am Ende des neuen Albums dazu<br />

führt, dass Lewis in den Weltraum gefickt<br />

wird („Lewis Gets Fucked Into Space“<br />

heißt dieses Lied dann auch bestechend<br />

direkt). Erst als Owen mit dem Album<br />

fast durch war, spürte er, wie gut er mit<br />

diesen dunklen, intensiven Liedern Lewis’<br />

Story fortsetzen konnte. „Ich hatte die<br />

meisten Lyrics fertig, als mir auffiel, dass<br />

es Sinn ergibt, wenn die Songs in sein<br />

Narrativ eingepasst werden.“ Jetzt weiß<br />

Owen auch, dass es irgendwann ein drittes<br />

Album um diesen eigenartigen Charakter<br />

geben wird, selbst wenn es unsicher ist,<br />

wann es kommt. Bis dahin schwebt Lewis<br />

einfach weiter im Weltraum umher.<br />

Doch selbst so eine eigenartige Handlung<br />

wie diese hat es schwer, mit unserer<br />

Realität zu konkurrieren, denn es waren<br />

auch für Owen Pallett sehr eigenartige<br />

zwölf Monate. „Dabei hat sich mein<br />

Leben weniger als das Leben anderer<br />

Menschen geändert. Ich habe wie immer<br />

zu Hause gearbeitet, mein Studio ist ja<br />

auch hier. Irgendwo war es zwar schon<br />

enttäuschend, nicht auf Tour zu sein –<br />

andererseits war ich aber auch seit 2017<br />

nicht mehr unterwegs.“ Was Owen am<br />

meisten berührt, ist, wie sich die Pandemie<br />

auf seine Freunde, Familie und Liebhaber<br />

auswirkt: „Sie sind so gestresst, so einsam.“<br />

Owen selbst fehlt es vor allem, neue<br />

Menschen zu treffen. „Es ist so wichtig,<br />

mit Fremden zu reden, für dich, für dein<br />

Gehirn. Bei mir in Toronto begegne ich<br />

normalerweise immer neuen Leuten.“<br />

Inwieweit sich das alles auch auf ihn<br />

auswirkt, kann er kaum sagen, er weiß nur,<br />

dass er in diesen Monaten nichts Neues<br />

geschrieben hat, „ich fühlte mich nicht<br />

so. Aber ich habe Aufträge gesucht und<br />

viele gefunden.“ Doch vor allem hat er die<br />

Zeit genutzt, um an seinem Instrument<br />

zu üben, der Violine. „Ich bin richtig gut<br />

geworden!“, sagt er, obwohl er sie bereits<br />

seit dem dritten Lebensjahr spielt und<br />

am Anfang seiner Karriere gerade für sein<br />

Geigen berühmt wurde. Doch jetzt habe er<br />

ein ganz neues Niveau erreicht, berichtet<br />

er stolz. „Wenn ich wieder auf der Bühne<br />

bin, werde ich richtig spektakulär sein.<br />

Diese Wochen waren wie musikalische<br />

Push-ups für mich. Allerdings“, lacht er,<br />

„habe ich dafür keine echten gemacht.<br />

Ich bin in einer schlechteren körperlichen<br />

Verfassung als jemals zuvor in meinem<br />

Leben!“ Und er klingt dabei nicht, als würde<br />

ihm das Sorgen bereiten. *fis

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