rik Juni / Juli 2021
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MUSIK<br />
INTERVIEW<br />
JENDRIK:<br />
Auf einmal ist er da: Jend<strong>rik</strong> Sigwart,<br />
26 Jahre alt, Hamburger und von<br />
Beruf Musicaldarsteller, war ein komplett<br />
unbeschriebenes Blatt, als er im Februar<br />
von der zuständigen Jury zum deutschen<br />
Teilnehmer am diesjährigen Eurovision<br />
Song Contest am 22. Mai in Rotterdam<br />
auserkoren wurde. Sein federleicht<br />
klingender Popsong „I Don’t Feel Hate“<br />
geht ohne Umwege in die Ohren, hat eine<br />
sinnvolle Botschaft und eine Ukulele. Aber<br />
wer ist dieser Typ überhaupt? Am Telefon<br />
erlebten wir einen aufgeweckten, quirligen<br />
und komplett sympathischen Jend<strong>rik</strong>.<br />
Der Name Jend<strong>rik</strong> ist ziemlich<br />
ungewöhnlich. Gibt es dazu eine<br />
Geschichte?<br />
Es ist einfach so, dass meine Eltern Namen<br />
mögen, die ein bisschen besonders sind.<br />
Oder sie haben herkömmlichere Namen<br />
genommen und einfach einen Buchstaben<br />
ausgetauscht. So wie bei mir. Oder bei<br />
meinem älteren Bruder Marten. Tatsächlich<br />
habe ich in meinem gesamten Leben<br />
bisher nur einen einzigen anderen Jend<strong>rik</strong><br />
kennengelernt.<br />
Wie viele Geschwister hast du?<br />
Vier. Die fiebern jetzt natürlich alle mit<br />
mir mit. Aber ich bin definitiv der einzige<br />
richtige Mega-ESC-Fan in der Familie.<br />
Wie sehr bestimmt die Teilnahme am<br />
Eurovision Song Contest momentan<br />
dein Leben?<br />
Tatsächlich ist mein Leben aktuell noch<br />
recht entspannt. Vorhin hatte ich sogar<br />
noch Zeit zum Playstation-Spielen.<br />
Was hast du gespielt?<br />
„Dead by Daylight“. Das ist ein Horrorspiel,<br />
das man online mit mehreren Leuten spielt.<br />
So eine Art virtuelles Versteckspiel. Mir<br />
macht das sehr viel Spaß, obwohl ich mir<br />
Horrorfilme absolut nicht angucken kann.<br />
Warum das nicht?<br />
Weil ich vor ihnen Angst habe. (lacht) Ich<br />
bin sehr schreckhaft, und einmal musste<br />
ich während eines Gruselfilms im Kino laut<br />
schreien. Ich konnte es nicht unterdrücken<br />
und habe mich ein bisschen geschämt.<br />
Obwohl du keine Horrorfilme guckst,<br />
hast du dir also doch einen angeschaut.<br />
Zwei Freunde und ich. Wir sind immer zu<br />
einer ganz bestimmten Uhrzeit ins Kino<br />
gegangen und haben dann grundsätzlich<br />
den Film ausgesucht, der als Nächstes lief.<br />
Warst du beliebt in der Schule?<br />
Innerhalb unserer Klasse war ich einer von<br />
den „coolen“ Kids, aber nach außen galten<br />
wir komplett als die Loser- und Opferklasse.<br />
Also ja und nein. Ich selbst war auch beides:<br />
der Mobber und der Gemobbte.<br />
Die Aussage deines ESC-Songs ist ja,<br />
dass du auf Hass nicht mit Gegenhass,<br />
sondern mit Gelassenheit und<br />
Mitleid reagierst. Erinnerst du dich,<br />
wann und warum du dieses Lied<br />
geschrieben hast?<br />
Als wäre es gestern gewesen! Das war im<br />
Frühsommer 2019, nachdem mich eine<br />
andere Person respektlos und von oben<br />
herab behandelt hat. Ich dachte „Was<br />
bist du für ein übler Mensch“, aber dann<br />
beschloss ich, eben nicht aggressiv auf<br />
diesen Angriff zu reagieren. Denn dadurch<br />
lernt die oder der andere nichts. Stattdessen<br />
habe ich der Person ganz ruhig gesagt,<br />
dass ich ihr Verhalten respektlos finde.<br />
Daraus ist dieser Song entstanden.<br />
Funktioniert dieses Konzept?<br />
Sehr häufig ja. Wobei es, grob gesagt, zwei<br />
Arten von Anfeindungen gibt: Auf oberflächliche<br />
Sprüche wie „Deine Frisur finde<br />
ich scheiße“ reagiere ich überhaupt nicht.<br />
So was ist mir echt egal, denn ich mag<br />
meine Frisur ja. Bei wirklich diskriminierenden<br />
Beleidigungen, bei Homophobie oder<br />
Rassismus sollte man aber etwas sagen.<br />
Man sollte dem anderen klarmachen, dass<br />
das, was er sagt, absolut falsch ist. Diesen<br />
Weg versuche ich in dem Song aufzuzeigen.<br />
Auf eine sehr unterhaltsame Weise.<br />
Klar. Ich habe „I Don’t Feel Hate“ ja auch<br />
geschrieben, um gute Laune zu verbreiten<br />
und negative Gefühle in etwas Positives zu<br />
verwandeln.<br />
Hast du persönlich Erfahrungen mit<br />
Diskriminierung gemacht?<br />
Natürlich. In letzter Zeit vor allem online.<br />
Kommentare wie „Du Schwuchtel“ gibt es<br />
immer wieder. Ich reagiere sachlich darauf<br />
und antworte: „Das verletzt mich.“<br />
*Interview: Steffen Rüth<br />
Das ganze Interview findet ihr auf<br />
männer.media. Mehr Features dieser Art<br />
gibt es auf Instagram/blumediengruppe.