SPORTaktiv Outdoorguide 2021
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Im Skitourengehen spricht man von<br />
„Modetouren“, auf denen sich an<br />
schönen Tagen oft Massen tummeln,<br />
während man nur zwei Gipfel<br />
weiter allein ist. Im Sommer zeigt sich<br />
ein ähnliches Bild: Wer auf beliebten<br />
Wanderungen unterwegs ist oder sich<br />
einen klingenden Namen als Gipfelziel<br />
aussucht, könnte den Eindruck gewinnen,<br />
dass es die sprichwörtliche Bergeinsamkeit<br />
nur noch auf schönen Bildern<br />
zu finden gibt.<br />
Das ist aber nicht so. Matthias Pilz ist<br />
bei den Naturfreunden Österreich für<br />
die Wanderwegeverwaltung zuständig<br />
und er kann auch von ganz und gar<br />
nicht überlaufenen Pfaden berichten.<br />
Ganz im Gegenteil sogar: von Wegen,<br />
die zuwuchern, weil sie so selten begangen<br />
werden. „Oft haben wir Diskussionen,<br />
ob es sich denn noch lohnt, manche<br />
Wegemarkierung überhaupt noch<br />
einmal anzubringen“, erzählt Pilz. „Wobei<br />
die alpinen Vereine versuchen, das<br />
gesamte Wegenetz stets bestens in<br />
Schuss zu halten.“ Man könnte nun<br />
einwenden, dass es in den Bergen eben<br />
nicht überall gleich schön ist und die<br />
VIELE HOTSPOTS IN<br />
DEN BERGEN HABEN<br />
MIT DER SPRICHWÖRT-<br />
LICHEN BERGEINSAM-<br />
KEIT NUR MEHR WENIG<br />
ZU TUN. DOCH WER<br />
SUCHT UND ETWAS<br />
MÜHE NICHT SCHEUT,<br />
FINDET AUCH HEUTE<br />
NOCH JEDE MENGE<br />
EINSAME WEGE UND<br />
STILLE GIPFEL. DER<br />
BESTE WEG SIE ZU<br />
FINDEN HEISST:<br />
„KOMPETENZERWERB“.<br />
VON CHRISTOF DOMENIG<br />
besonders attraktiven Wege und Gipfel<br />
eben entsprechend beliebt sind. Aber<br />
auch das stimmt nur zum Teil. Es gibt<br />
sie, die einsamen Traumplatzerl. Insider,<br />
die solche kennen, werden sich hüten,<br />
sie jedem X-Beliebigen zu verraten.<br />
Aber man kann sie auch suchen, muss<br />
dabei mitunter nur etwas den Blickwinkel<br />
verändern – und bereit sein, etwas<br />
Mehraufwand in Kauf zu nehmen.<br />
Matthias Pilz ist sich auch sicher, dass<br />
viele Bergsportler, vor allem solche mit<br />
wenig Erfahrung, die Stille und den<br />
Abstand von den Mitmenschen dem<br />
„Rummel“ gar nicht vorziehen würden.<br />
„Denn schließlich gibt es nicht nur ein<br />
Sicherheitsgefühl, sondern auch objektiv<br />
ein Sicherheitspolster, dort zu gehen,<br />
wo auch viele andere unterwegs<br />
sind.“<br />
Zumindest beim Wandern gilt das.<br />
Auf Klettersteigen schaut die Lage etwas<br />
anders aus, viel Betrieb erhöht dort<br />
etwa die Steinschlaggefahr. Aber die<br />
Tendenz stimmt schon: Wer Einsamkeit<br />
will, muss sich besser auskennen,<br />
besser planen und orientieren können.<br />
Man muss bereit sein, Eingenverantwortung<br />
zu übernehmen. Doch wer<br />
dazu bereit ist, für den liegt die Bergeinsamkeit<br />
oft näher, als man denkt.<br />
„Anders“ suchen<br />
Es hilft zum Beispiel schon, etwas anders<br />
zu suchen, sagt Pilz. Viele Touren werden<br />
heute im Internet gesucht und gefunden<br />
– und da liegt auch die Chance:<br />
„In Tourenportalen werden Suchergebnisse<br />
nach ‚Attraktivität‘ sortiert. Wie<br />
aber kommt diese Attraktivität zustande?<br />
Als attraktiv wird betrachtet, was oft<br />
konsumiert und oft bewertet wurde.“<br />
Die überwiegende Mehrheit der User<br />
hält sich an die ersten Suchergebnisse,<br />
was diese Touren wiederum für den Algorithmus<br />
noch einmal attraktiver<br />
macht – ein sich selbst verstärkendes<br />
System sozusagen. „Wenn ich also<br />
bewusst eine Tour aussuche, die ein<br />
<strong>SPORTaktiv</strong><br />
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