der-Bergische-Unternehmer_0621_Nonprint
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Stahlhändler zu Beginn des Jahres ihre Lager
aufgefüllt in der Annahme, dass es in den nächsten
Monaten zur Problemen kommen wird.
Welche Auswirkungen sind kurz- bis mittelfristig
zu befürchten?
Von der Kurzarbeit über die Absage von Kundenaufträgen
bis zum kompletten Baustopp ist alles
denkbar.
Gibt es aus Ihrer Sicht Lösungen, um gegenzusteuern?
Wir im Handwerk können den Handel auf dem
Weltmarkt nicht unterbinden. Es ist völlig normal,
dass Produkte an den Meistbietenden verkauft
werden. Hier müssten politisch auf höherer Ebene
Regularien geschaffen werden,
Was raten Sie Ihren Kollegen aktuell?
Beim Abschluss neuer Bauverträge das Risiko für
Preissteigerungen während der Bauzeit und der
Fertigstellungstermine auszuschließen.
Kann die Kammer helfen?
Die Handwerkskammern kennen die Probleme
und vertreten uns auf politischer Ebene. Hier werden
unsere Belane vorgetragen und den Verantwortlichen
in Bund, Ländern und Kommunen
verständlich gemacht. Ohne diese Unterstützung
würde unsere Stimme nicht wahrgenommen.
Ist es möglich, auf andere Baustoffe auszuweichen?
Eventuell, wenn noch genügend Zeit bleibt, um
neu zu planen. Unterseitige Dämmungen können
beispielsweise mit Glasschaumschotter ausgeführt
werden. Allerdings ist das Thema alternative
Baustoffe sehr komplex und kann an dieser
Stelle nicht mit ein paar Worten hinreichend beantwortet
werden.
Auf jeden Fall muss stets der Zusammenhang
mit der jeweiligen Baumaßnahme gesehen werden,
wobei auch die Lage des Objekts eine Rolle
spielt.
Sollte die heimische Rohstoff-Industrie aufgrund
der aktuellen Erfahrungen gestärkt werden
und mehr Unterstützung bei der Politik
finden?
Grundsätzlich ja. Das würde uns zurzeit aber
auch nicht helfen. Uns fehlen einfach die Grundbaustoffe.
Der bestehende Bedarf wird schon lange
nicht mehr durch die heimische Rohstoff-Industrie
gedeckt. Abgesehen davon ist der Abbau
von Bürokratie für das Handwerk natürlich immer
zu begrüßen.
überraschend wieder an Fahrt gewonnen hat,
schaffen es zahlreiche Firmen nicht, ihre Fertigung
bedarfsgerecht und schnell wieder auf volle
Leistung zu bringen. Damit wächst der Nachfragestau,
dem lediglich ein begrenztes Angebot gegenüber
steht. Aber nicht allein hierzulande kam
es zu Produktionsausfällen. So beispielweise auch
in Süd Korea, wo im vergangenen Jahr nach dem
Ausbruch von Corona sozusagen über Nacht Fabriken
geschlossen wurden. Eine Entscheidung, die
unter anderem die Herstellung von international
gefragten Halbleitern zum Erliegen brachte.
Weitere Ereignisse verschärfen die sowieso schon
prekäre Situation erheblich. Dazu gehört die Blockade
des Suezkanals mit seinen für die Containerschifffahrt
wichtigen Transportwegen. Ebenso
trägt der Brexit Großbritanniens aus der EU aufgrund
erschwerter Zollformalitäten dazu bei, den
Warenverkehr zu verlangsamen und zu verteuern.
Die Hütte brennt
Derweil spitzt sich die Lage im Handwerk zu.
Trotz voller Auftragsbücher können immer mehr
Betriebe die Arbeit auf ihren Baustellen nicht
planmäßig fortsetzen, weil das Material zum Weitermachen
fehlt. Zur Untätigkeit gezwungen, brechen
die Umsätze ein – die Mitarbeiter werden
zwischenzeitlich in Kurzarbeit geparkt. Ein unhaltbarer
Zustand, der ohne Aussicht auf eine
schnelle Änderung einen großen gesamtwirtschaftlichen
Schaden anrichten würde.
Andreas Ehlert, Präsident der Handwerkskammer
Düsseldorf, findet entsprechend dramatische
Worte: „Es ist ein absolutes Brandthema. Der Materialengpass
am Bau könnte sich zu einem echten
Hemmschuh für eine rasche konjunkturelle Erholung
der gewerblichen Wirtschaft nach Ende der
Pandemie auswachsen.“
Text: Brigitte Waldens
Fotos: Shutterstock,
privat
der Bergische Unternehmer 06|21 33