Paralympic News 1/21
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Wie schwierig war es, die Rahmenbedingungen<br />
zu schaffen, damit sich die österreichischen<br />
Athletinnen und Athleten voll<br />
auf den Sport konzentrieren können?<br />
PH: Da ist es uns zunächst wichtig, unseren<br />
Athletinnen und Athleten jene Möglichkeiten<br />
zu bieten, die auch das Österreichische Olympische<br />
Comité seinen Sportlerinnen und<br />
Sportlern bietet. Darum ist es auch relevant,<br />
die gleiche Einkleidung zu haben, die wir seit<br />
2004 in Schritten erreicht haben, bis hin zur<br />
Wettkampfkleidung. Bei uns ist auch die Logistik<br />
ein wesentlicher Faktor. Unser Sponsor<br />
DB Schenker sorgt dafür, dass alles, was benötigt<br />
wird, wie extra Rollstühle für die Sportarten,<br />
parat steht. Die Rahmen bedingungen<br />
sind sehr breit gefächert, vieles musste immer<br />
wieder von vorn begonnen werden. Aber<br />
jetzt folgt nur noch der Feinschliff, dann kann<br />
es losgehen.<br />
Mit dem Bundesheer ist zuletzt ein Meilenstein<br />
für den Behindertenleistungssport<br />
gelungen. Was bedeuten die jüngst vorgestellten<br />
Änderungen konkret für die<br />
Sportlerinnen und Sportler?<br />
MRK: Es bedeutet, dass praktisch die vollständige<br />
Gleichstellung mit den nichtbehinderten<br />
Athletinnen und Athleten gelungen ist.<br />
Unsere Sportlerinnen und Sportler werden<br />
in der Karriere nach dem Sport die gleichen<br />
Möglichkeiten haben, sie können weiter im<br />
Ministerium beschäftigt werden und wählen,<br />
ob sie im Verwaltungsdienst oder Militärdienst<br />
bleiben. Über 40 haben sie alle Möglichkeiten<br />
des Verwaltungsdienstes. Das ist tatsächlich eine<br />
Gleichstellung. Sie haben auch eine Uniform wie alle<br />
anderen, nicht nur eine Ausgehuniform wie bisher. Es war ja<br />
schon schwierig, die paralympischen Athletinnen und Athleten<br />
überhaupt in den Heeressport zu bringen, das hat jahrelanger<br />
Bemühungen bedurft. Aber letztendlich sehen wir,<br />
dass es geglückt ist.<br />
PH: Wichtig ist auch dieses Sichtbarmachen über die Uniform<br />
als Sensibilisierungsmaßnahme für den paralympischen<br />
Sport. Bilder sagen mehr als tausend Worte, daher<br />
ist diese Gleichbehandlung jetzt auch erkennbar geworden.<br />
Fotos: Thomas Polzer<br />
Beim Interview vor den Spielen 2016 in Rio nannten Sie<br />
beide die Gleichstellung als oberstes Ziel. Wie viel hat<br />
sich daran generell seitdem geändert?<br />
MRK: Wenn wir Glück haben, gelingt uns auch noch die<br />
Gleichstellung bei den Medaillenprämien. Das ist unser großes<br />
Ziel und in Arbeit. Das war das Ziel für 2020. Ansonsten<br />
waren wir ohnehin schon sehr weit, abgesehen von den Medaillenprämien<br />
fehlt uns eigentlich nur die Medienberichterstattung.<br />
Die ORF-Berichterstattung ist hier ganz wichtig<br />
und auch die Wahrnehmung in den Printmedien und online.<br />
Wir werden sehen, ob wir da auch die gleiche Aufmerksamkeit<br />
bekommen wie die Olympiateilnehmer.<br />
PH: Es ist jedes Mal etwas mehr, aber noch nicht genug. Das<br />
ist unser letzter Meilenstein. Was uns auch wichtig ist, ist die<br />
Bezeichnung „Olympische und Paralympische Spiele“. Tokyo<br />
hat sich hier ausgezeichnet, auch was die Präsenz der beiden<br />
Logos nebeneinander betrifft. In Österreich ist das noch nicht<br />
so angekommen. Es wären nur zwei Wörter mehr. Worte<br />
helfen auch bei der Gleichbehandlung.<br />
Was die Medienberichterstattung betrifft, haben wir uns<br />
für Tokyo viel vorgenommen. Wir haben eine Pressereise<br />
organisiert, es wird vier Medienvertreterinnen und -vertreter<br />
von den großen österreichischen Printmedien vor Ort geben.<br />
Wir werden auch viel an Information über unsere Webseite<br />
und die sozialen Medien transportieren, dass man alles sehr<br />
leicht abrufen kann, und so auch den Medien zuarbeiten.<br />
Ganz kurz: Wie ist der Stand im laufenden Inklusionsprozess?<br />
MRK: Da sind wir ganz gut weitergekommen. Von den<br />
paralympischen Sportarten fehlen noch Schwimmen und<br />
Leichtathletik, um sie in die Fachverbände zu inklu dieren.<br />
PH: Das Internationale Paralympische Komitee hat ja sich<br />
und seinen Mitgliedern eine Frist bis 2026 gesetzt, bis dahin<br />
sollen alle Sommer- und Wintersportarten im IPC inkludiert<br />
sein. Daran wird gearbeitet. Aber es ist auch wichtig, dass<br />
sie nicht nur inkludiert werden, sondern dass auch bestmöglich<br />
inkludiert wird.<br />
Ein wichtiges Anliegen des ÖPC ist die Frauen- und<br />
Nachwuchsförderung. Im „Team für Tokyo“ stehen die<br />
18-jährige Janina Falk oder die <strong>21</strong>-jährige Valentina<br />
Strobl vor ihrer Premiere bei <strong>Paralympic</strong>s. Ein Zeichen,<br />
dass die Richtung stimmt?<br />
MRK: Na ja, das ist noch zu verbessern. Was die Jugend<br />
betrifft, ist es so, dass der Großteil unserer Athletinnen<br />
und Athleten aus dem Sport kommt<br />
und nach einem Unfall paralympisch<br />
weitermacht. Nur ein kleiner Teil waren<br />
bisher Sportlerinnen und Sportler,<br />
die seit ihrer Kindheit behindert<br />
sind. Wir haben uns vorgenommen,<br />
das zu verbessern, und erstmals vor<br />
zwei Jahren die Talent Days veranstaltet,<br />
wo wir Jugendliche mit und<br />
ohne Behinderung eingeladen haben,<br />
Sportarten auszuprobieren. Da sind<br />
uns schon zwei, drei wirklich begabte<br />
Nachwuchs athletinnen und -athleten<br />
auf gefallen, von denen wir hoffen,<br />
dass sie dranbleiben.<br />
Was die Frauenquote anbelangt,<br />
gilt wie überall auch hier die Doppelund<br />
Dreifachbelastung für Frauen.<br />
Wenn man einen Unfall hat, ist es<br />
schwierig genug, sich zurück in ein<br />
halbwegs normales Leben zu kämpfen. Wenn eine Frau<br />
Familie oder Kinder hat, bleibt noch weniger Zeit für Sport<br />
als sonst. Das macht es bei der Frauenquote schwer.<br />
PH: Wir sind bei 25 Prozent Frauen, das ist ja schon einmal<br />
mehr, als wir jemals zuvor hatten. Es sind kleine Schritte,<br />
aber dennoch sind Schritte nach vorn erkennbar. Ziel ist es,<br />
Frauen auch entsprechend im Leistungssport zu unterstützen<br />
und sie darin zu bestätigen, dass sie ihre Sache gut machen.<br />
Das beliebte Österreich-Haus wird es in Tokyo in virtueller<br />
Form geben. Was kann man davon erwarten?<br />
MRK: Das bietet auch Chancen. Die Athletinnen und Athleten<br />
können zwar nicht wie gewohnt ihre Fans und ihre<br />
Familie im Österreich-Haus treffen und wir können sie dort<br />
leider auch nicht feiern, weil sie das Paralympische Dorf ja<br />
ÖPC-news 47