flip-Joker_2021-09
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Film KULTUR JOKER 21
Begehren jenseits der Norm
Das Luststreifen Film Festival Basel nimmt den Film als Experimentierfeld sinnlicher, bunter, kreativer Lebensentwürfe
Nachdem das Luststreifen Film
Festival Basel im letzten Jahr coronabedingt
kürzer treten musste,
gibt es dieses Jahr zur 14. Ausgabe
eine würdige Wiederkehr. Mit
dem kulturpolitischen Auftrag,
Diskussionen und Diversität zu
fördern, bietet das Festival ein
Programm bunter, queerer, sinnlicher,
außergewöhnlicher Filme.
Vom 30. September bis 3. Oktober
wird Basel zur Spielstätte filmischer
Beiträge aus aller Welt –
und zur Begegnungsstätte jenseits
einengender Normen.
Geteilt ist das Filmprogramm
auch dieses Jahr in „Shorts“
und Langfilme. Herzstück der
„Shorts“ ist ein Wettbewerb mit
drei Kategorien: fiktionale Kurzfilme,
dokumentarische Kurzfilme
und pornografische Kurzfilme.
Die Anzahl der Einreichungen für
pornografische Kurzfilme brachte
das Luststreifen-Team dieses Jahr
dazu, zwei Terminblöcke für dieses
beliebte Format einzurichten.
„Pornografisch“ bedeutet dabei
global mit Produktionen aus der
Schweiz, Kosovo, Deutschland,
Brasilien, Spanien, USA, Russland.
Darunter sind auch Länder,
in denen aus verschiedenen, oft
gesellschaftlichen Gründen selten
queer-feministische Filme entstehen.
Entsprechend viel Sprengkraft
haben solche Äußerungen
aus Ländern wie Ägypten, Libanon
und Burkina Faso. Dass das
Luststreifen Film Festival immer
wieder und im Grunde stets auch
politisch ist, bedarf eigentlich keiner
Erwähnung. Dennoch ist es
wichtig, auf Filme aufmerksam zu
machen, die sich oft übersehenen
Themen widmen, die durchaus
auch ins Spezifische reichen.
In der Schweizer Premiere von
„Girls Can‘t Surf“ wird das Publikum
etwa mit dem Sexismus
im Surfsport konfrontiert. Wie
Sexwork und Mutterschaft zusammengehen
oder auch Widersprüche
zueinander bilden, zeigt
„Garderie Nocturne“. Zunächst
nicht dezidiert politisch, dafür ein
"Girls Can't Surf" von Christopher Nelius, Dokumentarfilm
Fotos: promo
gangenheit stellen muss und auf
schmerzhafte Schuldgefühle wie
Sehnsucht trifft, zeigt die besondere
Verschränkung des Privaten
wie Politischen, wie sie noch einige
weitere Male bei diesem Festival
verhandelt wird.
Eröffnet wird das Programm
des diesjährigen Luststreifen Film
Festivals mit einem besonderen,
pikant als „Heidilicious“ benannten
Kurzfilmprogramm. Gezeigt
werden Schweizer Kurzfilme zu
queer-feministischen Themen. Die
Vielfalt der Filme spricht für sich:
von Animations- über Dokumentar-
bis hin zu Experimentalfilmen
ist alles dabei, wobei manches davon
auch über den Röstigraben
hinausreicht. Zu sehen werden
bei der Eröffnung auch Filme von
lokalen Filmschaffenden sein,
darunter der Gewinnerfilm des
Basler Filmpreises 2020 „Being
Sascha“ von Manuel Gübeli. Gübeli
wird bei der Vorführung anwesend
sein. Überhaupt wird das
Luststreifen Film Festival wieder
genügend Raum für Begegnung
mit unterschiedlichen Filmschaffenden
bieten.
Nicht nur enthält das Eröffnungsprogramm
einen feierlichen
Auftakt – das ganze Festival wird
durch ein vielseitiges Rahmenprogramm
ergänzt, das verschiedene
Formen der Begegnung ermöglicht.
Ein bloßes gemeinsames
Sitzen vor der Leinwand wird es
auch dieses Mal nicht geben, vielmehr
ein bunter Raum erlebter
Gemeinschaft, wie er aus der
queer-feministischen Szene im
Dreiländereck nicht mehr wegzudenken
ist.
Weitere Infos und Tickets: www.
luststreifen.com
Fabian Lutz
„Miguel's War" von Eliane Raheb (Berlinale Teddy Award 2021)
nicht nur Lusterfüllung, sondern
auch die originelle wie sinnliche
Entdeckung eigener und zunächst
fremder Körper in besonderen
Situationen. Wer die früheren
Ausgaben des Festivals besucht
hat, erinnert sich an innovative,
spielerische Konzepte jenseits der
oft fragwürdigen Körperdarstellung
der Mainstream-Pornografie.
Deutlich wird, dass dem Festival
daran liegt, lustvoll zu konfrontieren,
Grenzen und Normen herauszufordern
und Diskussionen
zu fördern. Zum Abschluss des
Festivals am 3. Oktober vergibt
eine Fachjury die „Lust*Awards“
in den jeweiligen Kategorien.
Größere Einblicke in queerfeministische
Perspektiven bietet
das umfassende Langfilmprogramm
mit 12 Langfilmen, darunter
sechs fiktionale und sechs
dokumentarische Werke. Das Programm
zeigt sich international,
audiovisueller Genuss ist „Vento
Seco“. Der Film setzt schwule
Liebe und Fetische in eine vibrierende
Musikvideoästhetik. Ganz
anders die Dokumentation „Sedimentos“,
die eine Gruppe von
trans*-Frauen auf einem Roadtrip
begleitet. „Glück“ führt zum
Thema der Sexarbeit zurück und
verhandelt die lesbische Liebe in
einem Bordell.
Auch regionale Premieren gefeierter
Filme bietet das Luststreifen
Film Festival, etwa mit dem
Film „Hive“ von Blerta Basholli.
Filmfans dürfen sich auf ein renommiertes
Werk freuen: „Hive“
holte beim diesjährigen Sundance
Film Festival ganze drei Preise.
Den begehrten Teddy Award auf
der diesjährigen Berlinale konnte
„Miguel‘s War“ von Eliane Raheb
gewinnen. Auch dieser Film
über einen schwulen Mann, der
sich seiner krisengeprägten Ver-