Hochgefühle 03 2021
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HOCHGEFÜHLE – DAS MAGAZIN DES KLAGENFURTER ALPENVEREINS Seite 19<br />
© shutterstock.com<br />
Im Schatten des Großen<br />
Unterwegs am<br />
kleineren Bruder<br />
des Hochobir<br />
Er führte lange Jahre ein Dornröschendasein, Corona hat ihm jetzt wohl<br />
vermehrten Zuspruch beschert. Oder ist es ein allgemeiner, bewegungs-<br />
und erlebnisorientierter Trend, der zunehmend Wanderer auf<br />
den Kleinobir in den Karawanken lockt? Der Anstieg erfordert allerdings<br />
einiges an Energie und Ausdauer.<br />
Nahe dem Gehöft Jagoutz ober dem Freibacher<br />
Stausee beginnend, sind wir zwei Senioren, mein<br />
Freund Volker ist ein gut bewanderter Botaniker, an<br />
einem frischen Julimorgen bald im steilen, schattigen<br />
Waldgelände bergwärts unterwegs. Es geht um<br />
die Blumen oben auf der Jagoutzalm, die zu dieser<br />
Zeit in Blüte stehen müssten. Mehrmals den Forstweg<br />
querend kennt die Steilheit des Anstiegs kein<br />
Erbarmen, da machst schon einiges an Höhenmetern.<br />
Sonntag ist`s, da sind wir nicht allein unterwegs.<br />
Lassen der Jugend den Vortritt, erreichen aber<br />
auch schließlich nach 900 Hm den Almbereich. Zu<br />
unserer Überraschung empfängt uns dort nicht nur<br />
eine prachtvolle Almflora, auch an einer der zwei<br />
Hütten herrscht emsige Bewegung. Sie wird gerade<br />
renoviert. Das erneuerte Lärchenholzdach und eine<br />
ebensolche Sitz- und Tischgarnitur leuchten uns<br />
entgegen, freundlich werden wir vom Personal mit<br />
einem Becher Most empfangen. Der Jagoutz Bauer<br />
selbst ist mit Frau, Sohn und Freunden am Werken.<br />
Erfahren verschiedenes aus der alten und bewegten<br />
jüngeren Geschichte. Über 400 Jahre schon betreuen<br />
sie die Jagoutz-Alm, nach wie vor führt kein Fahrweg<br />
herauf. Das ist einerseits dem Flair des Natürlichen,<br />
Spektakulärer<br />
Blick auf den<br />
großen Bruder<br />
Hochobir<br />
Ursprünglichen zuträglich, macht andererseits aber<br />
die Versorgung beschwerlicher. Das Material für die<br />
Renovierung erfolgte per Hubschrauber. Das alte Gemäuer<br />
hat stilvollen, frischen Touch. Fenster, Türen,<br />
auch stilvolle hölzerne Dachrinnen hat man gebastelt.<br />
Auch die Sanierung der Umgebung mit einer Quelle<br />
ist ein Thema.<br />
Kaum zu beschreiben die Vielfalt der bunten und<br />
dichten Blütenpracht der Alm, eine Vielzahl von Krainer<br />
Lilien in Vollblüte sei nur erwähnt. Der Anblick<br />
ist betörend! Die Sonne verwöhnt uns, lange geben<br />
wir uns diesem Rausch der Sinne hin, ehe wir uns<br />
Richtung Gipfel weiterbewegen. Gut 30 Jahre mag es<br />
wohl her sein, als wir mit Skiern hier herauf spurten,<br />
im Saft und Übermut der Jugendzeit.<br />
Auch bis zum flachen Gipfelplateu des Kleinobir<br />
machst noch einige Höhenmeter, ihm fehlen ein paar<br />
Meter zum 2.000er. Großteils von Latschen bedeckt,<br />
ziert ihn ein Metallkreuz mit Gipfelbuch, das man vor<br />
Jahren errichtete, nachdem an anderer Stelle ein<br />
solches aus Holz wohl dem Blitz zum Opfer gefallen<br />
war. Jetzt fällt der Blick auf das Kärntner Unterland, in<br />
der Ferne leuchtet aber auch die Hochalm und sogar<br />
der Glockner grüßt. Blumenpolster auch hier heroben,<br />
Schweißtreibend – der Taltransport<br />
der Bauabfälle<br />
über die wir uns freuen. Tief unten das tiefgrüne Juwel<br />
des Freibacher Sees. Zwei Paragleiter kreisen um<br />
den nahen großen Obir, der an diesem schönen Sommertag<br />
viel Besuch hat. Umso mehr schätzen und genießen<br />
wir unseren beschaulichen Aufenthalt hier am<br />
Kleinen, den wir Zwei teilen dürfen.<br />
Im Abstieg begegnen wir im Almbereich einem Mitarbeiter<br />
des Hütten-Sanierungstrupps, der mit Motorsäge<br />
und Sense den Wegverlauf auf der Alm abändert.<br />
Abgesehen vom an der Hütte abgelegten Müll<br />
soll damit die zunehmende Frequenz an Wanderern<br />
vom Bereich der Wildtierzone auf Distanz gebracht<br />
werden. Letztendlich kommen wir noch einer Einladung<br />
zum Abtransport zweier bereitstehender Abfallsäcke<br />
talwärts nach und leisten damit auch einen<br />
kleinen, aber einigermaßen strapaziösen Beitrag zur<br />
Hüttenerneuerung. Dann reicht’s uns aber!<br />
In voller Pracht – die Krainer Lilie<br />
Bericht und Fotos: Sepp Weiss