Zdirekt! 03-2021
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TITELTHEMA<br />
Parteiprogramme<br />
aus arbeitsrechtlicher Sicht<br />
Anfang 2010 entscheidet der Europäische Gerichtshof, dass die gesetzlichen Kündigungsfristen<br />
benachteiligend sind. Konkret angegriffen wird die Bestimmung des<br />
§ 622 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr<br />
nicht bei der Berechnung der jeweiligen Kündigungsfrist berücksichtigt werden.<br />
Die Regelung findet sich auch nicht irgendwo, sondern im Herzstück der deutschen<br />
Rechtsordnung: dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Trotz der eindeutigen Altersdiskriminierung<br />
dauert es noch bis zum Anfang 2019 und damit über zwei Legislaturperioden,<br />
bis der Gesetzgeber die ganz offensichtlich rechtswidrige Regelung ersatzlos<br />
streicht. Arbeitsrechtliche Änderungen müssen wohlüberlegt sein, scheint es.<br />
Gerade bei den Regierungsparteien CDU/CSU und SPD<br />
ist ein Blick in die Parteiprogramme zur Bundestagswahl<br />
2017 interessant. Auffällig ist, dass die längst überfällige<br />
Neuordnung des Arbeitszeitrechts vollständig ausgeblieben<br />
ist. Ein Gesetz, was im Wesentlichen auf der<br />
Arbeitszeitverordnung von 1938 beruht, führt zu ständigen<br />
Konflikten in der modernen Arbeitswelt. Moderne<br />
Kommunikationsformen, die Mail nach Feierabend,<br />
aber auch die von allen Seiten geforderte Flexibilität und<br />
die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Homeoffice<br />
lassen sich mit dem gesetzlichen Anachronismus<br />
nicht mehr in Einklang bringen. Das führt dazu, dass<br />
die Schutzfunktion des Gesetzes nicht mehr greift und<br />
wieder hergestellt werden muss. Experten vermuten,<br />
dass gegen das Arbeitszeitgesetz häufiger verstoßen<br />
wird als gegen die Straßenverkehrsordnung.<br />
ARBEITSZEIT<br />
CDU/CSU und FDP wollen statt der starren Tagesbetrachtung<br />
eine wöchentliche Höchstarbeitszeit einführen.<br />
Dabei soll – wenn es nach der CDU/CSU geht –<br />
Missbrauch verhindert werden, die FDP will dies mit<br />
notwendigen Ruhezeiten sichern. Die Grünen können<br />
sich Arbeitszeitkorridore unter Beteiligung der Sozialpartner<br />
vorstellen. Die SPD hingegen will die starren Regelungen<br />
beibehalten und schließt eine Verlängerung<br />
der täglichen Arbeitszeit aus. Die Linken wollen generell<br />
die 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich. Eine<br />
dringend notwendige echte Reform der Arbeitszeit –<br />
auch im Interesse der Beschäftigten – zeichnet sich<br />
nicht ab.