Der Augustdorfer: Lebensgeschichte einer Augustdorferin
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<strong>Augustdorfer</strong> <strong>Lebensgeschichte</strong><br />
planten erneuten Verschleppung Kurt Soesmanns in ein<br />
Konzentrationslager. Gemeinsam mit Hermann Wißbrock<br />
machte sich Hermann Böger nachts auf den Weg, um<br />
seinen Arbeitskollegen vom Straßenbau zu warnen. Kurt<br />
Soesmann konnte sich in Sicherheit bringen und überlebte<br />
so die schlimme Zeit.<br />
1929 baute Hermann Böger dann mit s<strong>einer</strong> Frau Alwine<br />
den Heidekrug. Und weil kurze Wege bei der Versorgung<br />
mit Lebensmitteln eine wichtige Rolle spielten, richteten<br />
sie auch noch einen kleinen Lebensmittelladen im Hause<br />
ein.<br />
Zu den Entwicklungen dieser Jahre können wir interessante<br />
Auskünfte vom <strong>Augustdorfer</strong> Werner Hüttemann einholen.<br />
1948 bedauerte der <strong>Augustdorfer</strong> Gemeinderat unter<br />
dem Bürgermeister August Büker, dass die Geschichtsschreibung<br />
für Augustdorf im Jahre 1875 endete. <strong>Der</strong> Rat<br />
beauftragte am 27.11.1948 den oben genannten Lehrer<br />
Hüttemann mit der Fortsetzung der Chronik.<br />
Auf S. 30 im Nachtrag zur Küstermannschen Chronik findet<br />
sich der folgende Text:<br />
Ein neuer Ortsteil<br />
In den Jahren 1920 bis 1940 entstand jenseits der<br />
Büker-Mühle bis zur Ziegelei ein völlig neuer Ortsteil.<br />
Bis 1920 gab es dort lediglich einige neue Kolonate,<br />
bis durch den Bau des Heidekruges dieser Ortsteil<br />
plötzlich ein neues Gesicht bekam.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Augustdorfer</strong> Hermann Böger kaufte im Jahre<br />
1927 von dem Stättebesitzer Wilhelm Friedrich Nr. 133<br />
den Grund und Boden, auf dem der Heidekrug steht.<br />
Er zahlte für 1 Scheffelsaat die für Augustdorf ungewöhnliche<br />
Summe von RM 1.000,-. Böger legte vor<br />
allem Wert auf den Durchgangsverkehr. Von Schloss<br />
Holte mussten alle Güter, die mit der Bahn ankamen<br />
und nach Augustdorf gehörten, den Heidekrug passieren.<br />
Ebenso versprach sich Böger einiges von einem<br />
Kolonialwarengeschäft, denn die stärkere Besiedlung<br />
in diesem Ortsteil zeichnete sich bereits ab.<br />
Das in jedem Jahre im Heidekrug stattfindende Heidefest<br />
hat Augustdorf über den Rahmen des Dorfes hinaus<br />
bekanntgemacht. Höhepunkte des Festes waren<br />
nach den Angaben des Heidekrügers die Jahre 1936<br />
und 1949. 1936 übertrug sogar der Westdeutsche<br />
Rundfunk die Feierlichkeiten.<br />
Die Waldstraße zwischen Heidekrug und Dörenkrug war<br />
damals noch nicht ausgebaut. Befahrbar war sie nur ab<br />
der Einmündung der heutigen Stukenbrocker Straße bis<br />
nach Stukenbrock. <strong>Der</strong> östliche Teil, die Untere Reihe, war<br />
ein r<strong>einer</strong> Sandweg.<br />
Die Anwohner der damaligen Stukenbrocker Straße und<br />
der Unteren Reihe erinnern sich noch gerne an die kurzen<br />
Einkaufswege zum Laden im Heidekrug.<br />
Hans Walter Bent wohnte in den Hesseln, gegenüber von<br />
Kohlen-Rubart, und schildert seinen Weg so: „Zunächst<br />
auf der unausgebauten Fahrspur, die heute zur Waldstraße<br />
geworden ist, in Richtung Koll-Herm (dem Kohlenhändler<br />
Heistermann), dann bis Pranten Dreh (Dreh = Kurve, das<br />
ist heute die Ecke, an der die Stukenbrocker Straße auf die<br />
Waldstraße stößt) und weiter geradeaus, ein paar 100m<br />
bis zum Heidekrug. Das konnte man gut zu Fuß gehen,<br />
auch als kl<strong>einer</strong> Junge.“<br />
1932 gab es zur Abwechslung eine zünftige Schlägerei<br />
mit politischem Anstrich, wobei der Heidekrüger durch<br />
einen Gartenstuhl im Gesicht selbst schwer verletzt<br />
wurde.<br />
In der Gastwirtschaft, der später noch ein Saal angefügt<br />
wurde, fühlten sich viele Gäste zu Hause und wohl. Die<br />
erste Kegelbahn war ohne Schnick und Schnack. Die Kegel<br />
wurden immer von einem Kegeljungen aufgestellt, der sich<br />
für jeden Wurf in Deckung bringen musste. Viele erinnern<br />
sich an das Getöse, das von der Kegelbahn in den Gastraum<br />
drang. Aber das war eben so.<br />
Im Saal gab es Hochzeiten und Feste aller Art. <strong>Der</strong> Gesangverein<br />
„Erika“ hatte hier sein Zuhause. Die Operetten<br />
und Schauspiele, die der Lehrer und Chorleiter Hans Schulz<br />
mit seinem Chor „Erika“ hier aufführte, sind Legende. Noch<br />
heute kommen die „Alten“ ins Schwärmen, wenn von der<br />
„Geierwally“ die Rede ist. Dazu gehörten auch die Bühnen-<br />
6 <strong>Der</strong> <strong>Augustdorfer</strong>/ Oktober - November '21