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2021/10 |Unternehmen #79 | Ausgabe Oktober 2021 | !

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VERANTWORTEN unternehmen [!]<br />

arbeitet, ist produktiver und weniger<br />

oft krank. „Gebäude schlagen in<br />

der Gesamtkostenrechnung eines<br />

Unternehmens nur mit etwa zehn<br />

Prozent zu Buche. Die Personalkosten<br />

hingegen bilden in der Regel den<br />

Löwenanteil“, gibt DBU-Architektin<br />

Djahanschah zu bedenken. Neben<br />

Konzentration und Produktivität,<br />

steigere ein gesundheitsförderndes<br />

Umfeld die Identifikation mit dem<br />

Unternehmen und die Attraktivität<br />

des Arbeitsplatzes.<br />

Auch in Ulm hat man deshalb ein<br />

besonderes Augenmerk auf den<br />

Wohlfühlfaktor gelegt. Das Lüftungssystem,<br />

das die Raumluft in<br />

den Seminarräumen mehrmals täglich<br />

umwälzt, sorgt für beste Luftqualität.<br />

Es läuft am effizientesten,<br />

wenn die Fenster dauerhaft geschlossen<br />

bleiben. „Allerdings hat<br />

sich gezeigt, dass sich die meisten<br />

Menschen unwohl fühlen, wenn sich<br />

Fenster nicht öffnen lassen. Also haben<br />

wir uns dazu entschlossen, diese<br />

Option beizubehalten und auf die<br />

Eigenverantwortung der Gebäudenutzer<br />

zu setzen“, erklärt Peter Renze,<br />

Leiter des Instituts Energie und<br />

Antriebstechnik an der THU.<br />

Hörsaal und Reallabor in einem<br />

Für optimale Beleuchtung sorgen<br />

Helligkeits- und Bewegungssensoren.<br />

Das System reguliert die Leuchtstärke<br />

der LED-Lichter und passt sie<br />

den aktuellen Lichtverhältnissen an.<br />

Den nutzenden Fakultäten dient das<br />

Energie-Effizienz-Plus-Gebäude<br />

auch als Reallabor. Renze: „Studierende<br />

haben jetzt die Chance, modernste<br />

Energietechnik selbst zu erleben,<br />

Daten auszuwerten und zu<br />

analysieren.“ Das Gebäude kommuniziert<br />

sowohl mit Nutzerinnen und<br />

Nutzern als auch mit der Umgebung<br />

und den Leitzentralen der örtlichen<br />

Energieversorger. Sämtliche Daten<br />

zur Energienutzung und -erzeugung<br />

werden erfasst.<br />

Dass Gewerbeneubauten inzwischen<br />

weitgehend klimaneutral und<br />

teilweise auch biodivers geplant<br />

werden, ist fast schon Standard. Das<br />

zeigt sich auch im Zertifizierungswillen.<br />

Rund 8000 Zertifikate in Platin,<br />

Gold, Silber und Bronze hat die<br />

DGNB bisher vergeben. Zertifiziert<br />

wird weltweit. Je nach Gebäudetyp<br />

fließen bis zu 40 Nachhaltigkeitskriterien<br />

in die Bewertung ein.<br />

Ganz anders sieht es mit Blick auf<br />

die Sanierungsquoten aus. Gerade<br />

Faktor Gebäudemanagement<br />

Das neue THU-Gebäude ist ein Reallabor, das mit seiner Umgebung kommuniziert.<br />

Nach dem Bauen kommt das<br />

Betreiben. Wer klimaneutral<br />

oder -positiv bleiben will, sollte<br />

eine Form des Monitorings<br />

mitdenken. Denn nur das systematische<br />

Beobachten aller<br />

relevanten Gebäudeinformationen<br />

und Verbrauchsdaten<br />

Zur Person<br />

Volker Reuter ist<br />

Professor für Mathematik<br />

und Statistik.<br />

Der Rektor der THU<br />

ist Vorsitzender der<br />

Rektorenkonferenz<br />

der Hoschulen für<br />

angewandte Wissenschaften<br />

im Land.<br />

schafft Transparenz und – falls<br />

notwendig – die Möglichkeit<br />

zum Gegensteuern. Eine Option<br />

ist das<br />

DGNB-Managementsystem<br />

„Gebäude im Betrieb“. Das<br />

System fokussiert auf neun<br />

Kriterien: Klimaschutz und<br />

einmal rund ein Prozent der Bestandsgebäude<br />

in Deutschland sind<br />

im vergangenen Jahr modernisiert<br />

worden. „Hier braucht es dringend<br />

stärkere Anreize und einen leichteren<br />

Zugang zu Förderungen“, sagt<br />

Jansen. Denn ohne den Bau- und Gebäudesektor<br />

sei eine Umsetzung der<br />

Klimaziele nicht erreichbar. Dieser<br />

sorgt immerhin für ein Drittel des<br />

jährlichen CO2-Ausstoßes der Bundesrepublik.<br />

Materialien wiederverwenden<br />

Verbesserungspotenzial gibt es auch<br />

unter Gesichtspunkten der Kreislaufwirtschaft.<br />

Mit jährlich rund 230<br />

Millionen Tonnen ist die Baubranche<br />

für mehr als die Hälfte des gesamten<br />

deutschen Abfallaufkommens<br />

verantwortlich. „Es gehört<br />

auch zur Ressourcenschonung, bestehenden<br />

Materialien wieder einen<br />

Wert beizumessen und diese soweit<br />

FOTO: VOLKMAR KÖNNEKE<br />

Energie, Wasser, Wertstoffmanagement,<br />

Betriebskosten, Risikomanagement<br />

und Werterhalt,<br />

Beschaffung und Bewirtschaftung,<br />

Innenraumkomfort,<br />

Nutzerfreundlichkeit und Mobilität.<br />

Mehr Informationen<br />

unter www.dgnb.de<br />

wie möglich wiederzuverwenden“,<br />

erklärt Djahanschah. Etwa indem<br />

man Abbruchunternehmen mit Bauherrinnen<br />

und -herren ins Gespräch<br />

bringt und versucht, möglichst viel<br />

von dem, was bereits da ist, in die<br />

Planung mitaufzunehmen.<br />

Damit das möglich wird, müssten<br />

allerdings auch die geltenden Bauverordnungen,<br />

Förder- und Genehmigungsverfahren<br />

modernisiert<br />

werden. Viele Vorteile könnte an<br />

dieser Stelle die digitale Bauplanung<br />

bringen. Mithilfe von Software können<br />

nicht nur Lichteinfall, Energiebedarf<br />

und Luftströmungen an einem<br />

digitalen Abbild des geplanten<br />

Gebäudes simuliert, sondern auch<br />

die Ökodaten aller eingesetzten Materialien<br />

und Bauteile erfasst werden.<br />

Auch wenn das Gebäude länger<br />

steht, weiß die kommende Generation<br />

so, was alles im Gebäude<br />

steckt. [!]<br />

Ronja Gysin

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