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cr-report - Globale Wirtschafts- und Ethikforum (GWEF)

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38<br />

● 01 II CR-REPORT<br />

A U S B L I C K<br />

Zur Zukunft der CSR<br />

Die aktuelle Krise bedeutet mitnichten ein Ende unternehmerischer Verantwortung.<br />

Vielmehr trennt sie in punkto CSR die Spreu vom Weizen – <strong>und</strong> zeigt so Zukunftspers-<br />

pektiven auf.<br />

VON PROF. DR. ANDRÉ HABISCH<br />

André Habisch<br />

Professor für christliche So-<br />

zialethik & Gesellschaftspo-<br />

litik, Katholische Universität<br />

Eichstätt-Ingolstadt<br />

● Der griechische Begriff der krisis, abgeleitet von<br />

krino beziehungsweise krinein (scheiden, auswählen,<br />

beurteilen, aber auch entscheiden) war in der<br />

lateinischen Spät- <strong>und</strong> Nachantike (genauer: seit<br />

dem Corpus Hippo<strong>cr</strong>aticum) zunächst im medizinischen<br />

Bereich beheimatet. Er bezeichnet dort diejenige<br />

fieberhafte Zuspitzung einer Infektionskrankheit,<br />

die entweder auf den Tod oder auf eine Heilung<br />

hinausläuft. Im Falle der Heilung sinkt die Gefahr,<br />

dass der Patient in Zukunft am gleichen Übel noch<br />

einmal erkrankt: Im diesem Falle geht die Krise also<br />

mit einer katharsis (Reinigung) einher.<br />

Die gegenwärtige Entwicklung an den internationalen<br />

Finanz- <strong>und</strong> Gütermärkten wird sich in diesem<br />

Sinne als Krise der CSR-Praxis erweisen. Kostenträchtige,<br />

aber oberflächliche Programme ohne strategische<br />

Rückkopplung, werden die teilweise existenzbedrohliche<br />

wirtschaftliche Situation der Unternehmen nicht<br />

überleben: Sie werden sich als ‚überflüssiger Ballast‘<br />

erweisen. Nur diejenigen internen wie externen CSR-<br />

Aktivitäten, die mit dem Wertschöpfungsprozess verflochten<br />

<strong>und</strong> so zum Bestandteil der Unternehmenskultur<br />

geworden sind, werden festgehalten <strong>und</strong> noch<br />

weiter ausgebaut. Danach wird die deutsche ‚CSR-<br />

Szene‘ kleiner – aber authentischer sein.<br />

POLITIK UND CSR Das CSR Konzept ist nun<br />

auch in der deutschen Politik angekommen. Doch<br />

noch stellt es dort nicht viel mehr als eine Art Platzhalter<br />

der internationalen Diskussion dar. In der<br />

nächsten Legislaturperiode werden Fragen zu beantworten<br />

sein, wie: Was bedeutet CSR für ein zeitgemäßes<br />

Konzept von Bildungspolitik auf lokaler <strong>und</strong><br />

regionaler Ebene? Was bedeutet CSR für Integrationspolitik<br />

<strong>und</strong> Antidiskriminierung? Für Familienpolitik<br />

<strong>und</strong> Work-Life-Balance? Was bedeutet CSR<br />

in der Umweltdebatte <strong>und</strong> in der internationalen<br />

Entwicklungszusammenarbeit? Die Globalisierung<br />

tariert das Verhältnis von Staat, Wirtschaft <strong>und</strong> Zivilgesellschaft<br />

neu aus – dies muss problembezogen<br />

in entsprechende ordnungspolitische Leitkonzepte<br />

übersetzt werden. Politik <strong>und</strong> Verwaltung müssen<br />

dem CSR-Gedanken (als Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips!)<br />

auch in der Alltagspraxis unserer Institutionen<br />

Rechnung tragen.<br />

UNTERNEHMERISCHE VERANTWORTUNG<br />

Für die Firmen bedeutet das, sich unter dem Stichwort<br />

CSR nicht nur auf defensive Compliance-Programme<br />

zu beschränken. Seriöse Geschäftspraktiken<br />

im In- <strong>und</strong> Ausland sind unverzichtbar; doch wenn<br />

der gegenwärtig medial vorherrschende Eindruck<br />

des Versagens von Führungskräften <strong>und</strong> der ‚Bonus-<br />

Jagd‘ auch in massiv subventionierten Unternehmen<br />

überw<strong>und</strong>en werden soll, dann muss Mitverantwortung<br />

auch augenfällig werden. Glaubwürdige Kommunikation<br />

setzt hier die Existenz glaubwürdiger<br />

Programme voraus. Nicht nur persönliche Integrität,<br />

sondern auch durchdachtes <strong>und</strong> wirksames Citizenship-Engagement<br />

ist gefragt.<br />

Die Abfederung der Finanzkrise wird öffentliche<br />

Mittel in Milliardenhöhe binden, die für die Bewältigung<br />

gesellschaftlicher Zukunftsaufgaben nicht<br />

mehr zur Verfügung stehen. Doch nicht nur Risiken,<br />

sondern auch Chancen sind systemisch. In einer zur<br />

Rettung durch den Staat komplementären Initiative<br />

werden Unternehmen stärker als bislang in Human-<br />

, Sozial-, Bildungs- <strong>und</strong> Umweltvermögen ihres Gemeinwesens<br />

investieren müssen – auch um die wirtschaftliche<br />

Wettbewerbsfähigkeit ihres Standortes<br />

<strong>und</strong> die Lebensqualität ihrer Mitarbeiterinnen <strong>und</strong><br />

Mitarbeiter nachhaltig zu sichern.<br />

Nur Verantwortung kann Freiheit erhalten – das<br />

verstehen wir in der Krise besser als vorher. �

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