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Südtirol Magazin Sommer 2022 - WamS

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Das<br />

AKTUELL<br />

andere Leben<br />

Mai <strong>2022</strong> 27<br />

Heinz Leitner<br />

Ein Hüttenwirt erzählt:<br />

Heinz Leitner war zwölf Jahre lang Wirt auf 2.989 Meter über dem Meeresspiegel –<br />

Feine Küche und Zwickauer Blues. Vor zwölf Jahren war es Neugierde.<br />

„Drei Monate“, sagte sich Heinz Leitner, „Juli bis September,<br />

das ist ja keine Zeit.“ Mit Feuerwerk, Dixie-Musik und<br />

Überraschungsmenü eröffnete er im Juli 2010.<br />

Dr. Nicole Steiner<br />

Die 1896–1899 von der Sektion<br />

Zwickau des DÖAV als kleine<br />

Selbstversorgerhütte erbaute Schutzhütte<br />

liegt am Tiroler Höhenweg, der<br />

in Mayrhofen in Österreich startet und<br />

in Meran endet. Drei bis vier Stunden<br />

Fußmarsch sind es bis hinauf. Oben angekommen<br />

erwarten den Wanderer ein<br />

atemberaubendes Bergpanorama, eine<br />

der ursprünglichsten Schutzhütten.<br />

Kochen und Musik ...<br />

… waren schon von jeher Leitners Hobbys,<br />

aber bevor es ihn als Hüttenwirt auf<br />

2.989 Meter über den Südrand des Planferners<br />

in den Ötztaler Alpen auf die<br />

Zwickauer Hütte verschlagen hat, war<br />

er 35 Jahre als Anlageberater und Marketingmanager<br />

tätig. Aus der zunächst<br />

dreimonatigen Auszeit wurde ein zweites<br />

Leben. Aller Anfang ist schwer, erzählt<br />

Heinz. Oben. Jedes Jahr ist das so. Mit<br />

dem Aufstieg auf die Hütte bleibt der<br />

<strong>Sommer</strong> im Tal, ebenso wie Freunde,<br />

Veranstaltungen, die Wärme, ja selbst<br />

die eigene Frau, die sich einen <strong>Sommer</strong><br />

auf fast 3.000 Meter Höhe nicht zutraut.<br />

Schlechtes Internet, eine schlechte<br />

Telefonverbindung. Draußen Fels und<br />

Eis. Elf Grad ist die Durchschnittstemperatur,<br />

in der Nacht sinkt das<br />

Thermometer auf minus eins oder auch<br />

darunter. 20 Zentimetereter Schneefall<br />

sind im August keine Seltenheit. Am<br />

Ende der Saison, wenn die 60 Betten<br />

fassende Hütte für die Winterpause<br />

geschlossen wird, ist es dann umgekehrt.<br />

„Im Herbst“, so Heinz Leitner, „gehe<br />

ich ungern in die Stadt zurück mit ihrer<br />

Hektik, ihrem verrückten Rhythmus,<br />

dem Lärm.“ Im Herbst ist er ein anderer,<br />

sieht er aus wie ein anderer, das Gesicht<br />

umrahmt von langen Haaren und einem<br />

Vollbart. Einen Besuch beim Friseur und<br />

einen Monat Zeit braucht er, um wieder<br />

anzukommen. Unten.<br />

Jeder Tag eine Herausforderung<br />

„Dort oben bist du in eine ganz andere<br />

Welt geworfen. Jeder Tag eine Herausforderung.<br />

Einmal gibt es kein Wasser,<br />

dann ist die Photovoltaikanlage in<br />

Panne, und dann sitzt du für eine Woche<br />

im Nebel, und vorbeikommen tut keiner.“<br />

Zaubern lernt man dort oben und<br />

noch anderes mehr. Viel arbeiten zum<br />

Beispiel. Der Tag auf der Hütte beginnt<br />

Heinz Leitner und Günther Nogler beim gemeinsamen Musizieren<br />

um 6 Uhr und endet nur selten mit der<br />

Hüttenruhe um 22 Uhr. Vor allem, wenn<br />

der Hüttenwirt so gut (Blues-)Gitarre<br />

spielen und singen kann wie Heinz.<br />

Tolle Erlebnisse von Mensch zu Mensch.<br />

Arbeit eigentlich immer. Aber mitunter<br />

auch Langeweile. Eine ganz andere, eine<br />

eigene Welt, die andere Prioritäten setzt.<br />

Und wenn der <strong>Sommer</strong> vorbei ist, dann<br />

ist es die Stadt, die mit einem Mal fremd<br />

ist. Heinz ist natürlich nicht alleine<br />

oben. Im Idealfall sind sie zu viert – auch<br />

damit an Tagen ohne Gäste die Wattrunde<br />

(ein Kartenspiel) garantiert ist –,<br />

weitere zwei bis drei Personen können<br />

als Jolly gerufen werden, wenn z.B. um<br />

Ferragosto großer Andrang herrscht.<br />

Seine Kochkünste hat Heinz Leitner,<br />

seit es „Ernst“ geworden ist mit seinem<br />

Hobby, verfeinert. Die Hütte ist berühmt<br />

für die kleine, aber feine Karte. Reinhold<br />

Messner hat die 1-A-Güte der „Fleischkrapflen“<br />

sogar urkundlich belegt.

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