STADTMAGAZIN Bremen November 2022
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Gayle Tufts im vergangenen Jahr beim Fotoshooting im Kulturbahnhof Vegesack und kürzlich im Weincafé Engel.<br />
Fotos: Jörg Landsberg, Tom Wagner<br />
einer großen Bandbreite von berührenden Momenten, gemischt<br />
mit Elementen einer Komödie. Wir unterscheiden in Amerika<br />
nicht so sehr zwischen dem, was witzig, und dem, was tragisch ist,<br />
beides geht Hand in Hand.<br />
Wie war es, als Sie für „Hello, Dolly!“ angefragt wurden? Viele<br />
denken dabei an große Hollywooddiven wie Barbara Streisand<br />
und Bette Midler.<br />
Ja, und dann komme ich (lacht)! Es ist einfach eine Paraderolle<br />
für ein komödiantisches Talent. Das bedeutet, ein bestimmtes Timing<br />
zu haben, eine Pointe setzen zu können. Frank Hilbrich, der<br />
leitende Regisseur im Musiktheater, hatte mich ursprünglich für<br />
eine Operette angefragt, aber das ist nicht so mein Ding. Ich bin im<br />
Musical zu Hause. Ich habe diese Rolle sogar schon einmal gespielt,<br />
als ich 16 war, aber erst jetzt bin ich alt genug dafür. Ich kann nicht<br />
für das Theater sprechen, aber nach den letzten Jahren sind wir gefühlt<br />
alle etwas am Ende mit unseren Nerven und ein Musical zu<br />
machen, ist auch eine Art, den Leuten etwas zu geben.<br />
Ist es einfach, das norddeutsche Publikum zum Lachen zu<br />
bringen?<br />
Oh, I love the norddeutsche Publikum! Ich bin im ganzen Land auf<br />
Tournee und bevorzuge eher den Norden. Vielleicht, weil ich aus<br />
dem Nordosten von Amerika komme. Außerdem ist „Dinglish“<br />
nicht so weit weg vom Platt – die Leute verstehen mich tatsächlich<br />
besser als im Süden. Hier möchten sie nicht unbedingt schunkeln.<br />
Aber das ist auch gut so, denn meine Show ist nicht ausschließlich<br />
witzig. Man muss auch zuhören, und das können die Norddeutschen<br />
gut.<br />
Wie schaffen Sie es bei allem, was momentan in der Welt passiert,<br />
sich Ihre positive Art zu bewahren?<br />
Es gibt da eine schöne Parallele zum Stück, in dem ich die ersten<br />
zehn Minuten platt auf dem Boden liegend verbringe. Dolly spricht<br />
dann zu ihrem verstorbenen Mann: „Ich bin so fertig, Efraim!“ So<br />
fühle ich mich auch manchmal. Auch ich bin nicht immer nur happy,<br />
aber ich probiere das zu akzeptieren, denn spätestens mit den<br />
Wechseljahren habe ich meinen Frieden damit geschlossen, nicht<br />
immer jung, brauchbar und knackig zu sein. Ich versuche auf meine<br />
Gesundheit zu achten, genug Schlaf zu bekommen und viel Wasser<br />
zu trinken. All diese normalen Dinge, aber es hilft. Es klingt so<br />
schleimig, aber ich schreibe jeden Morgen zehn Dinge auf, für die<br />
ich dankbar bin. Das können nette Begegnungen sein oder einfach,<br />
dass ich gesund bin und in Freiheit und Sicherheit lebe.<br />
Der Film wirkt mit Barbara Streisand fast wie ein Märchen.<br />
Haben Sie „Hello, Dolly!“ mit diesem Stück mehr in das reale<br />
Leben zurückgeholt?<br />
Ja, schon. Frank Hilbrich sieht die Traurigkeit in diesen Charakteren,<br />
denn viele sind am Anfang sehr einsam und am Ende kommen<br />
sie zwar zusammen, aber es ist nicht alles perfekt. Der Song<br />
„It Only Takes A Moment“ hat heutzutage eine andere Bedeutung.<br />
Denn in einem Moment kann man sich nicht nur verlieben, dein<br />
Leben kann sich gut oder schlecht verändern. Auch die Message,<br />
das Leben nicht vorbeiziehen zu lassen, finde ich wirklich gut.<br />
Natürlich gibt es Tage, an denen alles schlecht zu sein scheint. Es<br />
funktioniert dann aber nicht, sich zu Hause in einer Endlosschleife<br />
unter einer dicken Decke mit Toffifee und Netflix zu verstecken.<br />
Das können Sie mir glauben, ich habe es probiert (lacht). Es ist<br />
dann besser, rauszugehen und unter Leute zu kommen. Ins Theater<br />
zum Beispiel, am besten zu „Hello, Dolly!“. In diesem Stück kommen<br />
alle Facetten des Musiktheaters zusammen. Und die Musik ist<br />
am Ende auch das, was uns alle zusammenbringt – the universal<br />
language. (ZR)<br />
Premiere: Freitag, 25. <strong>November</strong>, Theater am Goetheplatz, 19.30 Uhr<br />
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