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akzent Magazin November '22 GB

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Kultur<br />

67<br />

© Bea Borgers<br />

Milo Rau<br />

Filmstill aus „Das neue Evangelium“<br />

Die Liste der Film-, Theater- und Literaturpreise,<br />

die Milo Rau (*1977) im In- und Ausland bereits<br />

erhalten hat, ist lang. Ein Preis, der nach<br />

seiner Heimatstadt benannt ist, war bislang<br />

nicht dabei. Vor ein paar Jahren war er zwar<br />

für den Kulturpreis der Stadt St. Gallen vorgeschlagen<br />

worden. Doch der Stadtrat hatte dies<br />

damals abgelehnt mit der Begründung, dass<br />

Milo Raus kultureller Fußabdruck in der Stadt<br />

zu wenig ausgeprägt sei. Dieser Stich saß tief.<br />

Jetzt kommt die Würdigung von einer anderen<br />

Seite: nicht von der Stadt, sondern vom Kanton<br />

St. Gallen. Die St. Gallische Kulturstiftung<br />

ist eine kantonale Stiftung, der Große Kulturpreis<br />

ist ihre bedeutendste Auszeichnung. Alle<br />

drei Jahre werden damit Persönlichkeiten<br />

geehrt, „deren Schaffen über längere Zeit gereift<br />

ist und ein national und international anerkanntes<br />

Niveau erreicht haben“, heißt es in<br />

der Preisbeschreibung.<br />

„Mich freut es total, dass mir dieser Preis verliehen<br />

wird“, erklärt Milo Rau gegenüber <strong>akzent</strong><br />

auch im Hinblick auf diese Vorgeschichte. Er ist<br />

in Bern geboren, ab seinem zwölften Lebensjahr<br />

in St. Gallen aufgewachsen und immer<br />

noch mit dieser Stadt verbunden – als St. Galler<br />

Bürger, durch kulturelle Projekte und durch<br />

seine Eltern, die hier wohnen. Ein Preis, der seine<br />

Herkunft im Namen trägt, bedeutet ihm deshalb<br />

viel. „Dadurch schließt sich der Kreis“, sagt<br />

er, während er an seinem Schreibtisch in Gent<br />

in Belgien sitzt. Dort leitet er seit 2018 das Niederländische<br />

Theater NTGent. Zudem arbeitet<br />

er als Autor und Dozent.<br />

International von sich reden macht Milo Rau<br />

aber vor allem mit seinen Theater- und Filmprojekten.<br />

„In seiner Arbeit verschränkt er<br />

Welt und Kunst: Seine Projekte bewegen sich<br />

nicht nur stets auf der Höhe der drängendsten<br />

Zeitfragen, sie verlassen auch immer wieder<br />

die Komfortzone des Kunstbetriebs und<br />

gehen an die Brennpunkte globaler Auseinandersetzung“,<br />

heißt es in einer Mitteilung der St.<br />

Gallischen Kulturstiftung. Und weiter: „Rau beschreibt<br />

gesellschaftliche Realitäten, weltumspannende<br />

Innenräume der globalen Wirtschaft;<br />

ihre Alpträume und Hoffnungen, ihre<br />

Unter- und Gegenwelten.“<br />

Konkrete Beispiele dafür gibt es genug. So<br />

versammelte Rau in seinem Projekt „Kongo<br />

Tribunal“ für einen Dokumentarfilm 60 Opfer,<br />

Täter, Zeugen und Analytiker des jahrelangen<br />

Kongokrieges zu einem zivilen Volkstribunal<br />

und ließ drei Fälle exemplarisch verhandeln.<br />

Er bearbeitete die Verurteilung und<br />

Hinrichtung von Rumäniens Diktator Nicolae<br />

Ceaușescu und seiner Frau Elena, ließ Kinder<br />

die Verbrechen des belgischen Mörders und<br />

Sexualstraftäters Marc Dutroux nachspielen<br />

und konfrontierte das Theaterpublikum mit<br />

einem Monolog des Rechtsextremisten Anders<br />

Behring Breivik, der im Juli 2011 in Norwegen<br />

77 Menschen getötet hatte. Mit dem<br />

Projekt „Hate Radio“ zum ruandischen Völkermord<br />

zeigte Rau, dass Worte töten können<br />

und getötet haben.

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