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VNW-Magazin 5/2022

Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.

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„Als Menschen verfügen wir über sechs Kommunikationswege:<br />

vier davon – die Sprache, die Makromimik des<br />

Gesichts, unsere Körpersprache und unsere Stimmlage –<br />

können wir beeinflussen.“<br />

Hamburg. Die Nerven liegen immer häufiger blank. Wohnraumverdichtung,<br />

zunehmende Heterogenität der Mieterschaft, Corona-Pandemie<br />

und jetzt die unsicheren Aussichten, angesichts der<br />

massiv gestiegenen Energiepreise gut über den Winter zu kommen.<br />

Die sozialen Vermieter spüren oftmals als Erste, wenn sich<br />

eine negative Stimmung in der Gesellschaft aufbaut.<br />

Das muss nicht immer in Gewalt enden. Aber die zunehmende<br />

Zahl an Beschwerden, die bei den Wohnungsunternehmen<br />

eingehen, und ein höheres Maß an Empfindlichkeit bei Telefongesprächen<br />

belegen, dass etwas ins Rutschen gekommen ist.<br />

Aktuelle Studien über mehr Gewalt zwischen Mieterinnen<br />

und Mietern oder gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

von Wohnungsunternehmen gibt es zwar nicht. Aber der GdW<br />

hatte vor zwei Jahren unter Mitgliedsunternehmen nachgefragt<br />

und dabei festgestellt: Vor allem in belasteten Quartieren drohen<br />

sich die sozialen Probleme zu verschärfen. Mehr Gewalt, mehr Ruhestörungen<br />

und eine vermehrte Missachtung der Hausordnung<br />

sind die Folge.<br />

Energiekrise führt zu mehr Konflikten<br />

Gewalt, und sei es „nur“ verbale Gewalt, trifft inzwischen vermehrt<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Wohnungsunternehmen<br />

– darum soll es vordergründig in diesem Text gehen. Oftmals<br />

ist der Anlass für die Verunsicherung einer Mieterin oder eines<br />

Mieters ein Schreiben des Energieversorgers mit der Nachricht,<br />

dass sich ihr Energiepreis vervielfacht.<br />

Die unlängst beschlossene Gaspreisbremse ist zwar ein richtiger<br />

Schritt, den Menschen Sorgen zu nehmen. Aber von heute<br />

auf morgen lässt sich Verunsicherung, die oft über Jahre gewachsen<br />

ist, nicht abbauen. So entwickeln manche Anrufe von Mietern<br />

oder Gespräche von Angesicht zu Angesicht in den Geschäftsstellen<br />

nicht selten eine Eigendynamik, die sich – nicht immer,<br />

aber immer öfter – in verbalen Drohungen und Beschimpfungen<br />

äußert.<br />

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wohnungsunternehmens<br />

stehen dann unter einem enormen Druck. Es geht ja<br />

darum, nicht nur die Sachlage zu klären und das Gegenüber zu<br />

beruhigen oder gar zu trösten. Genauso wichtig ist es, mit den<br />

eigenen Emotionen klarzukommen – und besonnen zu reagieren.<br />

Doch das klingt einfacher, als es ist.<br />

Die Psychologie der Gewalt verstehen<br />

Als Dozentin bildet Kati Johannsen seit vielen Jahren in den Themen<br />

Emotionserkennung, Verhaltensanalyse, Manipulation und<br />

Selbstschutz aus. In ihren Seminaren und Coachings lehrt sie Methoden,<br />

sich selbst zu schützen, zu deeskalieren, gewaltfrei zu<br />

kommunizieren und zu überzeugen. Zu ihren Kunden gehören<br />

Wohnungsunternehmen, Berufsfeuerwehren, Rettungsdienste,<br />

Frauenhäuser und Kliniken.<br />

Kati Johannsen ist ausgebildete Profilerin und besitzt als<br />

Kampfsportlerin mehrere „schwarze Gürtel“, die ihre Qualifikation<br />

belegen. Aber es wäre eine unzulässige Verkürzung, ihre Arbeit<br />

auf das richtige Verhalten bei „körperlichen Auseinandersetzungen“<br />

zu reduzieren. Das Erkennen von Emotionen und Traumata,<br />

Teambuilding, Face-Reading, Kommunikation und Deeskalation<br />

gehören ebenso zu ihrem Coaching-Angebot wie Selbstverteidigung<br />

und Notwehr.<br />

Dechiffrieren von Signalen<br />

Eine grundlegende Voraussetzung für einen erfolgreichen Umgang<br />

mit Gewalt bestehe darin, die Psychologie von Gewalt zu<br />

verstehen, sagt die Expertin. „Auseinandersetzungen zwischen<br />

Menschen, auch Telefonate mit Mieterinnen und Mietern, können<br />

gewaltträchtige Gespräche sein. Da, wo Empathie und Verständnis<br />

nicht an erster Stelle stehen, regiert gewalttätige Sprache.“ Im<br />

schlimmsten Fall finde ein tätlicher Angriff statt.<br />

„Es geht um das Dechiffrieren der Signale, die mein Gegenüber<br />

aussendet“, sagt Kati Johannsen. „Hat man diese wahrgenommen<br />

und im besten Falle richtig gedeutet, hat man seine<br />

eigenen Emotionen im Griff und kann dadurch besser argumentieren<br />

und überzeugen.“<br />

Grundlage dieses Vorgehen ist die Erkenntnis, eigene Befindlichkeiten<br />

nicht auf das Gegenüber zu projizieren. Entscheidend<br />

sei, dass man sich in der Auseinandersetzung immer wieder bemühe,<br />

so schwer es auch fallen möge, ein Mindestmaß an Distanz<br />

zu wahren, sagt die Expertin. Zugleich dürfe die Distanz nicht zu<br />

groß werden. „Nur wer eine ‚Verbindung‘ aufbauen kann, kann<br />

den anderen erreichen.“<br />

Kati Johannsen räumt ein, dass Selbstbeherrschung auch eine<br />

Frage des Alters sei. „Gestandene, geschulte und mental gesunde<br />

Personen, die sich ihrer selbst bewusst sind und sich selbst erkannt<br />

haben, wissen, dass eine Beleidigung oder ein verbaler Angriff<br />

nichts mit einem selbst zu tun hat – aber eben sehr viel über das<br />

Gegenüber verrät.“<br />

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