VNW-Magazin 5/2022
Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.
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100 Jahre<br />
Mietpreisbindung<br />
13<br />
Der Hamburger Senat und zwei Bürgerinitiativen einigen sich nach zwei Jahren Verhandlung.<br />
Die Wohnungswirtschaft spricht von einer „dramatischen Fehlentscheidung“ der Politik.<br />
VON OLIVER SCHIRG<br />
Hamburg. In Hamburg soll künftig ein Teil der neu gebauten Sozialwohnungen<br />
mit einer 100-jährigen Mietpreisbindung ausgestattet<br />
werden. Zudem wird der Verkauf von städtischen Wohnungen<br />
und Wohngrundstücken grundsätzlich ausgeschlossen. Das sind<br />
Kernpunkte der Vereinbarung, auf die sich der rot-grüne Senat<br />
nach fast zweijährigen Verhandlungen mit zwei Volksinitiativen<br />
verständigt hat. Die Einigung soll in der Bürgerschaft beschlossen<br />
werden. Die Volksinitiativen sagten im Gegenzug zu, das Volksabstimmungsverfahren<br />
zu beenden.<br />
Die Hamburger Wohnungswirtschaft bezeichnet den Kompromiss<br />
als eine „dramatische Fehlentscheidung“. Sie werde die<br />
Probleme auf Hamburgs engem Wohnungsmarkt verschärfen.<br />
„Wir befürchten eine extreme Verknappung öffentlich geförderter<br />
und damit für viele Menschen bezahlbarer Wohnungen“, sagt<br />
<strong>VNW</strong>-Direktor Andreas Breitner. „Bereits heute sei die Errichtung<br />
nur durch eine Quersubventionierung im Rahmen des Drittelmix<br />
möglich. „Erhöht sich der Anteil der geförderten Wohnungen,<br />
verteuert sich der frei finanzierte Wohnungsbau – und die Zahl<br />
der Menschen, die sich derart hohe Preise leisten können, wird<br />
deutlich kleiner.“<br />
Matthias Saß, Vorsitzender des Vereins Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften<br />
und Vorstand der Allgemeinen Deutschen<br />
Schiffszimmerer-Genossenschaft eG, sagt: „Ich gehe davon aus,<br />
dass unter den neuen Rahmenbedingungen in den kommenden<br />
Jahren keine Genossenschaft auf städtischem Boden neue Wohnungen<br />
errichten wird.“ Hauptgrund sei die Vereinbarung, nach<br />
der städtische Grundstücke künftig nur noch auf dem Weg des<br />
Erbbaurechts vergeben werden dürften. „Das macht es für uns<br />
Genossenschaften quasi unmöglich, zu bauen.“<br />
Zähe Verhandlungen änderten am Ende nicht viel<br />
Die beiden Initiativen waren vor rund zwei Jahren unter dem<br />
Motto „Keine Profite mit Boden & Miete“ mit insgesamt 28.400<br />
Unterschriften im Rücken gestartet. Sie wollten erreichen, dass in<br />
Hamburg der Verkauf städtischer Flächen unterbunden und der<br />
Bau preisgünstiger Wohnungen beschleunigt wird. Grundstücke<br />
der Stadt sollten grundsätzlich nur noch im Rahmen des Erbbaurechts<br />
vergeben werden. Dabei wurden sie von Mietervereinen<br />
unterstützt.<br />
Experten des <strong>VNW</strong> waren auf Bitten der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde<br />
an den Verhandlungen mit Vertretern der<br />
Initiativen beteiligt. Dabei machten sie deutlich, dass auch am Gemeinwohl<br />
orientierte Wohnungsunternehmen aus betriebswirtschaftlichen<br />
Gründen eine Mindestrendite erwirtschaften müssten.<br />
Zugleich belegten sie anhand „alltagstauglicher“ Berechnungen,<br />
welche Auswirkungen hohe Zinsen und gestiegene Baupreise auf<br />
Wohnungsmieten haben – und dass im <strong>VNW</strong> organisierte Unternehmen<br />
rasch an die Grenze der Machbarkeit geraten.<br />
„Unsere Hinweise wurden von den Vertreterinnen und Vertretern<br />
der Initiativen zwar zur Kenntnis genommen, führten bei<br />
ihnen aber nicht zu einer Änderung ihrer Auffassung“, sagt <strong>VNW</strong>-<br />
Direktor Andreas Breitner. Stattdessen hieß es, man glaube den<br />
Darlegungen der Wohnungswirtschaft nicht. „Wer aber nur sich<br />
selbst glaubt, dem ist auch mit Fakten nicht beizukommen“, so<br />
der <strong>VNW</strong>-Direktor.<br />
„Wir befürchten eine extreme<br />
Verknappung öffentlich geförderter<br />
und damit für viele Menschen<br />
bezahlbarer Wohnungen.“<br />
ANDREAS BREITNER<br />
<strong>VNW</strong>-Vorstand und Verbandsdirektor<br />
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