KSSG_Magazin_150Jahre
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Ich will später nicht auf Karriere<br />
verzichten, nur weil ich vielleicht<br />
Kinder habe. (Mia Leibundgut)<br />
i<br />
Preise steigen, sondern die Menge der Leistungen.<br />
Man kann immer mehr behandeln und die Gesellschaft<br />
bezieht daher auch immer mehr Gesundheitsleistungen.<br />
Weil wir uns eine immer bessere,<br />
individuellere und teurere Gesundheitsversorgung<br />
leisten, steigen auch die Kosten. Wir können heute<br />
Krebserkrankungen behandeln, die noch vor wenigen<br />
Jahren rasch zum Tod führen konnten. Heute<br />
können wir Patientinnen und Patienten noch viele<br />
Jahre Leben schenken. Ist das nicht ein echter<br />
Gegenwert? Zudem werden wir immer älter, und<br />
da die Gesundheitskosten im Alter steigen, schlägt<br />
sich dies ebenfalls auf die Kosten nieder.<br />
M. L.: Das erinnert mich an meine Grossmutter.<br />
Die hatte auch Krebs und konnte noch über Jahre<br />
gut weiterleben dank medizinischer Unterstützung<br />
durch das <strong>KSSG</strong>. Das war ein Geschenk – für sie<br />
und auch für mich.<br />
S. L.: Wärst du denn bereit, immer mehr für die<br />
Gesundheit zu bezahlen?<br />
M. L.: Na ja, noch bezahlen meine Eltern meine<br />
Prämien. Aber ja, Gesundheit ist mir sehr wichtig,<br />
wichtiger als ein teures Auto zum Beispiel. Und ich<br />
sehe ja täglich, wie aufwändig eine medizinische<br />
Behandlung sein kann, aber auch, was sie leistet. Es<br />
ist beeindruckend, wie schnell manche Menschen<br />
genesen.<br />
S. L.: Das ist ein interessanter Punkt: Es gibt viele<br />
Eingriffe, die haben früher eine tage- oder wochenlange<br />
stationäre Versorgung nach sich gezogen.<br />
Heute ist die stationäre Aufenthaltsdauer viel kürzer.<br />
Und das ist gut für die Patientinnen und Patienten,<br />
aber auch für die Wirtschaft. Denn diese Menschen<br />
können viel früher wieder arbeiten. Wenn<br />
man von Kostenwahrheit spricht, gehören auch<br />
solche Effekte dazu.<br />
M. L.: Das klingt nach einem aufreibenden Job, den<br />
du hast. Bleibt da noch Zeit für Familie und Freizeit?<br />
S. L.: Die Zeit ist knapp. Zumal ich abends oft noch<br />
repräsentative Aufgaben habe. Aber wenn abends<br />
keine Termine anstehen, versuche ich, zu vernünftigen<br />
Zeiten zu Hause zu sein, damit die Familie<br />
noch etwas von mir hat. Dank der Digitalisierung<br />
kann ich bei Bedarf auch noch von zu Hause aus<br />
arbeiten, wenn die Kinder im Bett sind. Und du,<br />
wie erholst du dich?<br />
M. L.: Ich spiele Unihockey beim UHC Appenzell.<br />
Wenn ich Unihockey spiele, vergesse ich alles<br />
andere.<br />
S. L.: Du machst ja neben deiner Ausbildung die<br />
Berufsmatura. Kannst du dir vorstellen, erste CEO<br />
des <strong>KSSG</strong> zu werden?<br />
M. L.: Wenn ich dich so höre, eher nicht. Ich will<br />
nicht nur für den Job leben. Und mal ehrlich: Wie<br />
viele Frauen als CEO von Spitälern kennst du?<br />
S. L.: Ich kenne nicht so viele.<br />
M. L.: Und wie viele Frauen sitzen in der Geschäftsleitung<br />
des <strong>KSSG</strong>?<br />
S. L.: Zwei. Gegenüber neun Männern. Aber das<br />
wird sich in Zukunft hoffentlich ändern.<br />
Während einer Schnupperlehre merkte Mia Leibundgut (17), dass sie kein Blut sehen kann.<br />
Weil sie trotzdem im Gesundheitswesen arbeiten wollte, begann sie 2021 eine Kaufmännische<br />
Lehre im <strong>KSSG</strong>. Daneben besucht sie die Berufsmaturitätsschule. Eine kaufmännische Lehre<br />
ist auch Stefan Lichtensteigers (55) Erstausbildung. Es folgten ein Studium als Betriebsökonom<br />
an der Fachhochschule für Wirtschaft in St.Gallen (vormals HWV) und ein Executive MBA<br />
in General Management an der Universität St.Gallen. 2010 bis 2022 war er Spitaldirektor in<br />
der Spitalregion Rheintal Werdenberg Sarganserland, seit Mai 2022 ist der Vater von vier<br />
Kindern CEO des <strong>KSSG</strong>.<br />
M. L.: Ich finde, es braucht neue Arbeitsmodelle,<br />
die Karrieren ermöglichen, ohne auf Familie und<br />
Freizeit zu verzichten.<br />
S. L.: Als ich 1994 hier am <strong>KSSG</strong> meine erste Anstellung<br />
hatte, da war es undenkbar, in leitender Position<br />
auch nur 90 Prozent zu arbeiten. Doch beim<br />
heutigen Fachkräftemangel kann man sich das nicht<br />
mehr leisten – weder gegenüber Frauen noch gegenüber<br />
Männern. Heute erwarten auch Mitarbeitende<br />
in Kaderpositionen Teilzeitstellen oder Jobsharing.<br />
Und wenn man ihnen das nicht gewährt, suchen<br />
sie sich eine andere Stelle. Deshalb erarbeiten wir<br />
derzeit eine Personalpolitik für den zukünftigen<br />
Spitalverbund St.Gallen. Darin spielen unter anderem<br />
flexible Arbeitszeitmodelle eine entscheidende<br />
Rolle.<br />
M. L.: Das klingt gut. Denn ich will nicht auf eine<br />
Karriere verzichten, nur weil ich später vielleicht<br />
Kinder habe.<br />
S. L.: Es gibt sicher schon heute einige Möglichkeiten.<br />
Aber klar ist auch, dass eine noch grössere<br />
Bereitschaft aller Beteiligten für Veränderungen<br />
vonnöten ist.<br />
M. L.: Und was wünschst du dir für die Zukunft<br />
des <strong>KSSG</strong>?<br />
S. L.: Ich wünsche mir, dass das <strong>KSSG</strong> weiterhin<br />
in der Lage ist, allen Patientinnen und Patienten<br />
eine medizinische Versorgung und pflegerische<br />
Betreuung auf höchstem Niveau anzubieten. Dafür<br />
müssen wir unsere Fachkräfte und Spezialistinnen<br />
und Spezialisten halten und – trotz Fachkräftemangel<br />
– neue rekrutieren. Neben der fachlichen<br />
Qualifikation verfügen diese Mitarbeitenden auch<br />
über die notwendige Sozialkompetenz, um in der<br />
fachkundigen und konstruktiven Zusammenarbeit<br />
mit anderen Expertinnen und Experten sicherzustellen,<br />
dass unsere Patientinnen und Patienten<br />
trotz zunehmender Spezialisierung ganzheitlich<br />
behandelt werden. Deshalb fördern wir die Bildung<br />
von Zentren, wo unterschiedliche Disziplinen und<br />
Berufsgruppen ihre Expertisen einbringen, um sie<br />
zum Wohle jeder einzelnen Patientin und jedes einzelnen<br />
Patienten zu bündeln. Was wünschst du dir?<br />
M. L.: Ich würde mir wünschen, dass die psychischen<br />
und seelischen Aspekte von Krankheiten<br />
stärker berücksichtigt werden. Auch das gehört<br />
für mich dazu, wenn man Patientinnen und Patienten<br />
ganzheitlich betreut. Deshalb finde ich es toll,<br />
dass beispielsweise im Pflegekonzept des <strong>KSSG</strong> das<br />
Caring, die empathische Betreuung von Patientinnen<br />
und Patienten, festgeschrieben ist.<br />
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