KSSG_Magazin_150Jahre
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Chantal Osterwalder (19) hat 2022 als zweite Person am Kantonsspital St.Gallen die Lehre<br />
zur Medizinproduktetechnologin abgeschlossen – ein neues Berufsbild. Ihr Arbeitsort ist die<br />
Zentrale Sterilgutversorgungsabteilung (ZSVA), die am <strong>KSSG</strong> 53 Mitarbeitende zählt. Später<br />
will sich Chantal Osterwalder zum Beispiel zur Operationstechnikerin HF weiterbilden, doch<br />
vorerst hat sie genug vom Lernen. Nur ihr Englisch will sie im Winter in Cambridge vom ersten<br />
ersparten Lohn verbessern.<br />
ICH SPÜRTE:<br />
ICH KANN DAS<br />
«Ich habe kurz die Augen geschlossen und mir vorgestellt:<br />
Die beiden Prüfenden wissen nichts. Und<br />
ich habe die Ehre, sie in die faszinierende Welt der<br />
Medizinproduktetechnologie zu entführen und<br />
ihnen einfach zu erklären, was ich warum tue. Das<br />
war meine Taktik. Und endlich verspürte ich eine<br />
tiefe, innere Ruhe.<br />
In den Nächten vor der praktischen Lehrabschlussprüfung<br />
habe ich kaum geschlafen, so aufgeregt<br />
war ich. Mein Kopf war voller Fragen. Was wollen<br />
die Prüferin aus Zürich und der Prüfer aus St.Gallen<br />
von mir wissen? Was habe ich in drei Lehrjahren<br />
gelernt? Was weiss ich, was kann ich, wenn<br />
es darauf ankommt? Ein Blackout, das war meine<br />
Horrorvorstellung.<br />
Um 8:30 Uhr ging es los. Als Erstes kam die Nasszone<br />
dran, in der wir kontaminierte Instrumente<br />
aus den Operationssälen und Stationen reinigen<br />
und desinfizieren. Der Nachtdienst hatte alles gut<br />
vorbereitet, nun musste ich die Beladungsträger für<br />
unser Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG)<br />
bestücken. Aber natürlich habe ich das RDG erst<br />
einmal genau inspiziert: Ist der Filter gereinigt?<br />
Sind die Dreharme in alle Richtungen schwenkbar?<br />
Ist die Türdichtung sauber? Danach habe ich zwei<br />
Siebe aufbereitet: Wundhaken, Scheren, Klemmen,<br />
Skalpellgriffe, Nadelhalter – alles an seinen Platz.<br />
Und dazu habe ich erzählt und erzählt.<br />
Klar habe ich zwischendurch versucht, irgendwelche<br />
Reaktionen aus den Gesichtern der Prüfenden<br />
herauszulesen. Sagen und fragen dürfen diese ja<br />
nichts. Aber ich habe gemerkt: Das Ergründen tut<br />
mir nicht gut. Lieber bei der Sache bleiben. Denn<br />
ich war jetzt voller Selbstbewusstsein. Ich spürte:<br />
Ich kann das!<br />
Nach vier Stunden war die Prüfung beendet. Im Juni<br />
folgten die schriftliche und die mündliche Prüfung,<br />
am 6. Juli 2022 hatte ich das Ergebnis im Briefkasten.<br />
Bestanden mit 5,1 – was für eine Erleichterung!<br />
Ob ich gefeiert habe? Klar! Schliesslich lief gerade<br />
das Openair Frauenfeld. Dort bin ich sofort für die<br />
Nachmittagskonzerte hingefahren, um 18:00 Uhr<br />
haben mich meine Eltern für die Abschlussfeier<br />
in Zürich abgeholt, anschliessend haben sie mich<br />
wieder nach Frauenfeld gefahren. Am Freitag bin<br />
ich kurz nach Hause, um mich für die Abschlussfeier<br />
am Kantonsspital St.Gallen (<strong>KSSG</strong>) frisch zu<br />
machen, danach bin ich wieder ans Openair. Sido<br />
war der Hammer!»<br />
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