K lima w a n d e l & W a sse rk ra ft - SWV
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K<strong>lima</strong>wandel & Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />
und Berechnungen, die zeigen wie sich<br />
die finanzielle Lage einzelner K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e,<br />
bei unverändertem Ma<strong>rk</strong>t, verbe<strong>sse</strong>rt<br />
oder verschlechtert, sind mit Vorsicht zu<br />
genie<strong>sse</strong>n.<br />
Die Alpen stellen nicht nur eine<br />
reelle Wa<strong>sse</strong>rscheide dar, sondern ma<strong>rk</strong>ieren<br />
ungefähr auch die Grenze zwischen<br />
den Gewinnern und Verlierern der<br />
k<strong>lima</strong>bedingten Veränderungen der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung.<br />
Deshalb wird sich die<br />
Konkurrenzsituation der anderen Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreiber<br />
im umliegenden<br />
Euro pa unterschiedlich entwickeln. Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreiber<br />
in den Alpen, östlich<br />
und westlich der Schweiz werden ähnlich<br />
der schweizerischen Mitbewerbern Mangel-<br />
und Überflusssituationen der Stromproduktion<br />
verstä<strong>rk</strong>en. Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e<br />
in Italien und Slowenien einerseits und in<br />
Nordeuropa andererseits werden aber<br />
den allgemeinen Produktionsüberschuss<br />
im Norden und den Produktionsmangel im<br />
Süden verstä<strong>rk</strong>en. Dabei wird allerdings<br />
die k<strong>lima</strong>bedingte Produktionszunahme<br />
der Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e in Norwegen 8 den<br />
schweizerischen Stromma<strong>rk</strong>t höchstens<br />
nur indirekt beeinflu<strong>sse</strong>n und gegen über<br />
viel bedeutenderen Entwicklungen, wie<br />
dem Bau riesiger Windpa<strong>rk</strong>s in Norden<br />
oder gro<strong>sse</strong>r Solarenergieanlagen im<br />
Süden nicht sta<strong>rk</strong> ins Gewicht fallen.<br />
Thermische K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e sind ebenfalls<br />
von k<strong>lima</strong>bedingten Veränderungen<br />
betroffen, sowohl von der Zunahme der<br />
Gewä<strong>sse</strong>rtempe<strong>ra</strong>turen als auch von der<br />
Zunahme von Dürreperioden. Sobald das<br />
Kühlwa<strong>sse</strong>r wärmer wird, nimmt der thermische<br />
Wi<strong>rk</strong>ungsg<strong>ra</strong>d der K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e ab<br />
und wenn in Dürreperioden die Menge des<br />
verfügbaren Kühlwa<strong>sse</strong>rs einen kritischen<br />
Wert unterschreitet, muss das K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong><br />
abgestellt werden.<br />
6. Welche Handlungsoptionen<br />
bestehen?<br />
Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>betreiber beschä<strong>ft</strong>igen sich<br />
mit der Erlangung von Konzessionen für<br />
die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung, mit der Planung,<br />
dem Bau und der Erweiterung von K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlagen<br />
(K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e, Fassungen,<br />
Stollen und Netze), mit dem Betrieb und<br />
de<strong>sse</strong>n Optimierung, mit dem Ve<strong>rk</strong>auf von<br />
Strom und demzufolge mit dem Stromma<strong>rk</strong>t,<br />
sowie mit der Entwicklung der politischen<br />
Rahmenbedingungen.<br />
Der Einfluss der K<strong>lima</strong>änderungen<br />
auf die Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>nutzung wird bei Konzessionsverhandlungen<br />
eine wesentliche<br />
Rolle spielen. Der Wert einer Konzession<br />
hängt ganz direkt mit den Nutzungsmöglichkeiten<br />
der Ressource zusammen und<br />
zwar nicht nur den heutigen Nutzungsmöglichkeiten,<br />
sondern auch den zukün<strong>ft</strong>igen.<br />
Detaillierte Kenntni<strong>sse</strong> und ein umfa<strong>sse</strong>ndes<br />
Verständnis des Einflu<strong>sse</strong>s der<br />
K<strong>lima</strong>änderungen auf die Nutzung einer<br />
bestimmten Wa<strong>sse</strong>rressource, auch wenn<br />
Berechnungen von gro<strong>sse</strong>r Unsicherheit<br />
beha<strong>ft</strong>et sind, sind in den Verhandlungen<br />
und in der Planung wichtig.<br />
Bau- und Umbauvorhaben von<br />
K<strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>sanlagen sind jeweils genau auf<br />
die vorhandene Wa<strong>sse</strong>rressource, insbesondere<br />
deren Jahresganglinie, und den<br />
erwarteten Ma<strong>rk</strong>t abgestimmt. Beides wird<br />
sich durch die K<strong>lima</strong>erwärmung ändern.<br />
Wie ist da<strong>ra</strong>uf zu reagieren? Höhere Zuflü<strong>sse</strong><br />
in Winter und niedrigere im Sommer<br />
sind zwar günstig und könnten dazu verleiten,<br />
tendenziell kleinere Ausbauleistungen<br />
zu wählen. Doch dabei wird nicht mit der<br />
Zunahme von Hochwa<strong>sse</strong>rn und Dürreperioden<br />
gerechnet. Generell führt die K<strong>lima</strong>erwärmung<br />
zu Veränderungen, deren<br />
Ausmass insgesamt quantitativ schlecht<br />
fassbar ist. Deshalb ist genau zu überlegen,<br />
wo höhere Ausbauleistungen der verschiedenen<br />
Anlageteile allenfalls eine zwar<br />
nicht billige, aber trotzdem sinnvolle Versicherung<br />
gegen schlecht quantifizierbare<br />
Entwicklungen darstellen. Grosszügige<br />
Dimensionierungen können Hochwa<strong>sse</strong>r<br />
be<strong>sse</strong>r gerecht werden und Dürreperioden<br />
be<strong>sse</strong>r überbrücken, sie können auch bei<br />
unerwarteten Ma<strong>rk</strong>tentwicklungen einen<br />
Vorteil darstellen.<br />
Demgegenüber dür<strong>ft</strong>e die k<strong>lima</strong>bedingte<br />
Betriebsoptimierung keine gro<strong>sse</strong>n<br />
Probleme mit sich bringen. Sowohl Veränderungen<br />
auf der Seite des Ma<strong>rk</strong>tes, als<br />
auch K<strong>lima</strong>veränderungen von Jahr zu<br />
Jahr werden grö<strong>sse</strong>r sein als die Veränderungen<br />
des k<strong>lima</strong>bedingten Trends. Die<br />
Betriebsoptimierung muss allen Veränderungen<br />
laufend kurzfristig gerecht werden<br />
und wird dabei die steten, aber von Moment<br />
zu Moment und Jahr zu Jahr kaum<br />
wahrnehmbaren k<strong>lima</strong>bedingten Veränderungen<br />
auffangen.<br />
Es stellt sich auch die F<strong>ra</strong>ge, was<br />
die K<strong>lima</strong>veränderungen für die Umweltschutzpolitik<br />
bedeuten. Schmelzen die<br />
Gletscher, eröffnet sich damit doch die<br />
Möglichkeit, das Wa<strong>sse</strong>r höher oben zu<br />
fa<strong>sse</strong>n und damit das nutzbare Gefälle<br />
nach oben zu verlängern. Dass mit der<br />
Ausschöpfung dieses sich eröffnenden<br />
Potenzials Umweltkonflikte vorprog<strong>ra</strong>mmiert<br />
sind, dür<strong>ft</strong>e klar sein. Eine frühe Diskussion<br />
darüber, wie politisch damit umgegangen<br />
werden soll, wäre wohl leichter<br />
bevor idyllische Seen sich schon gebildet<br />
haben und Projekte schon ausgearbeitet<br />
sind.<br />
Die grössten Veränderungen im<br />
Umfeld der Stromproduktion aus Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong><br />
werden nach wie vor durch die Idee<br />
der Libe<strong>ra</strong>lisierung des Stromma<strong>rk</strong>tes<br />
angetrieben. Diese Idee muss meines E<strong>ra</strong>chtens<br />
nach wie vor kritisch überdenkt<br />
werden. Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>e dürfen auf keinen<br />
Fall kurzfristigen Intere<strong>sse</strong>n geopfert<br />
werden. Wa<strong>sse</strong><strong>rk</strong><strong>ra</strong><strong>ft</strong>we<strong>rk</strong>betreiber mü<strong>sse</strong>n<br />
langfristig denken können, sowohl<br />
bezüglich ihrer Politik im Stromma<strong>rk</strong>t, wie<br />
auch ihrer Politik bei der Pflege und dem<br />
Ausbau der Anlagen. Es ist im öffentlichen<br />
Intere<strong>sse</strong>, die Anlagen in öffentlichem<br />
Besitz zu halten oder mindestens regulativ<br />
dafür zu sorgen, dass die Besitzer zu<br />
langfristigem Denken gezwungen werden.<br />
Wenn das langfristige Denken erhalten<br />
bleibt, werden sich die Besitzer für die<br />
K<strong>lima</strong>veränderungen interessieren und<br />
geeignete Massnahmen finden, damit optimal<br />
umzugehen.<br />
Anschri<strong>ft</strong> des Verfa<strong>sse</strong>rs<br />
Daniel Spreng Prof.<br />
c/o Centre for Energy Policy and Economics,<br />
ETH Zürich, Zürichbergstr. 18, CH-8032 Zürich<br />
dspreng@ethz.ch<br />
8<br />
Siehe z.B. Byman Hamududu und Aanund Killingtveit (2010), Estimating Effects of C<strong>lima</strong>te Change on Global Hydropower Production, Hydropower’10<br />
– 6th International Hydropower Conference, 1–3 February, Tromsø, Norway.<br />
312 «Wa<strong>sse</strong>r Energie Lu<strong>ft</strong>» – 103. Jahrgang, 2011, He<strong>ft</strong> 4, CH-5401 Baden