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Daniel Wegner: Kooperationen zwischen Diakonie und Kirche (Leseprobe)

Wie können Kooperationen zwischen Diakonie und Kirche gelingen? Neben zahlreichen Gemeinsamkeiten und Verknüpfungen weisen beide sehr unterschiedliche Systemlogiken auf. Aus theologischer und sozialwissenschaftlicher Perspektive werden organisationale und interaktionale Aspekte von Diakonie und Kirche analysiert und die Gemeinwesendiakonie als kooperativer Kontext betrachtet. In zwei empirischen Studien werden anschließend die Kirchenkreissozialarbeit und ein gemeinwesendiakonisches Förderprojekt untersucht. Dabei werden unterschiedliche Typen gelingender Kooperationen herausgearbeitet. Es wird deutlich: Wo Diakonie und Kirche zusammenarbeiten, werden sie zu wichtigen Gestalterinnen in der Zivilgesellschaft.

Wie können Kooperationen zwischen Diakonie und Kirche gelingen? Neben zahlreichen Gemeinsamkeiten und Verknüpfungen weisen beide sehr unterschiedliche Systemlogiken auf. Aus theologischer und sozialwissenschaftlicher Perspektive werden organisationale und interaktionale Aspekte von Diakonie und Kirche analysiert und die Gemeinwesendiakonie als kooperativer Kontext betrachtet. In zwei empirischen Studien werden anschließend die Kirchenkreissozialarbeit und ein gemeinwesendiakonisches Förderprojekt untersucht. Dabei werden unterschiedliche Typen gelingender Kooperationen herausgearbeitet. Es wird deutlich: Wo Diakonie und Kirche zusammenarbeiten, werden sie zu wichtigen Gestalterinnen in der Zivilgesellschaft.

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3.1 <strong>Kirche</strong> in systematisch-theologischer Perspektive 81<br />

gemeinschaft der »Gemeinschaften der Christenheit« (Reuter 1997: 57) explizit,<br />

die Reuter ethisch begründet, also in Bezug auf ihr kollektives Handeln (vgl. Reuter<br />

1997: 57). Letzteres darf jedoch nicht missverstanden werden als ethisches<br />

Handeln, durch welche <strong>Kirche</strong> zu <strong>Kirche</strong> werden würde, schließlich ist sie <strong>Kirche</strong><br />

durch Gottes Gnade. Vielmehr ist dieses Handeln von <strong>Kirche</strong> als Teilhabe am Wesen<br />

<strong>und</strong> Handeln Gottes im Sinne der missio dei zu begreifen (vgl. Barth 1957:<br />

100ff.). In Bezug auf die notae ecclesiae, die in der CA VII als Wortverkündigung<br />

<strong>und</strong> Sakramentsverwaltung entfaltet werden, versteht Reuter das darstellende<br />

Handeln von <strong>Kirche</strong>. Für diese Arbeit ist das Verständnis <strong>und</strong> Verhältnis von Glaubens-<br />

<strong>und</strong> Handlungsgemeinschaft, also deren gleichzeitige Unterscheidung <strong>und</strong><br />

Bezogenheit, insofern von Bedeutung, als sich das organisationale wie interaktionale<br />

Selbstverständnis der <strong>Kirche</strong> in Kooperationsprozessen nicht in ihrem abstrakten<br />

Organisationsverständnis begründet, sondern im Glauben an den dreieinigen<br />

Gott <strong>und</strong> dessen Wirken <strong>und</strong> in den daraus folgenden theologischen<br />

Attributen. Dies macht ihrem Wesen nach das Ausstrecken nach Einheit (z. B. mit<br />

<strong>Diakonie</strong>), Heiligung (Teilhabe an Gottes Handeln), Katholizität (z. B. Öffnung<br />

über Ortskirche hinaus) <strong>und</strong> Apostolizität (Bezeugen des Evangeliums als Versöhnung<br />

im Gemeinwesen) als größeren Bezugsrahmen notwendig --- im Bewusstsein<br />

für die eigene Begrenztheit. Insofern sind die Zwecke von organisierter <strong>Kirche</strong><br />

durch ihre Kennzeichen vorgegeben <strong>und</strong> nicht entscheidbar, in jedem Fall aber zu<br />

kontextualisieren.<br />

Um das Verständnis der (darstellenden) Kennzeichen von <strong>Kirche</strong> für diese Arbeit<br />

zu vertiefen, ist es sinnvoll, den Ansatz Härles zur Bestimmung von <strong>Kirche</strong> in<br />

der Tradition der CA VII in den Blick zu nehmen. Er definiert <strong>Kirche</strong> als christliche<br />

Gemeinschaft der Glaubenden, als Leib Christi (vgl. Härle 2018: 573f.). Damit ist<br />

zunächst die Gesamtheit der Gemeinschaft der Christen gemeint. Neben der<br />

gr<strong>und</strong>legenden Definition der <strong>Kirche</strong> als Gemeinschaft der Glaubenden unterscheidet<br />

Härle in Anlehnung an Luther <strong>zwischen</strong> verborgener <strong>Kirche</strong>, als Gesamtheit<br />

aller, die glauben 39 , <strong>und</strong> sichtbarer <strong>Kirche</strong>, als »leibliche[r] Gemeinschaft (einschließlich<br />

aller institutionellen Rahmenbedingungen) von Menschen, die sich<br />

(jedenfalls äußerlich) zu Wortverkündigung <strong>und</strong> Sakramentsfeier halten <strong>und</strong> (jedenfalls<br />

äußerlich) zum Glauben bekennen« (Härle 2018: 578). Dies unterstreicht,<br />

dass <strong>Kirche</strong> <strong>und</strong> ihr Auftrag nicht aus ihrem (ethischen) Handeln, sondern ihrer<br />

Teilhabe am Wesen <strong>und</strong> der Sendung Gottes (missio dei) heraus zu verstehen sind.<br />

Dies ist schöpfungstheologisch analog zum liebevollen Wesen Gottes ebenso zutreffend<br />

wie christologisch durch die sich selbst entäußernde Liebe Gottes in der<br />

Sendung Jesu in die Welt <strong>und</strong> in der hieran anschließenden Sendung der <strong>Kirche</strong>.<br />

<strong>Kirche</strong> ist in die Welt gesandt in einem speziellen Auftrag, durch welchen sie den<br />

liebenden Gott in der Welt widerspiegelt (vgl. Wrogemann 2013: 128f.). Dieser<br />

Auftrag der <strong>Kirche</strong> besteht nach evangelischem Verständnis gr<strong>und</strong>legend in der<br />

<br />

39<br />

Sie werden deshalb als Teil der »verborgenen <strong>Kirche</strong>« bezeichnet, weil der Glaube eines<br />

Menschen an Gott nicht einfach von außen erkennbar ist, sondern letztlich von Gott als<br />

Glaube erkannt wird (vgl. Härle 2018: 575).

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