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Daniel Wegner: Kooperationen zwischen Diakonie und Kirche (Leseprobe)

Wie können Kooperationen zwischen Diakonie und Kirche gelingen? Neben zahlreichen Gemeinsamkeiten und Verknüpfungen weisen beide sehr unterschiedliche Systemlogiken auf. Aus theologischer und sozialwissenschaftlicher Perspektive werden organisationale und interaktionale Aspekte von Diakonie und Kirche analysiert und die Gemeinwesendiakonie als kooperativer Kontext betrachtet. In zwei empirischen Studien werden anschließend die Kirchenkreissozialarbeit und ein gemeinwesendiakonisches Förderprojekt untersucht. Dabei werden unterschiedliche Typen gelingender Kooperationen herausgearbeitet. Es wird deutlich: Wo Diakonie und Kirche zusammenarbeiten, werden sie zu wichtigen Gestalterinnen in der Zivilgesellschaft.

Wie können Kooperationen zwischen Diakonie und Kirche gelingen? Neben zahlreichen Gemeinsamkeiten und Verknüpfungen weisen beide sehr unterschiedliche Systemlogiken auf. Aus theologischer und sozialwissenschaftlicher Perspektive werden organisationale und interaktionale Aspekte von Diakonie und Kirche analysiert und die Gemeinwesendiakonie als kooperativer Kontext betrachtet. In zwei empirischen Studien werden anschließend die Kirchenkreissozialarbeit und ein gemeinwesendiakonisches Förderprojekt untersucht. Dabei werden unterschiedliche Typen gelingender Kooperationen herausgearbeitet. Es wird deutlich: Wo Diakonie und Kirche zusammenarbeiten, werden sie zu wichtigen Gestalterinnen in der Zivilgesellschaft.

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4.1 <strong>Diakonie</strong> in systematisch-theologischer Perspektive 147<br />

Erfahrung des Geliebtseins in Gebrochenheit äußert sich diakonisches Handeln<br />

individual- <strong>und</strong> sozialethisch (vgl. Strohm 2000: 26ff.). Darin verkörpert sich ihr<br />

exemplarischer Charakter eschatologischer Hoffnung auf die Liebe als dem nahenden<br />

Ziel, die sich in der Rechtfertigung aller Menschen durch Gott <strong>und</strong> im Anteil<br />

an der Realisierung des Reiches Gottes durch alle verkörpert (vgl. Moltmann<br />

1989: 28ff.). Wenn <strong>Diakonie</strong> als helfendes Handeln aller Menschen dargelegt wird,<br />

stellt sich die Frage nach der besonderen Rolle der Christ*innen <strong>und</strong> der <strong>Kirche</strong>,<br />

die sich explizit auf die Rechtfertigung durch Gott <strong>und</strong> die Hoffnung auf Gottes<br />

Liebe <strong>und</strong> Gerechtigkeit beziehen, woraus von manchen eine spezielle christliche<br />

Ethik abgeleitet wird. Auf dem Hintergr<strong>und</strong> dieser Frage sind mit Verweis auf die<br />

drei Glaubensartikel schöpfungstheologische, christologische <strong>und</strong> ekklesiologische<br />

Begründungen untrennbar ineinander verwoben. Ihrem Wesen zufolge handeln<br />

Christ*innen als Individuen <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong> als Gemeinschaft der sich auf Liebe<br />

Beziehenden <strong>und</strong> zu Liebe Berufenen notwendigerweise diakonisch.<br />

<strong>Diakonie</strong> als Wesen Gottes <strong>und</strong> als Lebens- <strong>und</strong> Wesensäußerung von<br />

<strong>Kirche</strong><br />

Weil <strong>Diakonie</strong> ein Wesensmerkmal Gottes <strong>und</strong> der missio dei ist, ist »<strong>Diakonie</strong> unbedingt<br />

[auch] eine Wesens- <strong>und</strong> Lebensäußerung der <strong>Kirche</strong>« (Dietz 2013a: 8),<br />

wie aus den systematisch-theologischen Ausführungen zu <strong>Kirche</strong> (vgl. 3.1) im<br />

Blick auf Härles ganzheitliches Verständnis der CA VII (vgl. Härle 2018: 594) sowie<br />

auf das wirksame Handeln der <strong>Kirche</strong> (Gerechtigkeitshandeln <strong>und</strong> solidarische<br />

Hilfe) <strong>und</strong> den Leitbegriff der Kommunikation des Evangeliums (Helfen zum<br />

Leben) deutlich wird (vgl. Grethlein 2016: 324; Reuter 1997: 58ff.). Auf diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> betrifft Christ*innen <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong> die erneuerte diakonische Bestimmung<br />

(1) zu individuellem bzw. kollektivem konkreten Hilfehandeln ebenso wie<br />

(2) im exemplarischen Charakter als Vorbild für die gesamte Menschheit. Im daseinsbestimmenden<br />

Vertrauen auf die Liebe, die im Heilshandeln Christi sichtbar<br />

wurde, kann <strong>Kirche</strong> nicht anders als liebend, also diakonisch zu wirken, sodass<br />

Glaube als besondere Quelle für diakonisches Handeln zu begreifen ist. In der<br />

Folge dieses christologischen Verständnisses ist <strong>Diakonie</strong> auch ekklesiologisch<br />

als kirchliche Verwirklichung ihres eigenen Wesens als Anteil am Wesen Christi<br />

zu verstehen. Damit wird deutlich: <strong>Diakonie</strong> ist notwendiges, aber nicht exklusives<br />

Kennzeichen von <strong>Kirche</strong> (vgl. Kirchhoff 2016: 49). <strong>Kirche</strong> hat eine besondere<br />

Rolle in der exemplarischen <strong>und</strong> erneuerten Bestimmung zu diakonischem Handeln<br />

für, neben <strong>und</strong> mit anderen. Somit ist theologisch evident, dass <strong>Kirche</strong> nicht<br />

ohne diakonisches Handeln denkbar ist. Umgekehrt könnte schöpfungstheologisch<br />

argumentiert werden, dass diakonisches Handeln ohne direkten Bezug zur<br />

<strong>Kirche</strong> möglich sei. Weil <strong>Diakonie</strong> als Wesensmerkmal der <strong>Kirche</strong> allerdings als<br />

Ausdruck von Liebe <strong>und</strong> Ergänzungsbedürftigkeit zu verstehen ist, wird einerseits<br />

<strong>Kirche</strong> nach Beziehungen außerhalb ihrer selbst suchen, also im eigenen diakonischen<br />

Wirken das Miteinander suchen, das im Kontext dieser Arbeit insbesondere<br />

das Miteinander von organisierter <strong>Diakonie</strong>, Bewohner*innen <strong>und</strong> anderen Akteur*innen<br />

im Gemeinwesen umfasst. Auf der anderen Seite werden diakonische

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