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karrieretypen im naturwissenschaftlich- technischen ... - w-fFORTE

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nicht aus der biologischen Ausstattung eines Menschen, sondern aus deren weit reichenden<br />

sozialen Implikationen – der sozialen Bedeutsamkeit von Geschlecht. 1<br />

Konstruktivistische Zugänge zur Geschlechterdifferenz verstehen Geschlecht dabei<br />

als einen sozialen Konstruktionsprozess, d.h. die relevante – soziale – D<strong>im</strong>ension von<br />

Geschlecht ist keine statische oder gegebene, sondern eine, die in der alltäglichen<br />

sozialen Praxis konstruiert und rekonstruiert wird. West/Z<strong>im</strong>mermann (1987) prägten<br />

dafür den Begriff des „doing gender“ und bringen damit zum Ausdruck, dass Geschlecht<br />

nicht etwas ist, das man ‚hat’, sondern etwas, das man ‚tut’. Durch diese ständige<br />

Re-Produktion wird die Kategorie Geschlecht zu einem Bestandteil sozialer Wirklichkeit.<br />

Der Mechanismus der Geschlechterkonstruktion in sozialer Interaktion hat eine weiter<br />

gehende, strukturelle D<strong>im</strong>ension. Denn die Konstruktion des Geschlechterdualismus<br />

geht in alle sozialen Praxen ein – auch auf institutioneller oder organisationaler Ebene.<br />

Organisationen sind demzufolge keine geschlechtsneutralen Gebilde, sondern in sie<br />

geht die Praxis der agierenden AkteurInnen ein. Der Begriff der „gendered organizations“<br />

(Acker 1990) bzw. der „geschlechtlichen Substruktur von Organisationen“<br />

n<strong>im</strong>mt diesen Aspekt auf und lenkt den Blick auf die institutionalisierten Prozesse der<br />

Geschlechterkonstruktion, die gleichsam ‚unterhalb’ der offiziellen Organisationsstrukturen<br />

verlaufen (vgl. bspw. auch Deppe 2004, von Stebut 2003)<br />

Für die vorliegende Studie ist diese Sichtweise der geschlechtlichen Substruktur von<br />

Organisationen interessant, da von diversen Ausschließungsmechanismen gegenüber<br />

Frauen ausgegangen werden kann. Aus der Organisationssoziologie ist in diesem Zusammenhang<br />

der Begriff der „homosozialen Kooptation“ (Fine 1987) von Bedeutung,<br />

also der Bevorzugung ‚homosozialer’, d.h. derselben sozialen Gruppe angehöriger<br />

Personen bei der Aufnahme neuer Mitglieder. Begreift man Männer und Frauen als<br />

jeweils homosoziale Gruppen, liegt es auf der Hand, wie in einem männlich dominierten<br />

Arbeitsfeld wie den Naturwissenschaften und der Technik diese (subtilen und unbewussten,<br />

aber nichtsdestotrotz wirksamen) Mechanismen auf Ebene der geschlechtlichen<br />

Substruktur zu einer strukturellen Ausschließung von Frauen führen. Wollen<br />

Frauen zu Mitgliedern werden, stehen sie unter dem enormen Anpassungsdruck, ‚one<br />

of the boys‘ zu werden, zumal in solchen Settings von einer männerbündischen Prägung<br />

der Arbeitskultur und einem hohen Stellenwert bzw. einer großen Einflusskraft<br />

der ‚old boys networks’ ausgegangen werden kann (vgl. Meuser 2006).<br />

Die Einstellungen der AkteurInnen <strong>im</strong> Feld sind dabei aber einerseits von einer Tendenz<br />

zur Leugnung solcher Chancenungleichheiten geprägt, andererseits werden die<br />

Gründe für Benachteilungen von Frauen häufig auf Faktoren außerhalb der Organisation<br />

geschoben. Als Begründungen werden die geringeren Karrieremotivationen von<br />

Frauen, ihr Gefangensein in sozialisationsbedingten geschlechtsspezifischen Rollenmustern<br />

oder das Problem der Unvereinbarkeit hoch qualifizierter Tätigkeit mit familiärer<br />

Verantwortung ins Rennen geführt (vgl. Lind 2004:55). Dieser ‚Mythos der Chan-<br />

1 Die deutsche Sprache verfügt nur über den einen Begriff ‚Geschlecht’, der für alle Konstellationen des<br />

Verhältnisses von Männern und Frauen angewandt wird. Im Englischen existieren hierfür zwei Worte:<br />

‚sex’ bezeichnet dabei die biologisch-körperliche, ‚gender’ die soziale D<strong>im</strong>ension von Geschlecht.<br />

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