Verfahrenstechnik 5/2023

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WÄRMEPUMPEN SCHLÜSSEL ZUR DEKARBONISIERUNG Wärmepumpen werden auch für die Prozessindustrie wirtschaftlich immer interessanter. Dank Fördermitteln lassen sich verkürzte Amortisationszeiten erreichen, zudem sind sie eine Schlüsseltechnologie zur Dekarbonisierung im Wärmebereich. Entscheidend ist jedoch die durchdachte, individuelle Planung. Aus dem Gebäudebereich sind Wärmepumpen bekannt, die eine Vorlauftemperatur von etwa 40 °C erreichen. Für den Industrieeinsatz stehen Großwärmepumpen mit Vorlauftemperaturen von 60 bis 80 °C zur Verfügung. Für die Substitution von Prozessdampf wurden Hochtemperatur-Wärmepumpen (HTWP) mit Vorlauftemperaturen bis zu 140 °C zur Marktreife gebracht. Erste Modelle mit einer Temperatur bis zu 160 °C zeigen, dass die Entwicklung noch längst nicht abgeschlossen ist. Bei der Betrachtung der Temperaturen gilt es jedoch, einen entscheidenden Unterschied zur klassischen Wärmeversorgung zu bedenken: Während diese zentral ausgelegt ist, und damit in der Regel auf die höchste benötigte Temperatur, wird die Wärmepumpe sinnvollerweise dezentral eingesetzt. Damit geht es hier darum, möglichst genau die für spezifische Prozesse erforderlichen Temperaturen sicher zur Verfügung zu stellen. Wer die Projektierung einer Wärmepumpe im eigenen Unternehmen verfolgen möchte, sollte im ersten Schritt die möglichen Wärmequellen und -senken des Unternehmens lokalisieren. Als Wärmequelle kommen (Ab-)Luft und (Ab-)Wasser sowie Abwärme aus Produktionsprozessen, Kälteanlagen oder Kühlsystemen, Blockheizkraftwerken oder aus der Drucklufterzeugung in Frage. Als Wärmesenken bieten sich standardmäßig alle Prozesse mit Warmwasserbedarf an. Bei HTWP kommen beispielsweise Trocknungs-, Pasteurisier- und Destillationsprozesse in Frage. SCHRITTWEISE UMSTELLUNG Eine erste Herausforderung ist die räumliche Entfernung zwischen Wärmequelle und -senke. Um zu beurteilen, welche sinnvoll verbunden werden können, sind Fragen zu beantworten: Wie viel Wärme steht an der Quelle zur Verfügung? Mit welcher Temperatur? Wie sieht der Lastgang der verfügbaren Abwärme aus? Wie zugänglich sind Wärmequellen und -senken? Unternehmen, die ISO-50001-zertifiziert sind, verfügen in der Regel bereits über die hierfür notwendigen Daten. Ist das nicht der Fall, sollten an den betreffenden Stellen Messungen durchgeführt werden. Diese sind auch mit non-invasiven Messmethoden möglich, sodass der zeitliche und investive Aufwand überschaubar bleibt. Vor allem für die größeren Quellen-Potenziale beginnt nun die Überlegung, wie sich diese sinnvoll mit den Senken verbinden lassen. Wichtig ist es, die Fragestellungen nicht nach dem Motto Alles oder Nichts anzugehen. Es geht in der Regel nicht darum, die ganze Wärmeversorgung durch Wärmepumpen zu gewährleisten. Vielmehr wird die Wärmepumpe in (fast) jedem Anwendungsfall dazu beitragen, einen Teil der benötigten Prozesswärme zur Verfügung zu stellen, sei es durch Erreichen der Zieltemperatur oder für eine Vorwärmung von Prozessen. Für die Integration von Wärmepumpen sind in der Regel zwei begleitende Maßnahmen hilfreich: die Umstellung von Dampf auf Warmwasser (wo prozessual möglich) und ein ausreichender Pufferspeicher. Kann die erforderliche Temperatur mit einer Wärmepumpe nicht erreicht werden, lassen sich mehrere Wärmepumpen in einer Kaskadenschaltung kombinieren (bei Bedarf durch Zwischenschaltung eines Speichers). So wird nicht nur ein höheres Temperaturniveau erzielt, sondern auch die Flexibilität, einzelne Geräte nach Bedarf zu- und abzuschalten. WÄRMEPUMPEN ERZEUGEN AUCH KÄLTE Generell haben moderne Wärmepumpen einen hervorragenden Wirkungsgrad – einer ihrer Hauptvorteile. Er wird als COP (Coefficient of Performance) angegeben. Eine Wärmepumpe arbeitet umso effizienter, je geringer der Temperaturhub ist, den sie liefert. Bei einem Temperaturhub von 40 Kelvin kommen sie auf einen COP zwischen vier und fünf, das bedeutet: Aus einer Kilowattstunde elektrischer Energie erzeugt die Wärmepumpe vier bis fünf Kilowattstunden thermische Energie. Beträgt der Hub nur 20 Kelvin, 38 VERFAHRENSTECHNIK 2023/05 www.verfahrenstechnik.de
TRENDTHEMA – WÄRMEÜBERTRAGUNG 01 02 01 Suchen und finden: Zuerst sind mögliche Wärmequellen (rot) und Wärmesenken (blau) zu identifizieren 02 Lohnenswert: Die Größe der Punkte zeigt an, wie lohnend eine Wärmequelle oder -senke ist steigt der COP auf fünf bis sechs. Ein Hub von 100 Kelvin ist zwar technisch möglich, mit einem COP zwischen eins und zwei aber kaum sinnvoll. Darüber hinaus wird der COP unter anderem auch vom genutzten Kältemittel und Verdichter beeinflusst. Noch effizienter sind Wärmepumpen, wenn sie nicht nur zur Wärme-, sondern auch zur Kälteerzeugung genutzt werden. Denn sie produzieren immer beides: Kälte entsteht dort, wo die Wärme entzogen wird (an der Wärmequelle). Unternehmen können mit einer Wärmepumpe also nicht nur Gas oder Öl für die Wärmeerzeugung sparen oder ersetzen, sondern auch Strom für die Rückkühlung oder Kompressionskälte. Voraussetzung für diese Doppelnutzung ist jedoch eine gewisse räumliche Nähe des Kälte- und Wärmebedarfs. WIRTSCHAFTLICHKEITSBETRACHTUNG Bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einer Wärmepumpe spielen außerdem zahlreiche weitere Faktoren eine Rolle. Dazu gehören etwa der Wärmepumpen-Typ und die Einsatzbedingungen. Weil die Wärmepumpe mit Strom betrieben wird, ist auch der Stromtarif zu betrachten. Energieintensive Unternehmen können aufgrund der 7.000-Stunden-Regelung möglicherweise sogar davon profitieren, dass ihr Stromverbrauch durch die Wärmepumpe steigt: Wenn sie 7.000 Volllaststunden im Jahr überschreiten, sinkt ihr Netzentgelt auf 20 Prozent, ab 7.500 Stunden auf 15 Prozent, ab 8.000 Stunden sogar auf zehn Prozent. Auch der Gaspreis spielt eine Rolle, weil die Wärmepumpe in der Regel Gas ersetzt. Außerdem ist der Aufwand zu berücksichtigen, der für die Erschließung von Wärmequelle und -senke nötig ist. Unternehmen können diverse Fördermittel erhalten, zum Beispiel das Modul 2 des Förderprogramms EEW, die Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude oder die Bundesförderung effiziente Wärme. Bilder: MVV Energie, Viessmann www.partner.mvv.de AUTOR Jörg Schlehe, Vertriebsingenieur Business Kunden bei MVV Enamic GmbH IMPRESSUM vereinigt mit BioTec erscheint 2023 im 57. Jahrgang, ISSN: 0175-5315 / ISSN E-Paper: 2747-8025 REDAKTION Leitende Chefredakteurin: Dipl.-Ing. (FH) Nicole Steinicke (ni), Tel.: 06131/992-350, E-Mail: n.steinicke@vfmz.de (verantwortlich i.S.d. § 18 Abs. 2 MStV) Redakteur: Dipl.-Ing. (FH) Guido Matthes (gm), Tel.: 06131/992-351, E-Mail: g.matthes@vfmz.de B. A. Melina Hosseinli (mh) (Vol.), Tel.: 06131/992-349, m.hosseinli@vfmz.de Redaktionsassistenz: Vivien Backof, Tel.: 06131/992-415, Melanie Lerch, Tel.: 06131/992-261, Petra Weidt, Tel.: 06131/992-371, E-Mail: redaktionsassistenz_vfv@vfmz.de, (Redaktionsadresse siehe Verlag) GESTALTUNG Sonja Daniel, Anette Fröder, Conny Grothe SALES Oliver Jennen, Tel.: 06131/992-262, E-Mail: o.jennen@vfmz.de Andreas Zepig, Tel.: 06131/992-206, E-Mail: a.zepig@vfmz.de Auftragsmanagement: Nevenka Islamovic, Tel.: 06131/992-113, E-Mail: n.islamovic@vfmz.de Anzeigenpreisliste 2023, gültig ab 01.10.2022 LESERSERVICE vertriebsunion meynen GmbH & Co. KG, Große Hub 10, 65344 Eltville, Tel.: 06123/9238-266 Bitte teilen Sie uns Anschriften- und sonstige Änderungen Ihrer Bezugsdaten schriftlich mit (Fax: 06123/9238-267, E-Mail: vfv@vertriebsunion.de). Preise und Lieferbedingungen: Einzelheftpreis: € 13,- (zzgl. Versandkosten) Jahresabonnement Inland: € 99,- (inkl. 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(FH) Nicole Steinicke Head of Sales: Carmen Nawrath Tel.: 06131/992-245, E-Mail: c.nawrath@vfmz.de (verantwortlich für den Anzeigenteil) Vertrieb: Sarina Granzin, Tel.: 06131/992-148, E-Mail: s.granzin@vfmz.de DRUCK UND VERARBEITUNG Westdeutsche Verlags- und Druckerei GmbH Kurhessenstraße 4 - 6, 64546 Mörfelden-Walldorf DATENSPEICHERUNG Ihre Daten werden von der Vereinigte Fachverlage GmbH gespeichert, um Ihnen berufsbezogene, hochwertige Informationen zukommen zu lassen. Sowie möglicherweise von ausgewählten Unternehmen genutzt, um Sie über berufsbezogene Produkte und Dienstleistungen zu informieren. Dieser Speicherung und Nutzung kann jederzeit schriftlich beim Verlag widersprochen werden (vertrieb@vfmz.de). Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. 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