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MEDIAkompakt Ausgabe 34

Die Zeitung des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart - www.mediapublishing.org

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12 Frei<br />

mediakompakt<br />

Queens, Kings und Aliens<br />

Drag machen doch nur<br />

schwule Männer, oder nicht?<br />

Doch Queens sind nicht die<br />

einzigen Perlen der Community.<br />

Drag King Tenu erzählt,<br />

welche Erfahrungen er in der<br />

Szene macht.<br />

VON MARILENA STEINER<br />

Bilder: King Tenu<br />

Drag Queens kennt jeder. In der breiten<br />

Masse sind vor allem die homosexuellen<br />

Männer, die die Kunst der<br />

Travestie ausüben, bekannt. Doch<br />

die Welt des Drags bietet sehr viel<br />

mehr. Schon lange sind es nicht nur Männer, die<br />

sich in überspitzter Form als Königinnen präsentieren.<br />

King Tenu ist ein junger Drag King, der sich<br />

in den letzten eineinhalb Jahren in der Münchner<br />

Drag-Community etabliert hat. Verkörpert wird<br />

er von der 21-jährigen non-binären Münchnerin<br />

Mäx.<br />

Die Drag-Szene befindet sich im Wandel. Die<br />

allseits bekannten Queens stehen nun nicht mehr<br />

alleine im Rampenlicht. Und dabei etablieren sich<br />

neben Kings auch viele andere Formen in der Szene.<br />

Jede interessierte Person kann sich frei entfalten.<br />

Mäx ist der Ansicht, dass Geschlechter -<br />

klischees in der Community längst keine Rolle<br />

mehr spielen. Die lesbische Frau stellt den King<br />

und der schwule Mann die Frau dar. Das ist ein<br />

längst überholtes Schubladendenken. Es muss<br />

nicht unbedingt das entgegengesetzte Geschlecht<br />

stereotypisch präsentiert werden. „Was hätte ich<br />

darstellen sollen, wenn ich als nicht binäre Person<br />

das Gegenteil auf die Spitze treibe?“, wirft Mäx<br />

ein. Sie wollte zu ihrer sonst weiblichen Erscheinung<br />

die männlichen Privilegien als Extrem für<br />

sich austesten. Es bietet ihr einen guten Ausgleich<br />

zu ihrem Alltag, in dem sie sich auch frei als Mann<br />

bewegen kann. Mit Konfrontation hat sie dabei<br />

weniger Erfahrungen gemacht. Queens haben im<br />

Alltag oft mit Gegenwind zu kämpfen, während<br />

Menschen in der Öffentlichkeit vor den Kings mit<br />

ihrer markanten Gangart und dem sehr maskulinem<br />

Auftreten eher zurückweichen.<br />

Als Mäx vor einiger Zeit in die Welt des Drag<br />

eingetaucht ist, war die Corona-Pandemie ein<br />

großes Thema in der Gesellschaft. Viele Treffen<br />

und Veranstaltungen haben nicht stattgefunden.<br />

So hat sich die junge Münchnerin zunächst viel<br />

auf Social-Media-Plattformen, wie TikTok, Instagram<br />

und YouTube umgesehen und Hilfe für den<br />

Einstieg gesucht. Schnell hat sie festgestellt, dass<br />

Drag Queens die größte repräsentative Gruppe der<br />

Community sind. „Ich war schon sehr oft auf<br />

Christopher Street Days (CSD) und ich fand auch<br />

immer die Drag Queens mega mega cool und habe<br />

mir auch sehr oft schon gedacht: Hey! Es wäre<br />

doch voll cool, wenn es nicht nur Drag Queens gäbe,<br />

sondern noch viel mehr Geschlechter in übertriebener<br />

Form dargestellt werden würden“, berichtet<br />

Mäx. So stand von Anfang an ihr Wunsch<br />

fest, einen Drag King zu inszenieren. Diese Entscheidung<br />

hat noch immer Bestand und die junge<br />

Münchnerin hat diese nie angezweifelt. Sie fühlt<br />

sich nicht nur sehr wohl und selbstbewusst in ihrer<br />

Rolle, sondern kann sich frei im selbst gewählten<br />

Image als „Fuckboy“ auf der Bühne präsentieren.<br />

Doch was tun Travestie-Künstler:innen während<br />

ihrer Performances? Der einfachste Einsteig<br />

in die Welt des Drag sind Lip-Sync-Battles. Hier<br />

inszenieren die Künstler:innen eine Show zu Playback-Musik<br />

und bewegen dabei die Lippen zum<br />

Text. Und genau an so einem hat der junge King<br />

im Herbst 2021 teilgenommen. Sehr spontan und<br />

ohne viel eingeprobte Choreografie wagte sich Tenu<br />

ein erstes Mal auf die Bühne und kämpfte sich<br />

alleine über mehrere Runden zum Sieg. Im Nachhinein<br />

betrachtet, hat dieser Start das Selbstbewusstsein<br />

und die Überzeugung des jungen Drag<br />

Kings enorm gesteigert. Dieses Erfolgserlebnis<br />

brachte Tenu großen Zuspruch in der Community<br />

ein. Folgebuchungen für weitere Veranstaltungen<br />

ließen nicht lange auf sich warten und so ist<br />

King Tenu heute ein gefragter Künstler. Sein bisher<br />

größter Auftritt ist auf der großen CSD-Bühne<br />

auf dem Münchner Marienplatz gewesen. Er ist<br />

sehr stolz diesen Auftritt gemeistert zu haben. „So<br />

richtig Lampenfieber habe ich eigentlich nicht,<br />

aber auf dem CSD war es anders. Die große Bühne<br />

mit Übertragung auf die riesige LED-Leinwand<br />

hat mich schon sehr nervös gemacht“, erklärt<br />

Mäx.<br />

Das heutige Styling von King Tenu erinnert<br />

noch immer an den ersten Auftritt auf der Halloween<br />

Party. Eine große Narbe im Gesicht, rote<br />

nach oben gestylte Haare, starkes Contouring und<br />

ein Bandana gehören zu seinen Erkennungsmerkmalen.<br />

In der Vergangenheit hat sich Mäx bereits<br />

mit Cosplay beschäftigt. Daraus hat sie einige Erfahrung<br />

im Umgang mit Make-Up und Perücken<br />

gewonnen, die sie jetzt weiter ausbaut. Außerdem<br />

hat sie bereits einige Jahre Tanzerfahrung gesammelt,<br />

die ihr nun ebenfalls sehr zu Gute kommen.<br />

Feste Choreografien für ihre Auftritte möchte sie<br />

sich allerdings nicht zurechtlegen. „Andere<br />

Künstler:innen brauchen das. Mich würde ein falscher<br />

Schritt komplett aus der Fassung bringen.<br />

Im Zweifelsfall ziehe ich einfach viele Schichten<br />

übereinander und fange an, eine nach der anderen<br />

passend zur Musik abzulegen“, sagt die<br />

Münchnerin. Und es zahlt sich aus. Ihr Talent im

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