MEDIAkompakt Ausgabe 34
Die Zeitung des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart - www.mediapublishing.org
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26 FREI<br />
mediakompakt<br />
Vom Hörsaal zum Business<br />
Für junge Menschen wirkt die<br />
Idee der Unternehmensgründung<br />
oft abschreckend. Doch<br />
was passiert, wenn man diesen<br />
Schritt wagt?<br />
Eine der Gründer:innen des KI<br />
Start-ups AdaLab berichtet<br />
über ihren Alltag als junge Unternehmerin.<br />
VON MEIKE GREES<br />
Ein Altbau im Herzen Hamburgs, fünfter<br />
Stock: Hier befindet sich das Hauptquartier<br />
von AdaLab. Auf den ersten<br />
Blick ein Büroraum wie jeder andere,<br />
fünf Schreibtische mit Bildschirmen,<br />
Kabelsalat. AdaLab ist aber kein beliebiges Startup.<br />
Das Hauptprodukt ist ein KI-Modell, mit dem<br />
automatisch Musikvideos generiert werden können.<br />
Mit dem entstandenen Tool kann zu einem<br />
Musikstück ein Video mit bestimmten visuellen<br />
Vorgaben ausgespielt werden. Alle Mitarbeitenden<br />
sind unter 35 Jahren, auch die drei Gründungsmitglieder<br />
Pia Čuk, Anton Wiehe und Florian<br />
Woeste.<br />
Čuk ist seit vier Jahren Wahlhamburgerin und<br />
hat ihren Master in Intelligent Adaptive Systems<br />
an der dortigen Universität im Jahr 2022 als Jahrgangsbeste<br />
abgeschlossen. Ihre beiden Gründungskollegen<br />
von AdaLab hat die 25-Jährige bereits<br />
während des Masterstudiums kennengelernt.<br />
„Anton und Florian haben schon ein Jahr vorher<br />
angefangen und hatten den Traum von der eigenen<br />
Firma zuerst. Die beiden haben mich dann<br />
so ein bisschen angeworben“, erzählt Čuk. So entstand<br />
die eigentliche Idee, dass Unternehmensgründung<br />
eine machbare Option für sie sein<br />
könnte.<br />
Auf die Frage, wie es sich anfühlt, als junge<br />
Frau in einem männlich dominierten Feld zu arbeiten,<br />
muss sie schmunzeln. „Man gewöhnt sich<br />
schon während des Studiums im naturwissenschaftlich-technischen<br />
Bereich daran, immer in<br />
der Unterzahl zu sein.“ Sie habe gelernt, sich davon<br />
nicht einschüchtern zu lassen. „Wenn dann<br />
aber ein männlicher Kunde mir erklären will, wie<br />
mein Job geht und der Satz schon mit ‚Du als Frau<br />
…‘ losgeht, bin ich raus.“ Glücklicherweise stärken<br />
Čuks Teammitglieder ihr in solchen Situationen<br />
den Rücken und es wird eine gemeinsame Lösung<br />
für den Umgang gefunden.<br />
Die größte Herausforderung am Start-up-Alltag<br />
ist für Čuk die schlechte Planbarkeit. „Teilweise<br />
weiß ich nicht mal, was ich nächste Woche machen<br />
werde. Gleichzeitig ist der Moment, wo mir<br />
die Zeit ausgeht, der Moment, an dem das Unternehmen<br />
bankrott ist. Unsere Zeit ist unser größtes<br />
Kapital. Das war besonders am Anfang gewöhnungsbedürftig“,<br />
sagt die Informatikerin. Nachdem<br />
AdaLab seit inzwischen drei Jahren läuft, habe<br />
aber alles schon mehr Routine. „Du lernst mit<br />
der Zeit, dass sich viele deiner Sorgen einfach von<br />
allein erledigen“, erklärt Čuk.<br />
Im Gespräch wird auch schnell klar, dass die<br />
positiven Seiten des selbstständigen Daseins deutlich<br />
überwiegen. Die Freiheit, nach eigenem besten<br />
Wissen und Gewissen Entscheidungen zu treffen<br />
„ist wirklich das coolste daran“, berichtet Čuk<br />
über ihren Alltag. Man sei eben nicht seinem Arbeitgeber<br />
verpflichtet, sondern könne das tun,<br />
was man persönlich für richtig halte.<br />
Auch zu sehen, wie viele Menschen tatsächlich<br />
praktischen Bedarf für das selbst entwickelte<br />
Produkt haben, sei sehr erfüllend. Gerade kleinere<br />
Künstler, die bisher ihre Musik ohne visuelle Unterstützung<br />
veröffentlicht hatten, profitieren von<br />
AdaLabs Musikvideo-Tool. „Für echte Menschen<br />
zu entwickeln ist definitiv das, was mir an meinem<br />
Job am meisten Spaß macht. Es ist so schön<br />
zu sehen, wenn dafür dann positive Rückmeldungen<br />
kommen.“<br />
Für alle, die jetzt auf den Geschmack des eigenen<br />
Unternehmens gekommen sind, hat Čuk<br />
noch einige Tipps zum Gründen. „Einfach probieren,<br />
denn es wird nie den richtigen Moment geben,<br />
wo du alles weißt und gleichzeitig kein Risiko<br />
und keine Verantwortung hast.“ Es helfe enorm,<br />
das Thema Gründung nicht als lebensentscheidende<br />
Aufgabe zu sehen.<br />
Trotzdem sei es auch wichtig, sich bewusst zu<br />
sein, dass gerade am Anfang viele Fehler passieren.<br />
Wenn man aber bereit ist, aus diesen zu lernen,<br />
daran zu wachsen und den Lernprozess anzunehmen,<br />
ist die eigene Firma zu gründen ein<br />
Prozess, der einen persönlich und professionell<br />
nur bereichert.<br />
Namensgeberin von AdaLab<br />
Bild: AdaLab<br />
AdaLab ist nach Ada Lovelace benannt. Sie<br />
war eine britische Mathematikerin, die als<br />
erste Programmiererin der Welt gilt. Lovelace<br />
war an der Entwicklung eines Vorläufers des<br />
modernen Computers beteiligt und schrieb<br />
den ersten Algorithmus für eine Maschine.