MEDIAkompakt Ausgabe 34
Die Zeitung des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart - www.mediapublishing.org
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22 FREI<br />
mediakompakt<br />
Bild: Privat<br />
Zwischen Jetlag und Brüllaffen<br />
Hoch oben auf den Maya-Pyramiden oder tief unten am Korallenriff – da ist Freiheit. Aber wo<br />
liegen die Grenzen des Glücks, wenn Frauen allein die Welt erobern? Antonia Reichmann und<br />
Annika Ederer erzählen von ihren Reisen nach Tansania und Mexiko.<br />
VON ALEXANDRA ELLINGER<br />
Wir waren im Nirgendwo und um<br />
uns herum brannten Buschfeuer.<br />
Ich dachte sofort: ‚Ach du Scheiße,<br />
ist das heiß!‘“ Höllentrip statt<br />
Traumurlaub? Für Frauen wie die<br />
22-jährige Annika Ederer kann es allein auf Reisen<br />
besonders brenzlig werden.<br />
Laut einer Umfrage von HolidayCheck reisten<br />
42 Prozent der deutschen Frauen bereits solo. So<br />
auch die gleichaltrige Antonia Reichmann, die<br />
fünf Wochen bei einem Tauchprojekt in Tansania<br />
arbeitete. Annika Ederer schwärmt: „Dieses Reisefieber,<br />
dieses Kribbeln, dass du wegmusst – das habe<br />
ich von meinen Großeltern.“ Die Planungen<br />
für eine gemeinsame Reise nach Mexiko liefen auf<br />
Hochtouren, als ihr Großvater starb. „Meine Oma<br />
meinte, ‚Opa wollte unbedingt die Reise mit dir<br />
machen‘, und ich habe vorgeschlagen, ‚Das können<br />
wir doch machen‘.“<br />
„Ich brauchte bei so viel Kriminalität einen Rückhalt.“<br />
Interessiert sich eine Frau für eine Reise, taucht<br />
schnell die Frage nach der Sicherheit auf. Das Auswärtige<br />
Amt informiert über Reiseziele. In Tansania<br />
und Mexiko wird vor der Kriminalitätsrate gewarnt,<br />
in Mexiko auch vor Gewalt gegen Frauen.<br />
„Ich kann die Sprache nicht und ich brauchte in<br />
einem Land mit so viel Kriminalität einen Rückhalt“,<br />
begründet Annika Ederer die Entscheidung<br />
für eine Reiseleitung. Antonia Reichmann war in<br />
Tansania die meiste Zeit auf sich gestellt. Gestohlen<br />
wurden ihr die Kopfhörer – und das aus der eigenen<br />
Unterkunft. „Danach habe ich immer gewissenhaft<br />
abgeschlossen“, berichtet sie lachend.<br />
„Jeder ist froh, wenn er Arbeit findet – auch Kinder.“<br />
Kriminalität und Armut gehen Hand in Hand. Antonia<br />
Reichmann schildert den Normalzustand in<br />
Tansania: „Die meisten Menschen leben auf der<br />
Straße. Manche unter einer Plane, die sie im Müll<br />
gefunden haben. Einige haben nicht mal Kleider.<br />
Jeder ist froh, wenn er Arbeit findet – auch Kinder.“<br />
Annika Ederer sah in Mexiko neben den touristischen<br />
Regionen auch das Leben der Einheimischen:<br />
„Der Tourismus ist die einzige Geldquelle.<br />
Mit dem Bus sind wir oft durch arme Dörfer gefahren.<br />
Ich weiß nicht, was die Menschen in der Regenzeit<br />
machen. In den Häusern gibt es keine Türen<br />
oder Fenster.“<br />
„Einheimische haben mich zum Essen eingeladen.“<br />
Eine Reise ist gelungen, wenn tolle Erinnerungen<br />
bleiben. Antonia Reichmann machte in Tansania<br />
ihren Tauchschein und rettete Korallen. Sie ging<br />
auf Märkte und baute sogar an einer Lehmhütte<br />
mit. Ein Highlight war die Einladung zum Abendessen<br />
bei einer tansanischen Familie, wo sie den<br />
Maisbrei Ugali probieren durfte.<br />
Annika Ederer und ihre Oma starteten in Mexiko<br />
hingegen etwas holprig. Beide kämpften um<br />
Schlaf, die Oma mit Jetlag und die 22-jährige Studentin<br />
mit Brüllaffen: „Unser Hotel war neben<br />
dem Dschungel und die haben morgens um vier<br />
Uhr gebrüllt.“<br />
Auf der anschließenden Rundreise begeisterten<br />
sie die Ausgrabungsstätten der Maya: „Ich saß<br />
in Edzná auf den Stufen der Pyramide und alles<br />
war still. Du fühlst dich da oben ganz klein und<br />
denkst dir ‚krass‘.“<br />
Neben schönen Momenten gibt es auch Schattenseiten.<br />
„Wir sind an Buschfeuern vorbeigefahren,<br />
als wäre es das Normalste auf der Welt. Es wurde<br />
auch irgendwann normal, weil es so viele gab“,<br />
berichtet Annika Ederer.<br />
Antonia Reichmann erinnert sich an ihre Zeit<br />
in Tansania: „Man sticht natürlich hervor mit der<br />
hellen Haut. Auf Märkten kann es unangenehm<br />
sein, wenn dich Verkäufer in ihre Stände ziehen<br />
wollen. Aber ich hatte nie das Gefühl, dass mir jemand<br />
etwas Böses will. Auch Frauen können allein<br />
in solche Länder reisen.“<br />
„Man sollte nichts verteufeln, was man nicht selbst<br />
ausprobiert hat.“<br />
Für viele Frauen bleibt die Frage offen: Ist eine Solo-Reise<br />
das Richtige für mich? Annika Ederer<br />
warnt vor überstürzter Begeisterung: „Man muss<br />
sich erst einmal dazu überwinden.“<br />
Antonia Reichmann rät allen reisebegeisterten<br />
Frauen: „Wenn das Interesse da ist: Unbedingt<br />
ausprobieren. Man sollte nichts verteufeln, was<br />
man nicht selbst ausprobiert hat. Am Ende ist es<br />
vielleicht ein blöd gelaufener Urlaub, aber vielleicht<br />
ist es auch der beste deines Lebens.“<br />
Tipps für Solo-Reisen<br />
1. Mit kleinen Zielen starten<br />
2. Sicherheit schaffen, etwa mit Trillerpfeife<br />
3. Plan B haben