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MEDIAkompakt Ausgabe 34

Die Zeitung des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart - www.mediapublishing.org

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24 FREI<br />

mediakompakt<br />

Freiheit neu geschrieben<br />

Nicht überall ist die Meinungsfreiheit so selbstverständlich wie<br />

hier in Deutschland . Khalil Khalil, heute Redakteur beim SWR,<br />

ist 2015 von Syrien nach Deutschland geflohen. In seinem<br />

Heimatland hätte er seinen Wunschberuf als Journalist nicht<br />

frei ausüben können.<br />

VON MAX MÜLLER<br />

Journalismus lebt von Freiheit und wenn<br />

man diese Meinungsfreiheit als Journalist<br />

nicht hat, dann ergibt es auch keinen<br />

Sinn, diesen Beruf auszuüben“, betont<br />

Khalil Khalil, der heute als Redakteur für<br />

das SWR-Format Kaffee oder Tee arbeitet und unter<br />

anderem Inhalte für die Live-Sendung vorbereitet.<br />

Redaktionell und journalistisch ist Khalil<br />

noch nicht sehr lange tätig. Eigentlich wollte er<br />

schon als junger Erwachsener eine Ausbildung<br />

zum Journalisten anfangen. Doch in Syrien bot eine<br />

journalistische Ausbildung keine guten Aussichten.<br />

Das Regime unter Präsident Baschar Al-<br />

Assad kontrolliert die Medien im Land. Alle Publikationen<br />

werden auf politische Inhalte geprüft.<br />

Gerade junge Menschen haben es nicht leicht<br />

in Syrien. Seit 2011 herrscht im Land Bürgerkrieg.<br />

Die Regierung zieht dafür junge Männer ein. Wer<br />

sich weigert, als Soldat zu dienen, wird verhaftet<br />

oder erschossen. Wer sich nicht der Regierung<br />

beugt, muss fliehen.<br />

Da der Journalismus keine Option für Khalil<br />

war, entschied er sich für ein Jura-Studium. Nach<br />

erfolgreichem Abschluss des Bachelors, fing der<br />

heutige Redakteur einen Master an. Der Krieg war<br />

damals bereits im vollen Gange. Im zweiten Jahr<br />

des Masterstudiums verschärften sich die Zustände<br />

in Syrien weiter. Wie vielen Studierenden, wurden<br />

auch Khalil jegliche Recherchearbeiten verboten.<br />

Als junger Mann wurde er zudem von der<br />

Regierung verfolgt. Khalil entschied sich, das<br />

Land zu verlassen und nach Deutschland zu<br />

flüchten. Von seiner Flucht 2015 erzählt er heute<br />

nicht mehr gerne.<br />

„Es ist zwar schön darüber zu erzählen, aber du<br />

kommst zu einem Punkt, an dem du denkst, ich<br />

will mich einfach von diesem Begriff ‚Flüchtling‘<br />

befreien. Du willst die Vergangenheit hinter dir<br />

lassen, das verarbeiten und neu anfangen.“<br />

Seine Familie blieb in Syrien zurück. Den Kontakt<br />

zu ihnen konnte Khalil halten, allerdings nur<br />

sehr unregelmäßig. Strom und Telefonnetz fallen<br />

in vielen Teilen Syriens immer wieder über längere<br />

Zeit aus. Durch die Erdbeben Anfang Februar<br />

diesen Jahres wurde die Lebenssituation in vielen<br />

Orten noch schlechter. In Kriegsgebieten bekamen<br />

die Menschen kaum Hilfe von außerhalb.<br />

Khalil arbeitete sich in Deutschland hoch zum Redakteur.<br />

Anfangs wäre eine berufliche Tätigkeit<br />

als Jurist oder Journalist aufgrund der Sprachbarriere<br />

schwer gewesen. Beim SWR fing er deshalb<br />

eine Ausbildung als Mediengestalter an. Damit<br />

hat er sich aber nicht zufriedengegeben und sich<br />

weiter qualifiziert. Die Sprachbarriere hat Khalil<br />

überwunden. Er gibt jetzt sogar Nachhilfe in deutscher<br />

Sprache sowie im schwäbischen und badischen<br />

Dialekt.<br />

Als nun freier Journalist mit syrischem Hintergrund<br />

nimmt Khalil viele Rechte und Begebenheiten<br />

in Deutschland ganz besonders wahr. „In<br />

Deutschland sagt man‚ ‚die Gedanken sind frei,<br />

wer kann sie erraten?‘. Bei uns war es, ‚die Wände<br />

haben Ohren‘.“ Für Querdenker:innen und andere<br />

Verschwörungstheoretiker:innen in Deutschland<br />

hat er nur wenig Verständnis. Was sie über<br />

die deutsche Regierung behaupten, hat Khalil tatsächlich<br />

erlebt: „Leute, wenn ihr in einer Diktatur<br />

wärt, wärt ihr schon lange weggesperrt. Allein<br />

dass ihr das öffentlich sagt, zeigt, ihr seid nicht in<br />

einer Diktatur.“<br />

Neben seiner Karriere beim SWR half Khalil<br />

jahrelang bei der Aufklärung über Flucht und Integration<br />

an Schulen. Vor kurzem absolvierte er<br />

einen Master in Medienrecht. Die Entscheidung<br />

sein Heimatland zu verlassen, bereut er nicht. Mit<br />

seinen Artikeln und Vorträgen konnte er bereits<br />

viele Menschen inspirieren. Khalil hat sich nicht<br />

aufhalten oder beirren lassen und kann heute seinen<br />

Traumberuf frei ausüben.<br />

Bild: Pexels/Darya Sannikova<br />

Bild: Privat

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