Christkatholisch_2023-13
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10 Hintergrund<br />
<strong>Christkatholisch</strong> <strong>13</strong>/<strong>2023</strong><br />
Das Giessen und die<br />
Fertigstellung<br />
ren Schichten Korrosionsschutzfarbe<br />
überzogen.<br />
Schema eines<br />
Belfrieds.<br />
Fotos:<br />
Bernard Boulens<br />
Polieren und<br />
Ausbohren der<br />
Glocke<br />
Foto:<br />
John Brechbuhl<br />
Der Belfried vor<br />
der Restaurierung<br />
Foto:<br />
Pfarrei Saint-Imier<br />
Das Giessen einer Glocke ist ein beeindruckendes<br />
Schauspiel, wirklich grossartig<br />
und fast magisch, wenn die Arbeiter auf<br />
Anweisung des Giessers dem geschmolzenen<br />
Metall freien Lauf lassen, das in feurigen<br />
Bächen fliesst und mit zischenden<br />
Geräuschen in die Formen stürzt.<br />
Der Vorgang dauert nur wenige Minuten,<br />
die jedoch ausreichen, um die Atmosphäre<br />
in der Werkstatt fast unerträglich<br />
zu machen.<br />
Nach dem Guss muss die Form eine Woche<br />
oder länger abkühlen, je nach Grösse<br />
der Glocke. Anschliessend wird sie zerbrochen,<br />
und die rohe Gussglocke<br />
kommt zum Vorschein.<br />
Für ihr endgültiges Aussehen wird sie<br />
sandgestrahlt und poliert, wobei die Beschriftungen<br />
und Details sorgfältig hervorgehoben<br />
werden. Beim Ausbohren<br />
erhält die Glocke ihren endgültigen Ton,<br />
indem Material aus dem Inneren der<br />
Form entfernt wird.<br />
Die Tonhöhe<br />
Traditionell werden Glocken auf die ersten<br />
fünf Obertöne gestimmt:<br />
1. Der Bordun, die untere Oktave<br />
2. Der Grundton in der Oktave darüber<br />
3. Die kleine Terz des Grundtons<br />
4. Die Quinte<br />
5. Der Nominal, der die Glocke kennzeichnet<br />
Zur Messung der Note und der Teilnoten<br />
wird ein elektronischer Spektrumanalysator<br />
verwendet. Der Klavierstimmer<br />
entscheidet durch sein Fachwissen, an<br />
welcher Stelle und wie tief Metall im Inneren<br />
abgeschliffen werden muss. Die<br />
Glocke ist nun fertiggestellt.<br />
Segnung und Installation<br />
Die neuen Glocken von Saint-Germain<br />
werden vor ihrer Installation an diesem<br />
2. November 2008 von Bischof Fritz-René<br />
Müller gesegnet und übernehmen so<br />
ihre Funktion im Dienste der Pfarrgemeinde.<br />
Der Stimmer bringt mit einem kleinen<br />
Hammer die neuen Glocken zum ersten<br />
Mal zum Läuten.<br />
Die Gemeindemitglieder können die<br />
Glocken aus der Nähe betrachten, bevor<br />
sie sich nach ihrer Anbringung im Glockenturm<br />
den Blicken der Öffentlichkeit<br />
entziehen.<br />
Der Glockenturm<br />
Wenn die Glocken bereits unter dem<br />
Zahn der Zahn leiden, ist der Glockenturm<br />
denselben Belastungen ausgesetzt.<br />
Die Gemeindemitglieder der Kirche<br />
Saint-Paul in Saint-Imier erinnern sich<br />
noch daran, als der baufällige Glockenturm<br />
aus dem Jahr 1930 vollständig renoviert<br />
werden musste.<br />
Die Giesserei Rüetschi, die 1930 die Glocken<br />
gegossen hatte, sorgte 2012 für die<br />
vollständige Instandsetzung des Belfrieds.<br />
Je nach Grösse der Glocke und dem verfügbaren<br />
Platz, ist es nicht immer eine<br />
leichte Aufgabe, einen neuen Belfried zu<br />
bauen. Manchmal kommt es vor, dass<br />
die Strasse einen Tag lang gesperrt werden<br />
muss, wie in Genf bei der Installation<br />
der beiden neuen Glocken in Saint-<br />
Germain.<br />
Der neue Glockenturm besteht aus<br />
hochwertigem Stahl, der zerlegbar ist,<br />
um den Einbau in den Glockenturm zu<br />
erleichtern. Er ist so konstruiert, dass er<br />
die Glocke(n) tragen und die Kräfte absorbieren<br />
kann, die sich entwickeln,<br />
wenn die Glocken aus der Luft geläutet<br />
werden. Alle Metallteile sind mit mehre-<br />
Anschliessend wird das Läutwerk in Betrieb<br />
genommen. Früher wurde dieses<br />
System «Jacquemart» genannt. Es war<br />
ein kunstvoller Automat, eine aus Holz<br />
oder Metall geschnitzte Figur. Sie zeigte<br />
die Stunden an, indem sie mit einem<br />
Hammer auf eine Glocke schlug. Man<br />
sagte damals: «C΄est le Jacques au marteau<br />
qui frappe les heures» (Es ist der Jacques<br />
mit dem Hammer, der die Stunden<br />
schlägt). Doch nur wenige sind erhalten<br />
geblieben.<br />
Die meisten Belfriede wurden modernisiert<br />
und sind an elektrische Steuerungssysteme<br />
angeschlossen.<br />
Zunächst gibt es ein Klingelgerät nach<br />
dem ähnlichen Prinzip des Jacquemart,<br />
das für jeden Läutecharakter geeignet ist<br />
(Stunden oder halbe Stunden, besondere<br />
Feiern, Angelus, Totenglocke).<br />
Das gesamte System beruht auf einer<br />
Funksteuerungsuhr. Sie ermöglicht alle<br />
Einstellungen, auch personalisierte<br />
Klingeltöne. Das Ganze kann über das<br />
Internet mit einem Computerprogramm<br />
ferngesteuert werden. Hinzu kommt das<br />
Schwingen durch einen elektromechanischen<br />
Motor, der es ermöglicht, die Glocken<br />
in einer vorgegebenen Amplitude<br />
zu schwingen. Jetzt haben die Glocken<br />
ihren Ton. [...]<br />
Text: Bernard Boulens,<br />
Überarbeitung der maschinellen Übersetzung:<br />
Corina Strenzl<br />
Dokumentation<br />
Verschiedene Artikel in «Presence»<br />
Pfarrarchive<br />
Gießerei Rüestschi, Aarau<br />
Gießerei Paccard, Sévrier (Annecy)<br />
Gießerei Cornille Havard,<br />
Villedieu-les-Poêles, Normandie