Christkatholisch_2023-13
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28<br />
<strong>Christkatholisch</strong><br />
<strong>13</strong>/<strong>2023</strong><br />
Wanderausstellung «unterwegs» in St. Gallen<br />
Willkommen in der<br />
St. Galler Christuskirche<br />
Bibelwort<br />
Nehmen und geben lassen<br />
Wer einen jener Geringen nur<br />
mit einem Becher<br />
kalten Wassers tränkt darum,<br />
dass er mein Jünger<br />
ist, wahrlich, ich sage euch,<br />
es wird ihm nicht unbelohnt<br />
bleiben.<br />
Mt 10, 42<br />
AZA<br />
2501 Biel<br />
Post CH AG<br />
Wanderausstellung «unterwegs» in<br />
St. Gallen<br />
Im August und im September gastiert<br />
die Wanderausstellung «unterwegs» in<br />
der Christuskirche in St. Gallen. Selbstverständlich<br />
freuen wir uns über jede<br />
interessierte Besucherin und jeden interessierten<br />
Besucher! Aber vielleicht ist ein<br />
Besuch dieser Ausstellung nicht ganz so<br />
einfach möglich wie andernorts. Kennen<br />
Sie unsere St. Galler Kirche? In bestimmter<br />
Hinsicht wurde sie schon verglichen<br />
mit dem Jerusalemer Tempel auf dem<br />
Berg Zion.<br />
Das St. Galler Stadtzentrum liegt in einer<br />
Talsenke; eingebettet zwischen dem<br />
Freudenberg auf der südlichen und dem<br />
Rosenberg auf der nördlichen Seite. In<br />
diesem Tal liegt auch der Bahnhof, und<br />
wer von dort aus den Weg unter die Füsse<br />
nimmt, steigt 360 Stufen geradeaus<br />
den Rosenberg hoch, bevor er vor unserer<br />
Kirche steht. Das muss man sich erst<br />
mal verdienen!<br />
Ursprünglich war das Gebäude nicht als<br />
Kirche gedacht, sondern es wurde 1889<br />
als imposante Backsteinvilla des Südtiroler<br />
Bauspekulanten Pietro Delugan im<br />
florentinischen Stil erbaut, mit grossen<br />
Bogenfenstern und zwei Seitentürmen,<br />
mit Wohnungen in Parterre und UG sowie<br />
einem grossen Konzertsaal im 1.<br />
Stock, der jetzt als Kirche dient.<br />
Wer diese also besuchen und die Wanderausstellung<br />
sehen möchte, muss klingeln<br />
oder vorab einen Termin vereinbaren,<br />
denn die Türen von Kirche und<br />
Wohnhaus sind in der Regel verschlossen.<br />
Viel einfacher geht’s jedoch, wenn<br />
man anlässlich eines Gottesdienstes<br />
vorbeikommt. Wann diese stattfinden,<br />
lesen Sie am besten in den Gemeindenachrichten<br />
dieses Heftes oder auf<br />
christkatholisch.ch/stgallen/agenda.<br />
Anrede am Bahnhof: «Hei, hesch<br />
mer zweu Stutz?»<br />
Warum sollte ich dem Mann zwei<br />
Franken geben?<br />
Würde er arbeiten, müsste er<br />
nicht betteln. Andererseits: In<br />
seiner Lage möchte ich mein Leben<br />
nicht verbringen müssen.<br />
Also soll er seine zwei Stutz haben.<br />
Vielleicht noch zwei drüber<br />
hinaus. Dann ist die Sache erledigt,<br />
jeder geht seines Weges. Ich<br />
habe mich des Mannes erbarmt,<br />
quasi, mit mehr als einem Becher<br />
kalten Wassers. Und jetzt ist die<br />
Szene vorüber, der Mann geht<br />
weiter, ich ebenfalls. Aber jetzt<br />
sollte doch eigentlich die Belohnung<br />
folgen. Aber sie kommt<br />
nicht. Was könnte ich denn erwarten?<br />
Ich weiss es nicht.<br />
Es gilt daher wohl, auf eine andere<br />
Ebene zu wechseln. Zum<br />
inneren Bettler, in Form etwa<br />
von unliebsamen Erinnerungen,<br />
erlittenen Demütigungen,<br />
schmerzhaftem Hohn und Spott.<br />
Vielleicht können wir ihnen ab<br />
und zu zweu Stutz geben, etwa<br />
als Schimpftiraden gegen allerlei<br />
Schuldige an unserem Elend.<br />
Und dann kommen wieder andere<br />
Probleme hoch, Alltägliches,<br />
unbedingt zu Erledigendes. Der<br />
«Bettler» zieht sich zurück. Er hat<br />
seine zweu Stutz. Bis zum nächsten<br />
Mal.<br />
Aber es könnte ein «Bettler»<br />
kommen, der sich mit zweu Stutz<br />
nicht abspeisen lässt. Er ergreift<br />
Besitz von unserer Person. Wir<br />
kommen nicht umhin, uns ihm zu<br />
stellen. In schmerzhaftem, mitunter<br />
langem Prozess. Auf zweu<br />
Stutz geht er nicht ein. Nicht<br />
mehr.<br />
Aber einmal, vielleicht eher später<br />
als früher, verliert der «Bettler»<br />
dennoch an Einfluss. Und<br />
vielleicht kann ich dann auch<br />
einmal erkennen, dass es Gott<br />
gewesen sein könnte, der an mir<br />
gewirkt hat. Nicht so freilich, wie<br />
ich es gerne gehabt hätte, wie es<br />
einfacher gewesen wäre. Dafür<br />
aber nachhaltiger.<br />
<br />
Niklaus Reinhart<br />
<strong>Christkatholisch</strong>