altlandkreis - das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel
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Nur im Diakoniedorf Herzogsägmühle<br />
Ein arbeitsfreier Tag<br />
zum Innehalten<br />
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16 | <strong>altlandkreis</strong><br />
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HAUSNOTRUF<br />
HAUSNOTRUF<br />
HAUSNOTRUF<br />
Andreas Kurz (li.) und Matthias Lösch am Ge<strong>den</strong>kplatz von Menschen,<br />
die einst der NS-Gesundheitspolitik zum Opfer gefallen sind.<br />
Herzogsägmühle | Der Buß- und<br />
Bettag, ein Evangelischer Feiertag,<br />
immer am Mittwoch vor dem<br />
letzten Sonntag des Kirchenjahres,<br />
wurde 1995 als arbeitsfreier Feiertag<br />
deutschlandweit abgeschafft.<br />
Die Begründung der Bundesregierung<br />
damals: Man brauche die<br />
Mehrarbeit dieses einen Tages,<br />
um die damals neu eingeführte<br />
Pflegeversicherung finanzieren zu<br />
können. Insbesondere von Seiten<br />
evangelischer Christen hagelte es<br />
damals Kritik. Ein Bundesland jedoch,<br />
die Sachsen, wehrten sich<br />
unter ihrem damaligen Ministerpräsi<strong>den</strong>ten<br />
Kurt Bie<strong>den</strong>kopf vehement.<br />
Und schafften es über einen<br />
Sonderweg tatsächlich, <strong>den</strong> Bußund<br />
Bettag bis heute als arbeitsfreien<br />
Feiertag beizubehalten. Der<br />
Preis des Ganzen: Arbeitnehmer in<br />
Sachsen müssen seither 0,5 Prozent<br />
ihres Bruttoentgelts mehr in<br />
die Pflegeversicherung einbezahlen.<br />
Für die „<strong>altlandkreis</strong>“-Leser<br />
viel interessanter aber ist: Es gibt<br />
auch hier im <strong>Pfaffenwinkel</strong> eine<br />
Institution, die aus voller Überzeugung<br />
Sinn und Bedeutung des<br />
Buß- und Bettages über <strong>das</strong> damals<br />
eingeführte Finanzierungskonzept<br />
der Pflegeversicherung<br />
stellte – und sich ebenfalls erfolgreich<br />
dagegen wehrte, diesen<br />
Feiertag abzuschaffen: Das Diakoniedorf<br />
Herzogsägmühle. Erwin<br />
Dürr, damaliger Direktor, wollte<br />
unbedingt ein Zeichen setzen <strong>für</strong><br />
<strong>den</strong> nach Karfreitag und Reformationstag<br />
mit wichtigsten Feiertag<br />
der evangelischen Christen. Dürrs<br />
Widerstand, <strong>das</strong>s quasi Protestantische,<br />
wurde auch gezielt publiziert,<br />
war lokal wie überregional<br />
präsent in <strong>den</strong> Medien. Und auch<br />
gesetzlich kein Problem? „Rechtlich<br />
gelöst wurde dies durch Verlegung<br />
und Abschaffung des Betriebsausflugs,<br />
was damals unter<br />
enger Absprache mit Betriebsrat<br />
und Personalverantwortlichen erfolgte“,<br />
bekräftigt Andreas Kurz,<br />
seit Januar 2023 Geschäftsführer<br />
von Herzogsägmühle. Heißt: Für<br />
Mitarbeiter von Herzogsägmühle<br />
gibt es zwar keinen Betriebsausflug<br />
mehr, da<strong>für</strong> einen zusätzlichen<br />
arbeitsfreien Tag mit sinnstiftendem<br />
Hintergrund.<br />
Buß- und Bettag mit<br />
Leben füllen<br />
In Deutschland gehen Buß- und<br />
Bettage auf sogenannte Notzeiten<br />
im 19. Jahrhundert wie Kriege,<br />
Umweltkatastrophen, Pandemien,<br />
Wirtschaftskrisen oder schwere<br />
Unfälle zurück, in <strong>den</strong>en die Bevölkerung<br />
zu Umkehr und Gebet<br />
aufgerufen wurde. Als bundesweit<br />
einheitlicher, arbeitsfreier Feiertag<br />
wurde er erst im Jahre 1981<br />
eingeführt, und 1995 eben wieder<br />
abgeschafft. Und heute? „Soll der<br />
Buß- und Bettag in erster Linie<br />
Menschen zum Innehalten und<br />
Nach<strong>den</strong>ken anregen“, sagt Matthias<br />
Lösch, in Herzogsägmühle<br />
verantwortlich <strong>für</strong> Unternehmenskultur<br />
und Personalentwicklung.<br />
Was ist mir wirklich wichtig? Für<br />
welche Werte stehe ich? Welchen<br />
positiven Beitrag kann ich in eine<br />
Gesellschaft einbringen? „Gerade<br />
im Zeitalter der Rastlosigkeit ist es<br />
umso wichtiger, einen Buß- und<br />
Bettag beizubehalten – und diesen<br />
auch mit Leben zu füllen“, so Andreas<br />
Kurz in Anspielung auf die<br />
immer noch schnelllebigere, digitalisiertere<br />
und stressigere Zeit.<br />
Im November 2019 beispielsweise<br />
nutzten die Verantwortlichen von