PORTRÄT VEREIN Boris Petschinka von der Sportvereinigung Feuerbach 1883 e. V. in Stuttgart zeigt, wie man mit viel Leidenschaft und Offenheit für Neues als Quereinsteiger erfolgreich sein kann. Modernste Technik spart viel Arbeit. Mit Herzblut und Handy Boris Petschinka ist Bereichsleiter Technik und Herr über den Rasen. Tick, Trick und Track (links) heißen beim Team die drei Husqvarna- Epos-550-Automower (Club-Version). Größte Errungenschaft ist der große Automower Ceora, der sich ebenfalls per Handy steuern und sich leicht säubern und warten lässt. Spitzname bei den Kollegen: „Big Mama” 36 <strong>FM</strong> <strong>SPORT</strong> <strong>2023</strong>/24
Erst im November erhielt die Sportvereinigung Feuerbach 1883 e. V. im Norden von Stuttgart den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie Sport, die dieses Jahr erst eingeführt wurde. Honoriert wurden die vielfältigen Aktivitäten des Vereins vor allem im Bereich des Klimaschutzes. „Die umgesetzten und geplanten Maßnahmen sind ein zweifelloses Vorbild für die nachhaltige Gestaltung des Breitensports in Deutschland“, sagt die Fachjury. Einen Anteil daran hat auch Boris Petschinka, der als Bereichsleiter Technik für die Sportplätze zuständig ist. Denn auf seine Initiative hin wurden zum ersten Mal Robotermäher zunächst sechs Monate getestet und dann angeschafft. Auch für Hersteller Husqvarna war der Verein die erste reale Teststation. Die Ceora und die drei Epos 550 ersparen dem Team nicht nur jede Menge Zeit und Arbeit, die Plätze sehen – auch dank der Beregnungsanlage – gut aus. „Ein Mäher arbeitet 36 h sieben Tage die Woche und wird nachts aufgeladen”, ist »Solange Bier im Kühlschrank ist, läuft man nicht in den Keller.« Boris Petschinka zur Wurzelbildung bei zu häufiger, aber geringer Bewässerung Petschinka begeistert. Die Steuerung erfolgt über den Rechner oder das Handy. „Das ist die beste Erfindung.” Die Geräte ersetzen die Arbeit eines Spindel-Aufsitzmähers, der mit Diesel lief und dessen Kundenservice samt Tausch der Spindelmesser allein 2.500 € kostete. Für einen neuen Spindelmäher hätte man 120.000 € investieren müssen, die Mähroboter für alle Plätze beliefen sich auf rund 70.000 €. Die Stadt Stuttgart als Eigentümer der Flächen und des Inventars war zunächst skeptisch bezüglich der Anschaffung, dann stimmte sie zu, aus dem Test ein Pilotprojekt zu machen. Das positive Ergebnis hat die Stadt überzeugt, und so werden inzwischen auch in Freibädern und anderen Sportanlagen Robotermäher eingesetzt. Handels- und Servicepartner ist die Firma Wagner Garten & Kommunaltechnik im nahen Gerlingen. Für sie sind die Sportplätze des Vereins das beste Vorzeigeobjekt. „Die Kollegen der Firma haben bei uns freien Zutritt”, bemerkt Petschinka. MODERNE BEWÄSSERUNG UND ENERGIEVERSORGUNG Auch bei der Bewässerung arbeitet der Verein mit einem kompetenten Partner aus der Region – mit der Firma aqua in motion in Remseck. Über sie wurde 2014 in eine moderne Bewässerungsanlage von Toro investiert. Da in Stuttgart aufgrund des Vorkommens an Mineralquellen keine Brunnen gebohrt werden dürfen, nutzt der Verein Leitungswasser zum Bewässern. Da ist sparsamer Verbrauch auch ein ökomisches Erfordernis – eine gründliche Beregnung auf einem Platz kostet 350 €. „Ich konnte die Entscheidungsträger überzeugen, Bodensensoren zu kaufen, um den genauen Wasserbedarf zu ermitteln”, erzählt Petschinka. „Das Geld war ganz schnell wieder drin.” Vereinsgeschäftsführer Dr. Benjamin Haar setzt auch in anderen Bereichen auf Nachhaltigkeit, sodass im Verein PV-Anlagen, Wärmepumpen und ein Blockheizkraftwerk zum Energiekonzept gehören. Neuste Errungenschaft auf den Plätzen ist der Turf Tank, ein Roboter für Linienmarkierung. „Wir haben ihn erst seit drei Wochen, aber der ist schon geil”, freut sich Petschinka. „Ich bräuchte eigentlich nur noch Büro, Monitore und Joystick”, scherzt er. „Nee, mal im Ernst. Man braucht schon die Manpower für viele Arbeiten. Aber die autonomen Maschinen helfen uns schon sehr. Keiner braucht Angst um seinen Job zu haben, es ist noch mehr als genug zu tun.” GOLDENE HÄNDE Dass Boris Petschinka kein ausgebildeter Greenkeeper ist, merkt man ihm nicht an. Sein Wissen über Rasenpflege und das technische Know-how hat sich der einst selbstständige Schreinermeister selbst erarbeitet – durch viele Fachveranstaltungen beim Landesportbund, Beratungen mit seinem Vorgänger, mit Kollegen und Fachleuten. Zudem arbeitet das Team eng mit dem Garten- und Friedhofsamt der Stadt Stuttgart zusammen. Petschinka nimmt teil am „Freiburger Kreis”, einem Zusammenschluss von Verantwortlichen in Vereinen mit über 3.000 Mitgliedern (Feuerbach hat 6.300). BETRIEBSDATEN • Vereinsgründung: 1883 als Turnverein Feuerbach • Geschäftsführer: Dr. Benjamin Haar • Tätigkeitsfelder: Der Verein umfasst zahlreiche Sportarten und Bewegungsangebote. Im Zuständigkeitsbereich von Boris Petschinka liegen 4 Naturrasen- und 2 Kunststoffrasenplätze, 1 Halle, 2 Bolzplätze, 2 Beachvolleyballfelder, 1 Fitnessstudio und 1 Verwaltungsgebäude. • Mitarbeiter: 3 für den genannten Bereich • Fuhrpark/Maschinen: 2 Schlepper (davon 1 für Kunststoffrasen), Reinigungsanbau, Striegel, Gebläse; für Rasen Düngeaggregat, 1 Frontmähwerk Wiedenmann, 1 Tiefenlockerungsgerät Terraspike, Walze, Ackerfräse, Vertikutiergeräte, Abziehmatten, 4 Husq varna-Automower, davon 1 Ceora und 3 550 Epos (Club- Version), 1 Husqvarna Aufsitzmäher mit Schlegel- und Sichelmähwerk, mehrere Handgeräte (Bläser, Hochentaster, Heckenschere, Freischneider, Kettensäge etc.), Winterdienst-Anbaugeräte Sportvereinigung Feuerbach 1883 e.V. Am Sportpark 1, 70469 Stuttgart Telefon +49(0) 711/890 89-0 b.petschinka@sportvg-feuerbach.de https://sportvg-feuerbach.de Seine zwei Mitarbeiter sind von Beruf Elektriker und Bootsbauer. Die Männer können so gut wie alles selbst machen, auch Böden verlegen, fliesen, Wände streichen und vieles mehr. Das ist gerade heute enorm viel wert. Dennoch würde sich Boris Petschinka freuen, an einem Greenkeeper-Kurs teilnehmen zu dürfen, nicht zuletzt, um sein Wissen mit einem Abschluss zu bezeugen. Er würde wahrscheinlich selbst viel zum Kurs beitragen können. Text und Bilder: Claudia von Freyberg, Redaktion <strong>FM</strong> Sport <strong>2023</strong>/24 <strong>FM</strong> <strong>SPORT</strong> 37