MQ+ Winter 2023
Das Artland-Magazin
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Von Detlef Bülow<br />
Nachgefragt und aufgeklärt: Der EUROPABRUNNEN<br />
Die Altstadt Quakenbrücks gruppiert<br />
sich um den fünfeckigen Marktplatz, der<br />
seit jeher das Zentrum der Stadt Quakenbrück<br />
bildet. In unmittelbarer Nähe<br />
zum ursprünglichen Siedlungskern um<br />
die Burg gelegen, konsolidierte dieser<br />
Bereich ab dem frühen 19. Jahrhundert<br />
mit Rathaus, Schule, katholischer Kirche<br />
sowie den repräsentativen Bauten der<br />
Kaufleute und anderer Institutionen den<br />
städtischen Mittelpunkt. Die geschichtliche<br />
Bedeutung für die Ortsgeschichte,<br />
für die Stadtbaugeschichte sowie für die<br />
Sozialgeschichte ist unbestritten.<br />
Mitte der 1980er Jahre hatte der Rat<br />
der Stadt die Idee, den Marktplatz, der<br />
bis dahin auch als Parkplatz für PKWs<br />
herhielt, neu zu gestalten. Hierbei einigte<br />
man sich auf ein Wasserspiel/Brunnen,<br />
der in Zukunft die neue Mitte des Platzes<br />
zieren sollte. Das Projekt wurde öffentlich<br />
ausgeschrieben und den Zuschlag bekam<br />
ein Künstler aus Münstertal.<br />
Das Kunstwerk, das heute unseren<br />
Stadtkern ziert, stammt aus der Hand des<br />
Freiburger Künstlers Franz Gutmann und<br />
soll die europaweiten Kontakte der Stadt<br />
durch den kräftigen Stier und die Europa<br />
symbolisieren.<br />
Gutmann wurde 1928 in Münstertal<br />
(Schwarzwald) geboren, besuchte<br />
das Friedrich-Gymnasium in Freiburg<br />
und studierte anschließend 1950/51<br />
zunächst zwei Semester Theologie, begann<br />
aber dann – nach der Hospitation<br />
bei einem Holzbildhauer ein Studium<br />
an der Kunstakademie Freiburg. Nach<br />
drei Semestern wechselte er an die<br />
Kunstakademie Düsseldorf, wo er Meisterschüler<br />
bei Ewald Mataré wurde.<br />
Aus dieser Zeit stammen auch seine<br />
Freundschaften zu Joseph Beuys und<br />
Erwin Heerich.<br />
In der Bewerbung für sein Kunstwerk<br />
heißt es:<br />
„Brunnen für den Marktplatz<br />
in Quakenbrück.<br />
Vor dem Rathaus steht der ,Stürmer‘ als<br />
Denkmal an den Sieg von 1870 und an die<br />
deutsche Reichsgründung.<br />
Ein Brunnen auf der Mitte des Marktes<br />
wird immer in einem Bezug zu diesem<br />
Denkmal zu sehen sein.<br />
Die eine Lösung wäre eine sehr große<br />
Anlage, so dass daneben der ,Stürmer‘ bedeutungslos<br />
wäre. Diese Lösung scheidet<br />
aus Kostengründen aus.<br />
Die andere Lösung schlage ich vor: Der<br />
Brunnen steht in seiner Aussage in einer<br />
engen Beziehung zum ,Stürmer‘. Krieg<br />
und Reichsgründung werden überstrahlt<br />
durch das Entstehen eines geeinten<br />
Europas, Geschichte, die wir heute in hoffnungsvoller<br />
Zuversicht erleben.<br />
Ein Europabrunnen.<br />
Europa, im griechischen Mythos Tochter<br />
eines phönizischen Königs, wurde von<br />
Zeus in Stiergestalt über das Meer nach<br />
Kreta entführt.<br />
Der Marktplatz ist in der Mitte hochgehoben.<br />
Wie aus einem Vulkan tauchen<br />
hier Europa und der Stier auf, gleichsam<br />
eine Geburt. Gott hat viele Namen, Zeus,<br />
Wotan, Allah, Jahwe, und er ist immer<br />
derselbe allmächtige Vater.<br />
Die Modelle sind im Maßstab 1:10. Die<br />
Maße können leicht nachgemessen werden.<br />
In Modell 1 ist noch ein Steinplattenfries<br />
um das Wasserbecken. Bei Modell 2<br />
geht das Pflaster bis an das Wasserbecken<br />
und sieht aus, als wäre es von dem Wasser,<br />
von dem Stier und der Europa hochgedrückt.<br />
Die Plastiken sind aus hartem,<br />
nicht verwitterndem Granit. (Das genaue<br />
Material müsste noch ermittelt werden.<br />
Es gibt Granit in verschiedenen Farben.<br />
Ich denke zunächst an den leicht rötlichen<br />
Schwarzwälder Granit.) Die Hörner des<br />
Stieres wären aus geschliffenem andersfarbigem<br />
Granit und eingesetzt.<br />
Der Stierkopf würde ca. 10 Tonnen wiegen.<br />
Ich biete die Ausführung von Modell 2 an:<br />
Die zwei Plastiken Stierkopf und Frau aus<br />
Granit gehauen und gestockt. Hörner<br />
Granit geschliffen.bVersetzt in bauseits<br />
vorbereitetem Fundament.<br />
140.000,-- DM + 7% MwSt.<br />
Erdarbeiten, Wasserbecken, Pflaster<br />
und Wassertechnik bauseits.“<br />
Im Jahr 1989 wurde mit den Pflasterarbeiten<br />
des Marktplatzes begonnen und<br />
1990 der Platz als Gesamtkunstwerk<br />
fertiggestellt.<br />
32 | MQ Ausgabe <strong>Winter</strong> <strong>2023</strong>