28.12.2012 Aufrufe

„Quae datur ex Chattis laurea.“ - florian-unzicker

„Quae datur ex Chattis laurea.“ - florian-unzicker

„Quae datur ex Chattis laurea.“ - florian-unzicker

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Georg-August-Universität Göttingen<br />

Althistorisches Seminar<br />

Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für<br />

das Lehramt an Gymnasien<br />

<strong>„Quae</strong> <strong>datur</strong> <strong>ex</strong> <strong>Chattis</strong> <strong>laurea</strong>.<strong>“</strong><br />

Domitians erster Chattenkrieg.<br />

vorgelegt von:<br />

Florian Unzicker<br />

Abgabedatum: 23.04.2010<br />

Domitians erster Chattenkrieg 1


„Die Gegenwart des Historikers ist ein Moment, das aus keiner<br />

Geschichtsdarstellung ausgeschieden werden kann, und zwar<br />

ebensowohl seine Individualität wie die Gedankenwelt der Zeit, in der<br />

er lebt. Zu allen Zeiten ist es nur unsere Erkenntnis der Geschichte, zu<br />

der wir gelangen können, niemals eine absolute und unbedingt gültige<br />

[...], das Primäre ist überall das erkennende Individuum.<strong>“</strong><br />

Eduard Meyer, Zur Theorie und Methodik der Geschichte (1902).<br />

„Ein Altertumswissenschaftler kann in der Bibliothek sitzen und<br />

seinen Pausanias lesen, und ein anderer kann einen antiken<br />

Abfallhaufen untersuchen: Beides ist Teil ein und desselben<br />

Unternehmens.<strong>“</strong><br />

Paul Bahn, Wege in die Antike (1999).<br />

Domitians erster Chattenkrieg 2


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Einleitung.......................................................................................................................5<br />

2. Zum Stand der Forschung............................................................................................9<br />

3. Die Quellenlage<br />

3.1. Literarische Quellen........................................................................................16<br />

3.1.1. Zeitgenössische Autoren<br />

3.1.1.1. Frontin.................................................................................................18<br />

3.1.1.2. Martial.................................................................................................19<br />

3.1.1.3. Silius Italicus.......................................................................................21<br />

3.1.1.4. Tacitus..................................................................................................21<br />

3.1.1.5. Plinius der Jüngere.............................................................................23<br />

3.1.1.6. Sueton..................................................................................................24<br />

3.1.2. Spätere antike Autoren<br />

3.1.2.1. Cassius Dio.........................................................................................26<br />

3.1.2.2. Aurelius Victor...................................................................................27<br />

3.1.2.3. Epitomator de Caesaribus................................................................29<br />

3.1.2.4. Paulus Orosius...................................................................................29<br />

3.2. Nichtliterarische Quellen<br />

3.2.1. Archäologische Funde...........................................................................31<br />

3.2.2. Numismatische Funde...........................................................................32<br />

3.2.3. Epigraphische Funde............................................................................34<br />

4. Die Germanienpolitik der Flavier bis Domitian.......................................................36<br />

5. Domitians erster Chattenkrieg<br />

5.1. Die Chronologie des Feldzuges...........................................................................43<br />

5.2. Der Verlauf des Feldzuges...................................................................................48<br />

5.3. Die Lokalisierung des Feldzuges.........................................................................53<br />

5.4. Die Motive Domitians..........................................................................................54<br />

5.5. Siegespropaganda und Ehrungen für Domitian...............................................58<br />

5.6. Die Gründungen der beiden germanischen Provinzen....................................62<br />

6. Die Bewertung des Chattenkrieges<br />

6.1. Die Bewertung in der antiken Literatur<br />

6.1.1. Zeitgenössische antike Autoren.................................................................67<br />

6.1.2. Spätere antike Autoren..............................................................................76<br />

6.1.3. Resümee......................................................................................................79<br />

Domitians erster Chattenkrieg 3


6.2. Die Bewertung in der modernen Forschung...................................................80<br />

6.2.1. Resümee.....................................................................................................83<br />

7. Exkurs: Saturninusaufstand und zweiter Chattenkrieg.......................................85<br />

8. Die Einordnung der domitianischen Germanienpolitik........................................91<br />

9. Schlussbetrachtung...................................................................................................95<br />

Quellen- und Literaturverzeichnis<br />

Domitians erster Chattenkrieg 4


1. Einleitung<br />

Als am 13. September 81 nach Christus der römische Kaiser Titus recht unerwartet<br />

starb, folgte ihm sein jüngerer Bruder Domitian auf den Thron. 1 Bei diesem jüngsten<br />

Spross aus dem Hause der Flavier handelt es sich, im Gegensatz zu seinen<br />

Vorgängern Vespasian und Titus, um eine außerordentlich umstrittene<br />

Herrscherpersönlichkeit. Die sparsame und äußerst tendenziöse Quellenlage macht es<br />

schwierig, sich der historischen Realität seiner Regierung zu nähern: Während seiner<br />

Herrschaft waren von den mehr oder weniger hofnahen Dichtern ausschließlich<br />

panegyrische Töne zu vernehmen, nach Domitians Ableben jedoch setzte eine<br />

massive literarische Abrechnung mit seiner Regierungszeit ein, für die aufgrund ihrer<br />

bis ins letzte Jahrhundert anhaltenden Nachwirkung der Begriff „Rufmordkampagne<strong>“</strong><br />

mehr als treffend scheint. Eine auch nur einigermaßen „objektive Berichterstattung<br />

zeichnete jedenfalls keine der beiden Seiten aus.<strong>“</strong> 2<br />

Domitians fünfzehn Jahre dauernder und mit seinem gewaltsamen Tod endender<br />

Herrschaft ist in der modernen Geschichtsschreibung oft das Etikett „Autokratie<strong>“</strong><br />

angehängt worden. 3 In der Tat war er weniger als viele seiner Vorgänger gewillt, die<br />

vom ersten Princeps Augustus propagierte Fiktion der Wiedererrichtung und des<br />

Weiterbestehens der republikanischen Verfassung (res publica restituta)<br />

aufrechtzuerhalten und er scheute sich nicht davor, seine umfassende Macht<br />

offensichtlich zu machen. 4 Dementsprechend konnte das Bild Domitians in der<br />

senatorisch dominierten zeitgenössischen Geschichtsschreibung weder ausgewogen<br />

noch an historischen Fakten orientiert sein, sondern musste düster ausfallen.<br />

Insgesamt präsentiert dieses Geschichtsbild der Nachwelt Domitian als den in<br />

schrankenloser Willkür herrschenden „Typus des Tyrannen und Wüterichs<strong>“</strong>, 5 ja<br />

geradezu als die in dunkelsten Farben gezeichnete „Perversion eines Princeps.<strong>“</strong> 6<br />

Es mangelt von dieser Seite nicht an schillernden Anekdoten, in denen nichts<br />

unversucht gelassen wird, Domitian als hochmütigen und willkürlich gewalttätigen<br />

Herrscher darzustellen. 7 So habe er nicht nur dem Ableben seines Bruders<br />

1 Suet. Tit. 11,1.<br />

2 Daumer (2005), S. 10.<br />

3 Heuß (1998), S. 342; Garzetti (1974), S. 263; Bengtson (1979), S. 9; S. 251; Christ (1983a), S. 10; Grant (1987), S.<br />

304; S. 305; Eck (1997), Sp. 747; Leberl (2004), S. 13.<br />

4 Grant (1987), S. 304, Christ (1983a), S. 9ff. Prägnant zur Rolle der Beziehungen zwischen Senatsaristokratie und<br />

Princeps vgl. Bringmann (2006), S. 68f.<br />

5 Bengtson (1979), S. 179.<br />

6 Eck (1997), Sp. 748.<br />

7 Zu angeblichem Hochmut und Willkür vgl. Suet. Dom. 1,2; 10,1; 12,3.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 5


nachgeholfen, 8 sondern seine Grausamkeit veranlasse ihn dazu, sich die kaiserliche<br />

Freizeit damit zu vertreiben, im Palast Fliegen mit einem spitzen Griffel<br />

aufzuspießen. 9 Diese Grausamkeit sei nicht nur groß, sondern auch heimtückisch<br />

gewesen. 10 Ferner sei er faul, furchtsam und ängstlich, 11 aber zugleich über die<br />

Maßen lüstern gewesen: Tacitus weiß von Domitian zu berichten, dass ihm vor<br />

Regierungsantritt der nötige Ernst für die Regierungsaufgaben völlig abgegangen sei<br />

und er es vorgezogen habe, auf dem Gebiet der Unzucht und des Ehebruchs die Rolle<br />

des Fürstensohnes zu spielen. 12 Der mehr an der persönlichen Seite der Principes<br />

interessierte Sueton lästert, dass Domitian seinen fortgesetzten Geschlechtsverkehr<br />

als eine Art gymnastische Übung betrachtet habe, die er mit griechischem Wort als<br />

„Bettgymnastik<strong>“</strong> bezeichnet habe; seine Mätressen enthaare er eigenhändig und bade<br />

mit den gemeinsten Dirnen zusammen. 13 Plinius d. J. beschreibt ihn als furchtbares<br />

Untier (immanissima belua) 14 und als Schurken, der alle Guten beraubte und<br />

peinigte. 15 Die senatorische Geschichtsschreibung hat auch die christliche Sichtweise<br />

erheblich beeinflusst. In der Annahme, es handele es sich um einen<br />

Christenverfolger, erscheint Domitian in der christlichen Geschichtsschreibung eines<br />

Laktanz, Eusebius oder Orosius als zweiter Nero und möglicherweise ist er es, den<br />

die Offenbarung des Johannes mit dem Antichristen identifizieren will. 16 Dieses<br />

Negativbild hat sich im Wesentlichen bis in die Neuzeit erhalten, für Montesquieu<br />

war der Flavier ein Monster, das grausamer gewesen sei als alle seine Vorgänger, für<br />

den Dichter Schiller ein Tyrann. 17<br />

Auch die moderne althistorische Forschung hat sich mit dem Principat des letzten<br />

Flaviers nicht leicht getan und das nicht nur, weil die Überlieferung der Quellen<br />

„ausgesprochen ungünstig<strong>“</strong> ist. 18 Die moderne Domitianforschung stand lange Zeit<br />

8 Aur. Vict. Caes. 11,1; vgl. auch Cass. Dio Hist. Rom. 66, 26, 2f.<br />

9 Suet. Dom. 3,1; Epit. de Caes., 11,6.<br />

10 Suet. Dom. 11,1; Epit. de Caes. 11,6.<br />

11 Suet. Dom. 19,1; 14, 2; Epit. de Caes. 11,6.<br />

12 Tac. Hist. 4,2,1.<br />

13 Suet. Dom. 22,1; 1,2; vgl. auch Epit. de Caes. 11,7.<br />

14 Plin. Paneg. 48,3.<br />

15 Plin. Paneg. 90,5.<br />

16 Laktanz, De mortibus persecutorum 3; Eusebius, Historia Ecclesiastica 3,17; 1. Clemensbrief 7,1; Oros. Hist. Adv.<br />

Pag. 10,1ff.; Offenbarung des Johannes 17. Zusammenfassend zum christlichen Standpunkt vgl. Pfeiffer (2009), S.<br />

117-120; zum 1. Clemensbrief vgl. Molthagen (1995); zur Johannesapokalypse vgl. Groß (1959), Sp. 107ff.<br />

17 Christ (1983a), S. 1f.<br />

18 Groß (1959), Sp. 91. Oft hat man Domitian auch vor dem Hintergrund einer möglichen Charakterstörung (vgl. Cass.<br />

Dio Hist. Rom. 65,9,3; Suet. Dom. 3; 10; 11; 14) beurteilt, vgl. Kraus (1876); Bengtson (1979), S. 180ff., aber auch<br />

Waters (1964).<br />

Domitians erster Chattenkrieg 6


im Zeichen der senatorisch dominierten antiken Überlieferung. 19 So sah der<br />

Heidelberger Historiker Alfred von Domaszewski im jüngsten Flavier einen<br />

„Emporkömmling, der sich in das schlecht sitzende Gewand der erborgten Majestät<br />

ungeschickt hüllte, in steter Angst, man könnte den Bettlermantel entdecken, den es<br />

verbarg.<strong>“</strong> 20 Dennoch muss im gleichen Atemzug betont werden, dass bereits seit<br />

Theodor Mommsen immer wieder Ansätze zu einer ausgewogeneren Beurteilung<br />

Domitians entwickelt worden sind. Spätestens seit den 1960er Jahren ist man darum<br />

bemüht, den oft geschmähten letzten Kaiser des flavischen Hauses „von dem Malus<br />

des unberechenbaren und blutrünstigen Tyrannen zu befreien.<strong>“</strong> 21<br />

Alles oben Gesagte gilt auch für den unter Domitian gegen den germanischen Stamm<br />

der Chatten geführten Krieg, 22 der in der offiziellen Selbstdarstellung des Princeps<br />

breiten Raum eingenommen hatte und im Nachhinein von den antiken Schriftstellern<br />

überaus verzerrt worden war. Wo immer die antike Historiographie konnte, hat sie<br />

die militärischen Unternehmungen des Flaviers verlacht und die, zugegebenermaßen<br />

von kaiserlicher Seite recht überschwänglich zelebrierten, Erfolge als plumpe Farce<br />

entlarven wollen: 23 „Rash and unnecessary campaigns, <strong>ex</strong>aggerated or false victories,<br />

treaties concluded on shameful terms – such are the principal themes.<strong>“</strong> 24<br />

Der neueren althistorischen Forschung ist es hingegen gelungen, die notwendigen<br />

Korrekturen an der Bewertung der außenpolitisch-militärischen Unternehmungen<br />

Domitians in Germanien vorzunehmen. 25 Dabei mag man die Quellenlage zum<br />

Chattenkrieg mit dem Euphemismus „Herausforderung<strong>“</strong> beschreiben; von diesem<br />

Krieg ist vergleichsweise wenig geblieben, was die Forschung nutzbringend<br />

verwenden könnte: „The Chattan War of the early 80s has generated a vast amount of<br />

printed words, the quantity of which is in inverse proportion to attested facts.<strong>“</strong> 26<br />

19 Vgl. hierzu auch Kapitel 2 und 6.2.<br />

20 Domaszewski (1922), S. 159.<br />

21 Leberl (2004), S. 14. Exemplarisch sei hier lediglich die, der älteren Forschungslinie diametral entgegenstehende,<br />

Einschätzung von Alfred Heuß (1998, erste Auflage erschienen 1960) angeführt: Domitian sei ein „tatkräftiger und<br />

ehrgeiziger Mann<strong>“</strong> gewesen (S. 341), er „besaß persönliches Format und ging mit Zielbewußtsein und Methode an<br />

seinen Plan.<strong>“</strong> (S. 342).<br />

22 Zu den Chatten vgl. grundlegend Petrikovits (1981); Mildenberger (1981); zum Siedlungsgebiet der Chatten liefert<br />

Becker (1992), S. 54-86, einen auf archäologischem Material beruhenden Exkurs. Allgemeiner zur Geschichte der<br />

Germanen vgl. Krause (2002); Krierer (2004).<br />

23 Vgl. <strong>ex</strong>emplarisch Tac. Agr. 39,1; 41,2; Germ. 37,1; Plin. Paneg. 16,3; Cass. Dio. Hist. Rom. 67, 3,5; 67,4,1; Oros.<br />

Hist. adv. Pag. 10,3.<br />

24 Garzetti (1974), S. 286.<br />

25 Eck (1997), Sp. 748.<br />

26 Southern (1997), S. 79. Zur Quellenlage vgl. Kapitel 3.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 7


Angesichts dieser Quellenproblematik und vieler immer noch kontrovers diskutierter<br />

Einzelheiten bezüglich Chronologie und Verlauf des Feldzuges mag es nicht<br />

verwundern, dass man sich „bei der Durchsicht der allgemeinen modernen Literatur<br />

sogleich in einem Gestrüpp der unterschiedlichsten Meinungen<strong>“</strong> wiederfindet. 27<br />

Mit diesem, in der modernen Forschungsliteratur üblicherweise als erster<br />

Chattenkrieg Domitians bezeichneten, Feldzug möchte sich diese Arbeit befassen. 28<br />

Dabei sollen die Fragen nach Chronologie und Datierung, nach Verlauf und<br />

geographischer Verortung dieser Kampagne ebenso Behandlung erfahren wie die<br />

hinter dem militärischen Engagement stehenden Motive des Princeps. Zudem soll der<br />

Versuch unternommen werden, die domitianischen Aktivitäten in Germanien in die<br />

römische Germanienpolitik der Kaiserzeit insgesamt einzuordnen. Diese militärisch-<br />

politische Komponente an sich ist bereits ein interessantes Thema, noch interessanter<br />

ist jedoch, was die kaiserliche Propaganda, die antike Historiographie und später die<br />

moderne Geschichtswissenschaft daraus gemacht haben. Daher soll auch in<br />

umfassender Weise auf die Bewertung der historischen Ereignisse in der antiken<br />

Geschichtsschreibung und der modernen Literatur eingegangen werden. Insgesamt<br />

soll dabei versucht werden, die literarischen Quellen kritisch vor ihrem<br />

Entstehungshintergrund und stets mit Berücksichtigung der Intention der Autoren hin<br />

zu befragen und diese mit den aktuellen Erkenntnissen der Archäologie, Numismatik<br />

und Epigraphik in Einklang zu bringen.<br />

Die besondere Relevanz des gewählten Themas ergibt sich daraus, dass Domitians<br />

Feldzug gegen die Chatten nicht nur für die Beziehungen der Römer und dieses<br />

Stammes zueinander, sondern auch für die römische Germanienpolitik im<br />

Allgemeinen „von zentraler Bedeutung<strong>“</strong> ist: Sind hier doch Lösungen für seit langem<br />

offene Fragen gefunden und eine richtungsweisende Strategie für die weitere<br />

Entwicklung in der Rheinregion begründet worden. 29<br />

27 Braunert (1953), S. 97.<br />

28 Ebenso wenig wie man von einer speziellen römischen Chattenpolitik ausgehen kann, verengt auch die antike<br />

Überlieferung bei der Beschreibung des domitianischen Germanienfeldzugs den Blick keineswegs auf die Chatten,<br />

sondern spricht konsequenterweise immer vom bellum Germanicum; vgl. auch Becker (1992), S. 4f.<br />

29 Becker (1992), S. 265.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 8


2. Zum Stand der Forschung<br />

Beachtung finden sollen bei der folgenden Skizzierung der Forschungslage Werke,<br />

die einem modernen Verständnis von kritischer Geschichtsdarstellung entsprechen;<br />

zudem soll sich im Wesentlichen auf Publikationen konzentriert werden, die sich<br />

<strong>ex</strong>plizit mit Domitian und dem Chattenkrieg befassen. 30 Das gewählte Thema<br />

verbindet mit der Kaiserthematik und der Kriegsthematik zwei Themenkompl<strong>ex</strong>e, die<br />

von der (alt)historischen Forschung in den letzten rund 150 Jahren nicht nur<br />

durchaus unterschiedlich bewertet wurden, sondern auch im Laufe der Zeit ein<br />

unterschiedlich starkes Interesse erfuhren. Inwiefern die generellen Strömungen der<br />

Zeit des jeweiligen Historikers sowie sein politischer und weltanschaulicher<br />

Standpunkt, sozusagen als <strong>ex</strong>terne Rahmenbedingungen, auf die Bewertung des<br />

Chattenkrieges eingewirkt haben, ist an anderer Stelle hinlänglich thematisiert<br />

worden. 31<br />

Ein erster vereinzelter Versuch einer modernen historischen Methoden gerecht<br />

werdenden Domitianbiographie von Albert Imhof stammt aus dem Jahre 1857. 32<br />

Imhof wollte dabei dem Mangel der vorgehenden Werke abhelfen, „die sichere und<br />

bedenkliche Quellen mit derselben Unkritik<strong>“</strong> verwandt hätten. 33 Wenn man ihm auch<br />

seriöse Quellenarbeit attestieren kann, ist das Werk von heutigem Standpunkt aus<br />

mit dem Mangel behaftet, dass der Autor nur in geringem Umfang auf epigraphische<br />

und numismatische Erkenntnisse zurückgreifen konnte.<br />

Die Reichsgründung von 1871 scheint das Interesse an den großen<br />

Herrscherpersönlichkeiten geweckt zu haben, so erfuhr die römische Kaiserzeit in<br />

der Forschung nun mehr Aufmerksamkeit als zuvor: „Der gesamte Zeitraum<br />

zwischen Reichsgründung und erstem Weltkrieg war dem Themenkreis Herrscher,<br />

Kriege, Expansion sehr förderlich.<strong>“</strong> 34 Jedenfalls folgten in den 1870ern gleich zwei<br />

Werke über die flavische Kaiserzeit und Domitian. Dabei ist den Werken von Charles<br />

Beulé 35 und Johann Kraus 36 gemein, dass sie stark emotional gefärbt und voller<br />

30 Die Berücksichtigung der erdrückenden Fülle an Gesamtdarstellungen der Römischen Geschichte und<br />

Kaisergeschichten, in denen das gewählte Thema unter anderem mitbehandelt wird, würde hingegen den Rahmen dieser<br />

Arbeit sprengen. Diese Werke sollen daher nur im Ausnahmefall <strong>ex</strong>plizit angeführt werden.<br />

31 Urner (1994), S. 1ff.<br />

32 Imhof (1857).<br />

33 Ebd., Vorwort.<br />

34 Urner (1994), S. 4. Christ (2006), S. 15, hat diese Epoche als, der Entwicklung des Faches Alte Geschichte in<br />

Deutschland überaus förderliche, „Gründerzeit<strong>“</strong> bezeichnet.<br />

35 Beulé (1875).<br />

36 Kraus (1876). Vgl. Urner (1994), S. 14: „Der [...] folgende Artikel von J.E. Kraus, einem schlimmen Machwerk<br />

ohne jegliche kritische Quellenarbeit, psychologisierend geschrieben unter dem Blickwinkel einer Geisteskrankheit<br />

Domitians erster Chattenkrieg 9


Vorurteile gegen Domitian sind. Was die Kriegsthematik angeht, liegen aus dieser<br />

Zeit Monographien über den Chattenkrieg von Karl Zwanziger 37 und Hans Vieze 38<br />

vor, zumindest Letztere ist um eine ausgewogene Bewertung des militärischen<br />

Erfolges bemüht.<br />

Dankenswerterweise sind die wenigsten Werke dieser Zeit vom (Un)geist der<br />

wilhelminischen Epoche so durchdrungen wie der zweite Band der Kaisergeschichte<br />

Alfred von Domaszewskis, 39 ein Werk, das nicht nur wegen seines „pathetischen Stils<br />

als typisches Produkt wilhelminischen Geistes sehr abstößt<strong>“</strong>. 40 Die meisten Werke<br />

dieser Jahre sind sachlicher, in der Betrachtung der Quellen kritischer und<br />

wenigstens darum bemüht, ausgewogen in der Beurteilung zu sein: Die<br />

Gesamtdarstellung von Franz Pichlmayr 41 ist seriös gearbeitet, neben einer<br />

ausgewogenen Interpretation des Quellenmaterials findet sich in begrenztem Ausmaß<br />

die Integration epigraphischen Materials und zum ersten Mal ist das Motiv<br />

angedeutet, dem von antiker Historiographie geschmähten Kaiser Gerechtigkeit<br />

erfahren zu lassen. 42 Stéphane Gsell legte 1894 in französischer Sprache eine<br />

umfangreiche Monographie über Domitian vor, die heute zwar in Spezialfragen als<br />

überholt angesehen werden muss, aber lange Zeit als grundlegend gegolten hat. 43 Der<br />

1885 erschienene fünfte Band der Römischen Geschichte von Theodor Mommsen,<br />

der aufgrund der Integration epigraphischer Studien zu einem für seine Zeit<br />

ungewöhnlich positiven Urteil über die Verwaltungsarbeit in der Zeit Domitians<br />

gekommen war, hat in der Folgezeit immer wieder andere Autoren zur Entwicklung<br />

von Ansätzen eines positiveren Domitianbildes beeinflusst. 44 Dies gilt insbesondere<br />

für den 1909 erschienenen, materialreichen L<strong>ex</strong>ikon-Artikel von Rudolph<br />

Weynand, 45 der um Objektivität und „eine gemäßigte Darstellung der Persönlichkeit<br />

und Regierung Domitians<strong>“</strong> bemüht ist. 46<br />

Nach dem ersten Weltkrieg rückte das Interesse an großen Kaiserpersönlichkeiten<br />

zugunsten von verfassungs- und staatsrechtlichen Fragestellungen der römischen<br />

des Kaiser und von schweren Vorurteilen geprägt [...].<strong>“</strong><br />

37 Zwanziger (1885).<br />

38 Vieze (1902).<br />

39 Das Werk von Domaszewskis erschien in erster Auflage im Jahre 1909; für diese Arbeit wurde die dritte Auflage<br />

von 1922 verwendet, die im Folgenden als Domaszewski (1922) bezeichnet werden soll.<br />

40 Urner (1994), S. 6.<br />

41 Pichlmayr (1889).<br />

42 Ebd., S. 1.<br />

43 Gsell (1894); vgl. hierzu auch Goetz (R. 1978), S. 8f.<br />

44 Mommsen (1885); vgl. auch Leberl (2004), S. 14.<br />

45 Weynand (1909).<br />

46 Christ (1983a), S. 2.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 10


Geschichte wieder in den Hintergrund. 47 Eine sich <strong>ex</strong>plizit mit Domitian befassende<br />

Monographie oder gar eine Biographie fehlt für diese Zeit, lediglich der Abschnitt<br />

von Ronald Syme über die Kriege und Grenzen der Flavier im elften Band der<br />

Cambridge Ancient History scheint für das gewählte Thema von Interesse. 48<br />

In nationalsozialistischer Zeit stehen im Bereich der Alten Geschichte, neben einer<br />

rassistisch und antisemitisch verwertbaren Germanenideologie, aus gegebenem<br />

Anlass individuelle Herrscherpersönlichkeiten wieder zunehmend im Zentrum des<br />

Interesses, ebenso die naheliegende Kriegsthematik. 49 Domitian wurde in dieser<br />

Epoche jedoch wenig Interesse entgegengebracht, wohl weil man ihn als einen<br />

schwachen Herrscher bewertete, der durch seine mögliche Charakterstörung zudem<br />

als „psychisch entartet<strong>“</strong> gegolten haben wird. 50 Zum Chattenkrieg erschien in diesen<br />

Jahren der Aufsatz von Ulrich Kahrstedt, der sich allerdings nicht mit Einzelheiten<br />

des Krieges, sondern mit dem mutmaßlichen Verlauf des Limes in domitianischer<br />

Zeit befasst. 51<br />

In den späten 1940ern und 1950ern ist das Interesse an Domitian insgesamt ebenso<br />

gering wie in der Zeit des Nationalsozialismus; diese Epoche ist insgesamt<br />

gekennzeichnet durch „Spezialisierung, Sachbezogenheit und Zurückhaltung im<br />

Weltanschaulichen.<strong>“</strong> 52 Neben dem L<strong>ex</strong>ikonartikel von Karl Gross, 53 der allerdings<br />

ohne außenpolitische Aspekte auskommt, ist für diese Zeit der 1952 erschienene<br />

Aufsatz von Herbert Nesselhauf 54 bedeutsam, der sich eigentlich mit dem Verhältnis<br />

Domitians und Tacitus' beschäftigt, aber davon ausgehend grundlegende Einsichten<br />

zum Chattenkrieg lieferte. Ein Jahr später erschien der Aufsatz von Horst Braunert, 55<br />

der wichtige Überlegungen bezüglich der Chronologie des Chattenkrieges angestellt<br />

hat. Die 1960 erstmals veröffentlichte Römische Geschichte von Alfred Heuß gelangt<br />

zu einer insgesamt recht positiven Bewertung der Herrschaft Domitians, kommt bei<br />

deren Darstellung aber gänzlich ohne militärische Aspekte aus. 56<br />

47 Christ (2006), S. 38ff.<br />

48 Syme (1936). Syme war wenige Jahre zuvor für die Wirtschaftspolitik Domitians zu einem sehr günstigen Ergebnis<br />

für Domitian gekommen, vgl. Syme (1930).<br />

49 Vgl. auch Becker (1992), S.1 mit Anm. 1. Zur Alten Geschichte in der nationalsozialistischen Zeit vgl. Christ<br />

(2006), S. 58ff.<br />

50 Urner (1994), S. 8.<br />

51 Kahrstedt (1940).<br />

52 Urner (1994), S. 9.<br />

53 Gross (1959).<br />

54 Nesselhauf (1952).<br />

55 Braunert (1953).<br />

56 Für diese Arbeit wurde unter dem Kürzel Heuß (1998) die 6. Auflage von 1998 verwendet, die einen, im T<strong>ex</strong>t<br />

unveränderten, Nachdruck der 4., ergänzten Auflage von 1976 darstellt.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 11


Seit Mitte der 1960er ist eine gewisse Neuorientierung der Geschichtswissenschaft<br />

festzustellen, traditionelle Inhalte und Methoden wurden hinterfragt. Neben das<br />

Motiv der Forschung, endlich eine befriedigende Domitian-Darstellung vorlegen zu<br />

können, trat zunehmend das Motiv der Rehabilitation des Geschmähten:<br />

„Das Motiv, Handlungen und Beweggründe geschichtlicher Personen besser verstehen zu<br />

wollen, führt dann öfter auch zu einer Rehabilitierung zuvor eher ungünstig beurteilter<br />

Personen, so auch Domitians, der um die Mitte der sechziger Jahre plötzlich stark in den<br />

Blickpunkt des Interesses rückte.<strong>“</strong> 57<br />

In der Folge setzte eine ganze Reihe von Aufsätzen und Dissertationen zu<br />

verschiedensten Spezialfragen der domitianischen Herrschaft ein. 58 Vorrangig mit der<br />

Chronologie des Chattenkrieges befassen sich der Aufsatz von Brian Jones 59 und die<br />

dadurch provozierte Antwort von John Evans. 60 In seiner prosopographischen<br />

Dissertation aus dem Jahre 1978 fasst Rainald Goetz <strong>ex</strong>pressis verbis den Trend der<br />

Zeit zusammen, indem er „Gerechtigkeit für Domitian<strong>“</strong> fordert, d.h. die Aufarbeitung<br />

eines aus der Zeit der Jahrhundertwende geprägten, inzwischen aber eindeutig<br />

widerlegten Geschichtsbildes. 61 Eine zeitgemäße Domitian-Biographie musste jedoch<br />

auch in diesen Jahren ein Desiderat bleiben. Auch der bestimmt wohlgemeinte<br />

Versuch Hermann Bengtsons, eine Gesamtdarstellung über die Zeit der flavischen<br />

Dynastie vorzulegen, ist zu Recht nicht unumstritten, sind doch die verschiedentlich<br />

bemängelte, recht unkritische Behandlung des Quellenmaterials und die vielen<br />

inhaltlichen Unzulänglichkeiten nicht ganz von der Hand zu weisen. 62 In einer 1981<br />

veröffentlichen Rezension des Werkes muss Werner Eck konstatieren, dass „die<br />

vollständige Lektüre des Buches [...] für den Rezensenten keine Freude<strong>“</strong> gewesen<br />

sei. 63 Insgesamt sei „hier nicht wissenschaftlicher Fortschritt, vielmehr erheblicher<br />

Rückschritt erzielt worden.<strong>“</strong> 64 Der Versuch, dem Mangel einer Monographie über die<br />

Flavier abzuhelfen, sei „schon an den elementaren Voraussetzungen historischen<br />

57 Urner (1994), S. 11.<br />

58 Vgl. ebd., S. 11; 16f.<br />

59 Jones (1973).<br />

60 Evans (1975).<br />

61 Goetz (R. 1978), S. 7ff., S. 144.<br />

62 Bengston (1979).<br />

63 Eck (1981), S. 343.<br />

64 Ebd.; allein die anderthalbseitige Liste elementarster Fehler und schlichter Falschinformationen, die Eck lediglich<br />

aus den Kapiteln 1 und 4 zusammengestellt hat, sollte mehr als nachdenklich stimmen.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 12


Arbeitens gescheitert.<strong>“</strong> 65 Bengtsons Werk sollte also nur unter der Hinzunahme der<br />

Eckschen Rezension verwendet werden.<br />

In den 1980ern begann die althistorische Forschung, tradierte Forschungsmeinungen<br />

auf dem Gebiet der römisch-germanischen Auseinandersetzungen erneut zu<br />

überdenken und in Frage zu stellen. 66 Auch für den Chattenkrieg erscheinen in diesen<br />

Jahren wichtige und umfassende Arbeiten, die sich dezidiert von der älteren<br />

Forschungstradition abzusetzen suchten. Ausgehend von den bei Frontin genannten<br />

limites 67 liefert Gerhard Perl eine Zusammenfassung des Chattenkrieges; 68 ihm<br />

kommt unzweifelhaft das Verdienst zu, die Problemgeschichte dieser Passage in<br />

umfassender Weise vorgelegt zu haben, dabei auf Missverständnisse der älteren<br />

Forschung hingewiesen und die angemessene Interpretation eingeschärft zu haben.<br />

Die umfassendste und ausführlichste Beschäftigung mit dem domitianischen<br />

Chattenkrieg in Aufsatzform aus neuerer Zeit stammt von Karl Strobel, 69 der sich<br />

jedoch phasenweise darin gefällt, ein „im völlig unangemessenen Euphemismus<br />

allzu pathetisch gestaltetes Bild eines weiträumigen Krieges<strong>“</strong> zu zeichnen. 70 In Armin<br />

Beckers Dissertation über die römisch-chattischen Beziehungen 71 bildet der<br />

Chattenkrieg Domitians neben der augusteischen Germanienpolitik einen von zwei<br />

Schwerpunkten. Becker liefert wichtige Verbesserungsvorschläge zu den teilweise<br />

recht eigenwilligen Interpretationen Strobels und ist dabei stets bestrebt, die<br />

literarischen Quellen mit epigraphischen, numismatischen und archäologischen<br />

Funden in Einklang zu bringen. Für die Behandlung des Themas ist Beckers<br />

Dissertation daher ein weiterhin unverzichtbarer und zu „begrüßender Versuch<br />

fachübergreifender Stoffbehandlung.<strong>“</strong> 72<br />

Zwar steht Domitian als Herrscher im Zentrum von Christiana Urners Dissertation, 73<br />

jedoch handelt es sich hier um keine Biographie im eigentlichen Sinne. Vielmehr hat<br />

sie in – auch für die vorliegende Arbeit – grundlegender Weise zu verschiedensten<br />

Aspekten der domitianischen Herrschaft die relevanten antiken Quellenzitate<br />

65 Eck (1981), S. 347.<br />

66 Exemplarisch: Timpe (1982); Welwei (1986); Lehmann (1989).<br />

67 Front. Strat. 1,3,10. Vgl. hierzu detailliert Kapitel 5.2.<br />

68 Perl (1981).<br />

69 Strobel (1987a).<br />

70 Kehne (1997), S. 280.<br />

71 Becker (1992); vgl. auch die Rezensionen von Peschel (1996) und Kehne (1997), S. 278-281.<br />

72 Peschel (1996), S. 620; vgl. auch die Einschätzung bei Kehne (1997), S. 280: „[...] bietet Becker dann mit seiner<br />

Rekonstruktion des Chattenkrieges unter Domitian eine wesentlich differenziertere Analyse als die bisherige<br />

Forschung.<strong>“</strong><br />

73 Urner (1994).<br />

Domitians erster Chattenkrieg 13


zusammengetragen und die Ergebnisse der modernen Forschung zusammengefasst.<br />

Zudem will ihre Arbeit durch die Untersuchung, wie antike Bewertungen sich auf das<br />

Bild der modernen Forschung ausgewirkt haben, „aufzeigen, wie geschichtliche<br />

Urteile über Domitian zustande kommen<strong>“</strong>. 74<br />

Der oft geäußerten Klage, dass eine zeitgemäße, umfassende, im Umgang mit den<br />

Quellen seriöse und in der Bewertung ausgewogene Monographie über Domitian<br />

fehle, ist in den vergangenen 20 Jahren abgeholfen wurden, was als Indiz dafür<br />

gesehen werden mag, dass das Interesse an der Person und Herrschaft Domitians<br />

ungebrochen ist. So erschienen aus dem anglophonen Raum in den 1990ern zwei<br />

Domitianbiographien. Die eine stammt von Brian Jones, 75 der bereits vorher mit<br />

verschiedenen Beiträgen zu Spezialthemen der domitianischen Herrschaft nicht<br />

immer eine glückliche Figur gemacht hatte, 76 die andere mit dem populären Titel<br />

„Tragic Tyrant<strong>“</strong> stammt von Patricia Southern. 77 Spätestens seit dem letzten Werk<br />

kann meines Erachtens die Forderung nach einer umfassenden und zeitgemäßen<br />

Monographie über Domitian im Wesentlichen als erfüllt gelten. Aus jüngster Zeit<br />

seien zudem die Kapitel im elften Band der, in zweiter Edition erschienenen,<br />

Cambridge Ancient History genannt; über „The Flavians<strong>“</strong> aus der Feder von Miriam<br />

Griffith 78 und über das flavische „Roman Germany<strong>“</strong> von C. Rüger. 79 Mit dem<br />

Studienbuch von Stefan Pfeiffer 80 ist kürzlich eine aktuelle, gut gearbeitete<br />

Gesamtdarstellung über die einzelnen Principes der flavischen Dynastie und<br />

verschiedene thematische Aspekte ihrer Herrschaft erschienen. Dieses Werk wendet<br />

sich jedoch eher an Studienanfänger als an fortgeschrittene Spezialisten, mag aber<br />

durchaus gleichermaßen „als Arbeitsgrundlage für Lehrende und Studierende ebenso<br />

wie als anregende Lektüre für historisch Interessierte<strong>“</strong> dienen. 81<br />

Insgesamt lässt sich konstatieren, dass die neuere althistorische Forschung darum<br />

bemüht war, der Rehabilitierung des jüngsten flavischen Herrschers Genüge zu tun,<br />

ohne aber dabei zu einem wirklich konsistenten Bild zu kommen. 82 Umfassende<br />

Korrekturen sind aber insbesondere bei der Bewertung seiner außenpolitischen<br />

74 Urner (1994), S. 24.<br />

75 Jones (1992).<br />

76 Vgl. Jones (1973; 1982; 1979).<br />

77 Southern (1997).<br />

78 Griffith (2000).<br />

79 Rüger (2000).<br />

80 Pfeiffer (2009).<br />

81 Ebd. (2009), S. 7.<br />

82 Vessey (1983), S. 212: „[Domitian] remains largely an enigma.<strong>“</strong><br />

Domitians erster Chattenkrieg 14


Unternehmungen möglich gewesen. 83 Verglichen mit anderen Aspekten<br />

domitianischer Herrschaftszeit sind die Arbeiten zur Kriegsthematik, hier<br />

insbesondere zum Chattenkrieg, relativ zahlreich, wobei die Zahl der Aufsätze in<br />

Zeitschriften und Sammelbänden erwartungsgemäß die der Monographien übersteigt.<br />

Während die „klassischen<strong>“</strong> Themen Krieg und Außenpolitik als solche in letzter Zeit<br />

zugunsten anderer Perspektiven, wie z.B. der Alltags-, Sozial- und<br />

Geschlechtergeschichte, etwas in den Hintergrund getreten sein mögen, 84 scheint das<br />

Interesse an der Behandlung der Herrschaft Domitians insgesamt keineswegs<br />

erloschen zu sein.<br />

83 Eck (1997), Sp. 747.<br />

84 Vgl. hierzu allgemeiner Maurer (2003).<br />

Domitians erster Chattenkrieg 15


3. Die Quellenlage<br />

3.1. Literarische Quellen<br />

Die wichtigste Grundlage der Erforschung des domitianischen Chattenkrieges bilden<br />

bis heute die literarischen Überreste der Antike; von der modernen Forschung haben<br />

hier traditionell die Historiographen mehr Aufmerksamkeit erhalten als die Dichter. 85<br />

In Bezug auf die Perspektive ist zudem die totale Einseitigkeit der Quellen<br />

festzustellen, die römisch-germanischen Auseinandersetzungen werden<br />

ausschließlich in römischen T<strong>ex</strong>ten beschrieben: „Es fehlen jegliche literarische<br />

Zeugnisse von germanischer Seite, wir haben also keine Möglichkeit, die Konflikte<br />

aus Sicht der Germanen zu beschreiben.<strong>“</strong> 86<br />

Etwas dramatisch fasste von Domaszewski kurz nach der Wende zum 20.<br />

Jahrhundert die Überlieferungssituation der flavischen Epoche zusammen:<br />

„Mit der Geschichte der flavischen Kaiser beginnt jener lästige Nebel, der unseren Blicken<br />

die Zeit kaum mehr erkennen lässt. Denn die zusammenhängende Überlieferung versagt<br />

gänzlich, und der Versuch, die Trümmer zu einem Ganzen zusammenzufügen, kann nur in<br />

unbefriedigender Weise gelingen.<strong>“</strong> 87<br />

Dass dieser Nebel durch die intensiven Bemühungen der Forschung inzwischen<br />

etwas gelichtet werden konnte, darauf konnte bereits Rainald Goetz 1978<br />

hinweisen. 88 Dennoch muss die Quellenlage für die Zeit der Herrschaft Domitians<br />

insgesamt als relativ unbefriedigend und problematisch bezeichnet werden. 89 Ein<br />

umfangreiches und geschlossenes historiographisches Werk über seine<br />

Herrschaftszeit liegt, wie für die gesamte flavische Epoche, nicht vor. Eine solche<br />

„Darstellung, wie sie insbesondere einmal in den Historien des Tacitus zu finden<br />

gewesen sein muss<strong>“</strong>, hätte unser Wissen über die Zeit „trotz der dort mit Sicherheit<br />

zu erwartenden Einseitigkeiten und Verzerrungen auf eine ganz andere Basis<br />

85 Grundlegende Überlegungen zu antiken literarischen Werken als historischen Quellen finden sich bei Schneider (C.<br />

2002).<br />

86 Schneider (H. 2008), S. 12. Vgl. auch Wolters (2008), S. 78: „Eine eigene germanische oder gar chattische<br />

Überlieferung ist nicht auf uns gekommen.<strong>“</strong><br />

87 Domaszewski (1922), S. 145.<br />

88 Goetz (R. 1978), S. 7.<br />

89 Urner (1994), S. 1.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 16


gestellt.<strong>“</strong> 90 Die erhaltenen literarischen Fragmente sind zudem nicht nur sehr<br />

sparsam, was direkte Informationen über den Verlauf des Feldzuges angeht, sondern<br />

auch äußerst tendenziös in ihrer Bewertung der Ereignisse. 91 Insgesamt gilt also es zu<br />

konstatieren, dass sich die Einzelheiten des domitianischen Feldzuges gegen die<br />

Chatten trotz intensiver Bemühungen der Forschung weiterhin in „einer lückenhaften<br />

und tendenziösen literarischen Überlieferung<strong>“</strong> verlieren. 92<br />

Um später eine möglichst adäquate kritische Interpretation der schriftlichen Quellen<br />

vor den Besonderheiten ihres Entstehungshintergrundes zu ermöglichen, scheint es<br />

einführend sinnvoll, in der gebotenen Kürze jene antiken Autoren einzuführen, die<br />

uns in ihren Werken Information über das gewählte Thema liefern. 93 Urner, die sich<br />

in ihrer Dissertation eingehend mit der Bewertung Domitians durch die antike<br />

Geschichtsschreibung und Dichtung beschäftigt hat, verweist darauf, dass es bei der<br />

Einschätzung des Quellenwertes eine wichtige Rolle spiele, „in welchem Verhältnis<br />

sie [die antiken Autoren] zum Kaiser standen und in welchem Maße Animosität und<br />

Opportunismus ihre Aussagen beeinflussten.<strong>“</strong> 94 Das Hauptaugenmerk soll daher auf<br />

dem Standpunkt der Autoren, d.h. ihrer durchaus stark differierenden, persönlichen<br />

Einstellung gegenüber Domitian gelegt werden. Bei den späteren Autoren, welche<br />

die Herrschaft des letzten Flaviers nicht selbst miterlebt hatten und in mehr oder<br />

weniger größerer zeitlicher Distanz zu dieser schrieben, sollen auch die jeweils<br />

verarbeiteten Quellen thematisiert werden, um Abhängigkeiten und Beeinflussungen<br />

bei der Formung und Tradierung des antiken Domitianbildes in den Blick zu<br />

bekommen. 95<br />

90 Strobel (1987a), S. 423.<br />

91 Vgl. ausführlicher Kapitel 6.1.<br />

92 Wolters (200), S. 67. Im gleichen Atemzug darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass der Chattenkrieg im Vergleich<br />

mit anderen Aspekten der domitianischen Regierungszeit relativ gut überliefert ist, vgl. Urner (1994), S. 314.<br />

93 Die Auswahl der Autoren wurde hier bewusst in Anlehnung an Urner (1994), S. 26-64; 65-79, vorgenommen, die<br />

hier grundlegende Arbeit geleistet hat. Da sich die Äußerungen des Dichters Statius mit großer Wahrscheinlichkeit<br />

auf den, im Rahmen dieser Arbeit nur <strong>ex</strong>kursorisch behandelten, zweiten Chattenkrieg und damit nicht auf das<br />

eigentliche Thema beziehen, soll an dieser Stelle auf eine Einführung dieses Autors verzichtet worden. Für seine<br />

Aussagen gelten im Wesentlichen dieselben Überlegungen wie für Martial: Sie spiegeln eher kaiserliche Propaganda<br />

wider als dass sie auf tatsächlicher Kenntnis der Ereignisse beruhen, wenn auch Becker (1992), S. 28, nicht<br />

ausschließen mag, dass „Statius besondere Kenntnisse über den Chattenkrieg besaß.<strong>“</strong> Zu Statius vgl. Scott (1933);<br />

Garthwaite (1978); Cancik (1986); Urner (1994), S. 30f.; Nauta (2002), S. 195ff.; Leberl (2004), S. 143-241.<br />

94 Urner (1994), S. 24. Vgl. auch Günther (2001), S. 60-71.<br />

95 Grundlegende Überlegungen zum antiken Verständnis von Quellenbenutzung in der Historiographie liefert Mehl<br />

(2001), S. 29.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 17


3.1.1. Zeitgenössische Autoren<br />

3.1.1.1. Frontin<br />

S. Iulius Frontinus (um 35-40 bis 103/04) gehörte dem Senatorenstand an und konnte<br />

schon bei der Thronbesteigung Domitians auf eine beachtliche politische Karriere als<br />

„tüchtiger Offizier, Techniker und Verwaltungsbeamter<strong>“</strong> zurückblicken. 96 In seinem<br />

militärischen Fachbuch Strategemata schildert er, in streng thematischer Gliederung,<br />

die Kriegsleistungen herausragender Feldherren der griechischen und römischen<br />

Geschichte. 97 Die mehrmalige Erwähnung des Chattenfeldzuges in den Strategemata<br />

wird in der Forschung allgemein dahingehend interpretiert, dass Frontin persönlich<br />

an diesem teilnahm, möglicherweise als Kommandeur des niedergermanischen<br />

Heeres. 98<br />

Frontin verfasste sein Werk wohl recht kurz nach Abschluss des Chattenkrieges. Die<br />

von ihm für Domitian mit einer Ausnahme 99 durchgehend verwendete Titulatur<br />

„Imperator Caesar Domitianus Augustus Germanicus<strong>“</strong> legt nahe, dass die<br />

Strategemata noch zu Lebzeiten Domitians veröffentlicht wurden. Diese Titulatur<br />

legt als terminus post quem den Zeitpunkt der Annahme des Siegerbeinamens<br />

Germanicus fest. 100 Allgemein wird davon ausgegangen dass das Werk zwischen 84<br />

und 88 erschienen ist. 101<br />

Frontins Berichte sind im Wesentlichen nüchtern und ohne persönliches Werturteil<br />

formuliert, seine Angaben zum Chattenkrieg „dürfen mit einiger Sicherheit als<br />

Augenzeugenberichte gelten<strong>“</strong>, was ihn für diesen zu einer Primärquelle von<br />

besonderem Wert macht. 102 Ereignisse des Chattenkrieges finden in den Strategemata<br />

an insgesamt vier Stellen Erwähnung, der Stamm der Chatten selbst jedoch nur in<br />

96 Fuhrmann (1999), S. 343. Vgl. Front. Strat. 4,3,14; Tac. Hist., 17,2; 4,39; Tac. Agr. 17,3; Plin. Epist. 4,8,3,<br />

bezeichnet ihn als „princeps vir<strong>“</strong>; ILS 6074; 1105. Zu Leben und Person des Frontin Bendz (1963), S. 1f.; Christ<br />

(1989), S. 149ff.<br />

97 Nickel (1999), S. 812.<br />

98 Syme (1962), S. 214, nimmt an, dass Frontin im kaiserlichen consilium am Feldzug teilgenommen habe; Eck<br />

(1982), S. 54f., zieht in Erwägung, dass Frontin gar Kommandeur der Heeresgruppe gewesen sein könnte. Vgl.<br />

hierzu auch Christ (1989), S. 152.<br />

99 Frontin Strat. 1,3,10.<br />

100Vgl. hierzu Kapitel 5.1.<br />

101Urner (1994), S. 28. Vgl. aber auch Bendz (1963), S. 4. Pichlmayr (1889), S. 23 mit Anm. 1 und Vieze (1902), S.<br />

13, hatten angenommen, dass die Strategemata auf jeden Fall vor dem Beginn des Dakerkrieges veröffentlicht sein<br />

müssten, da diese nicht erwähnt würden.<br />

102Becker (1992), S. 27.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 18


Strat. 1,3,23. 103<br />

3.1.1.2. Martial<br />

Ein Zeitgenosse Frontins war der aus dem nordspanischen municipium Bilbilis<br />

stammende Dichter M. Valerius Martialis (um 40 bis 102-104), der wohl um das Jahr<br />

64 nach Rom gekommen ist und von Titus in den Ritterstand erhoben worden war. 104<br />

Die Bewertung Martials und seines Verhältnisses zu Domitian differieren stark: 105<br />

Insgesamt stellt die Frage, inwieweit der Dichter in seinem Werk verdeckte Kritik am<br />

letzten Flavier geübt habe, „sicher das kompl<strong>ex</strong>este und umstrittenste Problem der<br />

Martial-Philologie<strong>“</strong> dar. 106 Ob man in ihm einen rückgratlosen und servilen<br />

Opportunisten oder doch einen moralisch engagierten Kritiker voll raffiniert-<br />

satirischem Esprit zu sehen hat, wurde und wird in der Forschung durchaus konträr<br />

diskutiert: Während die ältere Forschungstradition ihn durchweg als „geradezu<br />

widerwärtigen Adulator<strong>“</strong> beschreibt, 107 haben sich seit den 1980ern Teile der<br />

Forschung um eine gewisse Relativierung und Rehabilitierung Martials bemüht. Das<br />

Spektrum reicht hier von einem Werben für Verständnis seiner, durch finanzielle<br />

Abhängigkeit nicht einfachen, Lebenssituation 108 bis hin zu der Feststellung, er habe<br />

in seinen auf den ersten Blick ausschließlich schmeichelnden Versen durch<br />

Doppeldeutigkeiten unterschwellig Kritik am Princeps geübt. 109 Diese „Verbindung<br />

von kritischer Absicht und heiterem Ton oder witziger Form [...]<strong>“</strong> sei für Letzteren<br />

103Front. Strat. 1,1,8; 1,3,10; 2, 3,23; 2,11,7.<br />

104Neben den in seinem Werk enthaltenen autobiographischen Aussagen kann sich die Forschung lediglich auf einen<br />

Nachruf des jüngeren Plinius auf Martial berufen, der für dessen Tod das Jahr 104 als terminus ante quem ansetzt<br />

(Ep. 3,21). Überlegungen zur Rekonstruktion der Vita Martials liefern Friedlaender (1886), S. 3-14; Helm (1955), S.<br />

55-58; Howell (1980), S. 1-5; Szelest (1986); Sullivan (1991), S. 1-55; Barié / Schindler (1999), S. 1092-1102.<br />

Explizit zu den besonderen Problemen eines solchen Rekonstruktionsversuches anhand autobiographischer<br />

Aussagen in der Dichtung äußerst sich knapp Holzberg (2002), S. 13f.<br />

105Explizit zum Verhältnis Domitian – Martial äußern sich u.a.: Sauter (1934); Schilp (1948); Szelest (1974);<br />

Garthwaite (1978); Hofmann (1983); Szelest (1986), S. 2571ff; Nauta (2002); Leberl (2004). Allgemeiner zu<br />

Person, Werk und Interpretation Martials: Weinreich (1928); Helm (1955); Seel (1961); Allen (1969); Vessey<br />

(1974); Classen (1985); Holzberg (1986; 1988, vgl. auch die Rezension von Szelest (1988); 2002, vgl. hierzu auch<br />

die Kurzrezension in Leberl (2004), S. 356f.); Römer (1994); Grewing (1998); Lorenz (2002, vgl. hierzu auch die<br />

Kurzrezension in Leberl (2004), S. 354-356 und die Rezension von Habermehl (2006)); Rimmel (2008).<br />

106Grewing (1998), Vorwort S. 10. Einführend wird diese „hidden criticism-Kontroverse<strong>“</strong> an folgenden Stellen<br />

skizziert: Leberl (2004), S. 15-18; Lorenz (2002), S. 45ff.<br />

107Bengtson (1979), S. 146, befindet sich hier eindeutig in der älteren Tradition. Seels einflussreicher Aufsatz (1961)<br />

scheint geradezu von einer persönlichen Verachtung für den Dichter gezeichnet zu sein (besonders S. 61); ebenfalls<br />

ablehnend: Schanz / Hosius (1935), S. 546-560; Helm (1955). Noch Fuhrmann (1999), S. 314-317, zeigt sich<br />

erschreckend unberührt von der Debatte um eine Rehabilitation Martials.<br />

108So bereits recht früh Friedlaender (1916), S. 14; Weinreich (1928), S. 160; vgl. auch Leberl (2004), S. 342.<br />

109Erstmals Szelest (1974), S. 105-114. Wegbereitend waren jedoch erst die seit 1978 erscheinenden Arbeiten von<br />

Garthwaite (1978, S. 173f.), dem auch Hofmann (1983), S. 246 und Holzberg (1986, S. 201; 1988, S. 75) folgten.<br />

Holzberg (1986) bietet zudem einen ausgesprochen lesenswerten Überblick über die Martialforschung des 20.<br />

Jahrhunderts.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 19


wiederum akzeptabler gewesen als offene Anfeindungen. 110 Hofmann hat in seiner<br />

chronologischen Zusammenstellung der martialschen Epigramme zudem<br />

herausgearbeitet, dass der panegyrische Gehalt seiner Werke durchaus<br />

Schwankungen unterliege: Während Martial vor dem Jahr 93 „in seinen Büchern mit<br />

einem kritischen Wort nicht zurückhält, wenn auch selten und dann stets mit<br />

vorsichtigem Ausdruck und hintergründig<strong>“</strong> 111 und somit „im Verhältnis zum Kaiser<br />

ein gewisses Maß an Ehrlichkeit und Anstand zu bewahren<strong>“</strong> bestrebt war, 112 so tritt in<br />

den folgenden Jahren eine offene und aufdringliche Heuchelei qualitativ und<br />

quantitativ immer mehr in den Vordergrund. 113<br />

Heute kann die Kontroverse um die Kaiserkritik in den Epigrammen Martials jedoch<br />

keineswegs als abgeschlossen gelten, vielmehr ist man von verschiedener Seite und<br />

mit unterschiedlichster Begründung darum bemüht, die Erkenntnisse der um eine<br />

Rehabilitation des Dichters bemühten „double speak<strong>“</strong> - Schule zu revidieren. 114<br />

An verschiedenen Stellen in seinen Epigrammaton libri XII lobt Martial die<br />

militärische Sieghaftigkeit des letzten Flaviers. Verglichen mit der offiziellen<br />

domitianischen Selbstdarstellung stellt sich jedoch hier rein quantitativ ein<br />

„grundlegend anderes Bild<strong>“</strong> dar: 115 Die militärischen Unternehmungen Domitians in<br />

Pannonien werden in mehr als einem Dutzend Epigramme thematisiert, der in der<br />

kaiserlichen Propaganda so hochstilisierte Chattenkrieg findet hingegen lediglich<br />

eine, recht isoliert dastehende, lobende Erwähnung in einem Epigramm, das wohl im<br />

Jahre 86 oder 87 veröffentlicht wurde. 116<br />

110Classen (1985), S. 341, hebt zudem das psychologisch geschickte Handeln Martials hervor: Indirekte Kritik sei<br />

letzten Endes wirksamer als „die Schroffheit des Eiferers<strong>“</strong>. Grundlegende Überlegungen zu Panegyrik und<br />

Herrscherkritik finden sich bei Schneider (C. 2002), hier besonders S. 121f.<br />

111Hofmann (1983), S. 244.<br />

112Ebd., S. 245.<br />

113Zur Chronologie der Epigramme Martials vgl. Friedlaender (1886), S. 50-67; Sullivan (1991), S. 15-44; 313-321;<br />

außerdem Nauta (2002), 441f. Sullivans Variante, der die einzelnen Bücher im wesentlichen ein Jahr später ansetzt<br />

als Friedlaender, stellt dabei die vorsichtigere Datierungsweise dar.<br />

114Voran Römer (1994), besonders S. 100-113; Nauta (2002), S. 412-440. Lorenz (2002), betont in seinem<br />

literaturwissenschaftlichen Ansatz die Fiktionalität sowohl des lyrischen Ichs als auch der epigrammatischen<br />

Kaiserfigur, weswegen es ihm schwerfalle, „zu glauben, dass der historische Dichter in den Epigrammen bewusst<br />

Kaiserkritik üben konnte, wie es bisweilen angenommen worden ist.<strong>“</strong> (S. 249f.). In Auseinandersetzung mit Lorenz<br />

distanziert sich auch Holzberg (2002) zumindest teilweise von den vorher geäußerten Position, besonders S. 9-11.<br />

115Angesichts dieses Befundes meldet Leberl (2004), S. 245, meines Erachtens nicht unbegründete, Zweifel an einer<br />

möglichen direkten Einflussnahme des Kaiserhofes auf die Dichtung Martials an, vgl. ebd., S. 264f. Leberl beklagt,<br />

dass in manchen Werken allzu selbstverständlich davon ausgegangen werde, Martial sei angestellter Hofdichter<br />

gewesen, vgl. hierzu: ebd., S. 17; S. 129-132; S. 344.<br />

116Mart. Epigr. 2, 2. Damit wäre das Epigramm „verspätet<strong>“</strong>, da rund drei Jahre nach dem Sieg über die Chatten<br />

erschienen, was zu der Vermutung geführt hat, dass es bereits relativ zeitnah zum Chattenkrieg verfasst und dem<br />

Princeps zugänglich gemacht, aber erst später veröffentlicht worden sei, vgl. Leberl (2004), S. 247. Einen<br />

Domitians erster Chattenkrieg 20


3.1.1.3. Silius Italicus<br />

Ti. Catius Asconius Silius Italicus (zwischen 23 und 35- um 100) 117 war ein aus<br />

vornehmer Familie stammender, begüterter Senator und Anhänger der stoischen<br />

Philosophie.<br />

Sein episches Alterswerk Punica 118 wurde wohl weitgehend in der Regierungszeit<br />

Domitians verfasst. 119 Dieses, mit seinen 17 Büchern und mehr als 12.000 Versen<br />

übrigens längste Epos der lateinischen Literatur, berichtet über den Zweiten<br />

Punischen Krieg (218-201 vor Christus) und ist dabei ganz auf die Vergangenheit<br />

fixiert, die „in romantischer Verklärung als Roms beste Zeit beschrieben wird, [...], in<br />

der die Römer dank ihrer moralischen Überlegenheit, ihrer Tapferkeit, Frömmigkeit<br />

[...] schließlich doch mit allen Schwierigkeiten fertig wurden.<strong>“</strong> 120 Theoretisch<br />

republikanischem Denken verpflichtet, faktisch jedoch die Alleinherrschaft des<br />

Principats anerkennend, sind die Punica von „der politischen Wandlung zwischen<br />

Nero und Trajan<strong>“</strong> insgesamt kaum berührt. 121 Bei den Kollegen der dichtenden Zunft<br />

hat das Werk des Silicus Italicus durchaus unterschiedliche Bewertung erfahren:<br />

Martial ist voll des Lobes, Juvenal hingegen lehnt das Werk des Kampaniers stark<br />

ab. 122 Die Punica enthalten auch einen Hinweis auf Domitians Triumphzug. 123<br />

3.1.1.4. Tacitus<br />

P. (?) Cornelius Tacitus (um 55 bis nach 116) 124 erlebte nicht nur die gesamte<br />

Erklärungsansatz für die Veröffentlichung zum späteren Zeitpunkt bietet hingegen Sullivan (1991), S. 132f.<br />

Für das gewählte Thema sei der Vollständigkeit halber noch auf eine weitere Chattenerwähnung bei Mart. Epigr. 14,<br />

26ff., hingewiesen, die auf bestehende Handelskontakte mit den Römern schließen lässt, die archäologisch<br />

allerdings nicht fassbar sind und in einem gewissen Gegensatz zu dem von der römischen Historiographie<br />

vermittelten Bild der dauerhaften und konsequenten Feindschaft zwischen Römern und Chatten für diese Zeit steht.<br />

117Der volle Name ist inschriftlich gesichert; vgl. Calder (1935), S. 216f. Zum Leben und Tod des Silius Italicus vgl.<br />

den um 100 veröffentlichen Nachruf des jüngeren Plinius, Ep. 3,7.<br />

118Umfassend hierzu: Ahl (1986), vgl. auch Klotz (1927).<br />

119Den Punica fehlt ein panegyrisches Proömium, anhand der Huldigung an das flavische Königshaus in 3, 594-629<br />

hält Reitz (2001), Sp. 558, jedoch eine Veröffentlichung nach 96 nicht für „nicht mehr denkbar.<strong>“</strong> Vgl. aber auch<br />

Urner (1994), S. 33, die in Anlehnung an McDermott / Orentzel (1977), S. 24-34, die Ansicht vertritt, Silius Italicus<br />

habe aufgrund seiner finanziellen Unabhängigkeit nicht vor einer positiven Bewertung bestimmter domitianischer<br />

Regierungsleistungen abrücken brauchen.<br />

120Fuhrmann (1999), S. 307.<br />

121Urner (1994), S. 32.<br />

122Vessey (1974), S. 109-116.<br />

123Sil. Ital. Punica 3, 614.<br />

124Die Namensform Publius ist nicht ganz gesichert, in Betracht wird auch Gaius gezogen, vgl. Schmal (2005), S. 14-<br />

18; vgl. zudem die Neuinterpretation einer Grabinschrift bei Birley (2000), S. 231ff. Insgesamt ist die Nachwelt<br />

nicht sonderlich gut über Tacitus' Leben unterrichtet: In keinem seiner Werke hat er sich die Zeit genommen,<br />

ausführlicher über sich und seine Herkunft zu sprechen. Für eine Beschäftigung mit Tacitus weiterhin unumgänglich<br />

das zweibändige Standardwerk von Syme (1958). Umfassend ebenfalls Borszák (1968); Pöschl (1969); einen guten<br />

Überblick über Leben und Werk des Tacitus bietet Fuhrmann (1971). Zu speziellen Aspekten seines Werkes vgl.<br />

zudem den Sammelband Aufstieg und Niedergang der römischen Welt (ANRW II), Band 33.2 und 33.3. Mit Schmal<br />

Domitians erster Chattenkrieg 21


Herrschaftszeit des flavischen Hauses, sondern überlebte die Dynastie um rund<br />

zwanzig Jahre. Er war Mitglied des ordo senatorius und bekleidete auch unter<br />

Domitian, den er in seinen Werken posthum stark ablehnt und von dem er ein<br />

einheitlich negatives Bild vermittelt, hohe Ämter in der kaiserlichen Verwaltung. 125<br />

Durch seine Werke ist Tacitus „ein Stern allererster Ordnung am Himmel der<br />

römischen Historiker<strong>“</strong>; in Bezug auf die Chatten muss er als der bedeutendste der auf<br />

uns gekommenen antiken Schriftsteller gesehen werden. 126<br />

Weit auseinander gehen Tacitus' Bewertungen der drei flavischen Kaiser, „Kriterium<br />

der Beurteilung ist dabei das jeweilige Geschick der Herrscher im Umgang mit dem<br />

eigenen Stand des Autors, dem Stand der Senatoren.<strong>“</strong> 127 An Vespasian bemängelt er<br />

nur die avaritia, 128 die Regierung des Titus wird ausschließlich positiv bewertet. 129<br />

Was den jüngsten Flavier auf dem Thron angeht, bleibt sein Werk „besessen von den<br />

echten und eingebildeten Domitianen der Vergangenheit<strong>“</strong>: 130 Tacitus macht ihn<br />

persönlich verantwortlich für die Probleme des zeitgenössischen politischen Lebens,<br />

„Heuchelei, Verstellung, Falschheit, die Grundübel oder Erbsünden des Systems<strong>“</strong>. 131<br />

Seine Werke, die so voll sind von ätzendem Spott gegen Domitian, hat Tacitus<br />

gewiss erst nach der Ermordung des letzten flavischen Kaisers veröffentlicht. Vorher<br />

verzichtet Tacitus „auf lautstarke Opposition<strong>“</strong> und bewegt sich somit „auf dem Grat<br />

zwischen schweigend protestierender virtus und leicht republikanisch verbrämten<br />

Opportunismus.<strong>“</strong> 132<br />

Hinweise auf den Chattenkrieg finden sich in verschiedenen seiner Werke: Sein wohl<br />

98 erschienenes 133 Erstlingswerk De Vita et Moribus Iulii Agricolae - ein im Kern<br />

(2005) ist kürzlich eine gelungene Einführung erschienen.<br />

125Vgl. Tac. Hist. 1,1,3: Dass seine Karriere von Domitian gefördert wurde, bestreitet Tacitus in seiner Selbstaussage<br />

nicht.<br />

126Bengtson (1979), S. 276. Erwähnt werden die Chatten an folgenden Stellen: Tac. Germ. 29-32; 35; 36; 38; Hist. 4,<br />

12; 4,37; Ann. 1, 55;1,56; 2,7;2,25;2,41; 11,16; 12,27; 12,28; 13,56;13,57.<br />

127Sonnabend (2002), S. 137.<br />

128Tac. Hist. 2, 5,1;<br />

129Tac. Hist. 2,1,2; 5,1,1.<br />

130Grant (1973), S. 239. Zum Verhältnis Tacitus und Domitian und dem Problem des Principats vgl. Nesselhauf (1952);<br />

Willmer (1958); Syme (1962); Fritz (1969); Urban (1971); Evans (1976); Döpp (1985); Städele (1988); Shotter<br />

(1991). Zur Entwicklung des Standpunkts des Tacitus gegenüber dem Principat vgl. ausführlich Beck (1998), S.<br />

102-123; Mehl (2001), S. 121f.<br />

131Christ (1983b), S. 454. Zur statischen Charakterauffassung der Antike vgl. Grant (1973), S. 237, S. 241f.; Döpp<br />

(1985), S. 166. Zu Standpunkt und Einordnung des Tacitus prägnant Pfeiffer (2009), S. 1.<br />

132Albrecht (1994), S. 871.<br />

133Zur Datierung der taciteischen Werke insgesamt vgl. die prägnante Zusammenfassung bei Schmal (2005), S. 18-21;<br />

Mehl (2001), S. 121. Ausführliche Überlegungen zur Datierung des Agricola vgl. Beck (1998), S. 72ff.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 22


iographisches Werk über seinen im Jahre 93 verstorbenen Schwiegervater, zugleich<br />

aber sowohl Nachruf und laudatio funebris auf denselben als auch streckenweise<br />

ethnographische Studie – ist gefärbt von einem subjektiv stark empfundenen Unrecht<br />

über die angebliche Zurücksetzung Agricolas durch Domitian. 134<br />

Die Historiae behandeln in chronologischer Reihenfolge die Jahre 69 bis 96, also den<br />

Zeitraum vom sogenannten Vierkaiserjahr bis zum Ende der flavischen Dynastie.<br />

Leider sind jene Teile der Historiae, in denen die Herrschaft der Flavier behandelt<br />

wird, nicht mehr erhalten. Sie brechen inmitten der Beschreibung des<br />

Bataveraufstandes im Jahre 70 ab, in den erhalten gebliebenen viereinhalb Büchern<br />

finden sich lediglich einige knappe Bemerkungen, die der Herrschaft des Domitians<br />

vorgreifen. 135 Für die Betrachtung des gewählten Themas ist weiterhin die<br />

ethnographisch-geographische Studie De Origine et Situ Germanorum, bekannter als<br />

Germania, von Bedeutung. 136 Recht bissige Anmerkungen zum Feldzug und<br />

Domitians Triumph finden sich in Tac. Agr. 39,1 und Germ. 37,6; in Agr. 41,2f.<br />

äußert sich der Historiograph in ebenfalls sehr herablassender Manier zu Domitians<br />

Kriegführung im Allgemeinen.<br />

3.1.1.5. Plinius der Jüngere<br />

C. Plinius Caecilius Secundus (61/62 bis 113/115) 137 war ein Neffe des Älteren<br />

Plinius. Der Beginn der domitianischen Herrschaft fiel ungefähr mit dem Beginn<br />

seiner Ämterlaufbahn zusammen. Insgesamt profitierte der jüngere Plinius von der<br />

Protektion durch den Princeps, 138 was er aber in den erst nach dessen Tode<br />

veröffentlichten Werken stillschweigend übergeht. Seine eigene Rolle während der<br />

134Im Proömium des Agricola habe man mit Fuhrmann (1999), S. 324, „ein für die Antriebe der taciteischen<br />

Historiographie wichtiges Dokument<strong>“</strong> zu sehen. Batomsky (1985), S. 389, sieht im Agricola gar „the key to the<br />

interpretation of all of Tacitus' writings [...]<strong>“</strong>. Vgl. ferner Hoffmann (1870); Streng (1978); Döpp (1985); Heubner<br />

(1984); Städele (1988); Hanson (1991); Petersmann (1991); Turner (1997); Beck (1998). Zu der, gewiss mehr aus<br />

literaturwissenschaftlicher Perspektive interessanten, Fragestellung nach Überschreitung und Gewichtung der<br />

traditionellen Genregrenzen im Agricola vgl. Beck (1998), S. 63ff.<br />

135Vgl. etwa Tac. Hist. 3,86,3; 4,86,2 und ausführlicher hierzu Schäfer (1977), S. 465ff.<br />

136Tac. Germ. 30-31 enthält eine recht ausführliche Beschreibung der Kampfkraft der Chatten; zur Frage der Aktualität<br />

des taciteischen Germanenbildes vgl. hier die Einschätzung bei Becker (1992), S. 30f. Die Germania hat das<br />

neuzeitliche Germanenbild seit dem Humanismus entscheidend geprägt. Sonnabend (2002), S. 135, bezieht sich<br />

pointiert auf das – alles Andere als folgenlose – Fortwirken des Werks, wenn er von „der nicht vorhersehbaren<br />

Langzeitwirkung [schreibt], dass man sich die Germanen gerne mit den Attributen blond, blauäugig, stark,<br />

rauhbeinig und trinkfest vorstellte.<strong>“</strong> Umfassend zum Werk selbst vgl. Timpe (1995; 2008).<br />

137Grundlegend Mommsen (1869); Strobel (1983), S. 37ff.<br />

138Vgl. CIL V 5262f; CIL XI 5272; Strobel (2003), S. 308.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 23


domitianischen Regierung stilisiert er in der Retrospektive gern als Opfer und Anwalt<br />

der Opposition; so behauptet er selbst, er habe seine Ablehnung durch<br />

Karriereverzicht ausgedrückt. 139 Dies ist in der Forschung durchaus unterschiedlich<br />

bewertet worden, einig ist man sich jedoch darin, dass er nie aktiv und unter Einsatz<br />

seines Lebens Widerstand geleistet haben wird. 140<br />

In Plinius' Darstellung erscheint uns Domitian als der Tyrann schlechthin, positive<br />

Aspekte an dessen Herrschaft pflegt der Autor geflissentlich zu unterschlagen. Sein<br />

Panegyricus auf Trajan aus dem Jahre 100 ist darum bemüht, ein möglichst negatives<br />

Bild des letzten Flaviers zu zeichnen, um auf dieser Negativfolie dem neuen Kaiser<br />

Trajan als optimus princeps zu huldigen; 141 diese Lobrede enthält auch Aussagen über<br />

mit dem Chattenkrieg verbundene Ereignisse. 142<br />

3.1.1.6. Sueton<br />

Der vermutlich aus Nordafrika stammende C. Suetonius Tranquillus (um 70 bis 130-<br />

140) war ebenfalls ein Zeitgenosse der Flavier, dürfte aber wohl nur die Herrschaft<br />

Domitians bewusst erlebt haben. 143 In zeitlicher Distanz zu dieser verfasste er sein<br />

fast vollständig erhaltenes Werk De vita Caesarum, einen Sammelband von<br />

Biographien der zwölf römischen Alleinherrscher von Caesar bis Domitian in acht<br />

Büchern. Die einzelnen Kaiserviten folgen alle einem ähnlichen Schema: Der<br />

Beschreibung des Lebenslaufes von der Geburt bis zur Thronbesteigung folgt eine<br />

rubrizierende Darstellung der Charakterzüge, Lebensführung und politischen<br />

Leistungen, hierauf die Darstellung des nahenden Todes und des Ablebens der<br />

einzelnen Herrscher. 144<br />

139Plin. Paneg. 95,3. Zum Verhältnis Plinius – Domitian: Oertel (1939); Orentzel (1980); Giovannini (1986); Strobel<br />

(2003).<br />

140Eine Skizze der Diskussion, ob man in Plinius ein Opfer oder einen Opportunisten zu sehen hat, findet sich bei<br />

Urner (1994), S. 38ff. Neue politische Aspekte hat Beutel (2000) herausgearbeitet; Strobel (2003), S. 304, hat erneut<br />

mit Nachdruck den Vorwurf des Opportunismus bekräftigt: „Plinius zeigt sich uns als Karrierist und Opportunist.<br />

[...] Er strebte danach, sich als loyaler, ja dienstbeflissener Repräsentant des jeweiligen Regimes darzustellen.<strong>“</strong><br />

141Albrecht (1994), S. 914. Ausführlich zum Panegyricus vgl. Schillinger-Häfele (1958); Seelentag (2004), S. 214-<br />

297.<br />

142Plin. Paneg. 16,3.<br />

143Grundlegend Baldwin (1983), Wallace-Hadrill (1995); vgl. auch Sonnabend (2002), S. 168-182. Zu Leben und<br />

Karriere Suetons vgl. Baldwin (1975), einführend Grant (1973) S. 276-287. Die Einleitung zu Grant (1987), S. 9-40,<br />

ist – um im Vokabular des Faches zu bleiben – nur als panegyrisch zu beschreiben. Zur Einstellung Suetons' zum<br />

Principat vgl. Lambrecht (1982).<br />

144Für den heutigen Historiker relevante Kritikpunkte an der nach Rubriken geordneten Darstellungsweise liefert Mehl<br />

(2001), S. 144.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 24


Insgesamt legt Sueton in seiner Beschreibung mehr Wert auf die mores als auf die res<br />

gestae der Herrscher, was „ihm häufig den Vorwurf des `Klatschreporters´<br />

einbrachte.<strong>“</strong> 145 Wenn er sich auch „die tausend Kleinigkeiten, die Intimitäten des<br />

täglichen Lebens, die Bonmots, die Anekdoten und das Hofgeflüster [...] in reicher<br />

Fülle<strong>“</strong> 146 zum Thema nimmt und darüber die politische Dimension vernachlässigt,<br />

misst ihm die heutige Forschung einen höheren Stellenwert als ernstzunehmende<br />

Quelle bei, als sie dies lange Zeit getan hatte. 147 Dabei sind für Suetons Werk zwei<br />

Aspekte positiv hervorzustreichen: Erstens hatte er in seiner Funktion in der<br />

kaiserlichen Administration Zugriff auf alle wichtigen Archive Roms, dies zumindest<br />

bis zu seiner Entlassung. Für die späteren Viten war er daher mehr auf mündlich<br />

tradiertes Material angewiesen. 148 Zweitens vermittelt er – der Wahrheitsgehalt sei<br />

einmal dahingestellt – einen lebhaften Einblick, was über die Herrscher geredet<br />

wurde, welche Gerüchte und Anekdoten die Runde machten. Als problematisch<br />

anzumerken sind hingegen die, der Antike durchaus eigene, statische<br />

Charakterauffassung und die Tatsache, dass er seine Quellen, „egal ob Hofklatsch,<br />

Aktenstücke, Briefe, Reden oder Pamphletliteratur [...] gleichrangig nebeneinander<br />

stellt.<strong>“</strong> 149<br />

Der Germanienfeldzug des letzten Flaviers scheint Sueton nicht besonders<br />

interessiert zu haben: Die Motive Domitians für den Feldzug nennt er knapp, der<br />

Chatten- und Dakerkrieg und der damit verbundene Triumph sind ihm lediglich eine<br />

recht lapidare Zusammenfassung wert. 150<br />

145Pfeiffer (2009), S. 1f. Zum Stellenwert der Biographie gegenüber der Historiographie in der Antike vgl. einführend<br />

auch Grant (1973), S. 8f., S. 278f.; Mehl (2001), S. 142f.; Sonnabend (2002), S. 4ff.<br />

146Lambert (1983), S. 353.<br />

147Urner (1994), S. 45: Sueton sei als historische Quelle „inzwischen weitgehend rehabilitiert<strong>“</strong>; vgl. auch Bengtson<br />

(1979), S. 277f. Wegweisend war hier Steidle (1958), besonders S. 108; die Forschung zusammenfassend vgl.<br />

Lambrecht (1995), S. 508f. Zum Quellenwert Suetons weniger positiv urteilt Flach (1972), besonders S. 285.<br />

Einführend zum Themenkompl<strong>ex</strong> antike Biographie als historische Quelle vgl. Sonnabend (2002), S. 8ff.<br />

148Albrecht (1994), S. 1106f.; Suetons Verhältnis zu Tacitus ist ungeklärt.<br />

149Urner (1994), S. 46. Zum statischen Charakter bei Sueton vgl. Bradley (1991), S. 3703.<br />

150Suet. Dom. 6,1.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 25


3.1.2. Spätere antike Autoren<br />

3.1.2.1. Cassius Dio<br />

Die unter den späteren antiken Autoren bei Weitem ausführlichste Quelle über die<br />

domitianische Zeit und zugleich für die Tradierung des Domitianbildes wichtigster<br />

späterer antiker Autor ist L. Claudius Cassius Dio Cocceianus (um 155-164 bis um<br />

235). 151 Dio gehörte ebenfalls dem Senatorenstand an und teilte, wie Tacitus und<br />

Plinius, dessen Ansichten. 152 Insgesamt entfernt er sich bei der Beurteilung der<br />

einzelnen flavischen Principes „kaum von der zur communis opinio gewordenen<br />

senatorischen Interpretation der ersten Jahrhundertwende.<strong>“</strong> 153<br />

Ungeklärt ist weiterhin, wann genau er die, nach eigener Aussage rund 22 Jahre<br />

dauernde, 154 Arbeit an seiner zumindest der äußeren Form nach der annalistischen<br />

Tradition verpflichteten Historía Rhomaiké aufnahm. 155 In jener hat man das<br />

bedeutendste griechischsprachige Geschichtswerk über die Zeit des römischen<br />

Principats zu sehen, welches auch eine <strong>ex</strong>plizite Stellungnahme des Autors zur<br />

Monarchie seiner Zeit enthält. 156<br />

Cassius Dio schrieb mit einer zeitlichen Distanz von rund hundert Jahren zur<br />

Herrschaft des letzten Flaviers, wodurch die Frage nach den von ihm verwendeten<br />

Quellen relevant wird. Er hat eine Vielzahl an teilweise nicht mehr erhaltenen<br />

literarischen Quellen verarbeitet, dabei jedoch „Angaben bzw. Deutungen aus<br />

Quellen nicht mechanisch übernommen, sondern sie sich unter Refl<strong>ex</strong>ion zu eigen<br />

gemacht.<strong>“</strong> 157 Dieser gleichsam kreative Zug und die besonders schlechte<br />

Überlieferungslage erschweren die Aufgabe, festzustellen, welches seine Quellen<br />

sind und auf welche Quelle er sich im Einzelfall stützt. Umstritten ist besonders die<br />

Verwendung der Historiae und der Annales des Tacitus. Bei aller, durch den Verlust<br />

großer Teile beider Werke hervorgerufenen, Unklarheit scheint diese Frage<br />

letztendlich nicht befriedigend zu klären zu sein; man mag aber davon ausgehen,<br />

dass er „die einschlägige Literatur<strong>“</strong> kannte. 158<br />

151Er selbst nennt in seinem Werk Nicaea in Bithynien als seinen Geburtsort, vgl. Cass. Dio. Hist. Rom 75, 15, 3.<br />

152Einleitend vgl. Wirth (1985); grundlegend immer noch das Standardwerk von Millar (1964).<br />

153Urner (1994), S. 49.<br />

154Vgl. Cass. Dio Hist. Rom. 72,23; 74,3.<br />

155Zusammenfassend zur Datierungsfrage: Hose (1999), S. 424-427.<br />

156Vgl. hierzu: Bleicken (1968).<br />

157Hose (1999), S. 375.<br />

158Wirth (1985), S. 39ff.; Cass. Dio Hist. Rom. 1,2. Diesbezügliche Diskussion grundlegend bei Syme (1958), S. 688-<br />

Domitians erster Chattenkrieg 26


Von seinen ursprünglich 80 Büchern sind uns heute nur noch die Bücher 36-60 und<br />

78-79 erhalten, zudem einige Bücher fragmentarisch. Die Passagen zu den flavischen<br />

Kaisern (Buch 66-67, die domitianische Zeit wird im 67. Buch behandelt) liegen nur<br />

in byzantinischen Zusammenfassungen des Werkes durch Xiphilinos (11.<br />

Jahrhundert) und Zonaras (12. Jahrhundert) vor. 159 Im 67. Buch der Historía<br />

Rhomaiké findet der Chattenkrieg an zwei Stellen Erwähnung. 160<br />

3.1.2.2. Aurelius Victor<br />

S. Aurelius Victor lebte ungefähr von 320 bis 390. 161 Nach Selbstauskunft aus<br />

einfachen ländlichen Verhältnissen in Nordafrika stammend, wo er dennoch eine sehr<br />

gute Ausbildung erhalten haben wird, 162 arbeitete er sich in der kaiserlichen<br />

Verwaltung nach oben: Sein bemerkenswerter sozialer Aufstieg brachte ihn „durch<br />

Bildung, konkrete Kenntnisse und Zuverlässigkeit<strong>“</strong> bis in den Senatorenstand und die<br />

höchsten Ämter der imperialen Verwaltung; er verstand es, die Chancen zu nutzen,<br />

die sich in dieser Zeit ambitionierten Aufsteigern boten. 163 Neben seinen<br />

Amtspflichten verfasste und vollendete er vor 360 164 sein historisches Werk Historiae<br />

abbreviatae, auch Liber de Caeasaribus genannt, eine „eigenwillige<br />

Biographiensammlung<strong>“</strong> der römischen Kaiser von Augustus bis Constantin II. 165<br />

692: „Tacitus was a primary authority, and must have been used by Dio […], however faint be the traces.<strong>“</strong> Vgl.<br />

dagegen auch Schwarz (1899), Sp. 1714 und Borszák (1968), Sp. 479. Hose (1999), S. 412, zieht zudem in Betracht,<br />

dass „gewisse Gemeinsamkeiten (z.B. bei der Bewertung) zwischen Tacitus und Dio weniger Ausdruck einer […]<br />

Abhängigkeit von Quellen, denn Resultat einer Sichtweise sind, die durch die gleiche gesellschaftliche Position<br />

geprägt<strong>“</strong> sein könnte, ebenso äußert sich Mehl (2001), S. 32.<br />

159Millar (1964), S. 1-4.<br />

160Cass. Dio Hist. Rom. 67,3,5 (= Zonaras 11,19); 67,4,1 (= Xiphilinos 218, 22-29). Vgl. zu der letztgenannten Stelle<br />

auch Strobel (1987a), S. 424: Diese Stelle „setzt sich aus einer Kombination zweier sich teilweise überschneidender<br />

Exzerpte zusammen [...]; ganz entsprechend der Praxis des Xiphilinus sind die eigentlichen historischen Ereignisse<br />

in einer einzigen, überaus verkürzten Paraphrase zusammengefasst [...].<strong>“</strong> Im Zusammenhang mit der domitianischen<br />

Germanienpolitik ist weiterhin Cass. Dio. Hist. Rom 67,5,1 zu sehen.<br />

161Den Versuch einer Rekonstruktion von Herkunft und Werdegang Victors anhand der knappen erhaltenen<br />

Informationen unternimmt Bird (1984), S. 5-15, <strong>ex</strong>plizit auch ders. (1975); vgl. auch Schmidt (1978).<br />

162Aur. Vict. Caes. 20,5. Vgl. auch Sonnabend (2002), S. 201.<br />

163Christ (2005), S. 193; vgl. CIL VI 1186. Allgemein zu sozialer Mobilität im 4. nachchristlichen Jahrhundert: Alföldy<br />

(1984), S. 163.<br />

164Barnes (1969), S. 17; Starr (1955), S. 575.<br />

165Christ (2005), S. 177. Er konstatiert, dass die Kaiserbiographien des Victor in den letzten Jahrzehnten insbesondere<br />

unter „primär philologischen Fragestellungen<strong>“</strong> stärkere Beachtung gefunden hätten, die Alte Geschichte hingegen<br />

weniger Interesse gezeigt hätte. Die Forschungsdiskussion um Aurelius Victor im 20. Jahrhundert wird<br />

zusammenfassend dargestellt ebd., S. 194-198. Die Ausgabe von Pichlmayr (1911) fasst unter dem Obertitel<br />

„Aurelius Victor<strong>“</strong> insgesamt vier historiographische Werke der Spätantike zusammen, die teilweise<br />

überlieferungstechnisch und thematisch miteinander verbunden sind; vgl. dazu auch Sonnabend (2002), S. 200f. Zur<br />

eigenwilligen Betrachtungsweise Victors vgl. Starr (1955), S. 576; Nixon (1971), S. 398ff.; Bird (1984), S. 23.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 27


Der Autor selbst schreibt von einer breiten Quellenbasis. 166 Neben der nicht auf uns<br />

gekommenen, 1884 hypothetisch erschlossenen, sogenannten Enmannschen<br />

Kaisergeschichte 167 wurden die Kaiserbiographien des Marius Maximus, Suetons und<br />

möglicherweise auch die ebenfalls verlorenen Teile der taciteischen Historien<br />

verarbeitet. Die Forschung, die heute die Rolle der Enmannschen Kaisergeschichte<br />

bei der Entstehung der Caesares betont, geht für die beiden letzteren Autoren<br />

inzwischen eher von einer indirekten Benutzung aus. 168 Dennoch muss Suetons Werk<br />

zumindest in indirekter Weise Pate gestanden haben: Diejenigen Principes, die<br />

beiden Werken gemeinsam sind, sind bei Aurelius Victor stark an diesen angelehnt. 169<br />

Dennoch schafft es Aurelius Victor dem Material ein subjektives Gepräge zu geben.<br />

Fast ausnahmslos spart Victor Angaben zu Kindheit und Jugend der einzelnen<br />

Principes aus: „Er nimmt die Kaiser bei der Regierungsübernahme in Empfang,<br />

begleitet sie durch ihre Herrschaft, schildert den Tod und dann gleich wieder den<br />

Machtantritt des Nachfolgers.<strong>“</strong> 170 Die Vermittlung von reinen Fakten über die<br />

einzelnen Herrscher wird immer wieder unterbrochen von moralisierenden Exkursen,<br />

zudem bietet Victor „nach suetonischer Manier recht ausführliches<br />

Anekdotenmaterial.<strong>“</strong> 171<br />

Das victorsche Kaiserideal ist, auch durch die Abhängigkeit von den jeweils<br />

verwendeten Quellen begründet, von Widersprüchen und Spannungen gezeichnet, da<br />

„der Autor durchaus persönliche Akzente setzt [...]. Idealisierung begegnet bei ihm<br />

ebenso wie <strong>ex</strong>treme Herabsetzung.<strong>“</strong> 172 Wahrscheinlich durch seinen eigenen<br />

Werdegang beeinflusst, bewertet der „bildungsstolze Selfmademan aus<br />

Nordafrika<strong>“</strong> 173 die Principes interessanterweise vor allem nach ihrem Bildungsstand<br />

und ihrem sittlichen Verhalten, wobei sein Kaiserideal am ehesten dem Bild vom<br />

„kultivierten Römer<strong>“</strong> nahe kommen mag. 174 Zudem lässt Victor in sein Werk in nicht<br />

geringem Umfang traditionell senatorische Sichtweisen einfließen und bemisst den<br />

Herrscher demnach auch an seinem Verhalten gegenüber dem Senat und inwiefern er<br />

166Aur. Vict. Caes. 11,13.<br />

167Enmann (1884), vgl. hierzu auch Barnes (1969), besonders S. 14, 20; Bird (1981), S. 461; Schön (1953); Burgess<br />

(1993).<br />

168Bird (1984), S. 16ff.; Barnes (1970), S. 20; Schlumberger (1974), S. 9ff.<br />

169Starr (1955), S. 584; Nixon (1971), S. 149.<br />

170Sonnabend (2002), S. 202.<br />

171Witzmann (1999), S. 4. Vgl. auch Bird (1984), S. 3; S. 81; S. 100ff.<br />

172Christ (2005), S. 187.<br />

173Hohl (1955), S. 224.<br />

174Urner (1994), S. 53; Bird (1974), S. 71-80.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 28


„überhaupt Rücksicht auf die altehrwürdigen Traditionen nimmt.<strong>“</strong> 175 Aurelius Victor<br />

fasst an einer Stelle Domitians Feldzüge gegen Chatten und Daker zusammen. 176<br />

3.1.2.3. Epitomator de Caesaribus<br />

Der Libellus de vita et moribus imperatorum breviatus <strong>ex</strong> libris S. Aurelii Victoris,<br />

oder auch kurz Epitome de Caesaribus, stellt eine weitere spätantike Sammlung von<br />

Kaiserbiographien dar und behandelt die Principes von Augustus bis Theodosius I. 177<br />

Verfasst wurden die Epitome wahrscheinlich um 395; wer ihr paganer Autor ist,<br />

bleibt im Dunkeln. 178 Die Tatsache, dass für die ersten elf Viten, also bis Domitian,<br />

zahlreiche Passagen beinahe wortwörtlich aus dem Werk des Aurelius Victor<br />

übernommen wurden, hatte irrtümlicherweise zu der Annahme geführt, dass es sich<br />

nicht um ein eigenständiges Werk, sondern lediglich um einen Auszug aus den<br />

Caesares handele. 179 Dagegen spricht allein die recht einleuchtende Tatsache, dass<br />

ein Zeitraum behandelt wird, den Victor nicht mehr erlebt haben dürfte und zudem<br />

manche Kapitel wesentlich länger sind als in den Caesares. 180 Als Quellen wurden<br />

unter anderem Sueton und vermutlich auch die bereits erwähnte Enmannsche<br />

Kaisergeschichte verarbeitet. 181 Auch die zusammenfassende Erwähnung der<br />

domitianischen Kriegsführung in den Epitomen ist stark an die entsprechende<br />

Passage bei Aurelius Victor angelehnt. 182<br />

3.1.2.4. Orosius<br />

Paulus (?) Orosius ist der einzige christliche Autor unter den antiken Quellen, die<br />

sich zum Chattenkrieg Domitians äußern. 183 Zum ausgehenden vierten Jahrhundert<br />

im heutigen Portugal geboren, erhielt er eine gründliche theologische und rhetorische<br />

Ausbildung und war bereits in jungen Jahren Presbyter seiner Gemeinde. Im<br />

175Witzmann (1999), S. 7.<br />

176Aur. Vict. Caes. 11,3.<br />

177Die Literaturgrundlage zu den Epitomen ist insgesamt recht spärlich; an der bisher umfassendsten modernen Arbeit<br />

von Schlumberger (1974) kommt man auch heute nicht vorbei; vgl. weiterhin Schmidt (1978), Sp. 1671-1676;<br />

Schön (1953), S. 79-84; Cameron (2001); Sonnabend (2002), S. 201; Eigler (2003).<br />

178Das Todesjahr des Theodosius gibt diesen Zeitpunkt als terminus post quem vor.<br />

179Schlumberger (1974), S. 4ff., verweist darauf, dass die anonymen Epitome durch die handschriftliche Tradition und<br />

Editionsgeschichte bereits seit dem Übergang von der Spätantike zum Mittelalter mit den Caesares des Aurelius<br />

Victor verbunden worden waren.<br />

180Ein zusammenfassender stilistischer Vergleich beider Werke findet sich bei Schmidt (1978), Sp. 1672.<br />

181Schlumberger (1976), S. 206; Schön (1953), S. 79-84.<br />

182Epit. de Caes. 11,2; vgl. Aur. Vict. Caes. 11,3.<br />

183Die Namensform Paulus ist nicht eindeutig gesichert, vgl. Wotke (1939), S. 1185f. Grundlegend sind weiterhin<br />

folgende Arbeiten: Schöndorf (1952); Lippold (1969); Hingst (1972); Goetz (H. 1980); Andresen (1985), S. 5-48.<br />

Zum Werk des Orosius vgl. auch Hansen (1984), sowie den erst kürzlich erschienenen Artikel von Cobet (2009).<br />

Domitians erster Chattenkrieg 29


nordafrikanischen Hippo Regius, wohin er vor den Wandalen fliehen musste, lernte<br />

er Aurelius Augustinus kennen; eine in dessen Auftrag unternommene Reise nach<br />

Palästina machte ihn darüber hinaus mit dem Kirchenvater Hieronymus bekannt. Auf<br />

Augustinus' Anregung hin 184 begann er die Arbeit an seinem bekanntesten Werk<br />

Historiarium adversos Paganos libri VII und hat diese „erste christliche<br />

Universalgeschichte<strong>“</strong>, welche die Zeit vom biblischen Sündenfall 185 bis zu Lebzeiten<br />

des Autors behandelt, innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes wohl bis spätestens<br />

418 beendet. 186 Als Quellen lagen ihm neben anderen nachweislich Suetons<br />

Kaiserviten und die taciteischen Historien vor. 187 Der weitere Verlauf seines Lebens,<br />

Datum und Umstände seines Todes sind ungeklärt. 188<br />

Sein Geschichtswerk liest sich im Wesentlichen als christlich-tendenziöse Schwarz-<br />

Weißmalerei mit der Intention, zu beweisen, dass das Erscheinen Jesu Christi die<br />

Zustände in der Welt gebessert habe. 189 Dies geschieht nicht zuletzt, um den von<br />

heidnischer Seite geäußerten Vorwurf zu entkräften, der Bruch mit den traditionellen<br />

Religionen habe erst zu den zeitgenössischen Übeln, wie der mit massiven<br />

Plünderungen verbundenen Einnahme Roms durch den Goten Alarich im Jahre 410,<br />

geführt. 190 Hierzu teilt Orosius die Geschichte der Menschheit trennscharf in zwei<br />

Epochen: Die Zeit vor dem Erscheinen des Messias, die sich als eine einzige Abfolge<br />

von „Katastrophen, Unglück und Leid<strong>“</strong> liest, 191 und die mit der Geburt Christi<br />

anbrechende tempora Christiana. Betont wird dabei der krasse Bruch zwischen<br />

düsterer heidnischer und geordneter christlicher Zeit, in welcher der göttliche<br />

Heilsplan sukzessive Gestalt annehme. 192 Seiner Argumentation ordnet er alles<br />

andere unter; er selektiert, manipuliert und gewichtet die Ereignisse so, dass sie das<br />

von ihm gewünschte Geschichtsbild ergeben. 193 Dem Principat selbst steht er<br />

184Oros. Hist. adv. Pag. 1, Prolog 1-2; 8-10. Sein Verhältnis zu Augustinus versucht Orosius mit dem Bild eines<br />

gehorsamen Hundes zu beschreiben, der aus Liebe zu seinem Herren gerne den an ihn gestellten Auftrag ausführt,<br />

aber damit auch einen gewissen Anspruch auf Erwiderung seiner Zuneigung begründet wissen will; vgl. Hist. adv.<br />

Pag. 1, Prolog, 3-5.<br />

185Oros. Hist. adv. Pag. 1, 1, 4.<br />

186Witzmann (1999), S. 8. Orosius wirkte speziell auf das römische Geschichtsbild des Mittelalters nachhaltig ein, vgl.<br />

Goetz (H. 1980), S. 11: „[...] eines der meistgelesenen Werke des Mittelalters.<strong>“</strong> Zum Fortwirken Orosius' vgl. ebd.,<br />

S. 148-165; Lippold (1985), S. 44-47; Albrecht (1994), S. 1100f.<br />

187Zur Frage, welche Quellen Orosius in welchem Ausmaß benutzte, sei auf die Diskussion in folgenden Werken<br />

verwiesen: Goetz (H. 1980), S. 25ff; Andresen (1985), S. 38ff.<br />

188Zu den wenigen gesicherten Fakten des Lebens des Orosius vgl. Lippold (1969), S. 92ff; Goetz (H. 1980), S. 9ff.;<br />

Hansen (1984), S. 613.<br />

189Zum christlich motivierten Fortschrittsglauben bei Orosius vgl. Herzog (2002), S. 293-320.<br />

190Oros. Hist. adv. Pag. 1, Prolog 9.<br />

191Mehl (2001), S. 193; vgl. auch Goetz (H. 1980), S. 30ff.<br />

192Oros. Hist. adv. Pag. 1, Prolog, 14; Schöndorf (1952), S. 46f.<br />

193Zu Orosius' Umgang mit Quellen vgl. auch Mehl (2001), S. 197.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 30


grundsätzlich positiv gegenüber; als ideale Regierungsform sieht er die Verbindung<br />

von dynastischem Kaisertum und christlich-monotheistischem Glauben. 194 Die<br />

Bewertung der einzelnen Kaiser erfolgt neben deren Leistungen für das Reich<br />

hauptsächlich anhand ihres Verhaltens gegenüber der christlichen Gemeinde, wobei<br />

Orosius oft „einseitig positiv oder negativ gezeichnete Kaiserbilder<strong>“</strong> liefert. 195<br />

Der erste Chattenkrieg findet bei Orosius eine zusammenfassende Erwähnung in<br />

Hist. adv. Pag. 7,10,3; das an dieser Stelle sehr negativ gezeichnete Bild der<br />

militärischen Fähigkeiten Domitians muss aber, wie dies auch weiter unten<br />

ausführlicher unternommen werden soll, stets vor dem Hintergrund des oben<br />

Gesagten verstanden werden. 196<br />

3.2. Nichtliterarische Quellen<br />

3.2.1. Archäologische Funde:<br />

Besonders seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts ist von der<br />

provinzialrömischen Archäologie, namentlich der Limesforschung, hervorragende<br />

Arbeit geleistet worden, die nicht unwesentlich dazu beigetragen hat, die uns<br />

erhaltenen literarischen Quellen zu Domitians Chattenkrieg zu komplementieren und<br />

teilweise auch zu kontrastieren. 197 Heute gilt die römische Kaiserzeit in den<br />

germanischen Provinzen als eine „relativ gut bekannte archäologische Periode<strong>“</strong>, was<br />

größtenteils forschungsgeschichtlichen Gründen zu verdanken ist. 198<br />

Der allgemeine Trend der letzten Jahre hat Becker zu der Aussage bewogen, dass es<br />

zuweilen scheinen möge, als sei „die Erforschung der vielfältigen Beziehungen<br />

zwischen Römern und Germanen von der Geschichtswissenschaft auf die<br />

Archäologie übergegangen<strong>“</strong>, wenn er auch im gleichen Atemzug relativiert, dass bei<br />

Letzterer die politische Geschichte zugunsten kultur- und alltagsgeschichtlicher<br />

Aspekte zurücktrete. 199 Zur Unterstützung dieser Feststellung ließen sich die<br />

194Oros. Hist. adv. Pag. 6, 17, 9f.; vgl. auch Goetz (H. 1980), S. 88ff.<br />

195Witzmann (1999), S. 11, listet überdies in Anlehnung an Goetz (H. 1980), S. 94-110, die von Orosius<br />

herangezogenen Eigenschaften zur Beurteilung eines Princeps auf.<br />

196Vgl. Kapitel 6.1.2.<br />

197Ein kurzer geschichtlicher Abriss der wissenschaftlichen Bodenkunde in Deutschland findet sich in: Imperium<br />

(2006), S. 22-27; Bechert (2003), S. 37-105. Eine prägnante Zusammenfassung der Forschungsgeschichte des Limes<br />

mit umfangreicher Bibliographie bieten Becker / Schallmayer (2001), S. 404-414.<br />

198Wendt (K. 2008), S. 192. Zu den Funden im chattischen Gebiet vgl. Becker (1992), S. 54-80, und aktueller den<br />

Ausstellungskatalog von Raetzel-Fabian (2001).<br />

199Becker (1992), S. 170. Zum aktuellen Verhältnis von (provinzialrömischer) Archäologie und Alter Geschichte vgl.<br />

Bechert (2003), S. 19ff.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 31


umfassenden Publikationen der provinzialrömischen Archäologie, die sich in den<br />

meisten Fällen auf die modernen Bundesländer beziehen, ebenso anführen wie die<br />

optisch opulent aufbereiteten Ausstellungskataloge der letzten Jahre. 200<br />

Vielfach ist in der Forschungsliteratur konstatiert worden, dass die Beiträge der<br />

Archäologie den Feldzug Domitians in ein neues Licht gerückt hätten. 201 Das ist<br />

grundsätzlich richtig, meines Erachtens ist dabei allerdings anzumerken, dass die<br />

Erkenntnisse der Bodenforschung zur Rekonstruktion des eigentlichen Feldzuges<br />

wenig beigetragen haben, sehr wohl aber das unmittelbare zeitliche Vorher und<br />

Nachher erhellt haben (gemeint ist hier die Eroberung des südwestdeutschen Raumes<br />

unter Vespasian sowie der weitere Ausbau von Stützpunktketten in Germanien unter<br />

Domitian und seinen Nachfolgern).<br />

3.2.2. Numismatische Funde<br />

Angesichts der schmalen und voreingenommenen literarischen Überlieferung kommt<br />

der so gut wie vollständig erfassten Münzprägung der flavischen Epoche ein<br />

besonderer Wert für die Untersuchung des Themas zu; 202 spielt doch im Gegensatz<br />

zur julisch-claudischen Dynastie der Themenkompl<strong>ex</strong> zeitgenössischer militärischer<br />

Aktivitäten und Erfolgsmeldungen in Germanien in Domitians Münzprägung<br />

während seiner gesamten Herrschaftszeit eine dominante Rolle. 203<br />

Dank der Tatsache, dass kaiserzeitliche Münzen auf ihrem Avers nicht nur die<br />

komplette Titulatur des jeweiligen Herrschers, sondern oft auch die Jahre der<br />

tribunicia potestas (TR P), die Anzahl der Konsulate (COS) und der empfangenen<br />

imperatorischen Akklamationen (IMP) angeben, sind Münzfunde „vital for<br />

reconstructing the chronology of this long reign, for which we lack sufficient<br />

historiographical evidence.<strong>“</strong> 204 Andererseits liegt der besondere Wert der Münzen im<br />

200Vgl. z.B. Filtzinger (1986); Baatz (2002); Bechert (1982). Ausstellungskataloge: Imperium (2006); Krieg und<br />

Frieden (2007); überdies Bechert (1999); Fischer (2001) .<br />

201So bereits Weynand (1909), Sp. 2555.<br />

202Der Münzprägung der Flavier ist der 2007 in zweiter, vollständig überarbeiteter Auflage, erschienene zweite Band<br />

der Roman Imperial Coinage gewidmet, der im folgenden mit RIC II (2007) zitiert werden soll. Generelle<br />

Überlegungen zu antiken Münzen als historische Quellen finden sich bei Bleckmann (2002), S. 26-29 und Günther<br />

(2001), S. 193-214.<br />

203Zur Refl<strong>ex</strong>ion militärischer Erfolge in Germanien in der kaiserzeitlich-römischen Münzprägung grundlegend und<br />

weiterhin unverzichtbar ist das Werk von Wolters (1989), zusammenfassend hier S. 68ff. Becker (1992), S. 5; S. 53,<br />

verweist darauf, dass sich die domitianische Münzprägung pauschal auf die „Germania<strong>“</strong> beziehe, also auf einzelne<br />

Stammesnamen wie den der Chatten nicht eingehe.<br />

204Griffith (2000), S. 56. Propädeutisch: Günther (2001), S. 208f. Kienast (1990), S. 12, betont, dass angesichts des<br />

begrenzten Raumes auf der Münze die Titulatur des Herrschers „meist abgekürzt und gelegentlich auch verkürzt<strong>“</strong><br />

sei, die Angaben aber zumindest für das erste und zweite Jahrhundert „von großer Zuverlässigkeit<strong>“</strong> sein. Zudem<br />

müsse man aber bei Münzen aus von Rom fernen Prägestatten damit rechnen, „daß sie nicht den aktuellen Stand der<br />

Domitians erster Chattenkrieg 32


speziellen Falle Domitians darin, dass sie ein seltenes Zeugnis kaiserlicher<br />

Selbstdarstellung und somit eine wichtige Ergänzung zu dem „mageren Bestand an<br />

erhaltenen offiziellen Schriftzeugnissen und Monumenten<strong>“</strong> darstellen. 205 So hatte<br />

Joseph Vogt bereits hervorgestrichen, dass die „Münzen durch ihren offiziellen<br />

Charakter und durch die Vielseitigkeit ihrer Darstellung ausgezeichnet<strong>“</strong> sind, stellen<br />

doch die „mannigfaltigen Bilder der Rückseiten [...] ungezählte Ereignisse der<br />

politischen Geschichte und Erscheinungen des kulturellen Lebens dar.<strong>“</strong> In sehr<br />

optimistischer Weise geht Vogt deshalb davon aus, dass sich die kaiserzeitliche<br />

Münzprägung dem Historiker ähnlich einer „reichhaltigen illustrierten Staatszeitung<strong>“</strong><br />

darstelle. 206<br />

In den letzten Jahrzehnten ist allerdings diese „Nachrichtenfunktion<strong>“</strong> der<br />

kaiserzeitlichen Münzen kontrovers diskutiert worden: 207 Inwieweit darf man<br />

Münzen als systematisches und bewusst genutztes Instrument kaiserlicher<br />

Propaganda mit weitreichender Wirkung sehen? 208 Inwiefern war der Kaiser selbst<br />

bei der Auswahl der Motive beteiligt? Wie war es um die Rezeptions- und<br />

Interpretationsfähigkeit des Publikums bestellt? Waren breitere Schichten auch<br />

außerhalb Roms überhaupt in der Lage, die Darstellungen auf dem Revers der<br />

Münzen lesen und verstehen zu können? 209<br />

Eine ausgewogene Bewertung der Lage liefert meines Erachtens nach Christopher<br />

Howgego: So könne kein Zweifel daran bestehen, dass „in gewissen Zeiten Münzen<br />

kaiserlichen Titulatur wiedergeben.<strong>“</strong> Zur Problematik der Angabe der tribunicia potestas auf Münzen vgl.<br />

differenziert ebd., S. 30-36; zu den imperatorischen Akklamationen S. 39-42.<br />

205Howgego (2000), S. 71.<br />

206Vogt (1924), S. 1.<br />

207Wolters (1989), S. 8. Eine kurze Zusammenfassung der Positionen findet sich bei Duncan-Jones (2005), S. 460,<br />

ausführlicher: Noreña (2001).<br />

208Sutherland (1976), S. 107, hatte den Akzent eher auf die Informations- als auf die Propagandafunktion der<br />

kaiserlichen Münzen gelegt. Levick (1982a), besonders S. 108, hatte den Wirkungsgrad der kaiserlichen<br />

Münzprägung auf die öffentliche Meinung relativiert und in der Wahl der Darstellungen eher einen Selbstzweck des<br />

Hofes gesehen: „intended not as publicity but for internal, domestic, Palace consumption.<strong>“</strong> Mit Nachdruck ist ihr<br />

von Strobel (1987a), S. 439, widersprochen worden: „Die Außenwirkung und die Verständlichkeit ihrer inhaltlichen<br />

Aussagen [...] war nicht nur erwünscht, sondern gezielt angestrebt.<strong>“</strong><br />

Die Propagandafunktion von Münzen wird weitgehend geleugnet von Jones (A. 1974), S. 61-81, und Duncan-Jones<br />

(2005), besonders S. 485. Duncan-Jones hatte aufgrund statistischer Untersuchungen für die Regierungszeit Trajans<br />

die These aufgestellt, dass dessen Münzprägung hauptsächlich aus ähnlichen, immer wieder aufgegriffenen,<br />

hauptsächlich religiösen Motiven ohne Bezug zum politischen Tagesgeschäft bestanden habe; zumindest für die<br />

trajanische Münzprägung bezweifelt Duncan-Jones daher die Propagandafunktion der Münzprägung als Ganzes.<br />

Beckmann (2009) wendet sich in seinem Aufsatz direkt gegen diese von Duncan-Jones vertretene Auffassung und<br />

kommt ebenfalls für die Regierungszeit Trajans zu einem differenzierterem Bild: Während die Gold- und<br />

Bronzemünzen durchaus Bezug zu aktuellen politischen Ereignissen aufwiesen („substantial news content<strong>“</strong>, S. 155)<br />

und ihnen somit durchaus Propagandafunktion zukäme, seien es lediglich die Silberprägungen, die diesen aktuellen<br />

Bezug nicht aufwiesen.<br />

209Howgego (2000), S. 84. Skeptisch in Bezug auf das Verständnis der meisten Münzbenutzer äußert sich Jones (A.<br />

1974), S. 62f.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 33


mit politischen Inhalten befrachtet<strong>“</strong> wurden. 210 Wenn er auch den Begriff Propaganda<br />

für einen, in seinem modernen Verständnis zu weitgreifenden und daher nicht<br />

treffenden, Anachronismus hält, könne man dennoch „ein gewisses Maß an<br />

Absichten über die reine Ehrenfunktion hinaus und gewisse Rücksichten auf die<br />

Wirkung [...] nicht für bestreitbare Hypothesen halten.<strong>“</strong> 211 Die Frage ob der Princeps<br />

selbst auf die Münzprägung eingewirkt hat oder ob sie in schmeichlerischer Absicht<br />

von subalternen Beamten veranlasst wurde, scheint für ihn nicht der entscheidende<br />

Punkt zu sein: „Die Münzen zeigten, was dem Regime erwünscht war, und nur<br />

darauf kam es an.<strong>“</strong> 212 Was die Rezeption der Münzen angeht, hebt er hervor, dass<br />

man mit großer Sicherheit davon ausgehen könne, dass auch der Rückseite der<br />

Münzen Beachtung geschenkt wurde. 213 Die Darstellungen auf dem Münzrevers<br />

würden dabei durch die einfache und gängige Symbolik der antiken Bildsprache – in<br />

Personifikationen und erklärenden Legenden habe man die „wesentlichen<br />

Komponenten der kaiserlichen Münzprägung<strong>“</strong> zu sehen – in gewisser Weise<br />

standardisiert und so ihr Verständnis erleichtert, was es wahrscheinlich macht, „daß<br />

einige soziale Gruppen, vor allem in Rom in der Lage waren, das Bildrepertoire von<br />

Münzen richtig zu lesen.<strong>“</strong> 214<br />

3.2.3. Epigraphische Funde<br />

Eine weitere Hilfswissenschaft der Alten Geschichte, die wichtige Erkenntnisse zum<br />

Verständnis des gewählten Themas beigetragen hat, ist die Epigraphik oder auch<br />

Inschriftenkunde. Die Epigraphik befasst sich grundsätzlich mit allem auf<br />

dauerhaftem Material wie Stein, Metall und Holz, angebrachten Geschriebenen, „d.h.<br />

dem gesamten nicht durch mittelalterliche Handschriften überliefertem Schrifttum<br />

der Antike, gleichgültig, ob gemeißelt, gepunktet, aufgestiftet, geritzt oder gemalt.<strong>“</strong> 215<br />

210Howgego (2000), S. 82.<br />

211Ebd., S. 81.<br />

212Ebd., S. 80. Zustimmend Strobel (1987a), S. 439: „Typen- und Legendenauswahl spiegeln ohne Zweifel das Bild<br />

und die Würdigung wider, die der Herrscher für sich, seine res gestae und seine Politik in der Öffentlichkeit<br />

wünschte und auch durch dieses Medium [...] zum Ausdruck bringen wollte.<strong>“</strong><br />

213Howgego (2000), S. 85.<br />

214Ebd., S. 88. Strobel (1987a), S. 439, sieht in diesen Gruppen „Oberschichten, hauptstädtische und städtische<br />

Bevölkerung, Militär<strong>“</strong> und bezweifelt, dass man sich beim Entwurf der Münzen konkrete Gedanken gemacht habe,<br />

ob die Inhalte der Münzen von breiteren, über diese als relevant erachteten Gruppen hinausgehenden<br />

Personenkreisen verstanden wurden.<br />

215Günther (2001), S. 172, hiervon abzugrenzen seien aus methodischen Gesichtspunkten die eigenständigen<br />

Hilfswissenschaften der Numismatik und der Papyrologie. Eine gewisse Sensibilisierung für die Repräsentativität<br />

der auf uns gekommenen kaiserzeitlichen epigraphischen Zeugnisse versucht überzeugend Eck (2007) zu vermitteln.<br />

Die weitreichenden Auswirkungen von Neufunden führt in durchaus spannender Weise derselbe (2004b)<br />

<strong>ex</strong>emplarisch vor. Ein übersichtliche Einführung zur lateinischen Epigraphik findet sich bei Schumacher (1988), S.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 34


Dem heutigen Althistoriker steht das überlieferte lateinische Inschriftenmaterial in<br />

der von Theodor Mommsen begründeten Inschriftenedition des nach Regionen<br />

geordneten Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL) zur Verfügung, das bis heute<br />

durch ergänzende Publikationsorgane regelmäßig erweitert wird. 216 Eine<br />

Erleichterung für die Arbeit mit epigraphischem Material stellen die mit<br />

Übersetzungen und teilweise auch Kommentaren versehenen Inschriftensammlungen<br />

neueren Datums dar. Hier sind besonders die Werke von Helmut Freis, Leonhard<br />

Schumacher (mit prägnanter Einführung) und Gerold Walser (Abbildung in guter<br />

Qualität zu jeder Inschrift) zu nennen; 217 erwähnt werden soll zudem die<br />

Auswahlsammlung Inscriptiones Latinae Selectae (ILS) von Hermann Dessau. 218<br />

Für die domitianische Herrschaft stellt sich für die Epigraphik als besonderes<br />

Problem dar, dass aufgrund der, nach seiner Ermordung einsetzenden, damnatio<br />

memoriae 219 relativ wenig inschriftliches Material vorhanden ist, wenn dieses auch<br />

durch systematische Ausgrabungen in den letzten hundert Jahren mengenmäßig<br />

etwas zugenommen hat und diese Funde von der Forschung besonders seit den<br />

1970er und 1980er Jahren in verstärktem Maße beachtet wurden. 220<br />

1-44.<br />

216CIL (1863-); bemüht um die Ergänzung der lateinischen Inschriften ist die jährlich erscheinende Publikation Année<br />

Épigraphique (AE 1889-).<br />

217Freis (1984); Schumacher (1988); Walser (1993).<br />

218ILS (1892-1916).<br />

219Vgl. Suet. Dom. 23, 1; Plin. Paneg. 52. Kienast (1990), S. 52f.: „Die Bezeichnung als solche ist nicht antik [...]. In<br />

der Antike sprach man von der abolitio nominis. Deren wichtigste Folgen waren die Umstürzung bzw. Zerstörung<br />

der Statuen und Bildnisse des Toten (Bildnisstrafe) und die Tilgung seines Namens auf den Denkmälern (erasio<br />

nominis).<strong>“</strong> Vgl. grundlegend auch Vittinghoff (1936).<br />

220Urner (1994), S. 1; S. 22. So sei bereits Theodor Mommsen (1885) durch die Integration epigraphischer Studien zu<br />

einem, verglichen mit der zeitgenössischen communis opinio, auffallend positiven Bild der Verwaltung Domitians<br />

gelangt. Ausschließlich auf epigraphische Erkenntnisse stützt sich der Artikel von Levick (1982b), speziell zum<br />

epigraphischen Material der domitianischen Zeit seien weiterhin die Arbeiten von Merkelbach (1979) und Martin<br />

(1987a; 1987b) zu nennen.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 35


4. Die Germanienpolitik der Flavier bis Domitian<br />

Im Jahre 69 entstand für die Römer am Rhein eine nicht ungefährliche Situation:<br />

Innerhalb des Imperiums kämpften die Prätendenten der einzelnen Heeresgruppen<br />

um die Nachfolge Neros, der nach für Staatskasse, Rechtssprechung und Verwaltung<br />

katastrophalen Regierungsjahren vom Senat zum Staatsfeind erklärt worden war und<br />

sich der Verantwortung durch Selbstmord entzogen hatte. 221 Vitellius, militärischer<br />

Oberbefehlshaber der Truppen am Niederrhein, ließ sich am Neujahrstag 69 von der<br />

Rheinarmee zum Imperator proklamieren. 222 Dadurch, dass er mit den<br />

kampfstärksten Truppenteilen zur Durchsetzung seines Anspruches gegenüber Otho<br />

nach Rom eilte, blieb die Rheingrenze entblößt zurück. 223 Das hierdurch und durch<br />

die generell verworrene politische Situation entstandene „Machtvakuum<strong>“</strong> machten<br />

sich mehrere germanische und später auch gallische Stämme unter der Führung des<br />

Iulius Civilis, eines römischen Kohortenpräfekten batavischer Abstammung, für<br />

einen Aufstand zu Nutze. 224 Hatte seit Augustus „im Prinzip das Gesetz des<br />

Handelns<strong>“</strong> bei den Römern gelegen, so mochte dieser sogenannte Bataveraufstand<br />

demonstrieren, dass die Germanenstämme jenseits der Ströme Rhein und Donau<br />

weiterhin ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotential für die Herrschaft der<br />

Römer in der Region darstellten. 225 In den bürgerkriegsähnlichen Kampfhandlungen<br />

der folgenden Monate meuterten reguläre römische Truppenteile offen und schlossen<br />

sich den Aufständischen an. Die römische Rheinlinie brach beinahe vollständig<br />

zusammen 226 und auch der, seit claudischer Zeit von den Kastellen in Wiesbaden und<br />

Hofheim gebildete, Brückenkopf der Römer gegenüber von Mainz (Mogontiacum)<br />

ging verloren. 227<br />

221Suet. Dom. 48f. Zum Tode Neros vgl. zudem Malitz (1999), S. 103ff.<br />

222Tac. Hist. 1, 52,1; 1,55ff.<br />

223Tac. Hist. 4, 15, 3; 1, 62, 2; 1, 77,1.<br />

224Schönberger (1985), S. 357. Zum Beginn der Erhebung vgl. Tac. Hist. 4, 13ff; zum Bataveraufstand selbst vgl.<br />

Merkel (1966); Urban (1985); Timpe (2005); zu den mutmaßlichen Motiven der Aufständischen vgl.<br />

zusammenfassend Raepsaet-Charlier (2001), S. 168; zur Darstellungsweise des Tacitus vgl. Daumer (2005), S. 208-<br />

218, und Timpe (2008), S. 180.<br />

225Wolters (2000), S. 64.<br />

226Filtzinger (1986), S. 47: „Es besteht berechtigter Anlaß zur Annahme, daß spätestens seit dem Frühjahr 70 n. Chr.<br />

nördlich der Nahe kein Rheinkastell mehr von regulären römischen Einheiten besetzt war.<strong>“</strong><br />

227Becker / Schallmayer (2001), S. 416: „Großflächige Brandschichten dokumentieren die Zerstörung dieser Lager.<strong>“</strong><br />

Tacitus berichtet hierzu, dass das Legionslager in Mainz zwar von Chatten, Usipeten und Mattiakern angegriffen<br />

worden (Tac. Hist. 4,37), aber nicht abgebrannt war (Tac. Hist. 4,61). Baatz (2002), S. 69, geht aufgrund von<br />

Ausgrabungsergebnissen davon aus, dass es dennoch nicht unerheblichen Schaden genommen habe. Zu Wiesbaden<br />

vgl. Baatz (2002), S. 485-495; zu Hofheim ebd, S. 350-357.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 36


Nachdem sich der Flavier Vespasian bis zum Jahre 70 in Rom als Princeps hatte<br />

durchsetzen können, „erreichte der Bataveraufstand gerade seinen Höhepunkt.<strong>“</strong> 228<br />

Sein außenpolitisches Hauptaugenmerk musste auf der Sicherung und<br />

Wiederherstellung der Rheinlinie liegen, und das nicht nur weil seine Legitimation<br />

als Herrscher „eindeutig auf einem militärischen Hintergrund<strong>“</strong> ruhte. 229 Eine starke<br />

Heeressäule aus fünf Legionen aus Italien, ergänzt durch drei weitere Legionen aus<br />

Spanien und Britannien, wurde unter der Führung der Legaten Petillius Cerialis 230<br />

und Annius Gallus 231 nach Germanien entsandt, um den Aufstand niederzuwerfen. 232<br />

Dies wurde gegen den zähen Widerstand der Bataver 233 wohl auch bis zum<br />

Spätherbst 70 erreicht; recht lapidar vermerkt Cassius Dio, dass Cerialis die Dinge<br />

durch viele Kämpfe wieder in Ordnung gebracht habe. 234 Die uns erhaltenen Teile der<br />

Historiae des Tacitus, die detailliertere Informationen über die Beilegung des<br />

Bataveraufstandes hätten liefern können, brechen inmitten der Verhandlungen des<br />

Cerialis mit den Aufständischen ab. 235 Man kann davon ausgehen, dass es zu einem<br />

„Kompromissfrieden<strong>“</strong> gekommen sein wird; das bellum <strong>ex</strong>ternum wird als Teil der<br />

innerrömischen Wirren um die Nachfolge Neros als bellum internum umgedeutet<br />

worden und den Aufständischen somit in der Folge keine Nachteile entstanden<br />

sein. 236<br />

Die Folgen des Aufstandes waren gravierend: Neben den immensen materiellen<br />

Schäden – „alle Legionslager nördlich von Mainz gingen in Flammen auf<strong>“</strong> 237 – hatte<br />

228Filtzinger (1986), S. 47; vgl. Tac. Hist. 4, 54, 1. Wolters (2000), S. 65, verweist darauf, dass dieser Konfliktherd<br />

dem im Ägypten zum Imperator ausgerufenen Vespasian nicht ganz ungelegen kam und möglicherweise auch von<br />

ihm unterstützt wurde, da er logischerweise die Kräfte seines Gegners Vitellius binden musste, vgl. hierzu auch Tac.<br />

Hist. 4, 12; 4, 13; 4, 21; 4, 54,1 und Urban (1985), S. 26ff.<br />

229Wolters (2008), S. 89.<br />

230Eck (1985), S. 35f.<br />

231Ebd., S. 33f.<br />

232Tac. Hist. 4,68,1; 4,68,4.<br />

233Tac. Hist. 5, 14-23.<br />

234Cass. Dio Hist. Rom. 66,3,1. Baatz (2002), S. 68, verweist hier auf die „ungeheuren Ressourcen des Römerreiches<strong>“</strong>,<br />

das entschiedene und tatkräftige Vorgehen Vespasians und das Unvermögen der Aufständischen, gemeinsames<br />

Vorgehen zu koordinieren. Die Entschlusskraft des wieder unter einem Herrscher vereinten Imperium betonen auch<br />

Schönberger (1985), S. 358; Wolters (2000), S. 64; Schallmayer (2000), S. 64. Zum Ende des Bataveraufstandes in<br />

den literarischen Quellen vgl. auch Malloch (2004).<br />

235Tac. Hist. 5, 26.<br />

236Wolters (1989), S. 55; Becker (1992), S. 248, geht angesichts der taciteischen Schilderung (Tac. Hist. 5, 24; 5, 26)<br />

davon aus, dass es Cerialis gelang, den Bataver unter Zusicherung seiner persönlichen Freiheit zur Aufgabe zu<br />

bewegen. Eck (2004a), S. 212, nimmt an, dass der römische Legat dem Stamm sogar die Fortführung des Bundes<br />

und zumindest teilweise die daraus resultierende besondere Rechtsstellung gesichert haben wird.<br />

Insgesamt scheint, als ob Tacitus bei der Frage, ob der Bataveraufstand innen- oder außenpolitischer Konflikt war,<br />

einander widersprechende Quellen verarbeitet habe, vgl. Tac. Hist. 2,69,1; 2,34,1; 3,72,1 sowie Daumer (2005), S.<br />

216-218.<br />

237Baatz (2002), S. 68.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 37


der Bataveraufstand schonungslos die erschreckende Führungslosigkeit des<br />

römischen Heeres offengelegt, dies konnte auch den angrenzenden<br />

Germanenstämmen nicht verborgen geblieben sein. Somit durften sich römische<br />

Aktivitäten nicht auf den materiellen Wiederaufbau der in Mitleidenschaft gezogenen<br />

Legionslager beschränken. Benötigt wurde nicht nur ein neues militärisches Konzept,<br />

das in Zukunft ähnlich gefährliche Situationen verhindern helfen sollte, sondern es<br />

musste auch der unbedingte Wille zur Grenzverteidigung und die ungebrochene<br />

Stärke des Imperium Romanum demonstriert werden: 238 „Was sich an der<br />

Rheingrenze abgespielt hatte, durfte sich nicht wiederholen.<strong>“</strong> 239<br />

So kam es zu Beginn der Herrschaft Vespasians in Germanien vor allem zu<br />

Reorganisations- und Konsolidierungsmaßnahmen, die sich am deutlichsten in der<br />

gründlichen Umstrukturierung der dort stationierten Truppen nach dem<br />

Bataveraufstand fassen lassen: Die militärische Besetzung der Rheingrenze wurde<br />

verstärkt; belastete Truppenteile, die in der Zeit des Bürgerkrieges mit Germanen und<br />

Galliern paktiert hatten, wurden versetzt oder aufgelöst. Die zerstörten Legionslager<br />

wurden wieder aufgebaut, zudem neue oder vormals aufgelassene Lager wieder<br />

errichtet. Als Doppellegionslager blieb lediglich Mainz bestehen, hier waren in der<br />

Folgezeit die legio I adiutrix und die legio XIV gemina Martia victrix stationiert. 240<br />

Auch bei den Auxiliartruppen folgte ein großes Revirement. Aus den Ereignissen des<br />

Aufstandes skeptisch geworden, hütete man sich in Zukunft vor „ethnisch<br />

homogenen Gruppen<strong>“</strong>; 241 in flavisch-trajanischer Zeit wurden die Auxilien nicht<br />

mehr in der Provinz stationiert, in der sie rekrutiert worden waren. Zudem wurden<br />

einheimische Adelige nicht mehr mit dem Kommando über die Hilfstruppen betraut,<br />

an ihre Stelle traten nun regelmäßig römische praefecti. 242<br />

Im niedergermanischen <strong>ex</strong>ercitus wurde unter Vespasian nicht nur das Legionslager<br />

238Strobel (1987a), S. 426.<br />

239Bengtson (1979), S. 93.<br />

240Detaillierter zu den Reorganisations- und Sanierungsarbeiten in der Folge des Bataveraufstandes vgl. Becker (1992),<br />

S. 249f., der in der Neuordnung der germanischen Legionen durch Vespasian einen bedeutenden, den<br />

„Traditionszusammenhang mit dem Heer der julisch-claudischen Zeit<strong>“</strong> unterbrechenden, Einschnitt sieht. Die<br />

Kontinuität der Germanienpolitik der vorigen Regierungen betont hingegen Rüger (2000), S. 496ff. In dem<br />

Weiterbestand des Doppellegionslagers Mainz sieht Becker (1992), S. 251, überdies eine weitere Bedrohung des<br />

Mittelrheins durch die Chatten begründet. Grundlegend weiterhin Schönberger (1985); Oldenstein-Pferdehirt<br />

(1983).<br />

241Raepsaet-Charlier (2001), S. 169.<br />

242Dies hat zumindest für den niedergermanischen <strong>ex</strong>ercitus Alföldy (1968), S. 115f., S. 148f., nachgewiesen; dagegen<br />

Strobel (1987b).<br />

Domitians erster Chattenkrieg 38


Vetera wiederaufgebaut (nun allerdings als Einzellegionslager), sondern auch mit<br />

Nijmegen (Noviomagus) ein neues Legionslager errichtet. Zur Überwachung des<br />

Gebiets ist im Bereich der insula batavorum wohl auch in dieser Zeit eine Kette von<br />

Auxiliarkastellen angelegt worden. 243<br />

Der Schwerpunkt der umsichtigen vespasianischen Aktionen in Germanien ist aber<br />

im Bereich des heutigen Südwestdeutschland zu suchen. 244 Dabei fiel der am Rhein<br />

konzentrierten Militärmacht nicht nur die Aufgabe zu, der stark in Mitleidenschaft<br />

gezogenen Rheingrenze wieder Stabilität zu verleihen. Wahrscheinlich in den Jahren<br />

73 und 74 kam es unter der Führung des Pinarius Clemens darüber hinaus wieder zu<br />

einer Okkupation von Gebieten jenseits des Stromes. All diese Operationen haben<br />

jedoch in den literarischen Zeugnissen der Zeit keinerlei Spuren hinterlassen und<br />

sind somit hauptsächlich archäologisch fassbar. 245 Für diese frühflavische<br />

Okkupation Obergermaniens sind dabei drei regionale Schwerpunkte auszumachen:<br />

Erstens galt mit dem oberen Neckargebiet und dem Schwarzwald einer Gegend<br />

besondere Aufmerksamkeit, in die germanisches Land „wie ein Keil<strong>“</strong> in römisches<br />

Territorium hineinragte. 246 Hier hatte sich der römischen Heeresführung während der<br />

vergangenen militärischen Ereignisse das „Verkehrshandicap<strong>“</strong> nur allzu deutlich<br />

offenbart: Schnelle Truppenbewegungen von der Donau an den Rhein waren nicht<br />

möglich gewesen, da stets der Umweg um das Rheinknie bei Basel herum<br />

genommen worden musste. 247 Um diesen unnötig langen Weg abzukürzen, wurde<br />

nun eine durch Kastelle gesicherte Straße vom Legionslager Straßburg (Argentorate)<br />

an die obere Donau angelegt.<br />

243Schönberger (1985), S. 359. Zum niedergermanischen <strong>ex</strong>ercitus vgl. ausführlich Bechert (1982; 1995; 2007)<br />

244Christ (1983c), S. 91. Anschauliches Kartenmaterial, in welchem die vespasianische Expansion in Germanien<br />

gegenüber der seines Sohnes Domitian abgegrenzt wird, findet sich z.B. in Imperium (2006), S. 47f.<br />

245Dies ist das traditionelle Datum für die dem Clemens zugeschriebenen Maßnahmen in Obergermanien. Dadurch,<br />

dass die <strong>ex</strong>akte Titulatur Vespasians im Offenburger Meilenstein (CIL 13, 9082) nicht erhalten geblieben ist, wird<br />

sie gemeinhin mithilfe der Statthalterschaft des Clemens datiert, die Eck (1985), S. 36, in die Jahre 72-74 ansetzt.<br />

Vgl. auch Zimmermann (1992), S. 289ff.; Lieb (1967). Kortüm (1998) versucht mithilfe numismatischer Funde die<br />

römischen Wehranlagen in Obergermanien zu datieren und kommt zu dem Schluss, dass die vermutete Okkupation<br />

auch aus numismatischer Sicht eindeutig zu belegen sei (S. 49).<br />

246Baatz (2002), S. 69; einschränkend hingegen Becker (1992), S. 259. Probleme bieten der Forschung weiterhin die<br />

ausschließlich bei Tac. Germ. 29,3 genannten decumates agri, die man wohl im Südwesten des heutigen<br />

Bundeslandes Baden-Württemberg zu suchen hat. Über die Frage, inwiefern damit hierüber hinausgehende<br />

Landstriche gemeint sein könnten, besteht Unklarheit; vgl. hierzu Dietz (1997), Sp. 355: „Die teilweise<br />

phantasievolle Diskussion dieser sprachlich und sachlich schwierigen Stelle ist so umfangreich wie ergebnislos.<strong>“</strong><br />

247Filtzinger (1986), S. 416.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 39


Neben den archäologischen Funden der Lager Offenburg, Rottweil, Sulz 248 und<br />

Waldmössigen hilft vor allem der sogenannte Offenburger Meilenstein, den Bau<br />

dieser Militärstraße zu belegen. 249 Dem an dieser Straße angelegten Rottweil (Arae<br />

Flaviae) 250 war wohl eine hervorgehobene Stellung als militärischer Knotenpunkt<br />

und kulturellem Zentrum in Südwestdeutschland zugedacht worden. 251<br />

Zweitens kam auch der Oberrheingraben fest in römische Hand, wo die Ansiedlung<br />

von germanischen Volksgruppen für eine gewisse Vorfeldsicherung sorgen sollte. 252<br />

Eine in den folgenden Jahren angelegte und an die erwähnte Militärstraße im<br />

Schwarzwald angeschlossene Straße stellte eine direkte Verbindung von Mainz nach<br />

Augsburg (Augusta Vindelicorum) her. Archäologisch fassbar sind hier die Kastelle<br />

in Groß-Gerau, Ladenburg, Heidelberg-Neuheim, möglicherweise auch<br />

Gernsheim. 253<br />

Drittens ist unter Vespasian anhand archäologischer Spuren „ein sukzessives<br />

Vorschieben von Positionen auf einer mittleren Linie durch die Wetterau<br />

feststellbar.<strong>“</strong> 254 Als zu dieser Zeit angelegte Kastelle und Stützpunkte kommen jene<br />

auf der „Dominsel<strong>“</strong> in Frankfurt, in Frankfurt-Heddernheim, Okarben und Friedberg<br />

in Frage; vielleicht gab es auch schon in Frankfurt-Höchst ein römisches Lager. 255<br />

Diskutiert wurde in der Forschung das Ausmaß der militärischen Aktionen während<br />

der vespasianischen Okkupation Obergermaniens. Die Verleihung der ornamenta<br />

248Während die anderen Lager sich recht eindeutig in die Jahre 73/74 datieren lassen, ist die genaue Datierung des<br />

Lagers in Sulz nicht ganz gesichert. Heiligmann (1990), S. 191, zieht eine Gründung erst in spätvespasianischer Zeit<br />

oder auch erst in der Zeit des Titus in Erwägung. Dennoch sieht er, S. 192, eine einheitliche Konzeption zu Grunde<br />

liegen, deren Durchführung 72/73 begann und „spätestens gegen 80 n. Chr. erfolgreich abgeschlossen wurde.<strong>“</strong><br />

249CIL 13, 9082: iter de[rectum ab Arge]ntorate / in R[---]. Die Inschrift lässt sowohl die Interpretation „in Raetiam<strong>“</strong><br />

als auch „in Ripam Danuvii<strong>“</strong> zu; vgl. auch Becker / Schallmayer (2001), S. 416. Zu Offenburg vgl. Filtzinger<br />

(1986), S. 466f.; zu Rottweil ebd., S. 521-534; zu Sulz ebd., S. 579-582; zu Waldmössingen ebd., S. 544-546.<br />

250Vgl. ausführlicher Franke (2003); Rüsch (1976).<br />

251Zuerst Mommsen (1885), S. 139f. Zustimmend: Filtzinger (1986), S. 48; mit gewissen Einschränkungen stimmt<br />

auch Becker (1992), S. 259, zu. Kritisch hingegen Becker / Schallmeyer (2001), S. 434. Kortüm (1998), S. 16f.,<br />

spricht sich auf der Basis numismatischer Funde gegen den oftmals angenommen, raschen Bedeutungsrückgang<br />

Rottweils durch die weitere Grenzverschiebung in spätflavischer Zeit aus.<br />

252Schallmayer (2000), S. 64, spricht zumindest Teilen dieser Gruppen elbgermanischen Charakter zu.<br />

253Schönberger (1985), S. 361. Zu Groß-Gerau vgl. Baatz (2002), S. 322; Ladenburg vgl. Filtzinger (1986), S. 383-<br />

396; Heidelberg-Neuheim, ebd. S. 383-396; zu Gernsheim vgl. Baatz (2001), S. 315f.<br />

254Wolters (2008), S. 89. Baatz (2002), S. 70, verweist darauf, dass die dort angelegten Kastelle noch nicht wie später<br />

an der direkten Grenzlinie aufgereiht waren, sondern „in die Mittelpunkte der damaligen Bevölkerung angelegt<br />

wurden.<strong>“</strong> Für eine flächige Besetzung der Wetterau unter Vespasian sprechen sich etwa Schönberger (1985), S. 360,<br />

und Baatz (2000), S. 66 aus. Becker (1992), S. 259, Anm. 62, geht hingegen davon aus, dass man erst in den Jahren<br />

nach dem Chattenkrieg Domitians von einer solchen flächigen Besetzung ausgehen könne.<br />

255Baatz (2002), S. 70.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 40


triumphalia an Pinarius Clemens, 256 der für ihn höchstmöglichen militärischen<br />

Auszeichnung, hat teilweise zur Annahme größerer militärischer<br />

Auseinandersetzungen geführt. 257 Strobel hielt gar einen Feldzug gegen die Chatten<br />

für „nicht zu gewagt.<strong>“</strong> 258 Treffender scheint hingegen Beckers Argumentation: Die<br />

Einbindung der einzelnen Legionen in Okkupationsmaßnahmen an verschiedenen<br />

Stellen Obergermaniens spreche eindeutig gegen ein dezidiert offensives und<br />

raumgreifendes Vorgehen in Gebiete nördlich der Wetterau. Solch einen Vorstoß<br />

hätte man nur mit gebündelter Kraft unternehmen können, da er wohl auf<br />

entschiedenen Widerstand der Chatten hätte stoßen müssen, die ihre militärische<br />

Schlagkraft ja erst wenige Jahre zuvor im Bataveraufstand unter Beweis gestellt<br />

hätten. Die Tatsache, dass in den literarischen Quellen von alledem nichts verbürgt<br />

sei, lasse ein solches Unternehmen noch unwahrscheinlicher erscheinen. 259<br />

Dennoch soll der militärische Wert der Auszeichnung auch nicht unterschätzt<br />

werden, daher darf man wohl von vereinzelten Kampfhandlungen ausgehen, auf<br />

größeren militärischen Widerstand wird man in dem größtenteils dünn besiedelten<br />

Gebiet allerdings nicht gestoßen sein. Vielmehr werden Gebiete, die schon vorher<br />

unter „sporadischer<strong>“</strong> römischer Kontrolle gestanden hatten, zur Sicherung der<br />

Rheinlinie und einer Verkürzung der Wegstrecken direkt dem Imperium einverleibt<br />

worden sein: 260<br />

„Die beachtlichen Gebietsgewinne östlich von Ober- und Mittelrhein unter der Regierung des<br />

Vespasian sind anscheinend mehr durch den zähen und umsichtigen Arbeitseinsatz der<br />

Legionen und Hilfstruppen errungen worden, [...] als durch Kämpfe oder gar große<br />

Schlachten.<strong>“</strong> 261<br />

256CIL XI 5271.<br />

257Der ältere Standpunkt ist zusammengefasst bei Nesselhauf (1960), S. 160f.; Nuber (1984), S. 281f.<br />

258Strobel (1987a), S. 425. Vgl. hierzu die zurückhaltende Formulierung bei Heiligmann (1990), S. 190f. und die<br />

kritisch-ablehnende Sicht bei Becker (1992), S. 263. Filtzinger (1986), S. 48, verweist darauf, dass Vespasian<br />

derartige Ehrungen nur nach erfolgreichen Kriegen verliehen habe und sieht in Clemens' Operationen den „erste[n]<br />

militärische[n] Erfolg rechts des Rheines nach der Varuskatastrophe.<strong>“</strong> Laut Schönberger (1985), S 362, und Becker<br />

(1992), S. 260f., seien die Leistungen des Clemens auch ohne größeren Feldzug vollkommen ausreichend zur<br />

Verleihung der Triumphalinsignien. Timpe (1998), S. 229, konstatiert, dass die Unsicherheiten in der Bewertung der<br />

Operationen des Clemens mit der unklaren Bevölkerungssituation in der Region zusammenhingen, spricht sich aber<br />

ebenfalls gegen „erhebliche militärische Auseinandersetzungen und ernsthafte Gegner<strong>“</strong> aus. Recht bildlich spricht<br />

ders. (2008), S. 181, daher auch von der „lautlosen Besetzung des südwestdeutschen Winkels<strong>“</strong>.<br />

259Becker (1992), S. 263. Fraglich scheint meines Erachtens auch eine, durch die Verleihung der Triumphalinsignien<br />

vorgenommene, nachträgliche propagandistische Aufwertung der Operationen des Clemens in Germanien, da<br />

Wolters (1989), S. 57, darauf hinweist, dass Vespasian im Gegensatz zu seinem jüngeren Sohn die zweifellos<br />

erfolgreichen Maßnahmen in Germanien nicht für Propagandazwecke benutzt habe.<br />

260Ebd., S. 256.<br />

261Baatz (2002), S. 71.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 41


Nachdem sich die Römer seit der Abberufung des Germanicus durch Tiberius im<br />

Wesentlichen auf die Positionen an der Rheingrenze zurückgezogen hatten, 262 wurde<br />

unter Vespasian zweifellos eine „neue Epoche der Germanienpolitik inauguriert.<strong>“</strong> 263<br />

Durch seine Maßnahmen hatte er so ein Glacis für weitere Operationen geschaffen,<br />

offensivere Schritte sollten jedoch seinen Nachfolgern vorbehalten bleiben. 264<br />

Während der Herrschaftszeit seines Sohnes Titus – außenpolitisch „eine Zeit der<br />

Ruhe und Regeneration<strong>“</strong> – wurde die von Vespasian eingeschlagene Linie im<br />

begrenzten Umfang fortgeführt, insgesamt war seine Herrschaft jedoch zu kurz, um<br />

eine wirklich stringente, eigenständige Linie in der Germanienpolitik ausmachen zu<br />

können. 265<br />

262Lehmann (1989), S. 230.<br />

263Bengtson (1979), S. 98.<br />

264Ausführlicher zum Verhältnis der frühflavischen zur domitianischen Germanienpolitik sowie dem Verhältnis der<br />

flavischen zur kaiserzeitlich-römischen Germanienpolitik insgesamt vgl. Kapitel 8.<br />

265Bengtson (1979), S. 174. Über die außenpolitischen Aktivitäten des Titus in Germanien informieren uns weder<br />

Sueton noch Cassius Dio, weswegen man hauptsächlich auf archäologische Zeugnisse angewiesen ist.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 42


5. Domitians erster Chattenkrieg<br />

5.1. Die Chronologie des Feldzuges<br />

Ein sicheres direktes Schriftzeugnis für die Chronologie des Feldzuges gibt es nicht,<br />

verwertbare Details über die Kampfhandlungen bietet ausschließlich der Bericht<br />

Frontins. 266 Quellen numismatischer und epigraphischer Natur konnten als wertvolle<br />

Indizien zur Erstellung einer Chronologie nutzbar gemacht werden; archäologische<br />

Funde tragen zur Rekonstruktion der Datierung und des Verlaufs des Feldzuges<br />

hingegen wenig bei. 267 Insgesamt kann aber die Chronologie des ersten<br />

Chattenkrieges inzwischen als einigermaßen gesichert gelten, wenn sie auch<br />

durchaus nicht unangefochten ist.<br />

Was den Beginn der Kampfhandlungen angeht, so lassen hier literarische Zeugnisse<br />

keinerlei Rückschlüsse zu. Theoretisch ließen sich mithilfe der chronologischen<br />

Anordnung der Ereignisse im Bericht des Cassius Dio die Aktivitäten Domitians in<br />

Germanien zeitlich weiter eingrenzen. Problematisch ist hier jedoch, dass die<br />

relevanten Teile seines Werkes nicht im Original erhalten sind und die verschiedenen<br />

Überlieferungslinien verschiedene Versionen anbieten. Allein Dios Epitomator<br />

Xiphilinos lässt der Nachricht über den Chattenkrieg Domitians den Bericht über die<br />

Bestrafung der vestalischen Jungfrauen vorangehen, der sich laut Jones über den<br />

Vergleich mit der armenischen Version des Eusebius in die Jahre 81/82 datieren<br />

ließe. 268<br />

Asbach hatte bereits 1884 auf die rapide Zunahme der imperatorischen<br />

Akklamationen Domitians in den Jahren 83-84 hingewiesen und aufgrund dieser<br />

Überlegungen den Beginn der Kampfhandlungen für das Frühjahr 83 angesetzt, was<br />

sich als Art traditionelles Datum mit großer Wahrscheinlichkeit hat durchsetzen<br />

können. 269 Mit guten Gründen hingegen ist der von Jones mehrfach unternommene<br />

266Front. Strat. 1,1,8; 1,3,10; 2,11,7; 2,3,23.<br />

267Vgl. Becker (1992), S. 79.<br />

268Jones (1992), S. 128f. Vgl. Xiphilinos 218, 22-9 (= Cass. Dio Hist. Rom. 67,3,4). Die Bestrafung der Vestalinnen<br />

nennt auch Suet. Dom. 8,4.<br />

269Asbach (1884), S. 5 Anm. 7. Die maßgeblichen älteren Darstellungen sind Asbach hier gefolgt, eine<br />

Zusammenfassung der älteren Positionen findet sich bei Braunert (1953), S. 98, Anm. 11. Für Frühjahr oder<br />

spätestens Frühsommer 83 sprechen sich ferner aus: Kneißl (1969), S. 44; Evans (1975), S. 124; Bengtson (1979), S.<br />

196; Perl (1981), S. 571f.; Christ (1983c), S. 92; Walser (1984), S. 452; Strobel (1987a), S. 427; Wolters (1989), S.<br />

57; Eck (1997), S. 748; Eck (2004a), S. 214. Alle sich auf eine Überblicksdarstellung beschränkenden Werken<br />

verwenden dieses Datum ebenfalls: Garzetti (1974), S. 286; Christ (1995), S. 266; Bellen (1998), S. 105;<br />

Schallmayer (2000), S. 67; Baatz (2002), S. 73; Wolters (2008), S. 90; Pfeiffer (2009), S. 89.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 43


Versuch, den Beginn des Feldzuges ins Jahr 82 vorzudatieren, zurückgewiesen<br />

worden. 270 Ein Militärdiplom vom 20. September 82 über die Entlassung von<br />

Veteranen des obergermanischen Heeres und die Verlegung von mindestens drei<br />

Auxiliareinheiten von Germanien nach Moesien, 271 und nicht zuletzt der nahende<br />

Winter lassen den Herbst 82 als Anfangstermin ebenfalls unwahrscheinlich<br />

erscheinen. 272 Becker, der den Versuch unternimmt, die imperatorischen<br />

Akklamationen den verschiedenen Kriegsschauplätzen dieser Jahre zuzuordnen – im<br />

in Frage kommenden Zeitraum seien neben Germanien in Britannien und<br />

Mauretanien Kampfhandlungen gesichert – schlägt als möglichen Termin für den<br />

Ausbruch des Krieges den März 83 vor. Dieser Logik folgend, käme ein späterer<br />

Termin nicht in Frage, da sich dann die imperatorischen Akklamationen den anderen<br />

Kriegsschauplätzen nicht zuordnen ließen. 273<br />

Kontrovers ist weiterhin auch die Dauer der Kampfhandlungen, „the end of the war<br />

is just as problematic as the start<strong>“</strong>: Weder in den literarischen noch in den<br />

inschriftlichen Quellen findet sich ein Hinweis auf eine abschließende<br />

Entscheidungsschlacht, wie sie etwa für die Schlachten am Mons Graupius in<br />

Britannien oder bei Tapae in Dakien belegt ist. 274 Eine solche wird angesichts der bei<br />

Frontin geschilderten Kampfweise mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht<br />

stattgefunden haben. 275 In der Forschung besteht nicht mal Konsens bezüglich der<br />

Frage, ob der Feldzug Domitians gegen die Chatten als ein zusammenhängender<br />

Krieg oder als zwei unabhängige Kampagnen interpretiert werden kann; die<br />

Ansichten schwanken, ob der 83 begonnene Feldzug bereits im selben Jahr, im<br />

Spätsommer bis Herbst 84 oder erst zu Beginn des Jahres 85 abgeschlossen wurde. 276<br />

270Jones (1973; 1979, S. 13 m. Anm. 56; 1984; 1992, S. 128f.); Jones (1973), S. 80, war aufgrund durchaus<br />

eigenwilliger Neudatierungen der traditionellerweise für den Beginn des Feldzuges herangezogenen Indizien zu der<br />

Ansicht gelangt, dass der Krieg gegen die Chatten „was undertaken early in 82, virtually won by the summer of 83<br />

when Domitian became Germanicus, and then followed by a period of reorganization and pacification.<strong>“</strong> Dagegen<br />

Evans (1975), S. 121ff.; Perl (1981), S. 571ff.<br />

271CIL XVI, 28 = ILS 1995. Gsell (1894), S. 184; Weynand (1909), Sp. 2556; Henderson (1927), S. 100, hatten<br />

angemerkt, dass man während einer laufenden Kampagne wohl kaum Soldaten entlasse. Jones (1992), S. 129f., hatte<br />

in Betracht gezogen, diese Maßnahmen bereits als Abschluss des Chattenkrieges zu interpretieren: „The diploma of<br />

September 82, then, provides solid evidence that the Chattan war began before 83.<strong>“</strong><br />

272Southern (1997), S. 37, diskutiert immerhin die Möglichkeit einer Winterkampagne, die ihrer Ansicht nach bei guter<br />

Vorbereitung durchaus Vorteile für die Römer geboten hätte.<br />

273Becker (1992), S. 285. Für März mag weiterhin sprechen, dass dieser, dem Kriegsgott Mars geweihte, Monat der<br />

traditionelle Monat für den Beginn von militärischen Kampagnen war, vgl. Günther (2001), S. 134 mit Anm. 115.<br />

274Southern (1997), S. 81.<br />

275Vgl. Front. Strat. 1,3,10; 2,3,23. Die moderne Forschung ist sich im Wesentlichen einig, dass der Sieg über die<br />

Chatten „nicht in der gängigen Art eines großen Schlachtensieges<strong>“</strong> errungen wurde, vgl. Urner (1994), S. 285.<br />

276Außen vor gelassen werden soll der bereits erwähnte Versuch von Jones, den Chattenkrieg vorzudatieren. Für eine<br />

Beendigung der Kämpfe im Jahre 83 sprechen sich aus: Asbach (1884), S. 6f.; Vogt (1924), S. 50; Nesselhauf<br />

(1952), S. 239; Christ (1957), S. 519ff.; Filtzinger (1986), S. 52; Strobel (1987a), S. 444f.; Wolters (1989), S. 60;<br />

Domitians erster Chattenkrieg 44


Strobel hatte einen vollständigen militärischen Erfolg der Römer innerhalb weniger<br />

Monate bis zum Juli / August 83 angenommen und sah in der darauf folgenden<br />

„zweiten Phase des bellum Germanicum<strong>“</strong> im Jahre 84 lediglich abschließende<br />

Grenzsicherungs- und Truppenrückführungsmaßnahmen sowie die Umwandlung der<br />

beiden germanischen Heeresbezirke in eine Provinz, auf welche sich die 85<br />

einsetzenden „GERMANIA CAPTA<strong>“</strong>-Prägungen Domitians beriefen. 277 Die bei<br />

Frontin beschriebene, mit sich wohl länger hinziehenden Rodungsarbeiten<br />

verbundene, Kampfesweise der Römer 278 und die Tatsache, dass „die<br />

Akklamationsreihe auch in den folgenden Jahren [84 und 85] nicht abbricht<strong>“</strong>,<br />

scheinen eindeutig für ein Andauern der Kampfhandlungen in Germanien zu<br />

sprechen. 279<br />

Die Annahme einer Wiederaufnahme der Kampfhandlungen im Jahre 85 nach vorher<br />

deklarierter Beendigung des Feldzuges scheint ebenfalls nicht wahrscheinlich. 280<br />

Diese Vorstellung muss nämlich folgendes Szenario implizieren: Im Glauben, die<br />

Chatten im Jahre 83 vollends besiegt zu haben, war Domitian nach Rom<br />

zurückgekehrt, um seinen Triumph abzuhalten. In den nun folgenden Monaten<br />

musste er aber erkennen, dass neuere militärischen Anstrengungen in Germanien<br />

nötig waren. Er hätte also seine Truppen erneut sammeln und gegen die Chatten<br />

ziehen müssen; dieses Mal wurde der Feldzug allerdings ohne seine Anwesenheit<br />

durchgeführt, was im schließlich eingetretenen Erfolgsfall ein negatives Licht auf<br />

seine Fähigkeiten als Heerführer werfen musste: Offensichtlich wären dann seine<br />

legati legionis fähiger und am Ende erfolgreicher gewesen als der Princeps selbst. 281<br />

In aller Deutlichkeit spricht sich gegen diese Vorstellung Becker aus:<br />

„Bezieht man die Münzprägung des Jahres 85 n. Chr. dagegen auf erneute Kämpfe, so<br />

würde sie ein offizielles Eingeständnis bedeuten, dass der Triumph 83/84 verfrüht war. Daß<br />

Domitian sich angesichts der Bedeutung, die der Propagierung des Germanensiegs für<br />

seine eigene Herrscherlegitimation zukam, in derartige Widersprüche verwickelt hat, ist<br />

Pfeiffer (2009), S. 91. Für eine Fortdauer der Kämpfe: Gsell (1984), S. 189; Weynand (1909), Sp. 2559; Braunert<br />

(1953), S. 100; Garzetti (1974), S. 287; Evans (1975), S. 124; Bengtson (1979), S. 196; Perl (1981), S. 563; Christ<br />

(1983c), S. 94; Schönberger (1985), S. 369; Becker (1992), S. 285; Southern (1997), S. 82; Baatz (2002), S. 73f.<br />

Beide Szenarien diskutiert Kneißl (1969), S. 47f., und zieht daraus Schlüsse, wie erfolgreich die Kampagne des<br />

Jahres 83 gewesen sein könnte.<br />

277Strobel (1987a), S. 444f; zur Provinzgründung ebd., S. 437; S. 445; S. 449. Vgl. hierzu ausführlicher auch Kapitel<br />

5.5 und 5.6.<br />

278Front. Strat. 1,3,10.<br />

279Christ (1983c), S. 94. Vgl. RIC II (2007), S. 237.<br />

280So geschehen bei Gsell (1894), S. 196; Vogt (1924), S. 50; Wolters (1989), S. 58; Eck (1997), Sp. 748; sowie ohne<br />

weitere Erläuterung Pfeiffer (2009), S. 91. Dagegen bereits Braunert (1953), S. 100 mit Anm. 38.<br />

281Southern (1997), S. 81.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 45


nicht anzunehmen.<strong>“</strong> 282<br />

Mit dem Bericht Frontins und den imperatorischen Akklamationen Domitians in<br />

Einklang bringen lässt sich hingegen folgendes Szenario: Angesichts der<br />

konzentrierten und kämpferisch überlegenen Heeresmacht wird es in Germanien zu<br />

„schnellen Anfangserfolgen<strong>“</strong> gekommen sein, 283 worauf auch die Akklamationen III-<br />

V zu beziehen sind. 284 Daraufhin mag es jedoch durch den erstarkenden Widerstand<br />

des Gegners zu einer „Versteifung der Lage in Germanien<strong>“</strong> gekommen sein: 285 Durch<br />

„das möglicherweise langwierige Realisieren der bekannten fortifikatorischen,<br />

logistischen und taktischen Maßnahmen<strong>“</strong> werden die Kämpfe das ganze Jahr 84<br />

angedauert haben; in diesem Zusammenhang ist die sechste Akklamation Domitians<br />

gesehen worden. 286<br />

Der endgültige Abschluss des Feldzuges wird allgemein auf Spätsommer / Herbst 84<br />

oder spätestens Anfang des Jahres 85 datiert, zu letzterem Zeitpunkt setzte die<br />

Münzprägung voll ein, die den Sieg über Germanien in massiver Form verkündete. 287<br />

Als allerspätester Zeitpunkt für den Abschluss des Chattenkrieges ist der Sommer 85<br />

zu sehen. Durch den Einfall der Daker in die Provinz Moesia ergab sich für die<br />

Römer an der unteren Donau eine prekäre Lage, die für die folgenden Dekaden die<br />

militärischen Kräfte des Imperiums in dieser Region binden sollte. An eine<br />

Weiterführung der Operationen in Germanien wird keineswegs mehr zu denken<br />

gewesen sein; spätestens zu diesem Zeitpunkt wird der Feldzug in Germanien<br />

beendet worden sein. 288 Auch die Errichtung der beiden germanischen Provinzen<br />

Germania superior und Germania inferior, die eine vorherige Beendigung der<br />

Kampfhandlungen nahe legt, ist mit diesem Datum in Verbindung gebracht<br />

worden. 289<br />

Gewiss hat man aber im Sommer 83 eine wichtige Zäsur des Feldzuges zu sehen:<br />

Der Princeps verließ nämlich den Kriegsschauplatz in Germanien in Richtung Rom;<br />

282Becker (1992), S. 268 Anm. 12.<br />

283Braunert (1953), S. 94; S. 100, sieht in den Meldungen bei Aur. Vict. Caes. 11,3 und Epit. de Caes. 11,2,<br />

Anspielungen hierauf.<br />

284Becker (1992), S. 285.<br />

285Baatz (2002), S. 74, hat die von Cass. Dio. Hist. Rom. 67,5,1 berichtete Vetreibung des romfreundlichen<br />

Cheruskerfürsten Chariomerus ins Jahr 84 datiert und daraus auf einen weiterhin ungebrochenen Kampfeswillen der<br />

Chatten geschlossen.<br />

286Christ (1983c), S. 94.<br />

287Wolters (1989), S. 62f.; RIC II (2007), S. 284f.<br />

288Oldenstein-Pferdehirt (1983), S. 311; Schönberger (1985), S. 371; Baatz (2002), S. 74f. Vgl. hierzu auch Kapitel 8.<br />

289Christ (1983c), S. 94.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 46


in Vertrauen auf die zahlenmäßige und technische Überlegenheit der Römer genügte<br />

ihm das Erreichte, um sich vom Senat den Ehrenbeinamen Germanicus und einen<br />

Triumphzug zusichern zu lassen. 290 Intensiv diskutiert worden ist der genaue Termin<br />

der Annahme dieses Siegerbeinamens, hat doch „die Forschung daran anschließend<br />

weitgehende Schlussfolgerungen gezogen<strong>“</strong>. 291<br />

Dieser Termin ist für die Chronologie des Feldzuges herangezogen worden, das erste<br />

überlieferte Datum für die Nennung des Titels würde einen terminus ante quem für<br />

die Beendigung des Feldzuges liefern. 292 Hier mag allerdings die oben erwähnte<br />

Annahme zugrunde gelegen haben, dass der Feldzug bei Verleihung von Cognomen<br />

und Triumph bereits endgültig erfolgreich abgeschlossen gewesen war und die<br />

Kampfhandlungen später noch mal aufgeflammt seien. 293 Geht man hingegen davon<br />

aus, dass Domitian eben nicht das endgültig Ende des Feldzuges abwartete, sondern<br />

Siegerbeinamen und die vielfältigen Ehrungen verfrüht angenommen hat – während<br />

die Kampfhandlungen aber sehr wohl noch weiter liefen – bildet die Erstnennung des<br />

Siegesbeinames logischerweise nicht mehr den terminus ante quem für die<br />

Beendigung der Kriegshandlungen. 294 Auch wenn man heute die Annahme des<br />

Siegerbeinamens Germanicus nicht mehr mit der endgültigen Beendigung des<br />

Feldzuges identifizieren muss, so wirft meines Erachtens der verfrühte Triumph auch<br />

weiterhin ein bezeichnetes Licht darauf, worum es Domitian beim Feldzug gegen die<br />

Chatten ging. 295<br />

In der Diskussion um die Annahme des Cognomen Germanicus wurden<br />

epigraphische, numismatische und papyrologische Belege angeführt. Die Ansichten<br />

der Forschung, wann der Ehrenname angenommen wurde, schwanken dabei<br />

traditionell zwischen Sommer 83 und Anfang 84. 296 Der Versuch Braunerts, den<br />

Termin der Annahme des Beinamens durch „mindestens eine Münze, eine Inschrift,<br />

und zwei Papyri<strong>“</strong> bereits vor den 29. August 83 zu datieren, wurde mit guten<br />

290Triumph: Tac. Agr. 39,1; Tac. Germ. 37,6; Plin. Paneg. 11,4; 16,3; Mart. 1,4,3; 6,4,2; Orosius 7,10,4. Verleihung des<br />

Siegesbeinamens: Frontin 1,1,8; Martial 2,2. Eine Zusammenstellung der inschriftlichen Belege zum Germanicus-<br />

Titel findet sich bei Kneißl (1969), S. 186; grundlegend zu Bedeutung und Wandel des Siegerbeinamens in<br />

römischer Kaiserzeit vgl. ebd., S. 20-26; S. 43; S. 181-185; Kienast (1990), S. 39ff.<br />

291Kneißl (1969), S. 43.<br />

292Christ (1957), S. 520. Verschiedene mögliche Bewertungen der militärischen Operationen hat zudem Kneißl (1969),<br />

S. 47ff., überlegt.<br />

293So z.B. Wolters (1989), S. 58.<br />

294Braunert (1953), S. 99.<br />

295Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel 5.4.<br />

296Der ältere Standpunkt ist zusammengefasst bei Braunert (1953), S. 98 Anm. 11; mit Ergänzungen Kneißl (1969), S.<br />

44. Jones (1992), S. 129: Annahme des Titels im Juli / August 83; Strobel (1987a), S. 434, hingegen plädiert für<br />

Herbst 83. Kneißl (1969), S. 48; Perl (1981), S. 571f.; Becker (1992), S. 266f., sprechen sich für den Zeitraum<br />

zwischen Herbst 83 und Anfang 84 aus.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 47


Einwänden gegen die Aussagekraft der herangezogenen Funde zurückgewiesen. 297<br />

Unsicher ist auch der Versuch Theodore Buttreys mithilfe einer Münze aus der<br />

kaiserlichen Prägestätte in Al<strong>ex</strong>andria die Annahme des Titels bereits für „some time<br />

between 9 June 83 (CIL 16.29) and 28 August 83 (Dattari 618)<strong>“</strong> belegen zu<br />

können. 298 In der neuesten Auflage des Kataloges Roman Imperial Coinage sehen die<br />

beiden Herausgeber „so far no epigraphic or verifiable papyrological evidence for the<br />

title in 83.<strong>“</strong> So wird man sich bei der Suche nach einem Termin für die<br />

Ersterwähnung des Titels Germanicus allein auf einen einzelnen Aureus zu stützen<br />

haben, der sich anhand anderer Angaben (TR III) auf den Zeitraum zwischen 14.<br />

September und 31. Dezember 83 datieren lässt. 299<br />

5.2. Der Verlauf des Feldzuges<br />

Die kontroverse Beschäftigung mit Fragen der Datierung des Chattenkrieges und des<br />

Zeitpunktes der Annahme des Siegerbeinamens Germanicus hat die Frage nach den<br />

eigentlichen Ereignissen des Feldzuges stets etwas in den Schatten gestellt. 300 Wie<br />

bereits erwähnt, ist Frontin alleiniger Gewährsmann für verwertbare Nachrichten<br />

über Einzelheiten der Kämpfe, wobei er sie uns gewiss in sparsamster Dosierung<br />

präsentiert. 301<br />

Die Anwesenheit Frontins vor Ort – nach seinen erfolgreichen Feldzügen in<br />

Britannien wird er als „Experte für eine Kriegführung in einem reich gegliederten<br />

und bewaldeten Raume<strong>“</strong> gegolten haben – kann als Indiz für die sorgfältige<br />

Vorbereitung des Kriegszuges durch Domitian und seines consilium interpretiert<br />

werden. 302 Im Kapitel „De occultandis consiliis<strong>“</strong> berichtet Frontin zudem von einem<br />

sorgfältig geplanten Täuschungsmanöver seines Princeps: Domitian habe unter dem<br />

Vorwand, in Gallien einen Census abhalten zu wollen (profectionis suae census<br />

obt<strong>ex</strong>uit Galliarum) seine Truppen gesammelt und sei dann überraschend gegen die,<br />

297Braunert (1953), S. 98; dagegen Kneißl (1969), S. 44ff. Einwände gegen die von Braunert angeführten Münzen<br />

erheben Kraay (1960), S. 112; Buttrey (1980), S. 54f.; Perl (1981), S. 571. Zu den Inschriften und Papyri vgl. Martin<br />

(1987a, S. 7-10, S. 182-187; 1987b, S. 73ff).<br />

298Buttrey (1980), S. 56; die gegen die al<strong>ex</strong>andrinischen Prägungen sprechenden Bedenken finden sich<br />

zusammengefasst bei Kneißl (1983) und Becker (1992), S. 266 Anm. 8. Zu Buttreys Vorschlag vgl. ebd.: „Buttreys<br />

Datierungsvorschlag ist somit zwar nicht ausgeschlossen, zwingend erscheint er jedoch keineswegs.<strong>“</strong> Zu den<br />

al<strong>ex</strong>andrinischen Münzen vgl. grundlegend Vogt (1924).<br />

299RIC II (2007), S. 244 mit Anm. 14. Bei der Münze handelt es sich um RIC II (2007) Dom. 171.<br />

300Southern (1997), S. 82.<br />

301Front. Strat. 1,1,8; 1,3,10; 2,3,23; 2,11,7.<br />

302Strobel (1987a), S. 424.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 48


sich in Rüstungsbemühungen befindenden, Chatten (qui in armis erant)<br />

vorgegangen. 303 Domitian wird hier als ein „Mann von raffinierter Kriegstaktik<strong>“</strong><br />

gezeichnet, der es versteht, geschickt seine Pläne zu tarnen. 304<br />

Die immense Stärke des aufgebotenen Heeres zeugt ebenfalls von umsichtiger<br />

Vorbereitung und zeigt, wie sehr Domitian daran gelegen war, für „seinen<br />

Prestigefeldzug wohl kaum irgendein Risiko<strong>“</strong> einzugehen: 305 Das römische<br />

Berufsheer war mit einer Stärke von rund 30'000 Legionären und einem großen<br />

Kontingent an Hilfstruppen dem hauptsächlich zu Fuß kämpfenden chattischen<br />

Bauernaufgebot nicht nur zahlenmäßig, sondern auch durch Ausbildung und<br />

Bewaffnung weit überlegen. 306 Beteiligt waren die vier obergermanischen Legionen,<br />

zusätzlich noch die Bonner legio XXI Rapax und eine Abordnung der in Britannien<br />

stationierten legio IX Hispana. 307 Unsicher ist hingegen, ob die neuausgehobene<br />

legio I Flavia Minervia bereits am Kampfeinsatz teilnahm, da „die größtenteils aus<br />

Rekruten bestehende Einheit den übrigen Legionen an Kampfkraft kaum<br />

gleichkam.<strong>“</strong> 308<br />

Wie bereits oben erwähnt, nahm Domitian zumindest für einen begrenzten Zeitraum<br />

persönlich am Feldzug teil. Das impliziert natürlich nicht, dass er selbst an vorderster<br />

Front in die Kampfhandlungen involviert war, selbstverständlich hielt er sich als<br />

Oberkommandierender mit seinem consilium im „rückwärtigen Hauptquartier<strong>“</strong> auf<br />

und überließ seinen Legaten die Führung der Truppen im Felde. 309<br />

303Front. Strat. 1,1,8. Southern (1997), S. 80, zieht in Erwägung, dass die oben erwähnte, durch CIL XVI, 28 = ILS<br />

1995 belegte, Entlassung der germanischen Auxiliarkohorten im September 82 Teil dieser Verschleierungstaktik<br />

gewesen sei, „to convey the impression of normality [...], so that gossip could be curtailed and no hint of the<br />

impending attack to leak out.<strong>“</strong> Zu einer angeblichen Kriegsbereitschaft der Chatten, die einen gerechten<br />

Angriffskrieg (bellum iustum) der Römer legitimierte und somit möglicherweise auch erst im Nachhinein konstruiert<br />

worden sein könnte vgl. auch Strobel (1987a), S. 428. Zum Census vgl. Jacques / Scheid (1998), S. 173f.<br />

304Urner (1994), S. 66.<br />

305Strobel (1987a), S. 442.<br />

306Baatz (2002), S. 73. Southern (1997), S. 83, spricht von „about 30.000 legionaries and an unknown number of<br />

auxiliaries<strong>“</strong>. Strobel (1987a), S. 441, geht von einer Gesamtstärke des römischen Heeres „von rund 50.000 oder<br />

vielleicht eher 60.000 Mann<strong>“</strong> aus, vgl. ebd. auch Anm. 124. Zu den in diesem Zusammenhang kontrovers<br />

diskutierten Legionsv<strong>ex</strong>illationen von Mirebeau-sur-Brèze vgl. Southern (1997), S. 83; Strobel (1986b), S. 257-264.<br />

Anschaulich und prägnant wird das römische Militärwesen zusammengefasst bei Fischer (2001), S. 34-49,<br />

ausführlicher vgl. auch Jacques / Scheid (1998), S. 139-172. Zur Kampfesweise und Organisation der Chatten vgl.<br />

Petrikovits (1981); Krause (2002), S. 87f.<br />

307Schönberger (1985), S. 367. Zur von Tac. Agr. 28 überlieferten und oftmals in diesem Kont<strong>ex</strong>t gesehenen<br />

Aushebung einer Usipetenkohorte vgl. Nesselhauf (1952), S. 237 Anm. 3; Becker (1992), S. 279f.<br />

308Becker (1992), S. 273. Ähnlich äußert sich Southern (1997), S. 84.<br />

309Kneißl (1969), S. 48; Bengtson (1979), S. 198. Vgl. hierzu auch die Polemik bei Cass. Dio Hist. Rom. 67,4,1 und<br />

Oros. Hist. adv. Pag. 7,10,3.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 49


310Baatz (2002), S. 72.<br />

311Front. Strat. 1,3,10.<br />

312Front. Strat. 2,3,23.<br />

313Front. Strat. 2,3,23.<br />

Ein paar Worte zu den besonderen topographischen Gegebenheit der Region seien<br />

der Darstellung der Kampfhandlungen vorausgeschickt: Noch heute sind die<br />

hessischen Mittelgebirge alles andere als waldarm, die zeitgenössischen Verhältnisse<br />

und die daraus resultierenden Schwierigkeiten für die römische Kriegsführung fasst<br />

Baatz prägnant zusammen:<br />

„Wer sich die Landschaft jener Zeit vorstellen möchte, muß sich die Wälder [...] weit<br />

umfangreicher und unzugänglicher vorstellen als heute. Erst durch die großen<br />

mittelalterlichen und neuzeitlichen Rodungen ist die heutige, offenere Landschaft<br />

entstanden. [...] Die Siedlungskammern waren durch ausgedehnte Mittelgebirgswälder<br />

voneinander getrennt, und es gab nur wenige einfache Wege und Pfade, die sie verbanden.<br />

Darin lag eine große Schwierigkeit für das römische Heer, dessen taktische Ordnung für den<br />

taktischen Kampf im freien Gelände ausgebildet war.<strong>“</strong> 310<br />

Bei ihrem Vordringen werden die Römer bereits früh von den, sich nach der Notiz<br />

Frontins, bereits in Waffen befindenden Chatten angegriffen worden sein. Frontin<br />

berichtet weiterhin, dass die Chatten – wissend, dass sie einem offenen Kampf mit<br />

den römischen Legionen nicht gewachsen waren – sich einer Entscheidungsschlacht<br />

fortwährend in die Tiefe der Wälder (in profunda silvarum) entzogen und stattdessen<br />

den vorrückenden römischen Marschkolonnen in überraschenden, nadelstichartigen<br />

Überfällen, ganz nach ihrer üblichen Kampfesweise aus den Waldschluchten und<br />

versteckten Schlupfwinkeln heraus (Germani more suo e saltibus et obscuris<br />

latebris), immer wieder zugesetzt hätten. 311 Die Römer werden auf diese<br />

Guerrillataktik der Chatten mit dem Einsatz der Kavallerie reagiert haben, die bei der<br />

Verfolgung der fliehenden Germanen jedoch in die Wälder gezogen wurde (Chatti<br />

equestre proelium in silvas deducerent). 312 Laut Frontin habe es Domitian aber<br />

verstanden, die Ordnung seiner Truppen an die topographischen Gegebenheiten und<br />

die Kampfesweise der Gegner anzupassen, indem er seine Reiterei absitzen und zu<br />

Fuß kämpfen hieß, sobald sie in unwegsames Gebiet kam (iussit suos equites,<br />

simulatque ad impedia ventum esset, equis desilire pedestrique pugna confligere), so<br />

dass seinem Sieg keine Geländeschwierigkeiten mehr im Wege gestanden hätten (ne<br />

quis iam locus victoriam eius moraretur). 313<br />

Domitians erster Chattenkrieg 50


Wenn diese Stelle auch zeigen mag, dass Domitian als Oberbefehlshaber seiner<br />

Truppen fl<strong>ex</strong>ibel auf die naturgegebenen Bedingungen des Kriegsschauplatzes<br />

reagieren konnte, will Becker diese Stelle jedoch nicht zu positiv, d.h. als endgültig<br />

die Kämpfe entscheidend, bewertet wissen: Die weiteren Berichte Frontins wiesen<br />

eindeutig darauf hin, dass es nicht das Absitzen der Reiterei, sondern erst die<br />

grundlegende Änderung der Kriegsführung gewesen sei, welche letztendlich die<br />

Aufgabe der Chatten herbeigeführt habe. 314 Frontin berichtet nämlich, dass Domitan<br />

seinen Soldaten befahl, Schneisen von 120 römischen Meilen Länge (limitibus per<br />

centum vigintia passuum) anzulegen, um das Land besser kontrollieren zu können<br />

und an die Schlupfwinkel der Chatten heranzukommen. 315 In der Forschung haben<br />

diese limites durchaus unterschiedliche Interpretationen provoziert: Der ältere<br />

Standpunkt hat in ihnen oft die Anfänge der späteren Befestigungsanlagen des<br />

obergermanischen Limes im Taunus sehen wollen. 316 Verwirrung gestiftet hat hier,<br />

neben der Mehrdeutigkeit des lateinischen Wortes limes, die im letzten Viertel des<br />

19. Jahrhunderts sich entfaltende Archäologie, die in den frontinschen Mitteilungen<br />

die, durch eine literarische Quelle genannte, Bestätigung ihrer Bodenfunde sehen<br />

wollte. 317 In der Bedeutung „feste Grenzanlage<strong>“</strong> begegnet uns das Wort jedoch erst<br />

bei Tacitus, d.h. mehr als zehn Jahre nach der Veröffentlichung der Strategemata. 318<br />

Die neuere Forschung hat, besonders in der Person Gerhard Perls, mit Nachdruck<br />

darauf hingewiesen, dass die limites bei Frontin die Bedeutung „in Feindesland<br />

geschlagene Bahnen<strong>“</strong> tragen und ist somit der älteren Position entschieden<br />

entgegengetreten, die hier fälschlicherweise zwei verschiedene Sachverhalte<br />

vermischt hatte: 319 „It can only be said that Frontinus' limites and the establishment of<br />

the frontier were two separate concepts, one referring to the course of war and the<br />

other a result of it.<strong>“</strong> 320 Zurückgewiesen wurde auch die teilweise geäußerte Annahme,<br />

es handele sich bei den limites um ein Mittel der operativen Kriegführung, was<br />

implizieren muss, dass „die Anlage einer solchen Schneise relativ relativ rasch<br />

vonstatten ging<strong>“</strong>. 321 Nicht nur spreche das Aufführen dieser Maßnahme unter der<br />

314Becker (1992), S. 281.<br />

315Front. Strat. 1,3,10.<br />

316Dieser ältere Standpunkt ist zusammengefasst bei Perl (1981), S. 565ff. und klingt weiterhin an bei Bengtson<br />

(1979), S. 197; Filtzinger (1986), S. 56; Jones (1992), S. 130.<br />

317Perl (1981), S. 566.<br />

318Vgl. Tac. Agr. 41,2; Tac. Germ. 29,3.<br />

319Zum Limesbegriff vgl. Becker / Schallmayer (2001), S. 403f.<br />

320Southern (1997), S. 85. Ebenso deutlich Becker / Schallmayer (2001), S. 404.<br />

321Strobel (1987a), S. 443f.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 51


Überschrift „De constituendo statu belli<strong>“</strong> – also Maßnahmen, die vor dem Kampf<br />

getroffen werden – hiergegen, sondern wären dieser unglaubwürdigen Vorstellung<br />

nach „die Römer schneller in der Lage gewesen, Schneisen durch den Wald und<br />

unwegsames Gelände anzulegen, als sich die Germanen zurückziehen konnten.<strong>“</strong> 322<br />

Vielmehr haben wir uns die bei Frontin erwähnten limites des Chattenkrieges als<br />

System von überwachten Schneisen vorzustellen, die helfen sollten, die<br />

Kampfesweise zugunsten der Legionen zu verändern (mutavit [...] statum belli),<br />

indem sie die Positionen des Feindes aufdeckten und den römischen Legionären<br />

zugänglich machten. Hierdurch seien die ihrer Verstecke beraubten Chatten endgültig<br />

zur Aufgabe gezwungen worden (subiecit dicioni suae hostes, quorum refugia<br />

nudaverat). 323 Insgesamt war dies allerdings eine Strategie, die, durch die Umstände<br />

gezwungen, auf glorreiche und kriegsentscheidende Feldschlachten verzichtete und<br />

stattdessen sich der länger hinziehenden Anlage von Überwachungs- und<br />

Befestigungssystemen widmete: „Mühselige Arbeitsaufgaben, chattische Überfälle,<br />

jedoch keine größeren Gefechte und auch kaum Beute für die Soldaten.<strong>“</strong> 324<br />

Ob der Feldzug der Römer seinen Abschluss in einem foedus mit den Chatten fand,<br />

in welchem diese ihren Verzicht auf die Wetterau und die Beschränkung auf ihr<br />

ursprüngliches Siedlungsgebiet in Nordhessen erklärten, ist letztendlich nicht zu<br />

klären. 325 Eine „großartige Unterwerfungsszene chattischer Stammesführer<strong>“</strong>, wie<br />

Strobel sie sich ausgemalt hatte, 326 ist zu Recht als pathetisch überzeichnet<br />

zurückgewiesen worden. 327 Mit einer vollständigen militärischen Vernichtung des<br />

Gegners ist nicht zu rechnen, Domitian scheint die Unterlegenen wahrscheinlich<br />

„politisch glimpflich behandelt zu haben, denn sie bleiben militärisch anscheinend<br />

ungeschwächt<strong>“</strong>, wie ihre Beteiligung am Aufstand des germanischen Statthalters<br />

Antonius Saturninus im Winter 88/89 zeigen sollte. 328<br />

322Becker (1992), S. 277.<br />

323Front. Strat. 1,3,10. In den refugia der Chatten sind teilweise die, zur Zeit des Chattenkrieges wahrscheinlich bereits<br />

verlassenen, Ringwälle am Taunus gesehen worden; vgl. hierzu Schönberger (1985), S. 370; Strobel (1987a), S. 444.<br />

Becker (1992), S. 278f., sieht hierin schlicht und einfach die natürlichen Gegebenheiten des Gebietes, die den<br />

Germanen Schutz boten und durch die Anlage von Schneisen durch die römischen Legionäre für sie wertlos wurden.<br />

324Becker (1992), S. 283.<br />

325Dafür Becker (1992), S. 285 mit Anm. 75. Skeptisch hingegen Timpe (2008), S. 191, der die Äußerungen bei Stat.<br />

Silv. 1,1,27; 3,3,168 wegen der Verbindung von Chatten und Dakern eher auf das Jahr 89 bezieht. Zudem hatte<br />

bereits Pichlmayr (1889), S. 23, in Betracht gezogen, dass es sich bei den Äußerungen des Statius um „eine<br />

poetische Hyperbel<strong>“</strong> handeln könnte. Allgemeiner zum römischen Friedensvertrag vgl. Baldus (2002).<br />

326Strobel (1987a), S. 444.<br />

327Becker (1992), S. 274; 285; unterstützend Kehne (1997), S. 280.<br />

328Timpe (2008), S. 191. Vgl. auch den Exkurs zum zweiten Chattenkrieg in Kapitel 7.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 52


5.3. Die Lokalisierung des Feldzuges<br />

Lediglich spekulieren lässt sich ebenfalls über die genaue Lokalisierung des<br />

Feldzuges. In Frontins knappen Notizen sind jedenfalls keine Ortsnamen angegeben<br />

– wahrscheinlich hätten sie ein römisches Publikum auch gar nicht interessiert. 329 Als<br />

Aufmarschbasen für die am Feldzug beteiligten Truppen kommen sehr<br />

wahrscheinlich die vespasianischen Kastellbauten in der Rhein-Main-Region in<br />

Frage. 330 In der Forschung ist insbesondere die Frage kontrovers diskutiert worden,<br />

inwieweit die Römer direkt in das ursprüngliche chattische Siedlungsgebiet in den<br />

Beckenlandschaften um Fulda, Eder und Schwalm im heutigen Nordhessen<br />

vorgestoßen sind. 331 Strobel, der sich in seinem Aufsatz auch eingehend mit dem<br />

Verlauf und der Lokalisierung der Kämpfe beschäftigt hat, hatte angenommen, dass<br />

die Wetterau schon unter Vespasian flächig von den Römern besetzt gewesen sei.<br />

Daher habe man die Kampfhandlungen nicht dort zu lokalisieren, sondern es müsse<br />

das „Ziel eines römischen Angriffes auf den Stammesverband der Chatten [...]<br />

vielmehr in dessen Siedlungsgebieten gesucht werden.<strong>“</strong> 332 Dieser Annahme<br />

widerspricht mit Nachdruck Becker; gerade die endgültige Inbesitznahme und<br />

Sicherung der Wetterau habe ein Ziel des domitianischen Feldzuges dargestellt. 333<br />

Weiterhin argumentiert er mit Zweck und Funktion der von Frontin erwähnten<br />

limites: Man habe zuerst die Wetterau und das Neuwieder Becken vollständig<br />

besetzen und dort fortifikatorische Maßnahmen treffen müssen. Von dort sei man<br />

weiter nach Norden und Nordosten vorgestoßen, „es folgte der Kleinkrieg gegen die<br />

Chatten und die Anlage der limites<strong>“</strong> im Raum zwischen Gießen, Wetzlar und dem<br />

Vogelsberg, der aufgrund seiner Topographie allein für die Anlage der Schneisen in<br />

Frage käme. 334 Nur hier seien die limites vom Gegner nicht zu umgehen gewesen –<br />

jedes weitere Ausgreifen hingegen hätte die Überwachungslinie durch das<br />

Einbeziehen weiterer Waldgebiete unnötig verlängert. Nesselhauf führt weiterhin an,<br />

dass im Falle eines tiefen Vorstoßes nach Nordhessen das Fehlen einer, von<br />

329Southern (1997), S. 84.<br />

330Schallmayer (2000), S. 67.<br />

331Einen archäologischen Exkurs zum Siedlungsgebiet der Chatten bietet Becker (1992), S. 54-86; als Kerngebiet des<br />

Stammes sieht er die Senken um Fritzlar, Kassel und Hofgeismar; gestützt durch vereinzelte Funde könne man<br />

zudem annehmen, dass auch das Gebiet um Eschwege, das Amöneburger Becken und Teile des Lahntales in<br />

Oberhessen zum Einflussgebiet des Stammes gehört haben.<br />

332Strobel (1987a), S. 440.<br />

333Becker (1992), S. 276.<br />

334Ebd., S. 282.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 53


Niedergermanien vorrückenden, zweiten Heeresgruppe nicht zu erklären sei. 335 Vor<br />

dem Hintergrund der Motive Domitians für seinen Feldzug bezweifelt auch Christ<br />

ein weites Ausgreifen nach Nordhessen. Domitian sei es in Germanien ebenso wenig<br />

„um ein Maximum territorialer Ann<strong>ex</strong>ion<strong>“</strong> gegangen wie in Britannien; im<br />

Vordergrund habe vielmehr eine gewisse „Ökonomie der Expansion [gestanden], die<br />

dazu führt, daß nach der Bereinigung der Chattengefahr gleich das ganze<br />

germanische Problem für gelöst erklärt wurde.<strong>“</strong> 336 Und tatsächlich wurden im<br />

Chattenkrieg, gemessen am eigentlich weiter gefassten Germanienbegriff, keine<br />

großen Gebietsgewinne erzielt: Das in territorialer Hinsicht greifbare Ergebnis des<br />

ersten domitianischen Chattenkrieges wird sich auf die Arrondierung und endgültige<br />

Sicherung der römischen Positionen in der fruchtbaren und strategisch wichtigen<br />

Wetterau beschränkt haben. 337<br />

5.4. Die Motive Domitians<br />

In den schriftlichen antiken Quellen ebenfalls nicht überliefert sind die Gründe, die<br />

Domitian zu dem militärischen Vorgehen gegen die Chatten veranlasst haben.<br />

Vielmehr liefern diese Quellen auf den ersten Blick widersprüchliche Aussagen:<br />

Nach Sueton habe Domitian den Feldzug aus eigenem Antrieb (sponte), also im<br />

Gegensatz zu den Kämpfen an der unteren Donau ohne zwingende militärische<br />

Notwendigkeit begonnen. 338 Der Bericht Frontins hingegen erwähnt, dass die Chatten<br />

bereits in Waffen (in armis) gestanden hätten, Domitian weiteren Kriegsrüstungen<br />

habe zuvorkommen wollen und auf diese Bedrohung hin einen Präventivkrieg<br />

initiiert habe. 339 Eine mögliche drohende Haltung des Stammes und damit<br />

verbundene Kriegsvorbereitungen dürften aber lediglich Anlass und nicht Ursache<br />

des militärischen Engagements Domitians gewesen sein; die tieferen Motive hat man<br />

wohl in der römischen Innenpolitik zu suchen. 340<br />

335Nesselhauf (1960), S. 163; ebenso Schönberger (1985), S. 369f. Vgl. auch Wolters (2008), S. 87.<br />

336Christ (1983c), S. 96. Vgl. auch Christ (1995), S. 270; zu den Motiven Domitians vgl. Kapitel 5.4.<br />

337Wolters (2008), S. 90.<br />

338Suet. Dom. 6,1.<br />

339Front. Strat. 1,1,8.<br />

340Insgesamt ist dies als ein Ertrag der neueren Forschung zu bezeichnen: vgl. Christ (1957), S. 519f.; Nesselhauf<br />

(1960), S. 162f.; Kneißl (1969), S. 48f.; Christ (1983c), S. 92; Schönberger (1985), S. 369; Strobel (1987a), S. 427f.;<br />

Becker (1992), S. 268f.; Wolters (2000), S. 58f.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 54


Bis zu seiner Thronbesteigung hatte Domitian gewissermaßen im Schatten seines<br />

Bruders Titus gestanden, den Sueton gar als Freude und Liebling des<br />

Menschengeschlechtes (amor ac deliciae generis humani) bezeichnet hat. 341 Im<br />

Gegensatz zu Titus konnte der um zwölf Jahre jüngere Domitian bei seiner<br />

Thronbesteigung nur geringe militärische Erfahrung und schon gar nicht einen Erfolg<br />

wie den öffentlich groß herausgestellten Triumph über Judäa im Jahre 71<br />

vorweisen. 342 Einem eigenmächtigen militärischen Vorgehen Domitians in<br />

Germanien und Gallien zur Zeit des Bürgerkrieges unterstellt Sueton die alleinige<br />

Absicht, dem Bruder an Würde gleichzuziehen (tantum ut fratri se et opibus et<br />

dignatione adaequaret); dieses war aber von Vespasian sanktioniert worden. 343 Der<br />

Biograph berichtet, dass Domitian in der Folge in der Öffentlichkeit in einer Sänfte<br />

dem Tragesessel Vespasians zu folgen hatte, den großartigen Triumph seines älteren<br />

Bruders durfte er lediglich auf einem Schimmel reitend begleiten (una sellamque<br />

eius ac fratris, quotiens prodirent, lectica sequebatur ac triumphum utriusque<br />

Iudaicum equo albo comitatus est.) 344<br />

Ostentativ hatte Vespasian von Beginn seiner Herrschaft an Titus als seinen<br />

Mitregenten und Nachfolger (consors et successor) 345 an seine Seite gestellt, im<br />

Gegensatz zu seinem jüngeren Bruder erhielt dieser den Titel imperator. 346 In<br />

Abwesenheit von Vater und Bruder war Domitian nach der Besiegung der Vitellianer<br />

zum Caesar ausgerufen worden, praetor urbanus consulari potestate und somit für<br />

kurze Zeit der höchste Repräsentant der kaiserlichen Familie in Rom gewesen – die<br />

faktische Macht in dieser Zeit hatte jedoch bei Licinius Mucianus gelegen. 347 Bei der<br />

Rückkehr Vespasians nach Rom musste Domitian aber wieder „ins zweite Glied<br />

341Suet. Tit. 1,1. Suet. Dom. 1,1 berichtet, dass Domitian seine Jugend in ärmlichen Umständen verbracht habe;<br />

dagegen Jones (1992), S. 1: „The family's 'poverty' is a myth.<strong>“</strong> Suet. Vesp. 25, mag darauf verweisen, dass Domitian<br />

trotz aller Zurücksetzung dennoch Teil der dynastischen Pläne Vespasians gewesen sein wird; vgl. auch Eck (1997),<br />

Sp. 746; Pfeiffer (2009), S. 32ff.<br />

342Vgl. Suet. Vesp. 8,1; Tit. 6,1. Sueton beschreibt in mehreren Episoden die Eifersucht Domitians auf Titus, welcher<br />

seinem jüngeren Bruder trotz der ständigen Intrigen ausschließlich gönnerhaft gewogen gewesen sei, vgl. Suet.<br />

Dom. 2; 13,1; Tit. 9,3. Über die Ermordung des Titus durch Domitian ist in der antiken Literatur spekuliert worden<br />

(Aur. Vict. Caes. 11,1; vgl. auch Cassius Dio, 66, 26, 2f.), eindeutig zu beweisen sein werden diese<br />

Anschuldigungen freilich nicht. Vgl. auch Pfeiffer (2009), S. 55: „Die Forschung geht trotz dieser Schilderungen der<br />

antiken Historiker davon aus, dass es nicht zu allzu großen Spannungen zwischen Titus und Domitian gekommen sei<br />

und die beiden sich eher mit gegenseitiger Ignoranz begegneten.<strong>“</strong> Zum Verhältnis der beiden Söhne des Vespasian<br />

vgl. auch Jones (1984), S. 117-120; Bengtson (1979), S. 160ff.<br />

343Suet. Dom. 2,1.<br />

344Suet. Dom. 2,1.<br />

345Vgl. Suet. Tit. 9.<br />

346Suet. Tit. 6. Skeptisch Bengtson (1979), S. 156f.<br />

347Suet. Dom. 1,2-2,1; Tac. Hist. 4,39,2, vgl. auch Tac. Hist. 3,86,3 und Jones (1992), S. 14f.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 55


zurücktreten<strong>“</strong>: 348 Zwar wurde er zum princeps iuventutis 349 ernannt und erhielt<br />

insgesamt sechs Konsulate, die Übernahme ernsthafter militärischer und politischer<br />

Aufgaben wurde ihm aber auch in Zukunft vorenthalten. 350 Mit dem militärischen<br />

Kommando in Germanien während des Bataveraufstandes wurden stattdessen<br />

Petillius Cerialis und Annius Gallus betraut 351 und auch Domitians Bemühungen um<br />

ein Kommando gegen den Partherkönig Vologaeses wurden von Vespasian nicht<br />

aufgenommen. 352<br />

Somit wird man in Domitians „burning desire for military glory<strong>“</strong> einen Schlüssel<br />

zum Verständnis seines militärischen Engagements in Germanien sehen müssen. 353<br />

Welch grundlegende Wichtigkeit dem Nachweis der Befähigung zum Feldherr<br />

(virtus imperatoria) zugemessen wurde, hatten schon die, im Nachhinein so<br />

verlachten, militärischen Operationen des Caligula im Norden des Reiches und der<br />

Feldzug des Claudius gegen Britannien gezeigt: 354<br />

„Der Nachweis seiner virtus imperatoria war für den Princeps nicht bloß ein zusätzliches<br />

Propagandaelement, sondern in ihr lag letztendlich der Anspruch auf den ausschließlichen<br />

Oberbefehl über das Heer begründet. Die Kontrolle über die Armee war ein <strong>ex</strong>istenzieller<br />

Bestandteil des römischen Kaisertums, als sich dieses Band in der Spätantike lockerte, war<br />

das der Anfang vom Ende des weströmischen Reiches.<strong>“</strong> 355<br />

Die, noch vor dem endgültigen Abschluss der Kampfhandlungen in penetrantester<br />

Weise einsetzende, Inszenierung des Princeps als domitor Germaniae mag die<br />

Überlegung, dass das Unternehmen gegen die Chatten ganz im Dienste der<br />

angestrebten Herrschaftslegitimation stand, am deutlichsten stützen. 356 Insgesamt<br />

348Pfeiffer (2009), S. 54.<br />

349Numismatische Belege: RIC II (2007), Vesp. 662; 719; 835; 931; 1029; 1052; 1102; Dom. 292.<br />

350Zu Vespasian und Titus vgl. Pfeiffer (2009), S. 32f. Suet. Dom. 2,3 berichtet, dass Domitian nach dem Tode seines<br />

Vaters mit dem Gedanken gespielt hätte, die Soldaten durch ein doppeltes Donativ auf seine Seite zu ziehen, was<br />

einem Staatsstreich gleichgekommen wäre. Zur offiziellen Stellung der beiden Brüder während der Herrschaft<br />

Vespasians vgl. Weynand (1909), Sp. 2546-2549; Urban (1971), S. 84-128; Christ (1983a), S. 4ff.; Levick (1999), S.<br />

184-195.<br />

351Tac. Hist. 4,68.<br />

352Suet. Dom. 2,2.<br />

353Southern (1997), S. 85. Vgl. auch Strobel (1987a), S. 427; Wolters (2008), S. 91. Beinahe unerträglich<br />

psychologisierend bei Bengtson (1979), S. 247ff.<br />

354Die Überlieferung des Feldzuges des Caligula ist völlig verzerrt; Hauptquellen hierfür: Suet. Cal. 43-47; 51,2f.;<br />

Cass. Dio Hist. Rom. 59,21,1-3; vgl. auch Wolters (1989), S. 46ff.; Becker (1992), S. 224ff.; Winterling (2003), S.<br />

103ff. Für den Britannienzug des Claudius vgl. Suet. Claud. 17; Tac. Ann. 11,19f. Zur Wichtigkeit militärischer<br />

Sieghaftigkeit des Kaisers vgl. grundlegend Kneißl (1969), S. 20-26.<br />

355Becker (1992), S. 270.<br />

356Wolters (2008), S. 90.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 56


kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass Domitian „sich von allem<br />

Anfang an bewußt und konsequent den germanischen Raum zum Schauplatz seines<br />

Wirkens ausersehen hat [...], [als] das Feld der Bewährung und Leistung, Ort seiner<br />

Siege und seiner Herrschaftsqualifikation.<strong>“</strong> 357<br />

Wenn man Domitian als hauptsächliches Motiv für den Chattenfeldzug<br />

innenpolitisches Kalkül in Rechnung stellen muss, so dürfen dennoch auch durchaus<br />

ernsthafte außenpolitische Motive nicht außer Acht gelassen werden. 358 Die Wahl des<br />

Gegners, mit dessen Bekämpfung er seine noch junge Regierung durch den noch<br />

ausstehenden Beweis seiner virtus imperatoria zu legitimieren suchte, war weder<br />

eine zufällige noch eine schlechte. Ganz im Gegenteil zeugt sie von sorgfältiger<br />

Überlegung und Planung: Wenn man auch in Betracht ziehen muss, dass die von<br />

Frontin angesprochene Kriegsbereitschaft der Chatten im Nachhinein als<br />

Legitimation für ein bellum iustum konstruiert worden sein könnte, 359 darf diese vor<br />

dem Hintergrund der wechselseitigen Beziehungen der vergangenen Jahrzehnte als<br />

nicht allzu unwahrscheinlich erscheinen. Eine mögliche feindliche Haltung der<br />

Chatten könnte als Reaktion auf das sukzessive Vordringen der Römer in der<br />

Wetterau hervorgerufen worden sein, welche der eigentlich im heutigen Nordhessen<br />

siedelnde Stamm zu seiner Einflusssphäre gezählt haben könnte. Zu diesem<br />

Zeitpunkt stellten die Chatten den einzigen ernstzunehmenden Gegner Roms an der<br />

Grenze zu Germanien dar, 360 wenn man auch im selbem Atemzug sagen muss, dass<br />

die Bedrohung für die generelle römische Herrschaft in der Region realistischerweise<br />

als nicht zu hoch angesetzt werden darf. 361<br />

357Christ (1957), S. 520. Zur Legitimation Vespasians durch militärische Sieghaftigkeit vgl. Pfeiffer (2009), S. 19.<br />

358So geschehen z.B. bei Wolters (2008), S. 90, der die Frontinsche Nachricht über die Rüstungen der Chatten allzu<br />

leichtfertig außen vor lässt: „Eine gesteigerte sicherheitsrelevante Erfordernis für diesen Krieg ist nicht erkennbar.<strong>“</strong><br />

Die römische Initiative betonen weiterhin: Beulé (1875), S. 131; Gsell (1894), 176; Mommsen (1885), S. 140;<br />

Asbach (1884), S. 5; Schiller (1883), S. 525; Grant (1987), S. 300; Wolters (1989), S. 57; Jones (1992), S. 131;<br />

Urner (1994), S. 65; Schallmayer (2000), S. 67; Becker / Schallmayer (2001), S. 418; Bechert (2003), S. 128; Timpe<br />

(2008), S. 180. Den präventiven Charakter streichen hingegen hervor: Birt (1922), S. 261; Vieze (1902), S. 6; Kraus<br />

(1876), S. 16; Henderson (1927), S. 98; Braunert (1953), S. 101; Kneißl (1969), S. 49; Garzetti (1974), S. 286;<br />

Bengtson (1979), S. 197; Perl (1981), S. 573; Southern (1997), S. 79f.; Baatz (2002), S. 71f. Insgesamt ist<br />

festzustellen, dass der Kaiser in der neueren Literatur weniger durch emotionalen Ehrgeiz gelenkt als durch rationale<br />

Überlegungen bei der Aufnahme des Krieges erscheint, was in der älteren Literatur eher die Ausnahme gewesen war.<br />

359Strobel (1987a), S. 428. Mit dem ebenfalls bei Front. Strat. 1,1,8 genannten Motiv, der Kaiser sei um das Wohl und<br />

die Sicherheit der Provinzen besorgt, habe man zudem ein „stets wiederkehrendes Standardmotiv offizieller<br />

römischer Kriegspropaganda gewählt.<strong>“</strong><br />

360Becker (1992), S. 79, konstatiert, dass sich die, aus den schriftlichen Quellen sich ergebende, starke politische<br />

Aktivität der Chatten in der zweiten Hälfte des 1. nachchristlichen Jahrhunderts in den Bodenfunden nicht<br />

abzeichne.<br />

361Witschel (1997), S. 100.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 57


Im Jahre 50 nach Christus hatten die Chatten einen scheinbar groß angelegten<br />

Raubzug gegen die römischen Positionen in der Wetterau unternommen 362 und auch<br />

im Bataveraufstand hatten sie – wenn auch nur als „Trittbrettfahrer<strong>“</strong> – ihre Stärke<br />

und Romfeindlichkeit bei der Belagerung von Mainz demonstriert. 363 Tacitus<br />

schildert sie wenige Jahre nach dem Chattenkrieg Domitians als schlagkräftigen<br />

Verband, dessen Disziplin nur mit der Romana disciplina vergleichbar sei und dem<br />

man größere militärische Operation durchaus zutrauen mochte: Andere Stämme sehe<br />

man in die Schlacht ziehen, die Chatten hingegen in einen Krieg (alios ad proelium<br />

ire videas, Chattos ad bellum). 364<br />

Insgesamt darf man also konstatieren, dass Domitians Feldzug gegen die Chatten<br />

zwar in der Hauptsache als ein durch innenpolitische Erfordernisse motivierter<br />

Angriffskrieg interpretiert werden muss; ein unnötig vom Zaun gebrochener Krieg<br />

war er angesichts der Bedrohung der römischen Positionen in der Region durch die<br />

Chatten aber ebenso wenig wie ein „bloßer Präventivkrieg gegen eine kurzfristige<br />

Bedrohung<strong>“</strong>. 365 So ließen sich die literarischen Mitteilungen eines Sueton und eines<br />

Frontin im Wesentlichen in Einklang bringen: Im Gegensatz zum Dakerkrieg sei der<br />

Chattenfeldzug ohne Zwang geführt worden, 366 aber angesichts der sich in<br />

Rüstungsbemühungen befindlichen Chatten sei der Wunsch des Princeps, diese<br />

militärisch niederwerfen zu wollen (vellet opprimere) auch nicht ohne<br />

nachvollziehbaren Grund geblieben. 367<br />

5.5. Siegespropaganda und Ehrungen für Domitian<br />

Eng verknüpft mit den kriegerischen Ereignissen in Germanien und der eben<br />

besprochenen Motivation des Princeps ist die völlig überschwängliche Propaganda,<br />

362Tac. Ann. 12,27,2-28,2.<br />

363Wolters (2008), S. 88f. Vgl. Tac. Hist. 4,39,3.<br />

364Tac. Germ. 30,3. Dieser Hinweis führt Southern (1997), S. 82, zu ihrer Einschätzung des militärischen Potentials der<br />

Chatten: „All in all they were not a tribe to be dismissed lightly on the doorstep of Roman territory.<strong>“</strong> Die Frage ist<br />

dabei allerdings, inwieweit das taciteische Germanenbild zu diesem Zeitpunkt noch aktuell gewesen sein mag und<br />

inwiefern er mit der genüsslichen Schilderung der ungebrochenen Kampfkraft des Stammes eine politische Aussage<br />

verfolgte. Trotz all dieser Schwierigkeiten bei der Interpretation dieser Stelle wird man dennoch in den Chatten den<br />

militärisch schlagkräftigsten Gegner Roms in der Region zu sehen haben.<br />

365Becker (1992), S. 271. Diese ausgewogene Bewertung findet sich auch bei Christ (1957), S. 519ff.; Nesselhauf<br />

(1960), S. 163; Christ (1983a), S. 96; Schönberger (1985), S. 369; Witschel (1997), S. 100.<br />

366Suet. Dom. 6,1.<br />

367Front. Strat. 1,1,8.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 58


mit der Domitian sich als Germaniensieger feiern ließ. Die öffentliche<br />

Herausstellung des Sieges über die Germanen erreichte ein bisher nicht gekanntes<br />

Ausmaß: „Nie zuvor ist ein römischer Sieg über Barbaren mit größerem Gepränge<br />

und mächtigerem Pathos gefeiert worden als der Germanienkrieg Domitians. [...]<br />

Man kann sich diese Propaganda nicht laut und aufdringlich genug vorstellen.<strong>“</strong> 368<br />

Wie bereits erwähnt, wartete der Princeps nicht den vollständigen Abschluss der<br />

Kampfhandlungen ab, sondern zog bereits im Sommer 83, „als der Krieg selbst kaum<br />

über sein Anfangsstadium hinausgekommen war<strong>“</strong>, nach Rom und hielt dort einen<br />

Triumph ab. 369 Die Hoffnung auf einen schnellen und vollständigen Sieg hatte sich<br />

angesichts der Geländeschwierigkeiten und der Kampfweise des Gegners nicht<br />

erfüllen können, dennoch schien aufgrund der generellen Überlegenheit ein<br />

endgültiger Erfolg der Römer nicht in Frage gestanden zu haben. 370<br />

Mit der Annahme des Siegerbeinamens Germanicus hatte zum ersten Mal ein<br />

Princeps diesen Titel nicht geerbt, sondern aufgrund militärischer Erfolge selbst für<br />

sich beansprucht; 371 Drusus war derselbe Siegesbeiname aufgrund seiner<br />

militärischen Verdienste erst posthum verliehen worden, sein Sohn Germanicus hatte<br />

ihn dann geerbt. 372 Domitian konnte für seine Propaganda somit einen in römischen<br />

Ohren wohlklingenden Namen aufgreifen und zudem den Eindruck erwecken,<br />

persönlich das Germanienproblem gelöst zu haben. 373 Für ihn wurde das Cognomen<br />

zudem zu einem integralen Bestandteil der Titulatur, 374 fortan sollte der<br />

Siegerbeiname, der den militärischen Erfolg aufs engste mit der Person des Princeps<br />

verknüpfte, „zum wesentlichen Element kaiserlicher Propaganda<strong>“</strong> werden. 375<br />

Mit der Verleihung des Ehrenbeinamens war die Zuerkennung eines Triumphzuges in<br />

368Nesselhauf (1952), S. 231f.<br />

369Wolters (2008), S. 90. Vgl. Mart. Epigr. 1,4,3; 6,4,2; Tac. Agr. 39,1; Cass. Dio Hist. Rom., 67, 4; Suet. Dom. 6,1<br />

erwähnt lediglich den Doppeltriumph über Chatten und Daker von 89.<br />

370Baatz (2002), S. 73.<br />

371Southern (1997), S. 82: „a revolutionary concept<strong>“</strong>; Kneißl (1969), S. 50, bezweifelt mit Hinweis auf das angeblich<br />

gespannte Verhältnis zum Senat einen förmlichen Beschluss des Gremiums zur Annahme des Siegertitels. Walser<br />

(1968), S. 452 mit Anm. 22, hingegen stützt sich auf die bereits von Gsell (1894), S. 223, geäußerte Ansicht, dass<br />

ein Senatsbeschluss die Annahme des Titels unmittelbar bedinge: „Es ist nicht wahrscheinlich, daß der in<br />

staatsrechtlichen Dingen <strong>ex</strong>akte Kaiser die alte Regel: imperatorische Akklamationen durch das Heer,<br />

Ehrenbeschlüsse durch den Senat, verletzt haben soll. [...] Eine Annahme des Cognomens ohne ausführliche<br />

rhetorische Vorbereitung im Senat scheint mir ausgeschlossen, ebenso der Senatsbeschluß in absentia des Kaisers.<strong>“</strong><br />

372Suet. Claud. 1.<br />

373Strobel (1987a), S. 433.<br />

374 Kneißl (1969), S. 53, hält fest, dass für die Herrscher der julisch-claudischen Dynastie der Titel noch keine so<br />

wichtige Bedeutung gehabt habe und daher vielfach weggelassen wurde; Domitian hingegen habe diesen Titel seit<br />

der Annahme auf allen offiziellen Inschriften und in allen Münztitulaturen geführt.<br />

375Kneißl (1969), S. 43.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 59


Rom durch den Senat unmittelbar verbunden. 376 Ein ganzes „Paket<strong>“</strong> an weiteren<br />

Ehrungen für Domitian folgten: Der Senat gewährte ihm die Begleitung von 24<br />

Liktoren und dekretierte, dass Domitian in der purpurnen Triumphaltoga zu<br />

Senatssitzungen erscheinen dürfe; ferner wurde er für zehn Amtsperioden zum<br />

Consul designiert und erhielt im Laufe des Jahres die Zensur auf Lebenszeit (censor<br />

perpetuus), wodurch er das Recht erhielt, Senatoren zu ernennen und zu entlassen. 377<br />

Alle diese Ehrungen wurden wahrscheinlich nach der Rückkehr des Kaiser in die<br />

Hauptstadt, also wahrscheinlich im Herbst 83, oder aber spätestens zu Beginn des<br />

Jahres 84 stattgefunden haben. 378 Zwar naheliegend, aber letztlich nicht geklärt ist, ob<br />

die Erhöhung des Soldes um ein Drittel des vorher üblichen Betrages mit dem<br />

Triumph zeitlich zusammenfällt. 379<br />

Ferner wurde beschlossen, dass, angelehnt an die Vorbilder Caesar und Augustus,<br />

der Monat der Thronbesteigung Domitians in Germanicus und der Monat seiner<br />

Geburt in Domitianus umzubenennen sei (Germanici cognomine assumpto<br />

Septembrem mensem et Octobrem <strong>ex</strong> appellationibus suis Germanico<br />

Domitianumque transnominavit, quod altero suscepisset imperium, altero natus<br />

esset). 380 Aufgrund der Mitteilung Suetons, dass diese Umbenennung nach Domitians<br />

zwei Triumphen (post [...] duos triumphos) erfolgte, 381 hat Eck diese ins Jahr des<br />

Triumphes über die Daker, also ins Jahr 86, datiert. 382 Perl hingegen bezieht sich auf<br />

das erstmalige Auftauchen der neuen Monatsbezeichnungen in inschriftlichen<br />

Belegen und hat daher das Ereignis in das Jahr 89 gesetzt, das zugleich das Jahr des<br />

zweiten Chattentriumphes war. 383<br />

376Southern (1997), S. 81. Die Voraussetzungen für einen Triumph waren neben einem bellum iustum mindestens 5000<br />

getötete Feinde in einem außenpolitischen Konflikt, wenn auch dahingestellt sei, wie diese Zahl zu kontrollieren<br />

sein mag. Sowohl Künzl (1988), S. 30, als auch Eder (2002), S. 837 weisen darauf hin, dass im Regelfall die<br />

Genehmigung des Senates vonnöten war, der auch die Gelder für den Triumphzug bewilligte.<br />

377Cass. Dio Hist. Rom. 4,3; Weynand (1909), Sp. 2559. Nach Suet. Dom. 13,3 habe Domitian die Konsulate aber nur<br />

symbolisch bekleidet, viele nur bis Anfang Mai, die meisten aber lediglich bis zum 13. Januar. Zu den<br />

numismatischen Belegen des Titels censor perpetuus vgl. RIC II (2007), S. 247f.<br />

378Zur Datierung ließe sich die Nachricht bei Tac. Agr. 39,1 heranziehen, dass Domitian die Meldung des Sieges am<br />

Mons Graupius nach seinem kürzlich abgehaltenen (nuper) Triumph erreicht habe. Strobel (1987a), S. 434, und<br />

Walser (1968), S. 455, sprechen sich für Herbst 83 aus; Kneißl (1969), S. 48, und Perl (1981), S. 572, gehen eher<br />

von Ende 83 oder Anfang 84 aus. Vgl. auch Southern (1997), S. 83.<br />

379Suet. Dom. 7,3; Cass. Dio. Hist. Rom. 67,3,5. Zur Datierung zusammenfassend bei Jones (1992), S. 224 Anm.31.<br />

Southern (1997), S. 81: „[...] the two [Triumph und Solderhöhung] were not necessarily contemporaneous.<strong>“</strong><br />

380Suet. Dom. 13,3; Cass. Dio Hist. Rom. 67, 4, 4 nennt nur die Umbenennung des Monats Oktober; Mart. Epigr. 4,1;<br />

Aur. Vic. Caes. 11,3; Epit. de Caes. 11,2; als inschriftliche Belege CIL XI 5745; CIL XVI 39. Die Umbenennung des<br />

Monats September zeigt zudem, dass die von Caligula zu Ehren seines Vaters durchgeführte Umbennunng desselben<br />

Monats in Germanicus seine Regierungszeit nicht überlebt hat (vgl. Suet. Cal. 15,2).<br />

381Suet. Dom. 13,3.<br />

382Eck (1997), Sp. 747, ebenso Kienast (1990), S. 115.<br />

383Perl (1981), S. 572 mit Anm. 52; auf Papyri erscheint die Monatsumnennung bereits im Herbst 88, vgl. Martin<br />

Domitians erster Chattenkrieg 60


Auch architektonisch wurde der Princeps als Bezwinger der Germanen in Szene<br />

gesetzt. An verschiedenen Stellen des Imperiums wurden Ehrenbögen und<br />

Siegesmonumente errichtet. 384 In der Mitte des Forum Romanum, dem wichtigsten<br />

öffentlichen Platz der Stadt und zugleich „von jeher Repräsentationsplatz der res<br />

publica<strong>“</strong>, 385 wurde wohl im Jahre 92 ein monumentales Bronzestandbild (equus<br />

Domitiani) errichtet, das den reitenden Princeps über dem am Boden liegenden<br />

personifizierten Rhein zeigt. 386 Dieses Reiterstandbild ist heute nicht mehr erhalten,<br />

das Fundament ist jedoch archäologisch erschlossen worden und sein Aussehen lässt<br />

sich aus einem Lobgedicht des Dichters Statius rekonstruieren. 387<br />

Ferner kündete eine reiche Münzprägung, die „in seltener Eindrücklichkeit<strong>“</strong> bewusst<br />

und sehr eindeutig Motive aufgriff, die Vespasian nach seinem Sieg in Judäa<br />

herausgegeben hatte, 388 von einem großen Sieg Domitians über die Germanen. 389<br />

Dieser Germanensieg sollte für seine gesamte Herrschaftszeit ein wichtiges Thema<br />

der Münzprägung bleiben, das mit einer kurzen Verzögerung auch von der<br />

kaiserlichen Münzprägestätte in Al<strong>ex</strong>andria aufgegriffen wurde. 390 Es dominieren die<br />

trauernde Germania auf zerbrochenem Speer, 391 Darstellungen gefesselter<br />

germanischer Kriegsgefangener 392 und auch der Princeps selbst, der, auf einem Pferd<br />

(1987a), S. 9 Anm. 36. Weynand (1909), Sp. 2559, datierte dieses Ereignis mittels einer Mitteilung des Eusebius in<br />

den Zeitraum von Oktober 86-September 87.<br />

384Vogt (1924), S. 50, geht aufgrund einer Darstellung auf einer Münze aus Ägypten davon aus, dass auch in<br />

Al<strong>ex</strong>andria ein Triumphbogen gestanden habe, „denn der römische Bogen zeigt eine ganz andere Bauart<strong>“</strong> als der auf<br />

der al<strong>ex</strong>andrinischen Münze abgebildete. Die Fundamente eines gegenüber von Mainz auf der rechten Rheinseite<br />

errichteten Triumphbogens für Domitian kamen 1986 zu Tage, vgl. Archäologisches Korrespondenzblatt 19 (1989),<br />

S. 69-84.<br />

385Klodt (1998), S. 22.<br />

386Ebd., S. 22. Zur Einordnung der zeitgenössischen politischen Bedeutung der Monumentalstatue vgl. ebd., S. 22-37.<br />

Man mag diesen Eingriff in die bauliche Gestaltung des Forum Romanum als Beleg dafür anführen, wie wenig Wert<br />

Domitian darauf legte, Rücksicht auf republikanische Traditionen zu nehmen; vgl. besonders S. 28: „Die Aussage<br />

der Neugestaltung des Forum Romanum durch Domitian ist klar. Domitian durchbrach das Konzept des Augustus<br />

und seiner Nachfolger, die zumindest dem Schein nach die Traditionen der Republik respektiert hatten. Er machte<br />

durch die aufdringliche Dokumentation seines Alleinherrschertums mitten auf dem uralten Zentrum<br />

republikanischen Selbstverständnisses dieses als Ganzes zum kaiserlichen Repräsentationsmonument; die<br />

ehrwürdigen Heiligtümer, Basiliken und das Senatshaus degradierte er zur Kulisse.<strong>“</strong><br />

387Stat. Silvae 1,1; vgl. Pfeiffer (2009), S. 64. Scheithauer (2000), S. 149ff., betont, dass Statius mit seiner<br />

Beschreibung des Standbildes neben des sieghaften militärischen Image des Princeps zugleich sehr treffend den<br />

Aspekt seiner Göttlichkeit eingefangen habe.<br />

388Vgl. RIC II (2007), Vesp. 51; 59; 68; 81; 134; 159-169; 233-236; 271; 303-308; 375-375; 422; 495; 562; 1115;<br />

1117; 1119; 1134; 1179; 1181; 1204-1205; 1245-1246; 1268; 1315; 1332; 1535-1536. Zudem ebd., Tit. 57; 133;<br />

149-153; 369.<br />

389Wolters (2008), S. 90; grundlegend weiterhin auch ders. (1989), S. 56ff.<br />

390Vogt (1924), S. 50.<br />

391RIC II (2007), Dom. 201; 325-326; 330-331; 340-341; 346-347; 394; 432; 442; 449; 461; 513; 522; 560; 586-7;<br />

699; 747; 781-782.<br />

392RIC II (2007), Dom. 202; 274; 295; 351; 397; 463.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 61


eitend dargestellt, einen stürzenden Germanen niedersticht. 393 An die Stelle der<br />

vespasianischen Legende „IUDEA CAPTA<strong>“</strong> trat nun analog die „GERMANIA<br />

CAPTA<strong>“</strong>, die für jedermann sichtbar den Anspruch propagieren sollte, dass<br />

Germanien endgültig besiegt worden sei. 394 Dieses bewusste Aufgreifen der bei<br />

Vespasian und Titus verwendeten Inszenierung der militärischen Sieghaftigkeit zur<br />

Herrschaftslegitimation muss zu der Feststellung führen, dass Domitians<br />

Münzprägung „in einer festen Tradition stand und einem bestimmten Vorbild folgte.<br />

Bis in die Auswahl der Münztypen hinein lehnte er sich an die Verkündung des<br />

Sieges über Judea durch Vespasian und Titus an.<strong>“</strong> 395<br />

5.6. Die Gründung der beiden germanischen Provinzen<br />

In Zusammenhang mit den militärischen Aktivitäten Domitians in Germanien steht<br />

auch die Umwandlung der unter Augustus eingerichteten germanischen<br />

Heeresbezirke (<strong>ex</strong>ercitus superior und <strong>ex</strong>ercitus inferior), die gleichsam symbolisch<br />

seit „beinahe einem Jahrhundert in einem gänzlich unüblichen Provisorium<strong>“</strong><br />

geblieben waren, in die kaiserlichen Provinzen Germania superior und Germania<br />

inferior. 396 Dieses Faktum selbst ist in den Quellen nicht direkt belegt, sondern kann<br />

nur mithilfe epigraphischer Zeugnisse und allgemeiner Überlegungen erschlossen<br />

werden: Zwei Militärdiplome, in denen der Name der Provinz noch nicht bzw. schon<br />

genannt wird, legen als terminus post quem den 20. September 82 397 und als terminus<br />

ante quem den Oktober 90 fest. 398 Zwei mögliche Termine, die als Anlass für eine<br />

Umwandlung der <strong>ex</strong>ercitus in Provinzen naheliegen, sind einerseits das Ende des<br />

ersten Chattenkrieges (84/85) und andererseits die Niederwerfung des Saturninus-<br />

Aufstandes (89). 399<br />

Karl Christ hat die im Jahre 85 voll einsetzende Münzprägung der „GERMANIA<br />

CAPTA<strong>“</strong>-Typen als klares Indiz für die „endgültige Ordnung der germanischen<br />

393RIC II (2007), Dom. 205. Vgl. die auffallende Ähnlichkeit mit einer Prägung Vespasians, die Titus in ähnlicher Pose<br />

darstellt: RIC II (2007), Vesp. 564.<br />

394RIC II (2007), Dom. 274; 351; 397; 463; 525; 632.<br />

395Wolters (1989), S. 62.<br />

396Ders. (2000), S. 60.<br />

397CIL XVI 28: „et sunt in Germania sub Q(uinto) Corellio Rufo<strong>“</strong>.<br />

398CIL XVI 36: „quae sunt in Germania superiore sub L(ucio) Iavoleno Prisco<strong>“</strong>.<br />

399Becker (1992), S. 299. Vgl. zu Letzterem auch Kapitel 7.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 62


Provinzen<strong>“</strong> interpretiert. 400 Für dieses Datum mag zudem sprechen, dass die massive<br />

Propagierung der endgültigen Unterwerfung Germaniens deutlich mache, dass man<br />

hier in näherer Zukunft keine weiteren militärischen Aktionen plane, „ein<br />

Weiterbestehen der germanischen Heeresbezirke entsprach diesem Konzept nicht.<strong>“</strong> 401<br />

Als zweiter Termin für die Provinzgründung war die Niederschlagung des<br />

Saturninus-Aufstandes im Jahre 89 vorgeschlagen worden. Theoretisch ließe sich<br />

hier die Titulatur der beiden im Kont<strong>ex</strong>t dieser Auseinandersetzung genannten<br />

Heerführer in Germanien in gewinnbringender Weise heranziehen. Jedoch sind die<br />

Notizen in der antiken Literatur sowohl für Antoninus Saturninus, den Befehlshaber<br />

der aufständischen obergermanischen Legionen, als auch für Bucius Lappius<br />

Maximus, den sich den Insurgenten entgegenstellenden Legaten des<br />

untergermanischen Heeres, in diesem Punkt zu unspezifisch. 402 Als Argument für den<br />

späteren Termin ist die Laufbahn des, durch das Diplom von 90 403 namentlich<br />

bekannten, Statthalters L. Iavolenus Priscus 404 angeführt worden, der aufgrund seiner<br />

bisherigen Karriere als iuridicus für den Verwaltungsaufbau in der Provinz in<br />

besonderer Form qualifiziert gewesen sei. 405 Hiergegen spricht sich Becker mit dem<br />

Verweis darauf aus, dass Priscus sich ebenso gut auf militärischem Gebiet<br />

hervorgetan habe und sich der Verwaltungsaufbau in den germanischen Provinzen<br />

wohl erst in trajanischer Zeit vollzogen habe. 406<br />

Wenn sich also bei der Frage nach dem Termin der Provinzgründung in Germanien<br />

weiterhin kein unzweifelhaft nachweisbares Datum liefern lässt, tendiert die<br />

Forschung derzeit eher zu dem früheren Termin. 407 Aber selbst wenn die Gründung<br />

tatsächlich erst im Jahre 89 durchgeführt worden sein sollte, muss man eine<br />

400Christ (1983c), S. 94. Ders. (1957), S. 526, hatte der Legende „GERMANIA CAPTA<strong>“</strong> eine besondere Rolle bei der<br />

Datierung der Provinzgründung zugesprochen. Die Bezeichnung CAPTA beziehe sich stets auf „eine territoriale<br />

Einverleibung<strong>“</strong>, ebenso enthalte sie unterschwellig eine „eine echte und wirksame kriegerische Entscheidung<strong>“</strong> und<br />

„einen starken persönlichen Bezug zum Herrscher<strong>“</strong>. Skeptischer Wolters (1989), S. 90 Anm. 204.<br />

401Becker (1992), S. 300.<br />

402Suet. Dom. 6,2 (superioris Germaniae praeside); Epit. de Caes. 11,9 (Antonius, curans Germaniam superiorem);<br />

Cass. Dio Hist. Rom. 67,11,1. Vgl. zusammenfassend auch Eck (1985), S. 40f.; S. 149f.<br />

403CIL XVI 36. Vgl. überdies CIL III 9960.<br />

404Vgl. Eck (1985), S. 42f.<br />

405Zuletzt bei Rüger (2000), S. 498. Baatz (2002), S. 82, sieht in der Berufung des erfahrenen Juristen zumindest ein<br />

Indiz für die „Abkehr von der Eroberungspolitik an der germanischen Grenze.<strong>“</strong><br />

406Becker (1992), S. 300.<br />

407Für den frühen Termin sprechen sich u.a. aus: Christ (1983c), S. 94; Becker (1992), S. 300; Raepsaet-Charlier<br />

(2001), S. 169; Eck (2004a), S. 218: „der einzig logisch nachvollziehbare Zeitpunkt<strong>“</strong>. Für 89 sprechen sich hingegen<br />

aus: Walser (1968), S. 507; Bengtson (1979), S. 207 Anm. 7; Rüger (2000), S. 499. Beide Daten in Erwägung zieht<br />

Southern (1997), S. 90, mag sich aber nicht letztendlich entscheiden.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 63


langfristige Planung unterstellen: „Zumindest war sie keine ad hoc Entscheidung, die<br />

auf Grund der Empörung eines Statthalters gefällt wurde.<strong>“</strong> 408<br />

Territorial bildeten sich die beiden Provinzen im Wesentlichen aus den <strong>ex</strong>ercitus der<br />

beiden germanischen Heeresgruppen, lediglich die während des Chattenkrieges<br />

gemachten Gewinne wurden als schmale territoriale Erweiterung der Provinz<br />

Obergermanien zugeschlagen. Hinter dieser Umwandlung „verbarg sich im Prinzip<br />

nur ein Übergang zur zivilen Verwaltung eines über Jahrzehnte vom Militär<br />

genutzten Gebietes, keine wirkliche Mehrung des Reiches.<strong>“</strong> 409 Durch die Verleihung<br />

der l<strong>ex</strong> provinciae – eine Art Grundgesetz, welches in Zukunft alle Fragen der<br />

Verwaltung, Gerichtsbarkeit und Steuergesetzgebung regeln sollte 410 – wurden die<br />

römischen Gebiete am Rhein jetzt „in die im Römischen Reich übliche<br />

Verwaltungsform übergeführt.<strong>“</strong> 411 Es ist aber auch gleich darauf hinzuweisen, dass es<br />

sich bei der Errichtung der Provinzen primär um einen „Rechtsakt in Rom<strong>“</strong> handelte,<br />

der an den Verhältnissen der Provinzbewohner und der lokalen Verwaltung zu diesem<br />

Zeitpunkt insgesamt wenig änderte. 412<br />

Die Provinz Niedergermanien (Germania inferior) 413 mit dem Hauptort Köln<br />

(Colonia Claudia Ara Agrippinensium) erstreckte sich von der Mündung des Rheins<br />

bis zum kleinen Vinxtbach. 414 Hieran schloss sich die Provinz Obergermanien<br />

(Germania superior) mit dem Hauptort Mainz (Mogontiacum) an, die sich von hier<br />

bis zum Kamm der Alpen und zum Genfer See erstreckte. 415 Die Kommandeure der<br />

vormaligen Heeresbezirke wurden jetzt zu Statthaltern konsularischen Ranges; ihr<br />

Titel änderte sich nur geringfügig in legatus Augusti pro praetore provinciae<br />

Germaniae inferioris bzw. superioris. 416<br />

Nicht unter römischer Herrschaft stand weiterhin die, sich nordöstlich der beiden<br />

408Becker (1992), S. 300.<br />

409Wolters (2008), S. 91.<br />

410Jacques / Scheid (1998), S. 181. Dies nehmen Schönberger (1985), S. 366, und Bechert (1999), S. 191, an; skeptisch<br />

in Bezug auf die mit weitreichenden Folgen verbundene Verleihung der l<strong>ex</strong> provincia für Germanien zu diesem<br />

Zeitpunkt ist Eck (2004a), S. 218.<br />

411Wolters (2000), S. 60.<br />

412Ders. (1989), S. 64. Zu Aspekten des zivilen Lebens in den germanischen Provinzen vgl. Baatz (2002), S. 84-156;<br />

Wendt (K. 2008).<br />

413Vgl. umfassend zur Germania Inferior: Bechert (1982; 1995; 2007).<br />

414Diese Grenze ist durch einen, den Grenzgottheiten gewidmeten, Altar belegt. Hierzu und zur Problematik der<br />

Abgrenzung der niedergermanischen Provinz gegenüber der Provinz Belgica, vgl. Timpe (1998), S. 250.<br />

415Bechert (1999), S. 191. Ausführlich und mit reichem Kartenmaterial Ternes (1976), S. 740ff.<br />

416Eck (2004a), S. 217. Zu den Statthaltern vgl. grundlegend auch Eck (1985), ferner Baatz (2002), S. 90f.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 64


neugegründeten Provinzen erstreckende, Germania Magna – der weitaus größere<br />

Teil des rechtsrheinischen Germaniens. 417 Mit der Gründung der beiden<br />

germanischen Provinzen versuchte man aber über dieses Faktum hinwegzutäuschen,<br />

der auf den kaiserlichen Münzen propagierte Slogan „GERMANIA CAPTA<strong>“</strong> mag<br />

ganz im Gegenteil einen großen territorialen Zugewinn suggerieren. 418 Und in der Tat<br />

schien die offizielle Propaganda Domitians keinerlei Zweifel daran zuzulassen, dass<br />

für ihn die seit Augustus im Raum stehende Frage, wie man den Anspruch auf die<br />

Herrschaft über Germanien umsetzen sollte, nun endgültig als im römischen Sinne<br />

erfolgreich gelöst worden war. 419<br />

Die Notwendigkeit, das im ersten Chattenkrieg hinzugewonnene rechtsrheinische<br />

Territorium vor weiteren Einfällen der Germanen zu schützen und die Grenze der<br />

römischen Provinz in Obergermanien sichtbar zu markieren, 420 wurde unter Domitian<br />

der von seinem Vater begonnene Ausbau einer, von Kastellketten gesicherten,<br />

Grenzlinie in Wetterau und Taunus systematisch vorangetrieben, wofür sich Teile der<br />

bei Frontin genannten limites als Postenwege verwenden ließen. 421 Hierin haben wir<br />

die ersten einfachen Anfänge des obergermanischen Limes zu sehen, dessen Ausbau<br />

von Domitians Nachfolgern in recht konsequenter Weise fortgeführt werden sollte. 422<br />

Man darf sich aber unter dieser ersten Ausbaustufe des Limes nichts allzu Großes<br />

vorstellen, es handelte sich wohl um einen freigeschlagenen Patrouillenweg, an dem<br />

in regelmäßigen Abständen hölzerne Wachtürme standen; im Wesentlichen „a tactical<br />

device to avoid suprise raids<strong>“</strong>. 423 Die Sicherung der direkten Grenzlinie wurde von<br />

417Krause (2002), S. 118f. Zum antiken Sprachgebrauch vgl. Alföldi (1997).<br />

418Wolters (2008), S. 91, nimmt an, dass sich zumindest das stadtrömische Publikum durch die Propaganda über die<br />

tatsächlich beschränkten territorialen Gebietsgewinne in Germanien habe täuschen lassen. Dass sich Domitian hier<br />

durch „die unmittelbare Machtausübung über einen Teil mit der Beherrschung des Ganzen gleichzusetzen<strong>“</strong> durchaus<br />

im Anschluss an die römische Tradition bewegte, hat Ungern-Sternberg (1989), besonders S. 165f., hervorgehoben.<br />

419Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel 8.<br />

420Zum römischen Konzept von Herrschaftsbereich und Grenzen vgl. Vergil, Aeneis 1, 280; Whittaker (2000);<br />

Deininger (2000), S. 757 Anm. 51. Prägnant bei Klee (2006), S. 7: „Das Gebiet des Imperium Romanum endete nie<br />

an einer eindeutig festgelegten und klar bezeichneten Demarkationslinie, die das Territorium zweier Staaten<br />

voneinander trennte. […] Keine römische Außengrenze war mit Grenzsteinen versehen oder findet sich auf einer<br />

antiken Karte, während innerhalb des Reiches Zoll- und Verwaltungsgrenzen genau festgelegt wurden.<strong>“</strong><br />

421Bellen (1998), S. 106. Grundlegend Schönberger (1985), S. 370ff. Unklar ist weiterhin, ob die Anlagen des<br />

Odenwaldlimes ebenfalls bereits unter Domitian errichtet wurden, ebd., S. 385, vgl. auch Baatz (2002), S.81, der<br />

davon ausgeht, dass dieser Teilabschnitt erst unter Trajan errichtet wurde. Timpe (1998), S. 249, sieht zudem in den<br />

von Cass. Dio Hist. Rom. 67,5,1; 67,5,3 beschriebenen Episoden über Cherusker und Semnonen eine, die römischen<br />

Zugewinne sichernde, „aktive und weitreichende Außenpolitik<strong>“</strong> Domitians begründet.<br />

422Grundlegend weiterhin die Arbeiten von Baatz (1993; 2002); Schönberger (1985); sowie der umfangreiche<br />

L<strong>ex</strong>ikonartikel von Becker / Schallmayer (2001), S. 419ff.<br />

423Whittaker (2000), S. 303. Vgl. Klee (2006), S. 40: „Obwohl der obergermanische Limes nur einen kleinen Teil der<br />

Grenze des Imperium Romanum bildete, prägt das hier entwickelte Befestigungssystem […] weithin die Vorstellung<br />

vom 'römischen Limes'.<strong>“</strong><br />

Domitians erster Chattenkrieg 65


Auxiliartruppen übernommen, an besonders gefährdeten Stellen wurden kleine<br />

Garnisonen von 100-200 Mann stationiert, in einigen wenigen Fällen auch eine etwa<br />

500 Mann starke Kohorte der Infanterie oder Kavallerie; die Legionen blieben<br />

weiterhin in ihren Lagern im Hinterland stationiert. 424<br />

424Gehrke (2006), S. 350. Zu den Truppen der Germania superior vgl. Ternes (1976), S. 843ff.; zur Germania inferior,<br />

wo der Rhein ein natürliches Annäherungshindernis bildete, vgl. Alföldy (1968), S. 84ff.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 66


6. Die Bewertung des Chattenkrieges<br />

6.1. Die Bewertung in der antiken Literatur<br />

6.1.1. Zeitgenössische Autoren<br />

Jede Beschäftigung mit Domitians Chattenkrieg sieht sich mit dem Problem<br />

konfrontiert, dass die antiken literarischen Quellen zum Thema nicht nur sparsam,<br />

sondern darüber hinaus mit dem Mangel behaftet sind, äußerst tendenziös zu sein. Im<br />

Folgenden soll nicht nur dargestellt werden, wie die einzelnen antiken Autoren<br />

diesen Feldzug bewertet haben, sondern zudem kritisch diskutiert werden, wodurch<br />

diese Bewertung beeinflusst worden sein wird.<br />

Martials Epigramm 2,2 ist sein erstes Stück militärischen Inhalts. Während in seinen<br />

frühen Epigrammen das militärische Image seines Princeps noch keine große Rolle<br />

spielte, wandelte sich dieses Bild analog zu den immer unverhohlener werdenden<br />

Schmeicheleien in seinem Werk. 425 Für das militärische Engagement seines Princeps<br />

in Germanien findet der Dichter im erwähnten Epigramm ausschließlich lobende<br />

Worte: Ausgangspunkt ist der Vergleich mit den zwei illustren historischen<br />

Vorbildern Metellus Creticus und Scipio Africanus, die beide nach erfolgreichen<br />

Schlachten römische Provinzen auf dem Boden unterworfener Völker errichtet<br />

hatten. 426 Als Aufhänger für die Panegyrik Martials dienen die durch militärischen<br />

Erfolg errungenen Siegerbeinamen, die sich auf die jeweils personifizierten<br />

Kampfschauplätze beziehen (Creta dedit magnum, maius dedit Africa nomen / Scipio<br />

quod victor quodque Metellus habet). 427 Germanien habe dabei Domitian einen noch<br />

edleren Namen verliehen als Creta dem Metellus und Africa dem Scipio gegeben<br />

hatte (nobilius domito tribuit Germania Rheno). 428 Martial preist hier Domitian<br />

„nicht einfach nur als Germanenbezwinger, sondern verarbeitet ein prominentes<br />

Element der Expression poetisch weiter und veredelt so sein Herrscherlob.<strong>“</strong> 429<br />

425Leberl (2004), S. 265:„Die Kriegszüge und die Sieghaftigkeit des Kaisers hat Martial erst spät entdeckt. [...] Dann<br />

allerdings mit Macht. [...] Der Anstieg militärischer Inhalte verlief parallel mit einer erhöhten Anzahl panegyrischer<br />

Gedichte allgemein in den Epigrammbüchern.<strong>“</strong><br />

426Ebd., S. 246, betont, dass Martial an dieser Stelle noch auf Vergleiche mit mythischen Figuren verzichte, „die<br />

Kaiserverherrlichung ist hier also noch nicht ins Extreme gesteigert.<strong>“</strong> Zur Funktion der martialschen Epigramme<br />

vgl. Nauta (2002), S. 142-192.<br />

427Mart. Epigr. 2,2,1f.<br />

428Mart. Epigr. 2,2,3.<br />

429Leberl (2004), S. 246.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 67


Der Mittelteil leitet auf das eigentliche Thema des Epigrammes hin, hier findet sich<br />

eine verherrlichende Anspielung auf die militärischen Aktivitäten Domitians als<br />

junger Mann im Bataveraufstand (et puer hoc dignus nomine, Caesar, eras), der<br />

geographische Fokus wird von den anderen beiden Kampfschauplätzen auf die<br />

Rheinregion bewegt. 430<br />

Die nächsten beiden Zeilen schließlich liefern die Kernaussage des Epigrammes 2,2<br />

und lassen die eigentliche Absicht des Dichters erkennen: Er möchte eine Analogie<br />

herstellen zwischen dem Chattenkrieg Domitians und dem für Vespasian so<br />

wichtigen Sieg über die Aufständischen in Judäa, mit dem es dem flavischen<br />

Herrscherhaus gelungen war, zu einem recht frühen Zeitpunkt seine<br />

Leistungsfähigkeit zu demonstrieren. 431 In den Augen des Dichters sei der im<br />

Chattenland erworbene Lorbeer – Symbol für den militärischen Erfolg – in seiner<br />

Wertigkeit sogar noch über Titus' strahlendem Triumph einzuordnen, da Domitian<br />

ihn alleine errungen habe und so weder dem Vater noch dem illustren Bruder als<br />

Heerführer nachstehe (frater Idumaeos meruit cum patre triumphos / quae <strong>datur</strong> <strong>ex</strong><br />

<strong>Chattis</strong> <strong>laurea</strong>, tota tua est). 432 Weiterhin mag der Begriff <strong>ex</strong> <strong>Chattis</strong> suggerieren,<br />

dass man weit in das Siedlungsgebiet der Chatten vorgedrungen sei und beträchtliche<br />

Gebietsgewinne vorweisen könne. Martial stellt in diesem Epigramm also den<br />

Chattenkrieg als vollen Erfolg dar, der dem Kaiser zudem höchstpersönlich<br />

zuzuschreiben ist, wodurch dessen Fähigkeit als militärischer Führer weiter<br />

hervorgestrichen werden soll. 433<br />

Eine weitere Anspielung auf Domitians militärischen Sieg über die Chatten in der<br />

Dichtung findet sich in den Punica des Silius Italicus, hier ist von Triumphwagen die<br />

Rede, die Domitian vom arktischen Pol durch die Stadt führe (hic et ab Arctoo<br />

currus aget axe per urbem). 434 Hier wird knapp der domitianische Triumph über die<br />

Chatten (83/84) erwähnt, wobei man die Anspielung auf die kalten Regionen<br />

Europas auf Germanien zu beziehen haben wird. 435 Die Nennung zeitgenössischer<br />

Ereignisse scheint umso erstaunlicher, da die Punica inhaltlich sonst im<br />

Wesentlichen der Gegenwart abgewandt scheinen. Dass diese Notiz in einem Kapitel<br />

430Mart. Epigr. 2,2,4. Vgl. auch Suet. Dom 2,1.<br />

431Die Wichtigkeit dieses Triumphes in Judäa betonen u.a.: Kneißl (1969), S. 49.<br />

432Mart. Epigr. 2,2,5f.<br />

433Kneißl (1969), S. 49.<br />

434Sil. Ital. Pun. 3, 614.<br />

435Urner (1994), S. 68.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 68


angeführt ist, in welchem die militärische Sieghaftigkeit Domitians insgesamt gelobt<br />

wird, 436 mag ein bezeichnendes Licht auf den panegyrischen Charakter dieser<br />

Nachricht werfen.<br />

Insgesamt werden in der Forschung die Erwähnungen des Chattenkrieges in der<br />

Dichtung als „problematisch<strong>“</strong> bezeichnet. 437 Ihr besonderer Wert liegt darin, dass sie<br />

von der, Domitian im Nachhinein so verschmähenden, senatorischen Tradition<br />

gänzlich unbeeinflusst sind und somit gewissermaßen ein – wenn auch mit der<br />

nötigen Vorsicht zu genießendes – Korrektiv zu dieser darstellen. Insgesamt<br />

reflektieren diese Erwähnungen aber wohl eher kaiserliche Propaganda, als dass sie<br />

auf Kenntnis der tatsächlichen Ereignisse beruhen. 438 Die Wiedergabe von möglichst<br />

objektiven historischen Fakten war von Seiten der Dichter aber auch gar nicht<br />

intendiert, ging es ihnen ja gerade um die Verherrlichung des militärischen Image<br />

Domitians. 439<br />

Der „kühle Geist der Sachlichkeit<strong>“</strong> regiert hingegen den Bericht Frontins, den man<br />

als, von einem militärischen Fachmann geäußertes, sachliches Lob der<br />

Feldherrenleistung seines Princeps charakterisieren mag. 440 Frontin spricht <strong>ex</strong>plizit<br />

von einem Sieg Domitians (victoriam), 441 durch das Besiegen der Feinde (victis<br />

hostibus) habe sich dieser nicht nur den Ehrenbeinamen Germanicus verdient,<br />

sondern, durch sein faires Verhalten gegenüber dem Stamm der Cubier, zusätzlich<br />

den Ruf der Gerechtigkeit und das Vertrauen Aller (iustitiae fama omnium fidem). 442<br />

Verglichen mit den Erwähnungen in der Dichtung zeigt Frontins Werk „inhaltlich<br />

keinerlei panegyrische Tendenzen<strong>“</strong>, 443 was gewiss auch dem Frontinschen Schreibstil<br />

geschuldet sein wird:<br />

436Vgl. Sil. Ital. Pun. 3, 594-629.<br />

437Dieses Wort verwenden sowohl Becker (1992), S. 27, als auch Urner (1994), S. 30.<br />

438Becker (1992), S. 28. Grant (1987) S. 301, hatte hingegen die Nachrichten der Dichter als nicht zu unwahrscheinlich<br />

angesehen.<br />

439Schneider (C. 2002), S. 123f.<br />

440Christ (1989), S. 149.<br />

441Front. Strat. 2, 3, 23. Ungeklärt ist in diesem Zusammenhang weiterhin die Rolle des nur bei Frontin genannten<br />

Stammes der Cubier. Vgl. hierzu Eck (2004a), S. 215: „Es ist nicht unwahrscheinlich, daß man an dieser Stelle statt<br />

Cubii richtig Ubii lesen sollte. Es waren wohl ehemalige Stammesverwandte der jetzigen Agrippinenser, die unter<br />

Agrippa die Heimat nicht verlassen hatten.<strong>“</strong> Baatz (2002), S. 77, sieht aufgrund der frontinschen Mitteilung die<br />

Cubier in jenem Landstrich siedelnd, wo Domitian Kastelle angelegt hatte, also wahrscheinlich in den neu<br />

gewonnenen Gebieten in der Wetterau.<br />

442Front. Strat. 2,11,7.<br />

443Urner (1994), S. 66.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 69


„Die nüchterne Sachlichkeit, die Frontin in seiner beruflichen Tätigkeit an den Tag legte,<br />

kennzeichnet auch seinen literarischen Stil. […] Als Fachschriftsteller widmet er dem Stoff<br />

ein größeres Interesse als der Form und kann überhaupt irgendwelche Ansprüche auf<br />

stilistische Meisterschaft nicht erheben. […] Bei alledem liest er sich ganz angenehm, da<br />

sein Stil, wie der Verfasser selbst, unbefangen und schlicht, sachlich und nüchtern ist.<strong>“</strong> 444<br />

Dennoch muss meines Erachtens die Tatsache, dass der Kaiser als pragmatisch<br />

denkender und fl<strong>ex</strong>ibel reagierender Feldherr beschrieben wird und in den<br />

Strategemata in der illustren Gesellschaft antiker Kriegsführer überhaupt aufgeführt<br />

ist, als durchaus positive Bewertung gesehen werden – wenn man hier auch eine<br />

pflichtgemäße Huldigung zu Lebzeiten des letzten Flaviers zumindest in Erwägung<br />

ziehen muss. 445<br />

Tacitus schreibt in seiner Germania, dass Rom bereits seit rund 250 Jahren in<br />

kriegerische Auseinandersetzungen mit den Germanen verwickelt sei: Seit so langer<br />

Zeit werde Germanien bereits besiegt (tam diu Germania vincitur)! 446 Am Ende einer<br />

aneinandergereihten Serie von, nicht unbedingt miteinander vergleichbaren,<br />

historischen Beispielen konstatiert er, in jüngster Zeit seien Siege über die Germanen<br />

mehr gefeiert als tatsächlich errungen worden (triumphati magis quam victi sunt). 447<br />

Ein Vorhandensein von militärischen Erfolgen aus letzter Zeit wird von ihm also<br />

abgelehnt: „Die prahlerische Behauptung Domitians, das außenpolitische Problem<br />

[...] gelöst zu haben, wird scharf zurückgewiesen; die Dinge stünden vielmehr [...] in<br />

Wahrheit noch ebenso, wie sie immer gestanden haben.<strong>“</strong> 448 Hierzu ist anzumerken,<br />

dass den Zeitgenossen die Diskrepanz zwischen den realen Gebietsgewinnen und der<br />

von kaiserlichen Seite inszenierten Propaganda durchaus bewusst gewesen sind wird.<br />

Es konnte nicht verborgen bleiben, dass die in Germanien, im Wesentlichen auf dem<br />

444Bendz (1969), S. 3.<br />

445So bei Perl (1981), S. 563.<br />

446Tac. Germ. 37,2. Vgl. die prägnante Einschätzung bei Timpe (2008), S. 182: „Der Historiker versteht das Verhältnis<br />

zu den germanischen Nachbarn [...] generalisierend und schematisch als eine seit Jahrhunderten [...] bestehende und<br />

nie wirklich, d.h. durch definitive Unterwerfung, bewältigte Dauerkonfrontation. Die römisch-germanischen<br />

Beziehungen sind für ihn mehr durch Konstanz als durch historischen Wandel gekennzeichnet, eher durch die gleich<br />

bleibend unsichere Machtlage bestimmt als durch wechselnde Interessen, Schauplätze und Akteure. [...] Begrenzte<br />

Erfolge beenden die römische Herrschaftsaufgabe nicht, Niederlagen vereiteln sie nicht auf Dauer; der römische<br />

Herrschaftsanspruch bleibt trotz anders lautender Propagandabehauptungen uneingelöst.<strong>“</strong><br />

447Tac. Germ. 37,5. Daumer (2005), S. 252, ist der Ansicht, dass Tacitus sich mit dieser Aussage hauptsächlich auf den<br />

zweiten Chattenkrieg (vgl. Kapitel 7) beziehe. Insgesamt hat sich in der Forschung über die Funktion der<br />

taciteischen Germania bisher keine communis opinio herausbilden können, vgl. hierzu Timpe (2008); Schmal<br />

(2005), S. 39ff. Die zuweilen geäußerte Vermutung, in Tacitus Aussage in Germ. 37 habe man einen – wenn auch<br />

vergeblichen – Apell an den neuen Princeps Trajan zu sehen, die Eroberungspolitik in Germanien wieder<br />

aufzugreifen (so geschehen z.B. bei Ungern-Sternberg (1989), S. 161.), weisen entschieden zurück: Beck (1998), S.<br />

41ff; Schmal (2005), S. 41; Timpe (2008), S. 183f.<br />

448Timpe (2008), S. 190.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 70


Gebiet der vormaligen <strong>ex</strong>ercitus der beiden Heeresgruppen, errichteten Provinzen<br />

„wenig mit dem Germanienbegriff zu tun [hatten], der in der Okkupationszeit<br />

vorherrschte.<strong>“</strong> 449<br />

Einen Angriffspunkt für die Polemiken der „nachdomitianischen<br />

Abrechnungsliteratur<strong>“</strong>, zu der auch insbesondere Tacitus zu zählen ist, bot dabei vor<br />

allem die überschwängliche kaiserliche Propaganda. 450 Den in deren Rahmen<br />

abgehaltenen Triumphzug verunglimpft Tacitus in seinem Agricola als falschen, da<br />

inszenierten Triumph (falsum e Germania triumphum), der mithilfe gekaufter und als<br />

Kriegsgefangener verkleideter Germanen durchgeführt worden sei (emptis per<br />

commercia, quorum habitus et crines in captivorum speciem formarentur). 451 Bei der<br />

Verkleidungsgeschichte handelt es sich allerdings um die „boshafte Dublette einer<br />

Maskerade<strong>“</strong>, die Sueton bereits Caligula zugeschrieben hatte: Jener habe, in<br />

Ermangelung von echten Kriegsgefangenen, für seinen Triumphzug gefangene<br />

Gallier dazu gezwungen, sich als Germanen auszugeben. 452<br />

Ein scheinbar erschreckendes Bild liefert Tacitus, wenn er sich zur Kriegführung<br />

Domitians im Allgemeinen äußert: Durch Leichtfertigkeit oder Feigheit der<br />

Kommandierenden seien viele Legionen in Moesien, Dakien, Germanien und<br />

Pannonien untergegangen (tot <strong>ex</strong>ercitus in Moesia Daciaque et Germania et<br />

Pannonia temeritate aut per ignaviam ducum amissi) und viele Offiziere mit ihren<br />

Kohorten überwunden und gefangen gesetzt worden (tot militares viri cum tot<br />

cohortibus <strong>ex</strong>pugnavi et capti). 453 Bereits gefährdet seien zudem die Befestigungen<br />

der Grenzen, das Ufer der Donau, die Winterlager der Legionen und der gesamte<br />

Besitz (nec iam de limite imperii et ripa, sed de hibernis legionum et possessione<br />

dubitatum) 454 und jedes Jahr sei durch den Tod bedeutender Männer und Niederlagen<br />

gezeichnet (omnis annus funeribus et cladibus insigniretur). 455 Angesichts dieser<br />

überaus brenzligen Situation habe die Stimme des Volkes seinen Schwiegervater<br />

Agricola als Heerführer gefordert, indem jedermann seine Tatkraft, seine Festigkeit,<br />

seinen in Kriegen erprobten Mut mit der Schlaffheit und Furchtsamkeit aller übrigen<br />

449Wolters (2000), S. 69; ders. (2008), S. 91.<br />

450Flach (1973), S. 109.<br />

451Tac. Agr. 39,1.<br />

452Heubner (1984), S. 113; vgl. Suet. Cal. 47.<br />

453Tac. Agr. 41,2.<br />

454Tac. Agr. 41,2.<br />

455Tac. Agr. 41,3.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 71


verglich (poscebatur ore vulgi dux Agricola, comparantibus cunctis vigorem,<br />

constantiam et <strong>ex</strong>pertum bellis animum cum inertia et formidine aliorum). 456<br />

Beim Lesen dieser Nachrichten muss man jedoch stets bedenken, dass Tacitus –<br />

entgegen seiner bekannten Äußerung, er wolle geschichtliche Ereignisse sine ira et<br />

studio, 457 d.h. wertfrei und ohne Parteinahme wiedergeben – mit seiner Darstellung<br />

der angeblich katastrophalen militärischen Lage des Imperiums durchaus eine<br />

Intention verfolgt: Domitian selbst wird als möglichst unzureichender militärischer<br />

Führer porträtiert, zugleich habe er aber Agricola aus purer Eifersucht auf dessen<br />

Tüchtigkeit und Popularität nicht zum Zuge kommen lassen können. Die im<br />

Dakerkrieg tatsächlich vorhandenen verlustreichen Niederlagen werden auf<br />

Domitians Kriegführung allgemein ausgeweitet, von untergegangen Legionen kann<br />

im Chattenkrieg aber nun wirklich keine Rede sein. 458<br />

Insgesamt bedürfen die Äußerungen des Tacitus einiger interpretierender<br />

Anmerkungen. Natürlich spiegelt Tacitus in den oben angeführten Äußerungen<br />

durchaus historische Tatsachen: Den Triumph, die überzogene kaiserliche<br />

Propaganda, die Diskrepanz zwischen Anspruch und Erreichtem in territorialer<br />

Hinsicht. Insgesamt aber sagt seine „verzerrte Sicht über die kaiserzeitliche<br />

Gegenwart und die senatorische Kritik an Domitianus mehr aus als über die<br />

wirklichen Gründe und den historischen Verlauf der römisch-germanischen<br />

Nachbarfeindschaft.<strong>“</strong> 459<br />

Daher sind es für seinen Agricola verschiedene Punkte, die zu beachten sind, will<br />

man seine Äußerungen einordnen: Erstens sind diese stark durch persönliche<br />

Animositäten zum verblichenen Kaiser gefärbt, dessen Regierungszeit Tacitus von<br />

seinem senatorischen Standpunkt (trotz seines karrieremäßigen Vorankommens)<br />

subjektiv als Regime der Unterdrückung wahrgenommen hatte. 460 So stellt sein<br />

Agricola eine „erste Abrechnung des Verfassers mit der Vergangenheit nach dem<br />

Ende der vorausgegangenen Tyrannei Domitians<strong>“</strong> dar. 461 Das Bemühen, Domitians<br />

456Tac. Agr. 41,3.<br />

457Tac. Ann. 1,1,3.<br />

458Urner (1994), S. 71.<br />

459Timpe (2008), S. 182.<br />

460Albrecht (1994), S. 893: „Neusenatoren übernehmen vielfach mit besonderer Entschiedenheit die Sehweise der<br />

Aristokratie.<strong>“</strong><br />

461Beck (1998), S. 69: „[...] ein erster und noch auf einer ganz persönlichen Ebene gehaltener Schritt zur<br />

Vergangenheitsbewältigung.<strong>“</strong> Beck erkennt aber trotz der Akzentsetzung auf den privaten Charakter der Schrift an,<br />

Domitians erster Chattenkrieg 72


militärische Erfolge herunterzuspielen und der wiederholte Verweis auf die falschen<br />

Germanienlorbeeren sind somit als Teil des größeren Programms zu verstehen, das<br />

Domitianerlebnis zu verarbeiten, d.h. die vergangene Zeit in krassem Kontrast zur<br />

glücklichen Gegenwart (praesentium bonorum) in negativstem Licht erscheinen zu<br />

lassen. 462<br />

Zweitens hat Tacitus versucht, seinem Schwiegervater und dessen virtus ein ehrendes<br />

literarisches Denkmal zu setzen – nicht zuletzt aus familiärer Verbundenheit. 463<br />

Durch die Herausstellung der mangelnden Eignung Domitians zum Feldherren sollen<br />

die militärischen Taten Agricolas glorifiziert und letztlich der angebliche Neid des<br />

Princeps begründet werden, mit dem Tacitus die Abberufung seines Schwiegervaters<br />

aus Britannien und den vom Kaiser gleichsam erzwungenen Rückzug ins Privatleben<br />

zu erklären versucht. 464 Es ist ihm also an der „Aufdeckung der 'wahren<br />

Hintergründe' des Agricola-Karriereknicks gelegen.<strong>“</strong> 465<br />

Unterschwellig schwingt hier die, von senatorischer Seite getragene, pauschale<br />

Unterstellung mit, es sei allein die Furcht des Tyrannen vor der Popularität anderer<br />

Feldherren, die dazu führe, dass jenen die als materias gloriae wahrgenommene<br />

Außenpolitik vorenthalten werde. In der Praxis allerdings brachte die Tatsache, dass<br />

der Princeps dauerhaft das oberste Befehlskommando über die Truppen innehatte<br />

„die Notwendigkeit mit sich, alle Grenzen, militärischen Ressourcen und<br />

außenpolitischen Problemfelder gleichzeitig zu überblicken, übergeordnete<br />

Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen und Prioritäten zu bestimmen.<strong>“</strong> 466 Das<br />

derlei Sachzwänge ebenfalls zur Abberufung Agricolas geführt haben könnten, kann<br />

Tacitus natürlich nicht einsehen: „Ihm sind die kaiserlichen Entscheidungen [...] nur<br />

dass das Werk „angesichts von Tätigkeit und Lebensumständen der darzustellenden Person notwendigerweise zu<br />

einer politisch relevanten Schrift [wird], die in ihrem Urteil über Agricola und seine Zeit politische Aussagen und<br />

Wertungen enthalten muss.<strong>“</strong> Von einer vorrangig politischen Motivation des Tacitus gehen aus: Syme (1958), S. 26;<br />

Urban (1971); Schwarte (1979); Städele (1988), S. 233; Petersmann (1991), S. 1790f. Nesselhauf (1952), S. 222f.,<br />

hatte im Agricola hauptsächlich den Versuch gesehen, das durch die offizielle Propaganda gezeichnete Bild<br />

Domitians in der Öffentlichkeit zu korrigieren; in dieser Einseitigkeit jedoch überzeugend zurückgewiesen von<br />

Flach (1973), S. 109.<br />

462Tac. Agr. 3,3.<br />

463Städele (1988), S. 229: „Wir dürfen nicht vergessen, dass der 'Agricola' nicht zuletzt ein Dokument römischen<br />

Familiensinns ist.<strong>“</strong><br />

464Vgl. Tac. Agr. 39-43.<br />

465Urner (1994), S. 70. Eine ganz andere Lesart der im Agricola beschriebenen Ereignisse zieht Städele (1988), S.<br />

226ff., in Erwägung. Grundsätzlich verschiedene außenpolitische Konzepte als Konfrontationsgrund nennt Schmal<br />

(2005), S. 26.<br />

466Timpe (2008), S. 183.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 73


Ausdruck von Konkurrenzneid und Misstrauen gegenüber dem Tüchtigen.<strong>“</strong> 467<br />

Ferner wird Iulius Agricola zum „<strong>ex</strong>emplarischen, vorbildhaften Charakter für das<br />

Leben und Wirken in einem totalitären Staat<strong>“</strong> stilisiert. 468 Hierdurch schlägt sich<br />

Tacitus nicht zuletzt auch selbst eine Brücke zur Bewältigung der eigenen<br />

Vergangenheit: Indem er seinen Schwiegervater als einen Mann darstellt, der auch in<br />

widrigen Zeiten pflichtbewusst und unauffällig seine Arbeit verrichtet hat, liefert er<br />

gewissermaßen „eine beruhigende Selbstrechtfertigung<strong>“</strong> für sein eigenes Stillhalten<br />

während der domitianischen Herrschaft. 469<br />

Nicht zuletzt wird Tacitus versucht haben, sich dem neuen Princeps Trajan<br />

anzunähern und ihm in Ansätzen die „moral and political ideas of the new<br />

aristocracy<strong>“</strong> vor Augen zu führen. 470 Im Hinblick auf eine durchaus noch vorhandene<br />

Anhängerschaft des letzten Flaviers, 471 wird der neue Princeps auf publizistische<br />

Unterstützung bei der Festigung seiner Herrschaft angewiesen gewesen sein. 472<br />

Besonders Schwarte hat die tagespolitische Bedeutung des Agricola<br />

hervorgestrichen, handele es sich doch hier um ein Werk, dessen „zentrales Signum<br />

eine verbissene Polemik gegen Domitian ist.<strong>“</strong> 473<br />

Diese Überlegungen gelten im Besonderen auch für den jüngeren Plinius. In seinem,<br />

zunächst im Jahr 100 beim Antritt seines Suffektkonsulats vor dem Senat als<br />

gratiarum actio gehaltenen und nicht vor 101 in schriftlicher Form veröffentlichten,<br />

Panegyricus auf Trajan tritt noch unverhüllter als bei Tacitus die Absicht entgegen,<br />

Trajans noch junge Herrschaft durch die „publizistische Aburteilung Domitians<strong>“</strong><br />

467Timpe (2008), S. 183. Schmal (2005), S. 26: „Was das Wirken des Agricola angeht, fehlen uns die Mittel der<br />

Überprüfung. Seine Statthalterschaft ist inschriftlich bezeugt, mehr nicht.<strong>“</strong> Für eine durch rationale militärische<br />

Beweggründe gerechtfertigte Abberufung des Agricola aus Britannien und damit gegen die Annahme persönlicher<br />

Animositäten sprechen sich u.a. aus: Schiller (1883), S. 527; Pichlmayr (1889), S. 20; Nesselhauf (1952), S. 233;<br />

Christ (1995), S. 265. All diese Autoren betonen, dass Trajan eben nicht die von Agricola verfochtene<br />

Offensivpolitik in Britannien wieder aufgenommen hätte, sondern hier konsequent Domitians Stoßrichtung<br />

fortgesetzt habe. Zum archäologischen Aspekt vgl. Hanson (1991).<br />

468Beck (1998), S. 69. Die Vorbildhaftigkeit und die paränetische Absicht sind in der Forschung unbestritten, vgl.<br />

Bauer (1999), S. 77, Anm. 173.<br />

469Grant (1973), S. 251; ders. (1987), S: 307; Schmal (2005), S. 28.<br />

470Syme (1958), S. 26.<br />

471Vgl. Suet. Dom. 23,1.<br />

472Griffith (2000), S. 55.<br />

473Schwarte (1979), S. 139. Noch deutlicher S. 155: „Die politische Lage des Jahres 97 nach Chr. und der folgenden<br />

Monate würde es begreiflich machen, wenn Trajan in dieser unsicheren Übergangszeit auf die Fixierung und<br />

Verbreitung eines entschieden negativen Domitianbildes großes Gewicht gelegt hätte.<strong>“</strong> Zu den Ereignissen des<br />

Übergangs von Domitian zu Nerva und Trajan vgl. auch Berriman (2001).<br />

Domitians erster Chattenkrieg 74


unmittelbar zu unterstützen. 474 Die Auseinandersetzungen um die Nachfolge Nervas<br />

„spiegeln auch die Rivalitäten bei der Erlangung des Deutungsmonopols über die<br />

Vergangenheit wieder.<strong>“</strong> 475<br />

Ähnlich wie Tacitus bezieht sich Plinius auf die überschwängliche kaiserliche<br />

Propaganda vor dem Hintergrund begrenzter territorialer Erfolge und fehlender<br />

glorreicher Schlachtensiege, wenn er von unechten Triumphwagen (mimici currus)<br />

und dem Vorspielen eines falschen Sieges (falsae simulacra victoriae) spricht. 476<br />

Ebenso wie der Erwähnung des angeblich gekauften Triumphes bei Tacitus war all<br />

diesen Bemerkungen gemein, dass sie den von Domitian so ausgiebig gefeierten Sieg<br />

über die Chatten „als verlogenen Schwindel darstellen<strong>“</strong> wollten. 477 Die Tatsache, dass<br />

Plinius seinen Panegyricus vor dem Senat gehalten hat, hat Schwarte zu der<br />

Vermutung geführt, dass es sich hierbei um eine „offiziöse Äußerung<strong>“</strong> und damit um<br />

einen „Spiegel des von Trajan selbst gewünschten Domitianbildes<strong>“</strong> gehandelt habe. 478<br />

Die Hoffnung, dass stattdessen eines Tages ein Feldherr wahrhaften und dauerhaften<br />

Ruhm in die Heimat bringen werde (sed imperatorem veram ac solidam gloriam<br />

reportantem) ist wiederum direkt auf den von Plinius verehrten Trajan gemünzt. 479<br />

Auch hier handelt es sich eindeutig um Imagewerbung für den neuen Princeps, dem<br />

durch die massive Hervorstreichung der virtus imperatoria durch die offizielle<br />

domitianische Propaganda eine schwere „Hypothek<strong>“</strong> hinterlassen worden war. 480 Da<br />

er selbst noch keinen entsprechenden militärischen Erfolg vorweisen konnte, musste<br />

mit allen Mitteln die propagandistisch aufgeblasene „militärische Imago Domitians<br />

entwertet werden<strong>“</strong> und durch literarischen Aufwand die Zeugnisse dieses Triumphes<br />

als überzogene Lüge entlarvt werden, damit auch „jeder noch so kleine Erfolg<strong>“</strong><br />

Trajans geeignet sei, seinen Vorgänger in militärischer Hinsicht zu übertreffen. 481<br />

Zudem muss man auch bei Plinius in Betracht ziehen, dass in seinem Werk<br />

474Schwarte (1979), S. 159. Schwarte sieht seine Ansicht, dass das, sowohl in Tacitus' Agricola als auch in Plinius'<br />

Panegyricus entworfene, durch und durch negative Domitanbild zur Unterstützung Trajans intendiert war, in einem<br />

„allmähliche[n] Abklingen domitianfeindlicher Äußerungen<strong>“</strong> in der weiteren Regierungszeit des Trajan bestätigt. So<br />

zeichne die, erst unter Hadrian erschienene, Domitianvita Suetons „nicht zufällig<strong>“</strong> (S. 61) ein weniger harsches Bild<br />

vom letzten Flavier.<br />

475Seelentag (2004), S. 494.<br />

476Plin. Paneg. 16,3.<br />

477Becker (1992), S. 30.<br />

478Schwarte (1979), S. 155.<br />

479Plin. Paneg. 16,3.<br />

480Seelentag (2004), S. 495.<br />

481Ebd., S. 495.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 75


Vergangenheitsbewältigung betrieben wird. Ob er durch die ätzenden Tiraden und die<br />

selbststilisierte Opferrolle bewusst den Schritt nach vorne wagte, um vom Vorwurf,<br />

ein gewissenloser Opportunist zu sein, abzulenken 482 oder durch echte Betroffenheit<br />

über die Hinrichtung befreundeter stoischer Philosophen unter Domitian angetrieben<br />

wurde, ist letztendlich nicht zu klären. 483 Insgesamt empfiehlt es sich aber, „seine<br />

Aussagen mit Vorsicht zu betrachten. [...] Seine Kontrastierung des bewunderten<br />

Trajan mit dem verhassten Domitian ist literarische Schwarzweißmalerei.<strong>“</strong> 484 In<br />

erster Linie handelt es sich dabei wohl um ein rhetorisches Stilmittel: „Kontrastiert<br />

wurden nicht zwei reale Persönlichkeiten, sondern der beste und der schlechteste<br />

anzunehmende Princeps.<strong>“</strong> 485<br />

Hat das militärische Engagement Domitians in Germanien seinen Zeitgenossen doch<br />

als Aufhänger für gänzlich unterschiedliche Bewertungen gedient, so scheint Sueton<br />

der Thematik wenig Interesse entgegenzubringen: „Sueton […] bringt als einziger<br />

Autor überhaupt keine Wertung zum Ausdruck, geht auf die Frage des Erfolges oder<br />

Misserfolges dieses Feldzuges gar nicht ein, sondern erwähnt ihn lediglich.<strong>“</strong> 486 Er<br />

resümiert kurz, dass Domitian nach wechselhaften Kämpfen gegen Chatten und<br />

Daker einen doppelten Triumph gefeiert habe (de <strong>Chattis</strong> Dacisque post varia<br />

proelia duplicem triumphum egit) 487 und gibt damit wohl den, auf Kenntnis<br />

kaiserlicher Propaganda beruhenden, allgemeinen Kenntnisstand der Zeit wieder. 488<br />

Indirekt erkennt er damit wohl einen Sieg an, zumindest leugnet er ihn nicht so<br />

penetrant wie Tacitus und Plinius dies taten. 489<br />

6.1.2. Spätere antike Autoren<br />

Cassius Dio, der mehr als ein Jahrhundert nach den Ereignissen des Chattenkrieges<br />

482Strobel (2003), S. 312 Auf seine angenehme Zeit während der domitianischen Regierungszeit weisen darüber hinaus<br />

hin: Strobel (1983), S. 43; ders. (2003), S. 304; Sherwin-White (1969), S. 84.<br />

483Vgl. Vielberg (1988), S. 176f.<br />

484Urner (1994), S. 40.<br />

485Seelentag (2004), S. 492.<br />

486Urner (1994), S. 73.<br />

487Suet. Dom. 6,1. Sueton bezieht sich hier wohl auf den Doppeltriumph des Jahres 89.<br />

488Becker (1992), S. 34.<br />

489Dieses, vermutlich thematisch bedingte, Desinteresse darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sueton<br />

insgesamt die Einschätzung seiner Zeitgenossen bei der Beurteilung der flavischen Herrscher teilt: Vespasian und<br />

Titus sind boni principes, Domitian hingegen ein malus princeps (<strong>ex</strong>emplarisch vgl. Suet. Vesp. 12;15; Tit. 1,1; 3; 8;<br />

Dom. 1; 2; 10,1; 11,1). Zu Suetons Domitianbild vgl. differenzierter Lambrecht (1995), S. 529-536.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 76


schrieb, negiert an einer Stelle in seiner Historía Rhomaiké ernsthafte kriegerische<br />

Auseinandersetzungen in Germanien: Domitian habe lediglich einige wehrlose<br />

Stämme jenseits des Rheins überfallen, die darüber hinaus Verträge mit den Römern<br />

hatten, und sich darauf etwas eingebildet als hätte er eine große Leistung<br />

vollbracht. 490 Dadurch gibt Dio „dem Unternehmen einen möglichst minderwertigen<br />

Anstrich, indem er das ganze quasi als Plünderungsaktion hinstellt.<strong>“</strong> 491 Einen – wenn<br />

auch nur lächerlichen und gegen einen weit unterlegenen Gegner errungenen – Sieg<br />

hingegen negiert er nicht. 492 An anderer Stelle widerspricht er sich selbst, indem er<br />

schreibt, der Kaiser sei aus Germanien zurückgekehrt ohne etwas vom Kriege<br />

gesehen zu haben. 493 Insgesamt tragen die Einschätzungen Dios unverkennbare Züge<br />

„der traditionellen Polemik der senatorischen Geschichtsschreibung.<strong>“</strong> 494 Angesichts<br />

der Tatsache, dass Dio die Herrschaft Domitians nicht miterlebt hat, muss man nach<br />

den verwendeten Quellen Dios fragen. Urner hat in ihrer Untersuchung keine innere<br />

Abhängigkeit zu heute noch erhaltenen Quellen festgestellt und zieht daher die<br />

Verwendung der verlorenen Teile der taciteischen Historien in Betracht; auf jeden<br />

Fall müsse das verwendete Quellenmaterial stark negativ gefärbt gewesen sein. 495<br />

Aurelius Victor lobt die Beharrlichkeit Domitians, sich auch von anfänglichen<br />

Schwierigkeiten nicht von seinem Ziel abbringen zu lassen und geschickt auf<br />

Rückschläge zu reagieren. 496 Der Kaiser, so Victor, scheine anfangs von ziemlicher<br />

Ausdauer in der Kriegsführung gewesen zu sein (Domitianus primo […]belloque<br />

tolerantior videbatur). 497 Hierdurch habe er, nachdem er die Daker und eine Schar<br />

Chatten besiegt habe (Dacis et Cattorum manu devictis), die Umbenennung der<br />

beiden Monate September und Oktober vorgenommen (Septembrem Octobremque<br />

menses Germanici superiorem, e suo nomine alterum adpellaverat). 498 Insgesamt<br />

beurteilt Victor hier überaus wohlwollend, „verglichen mit den meisten antiken<br />

490Cass. Dio, Hist. Rom., 67,3,5 (= Zonaras 11,19).<br />

491Urner (1994), S. 75.<br />

492Ebd.<br />

493Cassius Dio, Hist. Rom. 67,4,1 (= Xiphilinos 218, 22-29). Urner (1994), S. 75, geht davon aus, dass Dio hier zwei<br />

zueinander in diesem Punkt widersprüchliche Quellen verarbeitet hat. Etwas naiv, weil die Intention Dios<br />

vernachlässigend, mutet der Versuch von Southern (1997), S. 81 Anm. 4, an, Dios Negation ernsthafter militärischer<br />

Auseinandersetzungen im Chattenkrieg dadurch zu erklären, dass die sonstigen Quellen keine große<br />

Entscheidungsschlacht erwähnen.<br />

494Strobel (1987), S. 424. Zum senatorischen Standpunkt Dios vgl. auch Hose (1994), S. 411ff.<br />

495Urner (1994), S. 79.<br />

496Vgl. Front. Strat. 1,3,10; 2,3,23.<br />

497Aur. Vict. Caes. 11,3.<br />

498Aur. Vict. Caes. 11,3.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 77


Quellen erscheint somit die militärische Bilanz Domitians geradezu einseitig<br />

positiv.<strong>“</strong> 499 Die Wertigkeit des militärischen Erfolges und damit die insgesamt<br />

positive Bewertung wird durch die Reduzierung des Stammes der Chatten auf eine<br />

Schar (manus) aber nicht unwesentlich gemindert. 500<br />

Mit sehr ähnlichen Worten wie Aurelius Victor, aber dennoch etwas anderem<br />

Sinngehalt, beschreibt der Epitomator de Caesaribus den Chattenkrieg (ille primo<br />

[…] belloque tolerantior videbatur: Idcircoque Cattos Germanosque devicit). 501<br />

Auch er bescheinigt durch das Adverb tolerantior Domitian Geduld und<br />

Beharrlichkeit. In der folgenden Aussage wird jedoch ein „etwas anderer<br />

Kausalzusammenhang<strong>“</strong> als bei Victor konstruiert: das Verb devicit lässt die<br />

Niederwerfung der Chatten als unmittelbare Konsequenz aus der Ausdauer des<br />

Princeps erscheinen; auch eine Reduzierung der Chatten auf eine manus wird hier<br />

nicht vorgenommen, „die Aussage ist also positiver.<strong>“</strong> 502<br />

Orosius behauptet, Domitian habe sich gar nicht persönlich an der Front aufgehalten,<br />

sondern in Rom Senat und Volk gequält (in Urbe ipse senatum popolumque<br />

laniaret). 503 Zum Verderben des Staates habe er die Kriege in Germanien und Dakien<br />

durch Unterfeldherren führen lassen (bellum adversum Germanos et Dacos per<br />

legatos gessit pari rei publicae pernicie), wodurch das schlecht geführte Heer in<br />

fortgesetzten Blutbädern vernichtet worden sei (foris male circumactum <strong>ex</strong>ercitum<br />

adsidua hostes caede conficerent). 504<br />

Insgesamt bewertet Orosius den Chattenkrieg ausschließlich negativ: Dem Kaiser<br />

attestiert er vollkommene „militärische Pflichtvergessenheit<strong>“</strong>; indem er es<br />

vorgezogen habe, sich von der Front fernzuhalten und den Krieg durch unfähige<br />

Legaten führen zu lassen, stelle sich „der Herrscher geradezu auf die Seite der<br />

499Witzmann (1999), S. 135. Die an dieser Stelle durchaus positive Bewertung soll jedoch nicht darüber<br />

hinwegtäuschen, dass das von Victor gezeichnete Domitianbild insgesamt überaus düster ist. So schreckt Victor<br />

nicht davor zurück, Domitian des Brudermordes zu bezichtigen und somit einen Grund für Titus' frühes Verscheiden<br />

zu liefern (Aur. Vict. Caes. 11,1; vgl. auch Cassius Dio Hist. Rom. 66, 26, 2f.). Positive Ansätze zu Beginn seiner<br />

Herrschaft seien überdies nur Verstellung, bald jedoch hätten sich mit der superbia und crudelitas das wahre Gesicht<br />

des Herrschers gezeigt. Zum Domitianbild bei Aurelius Victor vgl. Witzmann (1999), S. 133-137; zu Aurelius Victor<br />

in der Tradition senatorischer Geschichtsschreibung vgl. Mehl (2001), S. 164.<br />

500Urner (1994), S. 76.<br />

501Epit. de Caes. 11,2.<br />

502Urner (1994), S. 77. Dass es sich bei den Chatten um einen den Germanen zuzurechnenden Stamm handelt, scheint<br />

ihm dabei nicht bewusst gewesen zu sein.<br />

503Oros. Hist. adv. Pag. 10,1.<br />

504Oros. Hist. adv. Pag. 10,1.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 78


Reichsfeinde.<strong>“</strong> 505 Urner hat hier einen „leichten Anklang an Cassius Dio<strong>“</strong> gesehen,<br />

betont aber, dass dieser „nicht zu seinen [Orosius'] Quellen gehört.<strong>“</strong> Da Orosius sich<br />

bei der Beschreibung des Dakerkrieges im nächsten Satz (10,4) direkt auf Tacitus<br />

bezieht, nimmt sie dessen Historiae als Quelle für diese Stelle an, „das würde die<br />

<strong>ex</strong>trem negative Wertung des Orosius erklären, der sich noch abfälliger äußert als<br />

Cassius Dio<strong>“</strong>. 506<br />

Insgesamt muss bei Orosius beachtet werden, dass seine geschichtstheologisch<br />

motivierte Perspektive ihn zu durchaus eigenwilligen Betrachtungsweisen verleitet<br />

hat. Die Vermutung, es handele sich bei Domitian um einen Christenverfolger – das<br />

„aus seiner Sicht schärfste Verbrechen<strong>“</strong> – wird die Wertung dabei maßgeblich<br />

beeinflusst haben. 507<br />

6.1.3. Resümee:<br />

Zusammenfassend lässt sich also konstatieren, dass sich das Spektrum der<br />

Bewertung des domitianischen Chattenkrieges in der antiken Literatur zur Spätantike<br />

hin verengt hat. Von den Zeitgenossen wurde das militärische Vorgehen des letzten<br />

Flaviers noch durchaus unterschiedlich gewertet: Zu Lebzeiten Domitians gab es<br />

Anerkennung durch die schmeichelnde Poesie Martials und Silius Italicus' und den<br />

durchweg positiven, aber keineswegs anbiedernden, Bericht Frontins. Kritische<br />

Stimmen waren hingegen zu diesem Zeitpunkt nicht zu vernehmen. Nach Domitians<br />

Ermordung – als das Äußern einer oppositionellen Meinung nicht mehr mit einem<br />

persönlichen Risiko verbunden war – treten mit Tacitus, dem jüngeren Plinius und<br />

auch Sueton jene, jeglichen militärischen Erfolg negierenden, Spötter auf den Plan,<br />

die, jeder aus seinen eigenen „persönlich eingefärbten Bewertungsmaßstäben<strong>“</strong><br />

505Witzmann (1999), S. 140.<br />

506Urner (1994), S. 77.<br />

507Witzmann (1999), S. 141. Seit dem letzten Drittel des 2. Jahrhunderts (Brief des Bischofs Melito von Sardes an<br />

Marc Aurel) gilt Domitian in der christlichen Literatur nach Nero als zweiter Christenverfolger, Orosius stellt sich<br />

hier durchaus in die Tradition anderer christlichen Autoren. Zum Problem der domitianischen Christenverfolgung<br />

vgl. Molthagen (1995), der konstatiert, dass in der Forschung die Bereitschaft abgenommen habe, von einer<br />

systematischen Verfolgung zu sprechen, (Forschungsüberblick auf S. 429f.), aber selbst einen Versuch unternimmt,<br />

im 1. Petrusbrief ein Dokument für eine unter Domitian eingeführte pauschale Kriminalisierung des Christseins und<br />

daraus resultierende staatliche Repressionen zu sehen. Hierzu muss angemerkt werden, dass aus den wenigen<br />

Anspielungen in der antiken Literatur nicht zwingend auf eine systematische Christenverfolgung unter Domitian zu<br />

schließen ist. Zur Problematik prägnant und mit Auszügen aus den relevanten Quellen vgl. Pfeiffer (2009), S. 117-<br />

120.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 79


heraus, den verhassten Princeps mit ätzendem Sarkasmus übergossen und den<br />

Triumph als ungerechtfertigte Posse diffamierten. 508 Prägnant fasst Urner diesen<br />

Tatbestand zusammen:<br />

„Festzuhalten ist, dass zu Domitians Lebzeiten keine Abwertung oder auch nur<br />

Kritik literarisch artikuliert wurde. Die Zufriedenen brachten ihre Anerkennung zum<br />

Ausdruck, die Gegner schwiegen und warteten ab, bis sie nach dem Tode des<br />

Kaisers ungestraft ihre Angriffe starten konnten.<strong>“</strong> 509<br />

Zur Spätantike hin verengt sich das Spektrum auf eine eher negative Darstellung der<br />

Geschehnisse. Begrenzt positive Stimmen wie Aurelius Victor oder die Epitome de<br />

Caesaribus gibt es zwar noch immer, Lob wird aber immer zurückhaltend und knapp,<br />

im Falle Victors mit Einschränkung formuliert. Weggefallen sind überdies die<br />

<strong>ex</strong>plizit preisenden Schriftsteller. Als „maßgeblicher Verursacher des schlechten<br />

Image<strong>“</strong> des Chattenkrieges ist Tacitus zu vermuten, der bei der Bewertung Domitians<br />

insgesamt „aus persönlichen Gründen weit von einer Objektivität entfernt<strong>“</strong> ist und<br />

von den späteren antiken Autoren vielfach als Quelle verwandt wurde; aber auch die<br />

Charakterbeschreibung Domitians bei Sueton wird gewiss ihr Schärfchen zur<br />

insgesamt schlechten Bewertung beitragen haben. 510<br />

Auffallend ist, dass die von Tacitus, Plinius und Sueton getragene senatorische<br />

Einschätzung Domitians bereits bei Cassius Dio zu einer Art communis opinio<br />

geworden zu sein scheint, seine Beschreibung hat das allgemein negative<br />

Domitianbild weiterhin verfestigt, was sich nicht unwesentlich auf die moderne<br />

Forschung auswirken sollte. 511 Bei Orosius nimmt die Bewertung geradezu groteske<br />

Züge an, ist doch „unter den überlieferten T<strong>ex</strong>ten selten eine so ausgesucht scharfe<br />

Polemik wie in den Historiae adversum Paganos zu beobachten.<strong>“</strong> 512<br />

508Urner (1994), S. 73.<br />

509Ebd., S. 74. Ferner hält sie fest, dass der Sozialstatus der jeweiligen Autoren kein entscheidender Faktor bei der<br />

Bewertung des Chattenfeldzuges war, „denn auch unter den vier Senatoren Frontinus, Silius Italicus, Tacitus und<br />

Plinius sind die Beurteilungen <strong>ex</strong>trem unterschiedlich.<strong>“</strong><br />

510Ebd., S. 314. Zur Frage, welche Werke den einzelnen späteren antiken Autoren wahrscheinlich vorgelegen haben<br />

werden vgl. Kapitel 3.1.2.<br />

511Mehl (2001), S. 33.<br />

512Witzmann (1999), S. 140.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 80


6.2. Die Bewertung in der modernen Forschung<br />

Die Bewertung des domitianischen Chattenkrieges fiel in der modernen Forschung<br />

durchaus unterschiedlich aus, je nachdem welchem antiken Autor im Einzelnen<br />

Glauben geschenkt wurde. Lange Zeit wurde den domitianfeindlichen Stimmen mehr<br />

Gewicht zugemessen und so musste logischerweise auch die, bereits in der Antike<br />

geformte, negative Bewertung des Chattenkrieges bestehen bleiben. Direkt an<br />

Cassius Dio lehnte sich so Beulé an, wenn er – in der Annahme, Domitian habe<br />

keinen ernsthaften militärischen Gegner vorgefunden – den Feldzug als<br />

„lächerlichste militärische Promenade<strong>“</strong> bezeichnete. 513 Ähnlich sah es von<br />

Domaszewski, der schrieb, der Chattenkrieg sei „nichts als ein militärischer<br />

Spaziergang zur Berichtigung der Grenzen<strong>“</strong> gewesen. 514 Ausschließlich auf Cassius<br />

Dio und Tacitus stützte sich ebenfalls die äußerst negative Berichterstattung bei<br />

Kraus. 515<br />

Imhof relativierte die Kriegshandlungen negierende Mitteilung des Cassius Dio<br />

dadurch, dass er ihnen die positiven Darstellungen der Autoren Aurelius Victor und<br />

Frontin gegenüberstellte und glaubte, dass „es wirklich zum Schlagen kam und nicht<br />

ganz ohne Erfolg.<strong>“</strong> 516 Diese schüchternen Anfänge einer positiveren Bewertung<br />

werden im Folgenden durch die Überbetonung von Domitians schwierigem<br />

Charakter und der Hervorhebung „prunkender und thörichter<strong>“</strong> Huldigungen des<br />

Kaisers in der Folge des Chattenkrieges allerdings wieder relativiert. 517<br />

Es gab aber auch zu dieser Zeit bereits recht positive Stimmen. Pichlmayr sieht die<br />

Verunglimpfung des angeblich zu Unrecht abgehaltenen domitianischen Triumphes<br />

durch Tacitus dadurch widerlegt, dass „eben die deutschen Stämme am Rhein<br />

während der folgenden Zeit sich durchaus ruhig hielten, den einzigen Fall<br />

ausgenommen, wo der Empörer Saturninus Hilfstruppen warb.<strong>“</strong> 518 Vieze glaubt<br />

bereits deshalb nicht an einen falschen Triumph, da der sonst so anekdotenfreudige<br />

Sueton nichts davon zu berichten wüsste; „die beim Triumphe aufgeführten Chatten<br />

513Beulé (1875), S. 132f.<br />

514Domaszewski (1922), S. 160. Vgl. zu beiden Cass. Dio Hist. Rom. 67, 4,1.<br />

515Kraus (1876), S. 16: „Domitianus hatte sich in seinen Erwartungen abermals bitter getäuscht; die viele Jahre<br />

sehnlichst gewünschten Lorbeeren wurden ihm auf diesem Heereszuge nicht zu Teil. Trotzdem durfte die Hauptstadt<br />

nur von siegreichen Schlachten und glänzenden Erfolgen hören. Mit Beute und Gefangenen, die er nicht gemacht<br />

hatte, zog der Kaiser im Siegesprunk in Rom ein.<strong>“</strong> Vgl. hierzu Tac. Germ. 37,5 und Agr. 39,1.<br />

516Imhof (1857), S. 48.<br />

517Ebd., S. 49ff.<br />

518Pichlmayr (1889), S. 24.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 81


werden wohl echt gewesen sein.<strong>“</strong> 519 Auch Ernst Köstlin ist in seiner Monographie<br />

über die Donaukriege Domitians der Ansicht, dass der Princeps aus Germanien<br />

„zweifellos siegreich heimgekehrt<strong>“</strong> sei. 520<br />

Seit Mitte des letzten Jahrhunderts mehren sich nun die vorwiegend positiven<br />

Stimmen. Nesselhauf misst zwar den Erfolg Domitians viel zu sehr am erzielten<br />

territorialen Gewinn und dem weitgefassten Germanienbegriff und spricht daher von<br />

einem „als Erfolg drapierten Verzicht<strong>“</strong>. 521 Gegen die, durch die Propagierung eines<br />

vollständigen Germaniensieges vorgenommene, „Geschichtsfälschung<strong>“</strong> Domitians<br />

habe sich Tacitus zu Recht mit seiner Polemik gewandt. 522 Dennoch bezeichnet er die<br />

unter Domitian vollzogene Provinzgründung als „reichspolitischen Akt von großer<br />

Tragweite<strong>“</strong> und räumt der domitianischen Lösung der Germanienfrage einen<br />

langfristigen Erfolg ein, den er im Wesentlichen darin begründet sieht, dass Trajan in<br />

der Folgezeit an ihr festgehalten habe. 523 Weniger in den territorialen Gewinnen als in<br />

der Dauerhaftigkeit der unter Domitian durchgeführten Maßnahmen zur<br />

Grenzmarkierung und Grenzsicherung in Germanien sieht Southern den Haupterfolg<br />

Domitians begründet: „This frontier is Domitian's enduring achievement.<strong>“</strong> 524<br />

Becker spricht von „jenem großartigen Sieg im inneren Germaniens” und ist der<br />

Ansicht, dass Domitian mit seinem militärischen Engagement den erfolgreicheren<br />

unter seinen Vorgängern in nichts nachstehe – vielmehr handele es sich um einen<br />

„Erfolg, der an die Leistungen des älteren Drusus heranreichte und diejenigen des<br />

Germanicus bei weitem übertraf [...].” 525 Becker sieht den Erfolg darin begründet,<br />

dass die Chatten in diesem Kriege ihre Sonderrolle als einzige ernstzunehmende<br />

Bedrohung der römischen Rheingrenze verloren hatten und es so den Römern<br />

endlich gelang, die uneingeschränkte Kontrolle über die fruchtbare und strategisch<br />

wichtige Wetterau zu erlangen. 526<br />

Strobel sieht den erfolgreichen Abschluss des Chattenkrieges darin begründet, dass<br />

die Ausschaltung des potentiellen Gefahrenherdes in Germanien eine Reduzierung<br />

der militärischen Präsenz am Rhein ermöglicht habe und so erst freie Hand gegeben<br />

habe für die konzentrierte Bekämpfung der Daker an der unteren Donau auch unter<br />

519Vieze (1902), S. 16.<br />

520Köstlin (1910), S. 33<br />

521Nesselhauf (1952), S. 241.<br />

522Ebd., S. 245.<br />

523Ebd., S.236; S. 242; ebenso Christ (1962), S. 212.<br />

524Southern (1997), S. 90.<br />

525Becker (1992), S. 275.<br />

526Ebd., S. 265; vgl. auch S. 303f.; S. 345.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 82


Trajan: „Ohne den erfolgreichen Angriffskrieg gegen die Chatten [...] wäre die<br />

drastische Verringerung des Rheinheeres von acht / neun Legionen auf vier,<br />

zeitweilig nur drei Legionen kaum möglich gewesen.<strong>“</strong> 527<br />

Zudem ist von verschiedenen Positionen die erfolgreiche Lösung des seit Augustus<br />

offengelassenen Germanienproblems als zentrales Erfolgsmoment des<br />

Chattenkrieges angeführt worden: So sei nach Kneißl in Germanien „zweifellos ein<br />

deutlicher Erfolg errungen worden worden<strong>“</strong>, da Domitian im Gegensatz zu seinen<br />

Vorgängern „zu einer Revision der fiktiven Expansionspolitik und damit zu einer<br />

dauerhaften Regelung des germanischen Problems bereit<strong>“</strong> gewesen sei. 528 Pfeiffer<br />

verweist darauf, dass es zur Zeit des domitianischen Chattenkrieges bereits sowohl<br />

einen weit- als auch einen enggefassten Germanienbegriff gegeben habe: „Wirklich<br />

falsch ist die Behauptung von der Eroberung Germaniens deshalb nicht; Domitian<br />

interpretiert die Fakten nur anders, als es seine Zeitgenossen vielleicht gewohnt<br />

waren.<strong>“</strong> 529 Durch seine Politik, den tatsächlich nur schmalen territorialen Gewinn<br />

propagandistisch als die stets angestrebte, umfassende Eroberung Germaniens zu<br />

verkaufen, „befreite [er] die römische Führungsschicht damit [...] von der Einlösung<br />

des unerfüllbaren augusteischen Anspruchs auf eine Eroberung<br />

Gesamtgermaniens.<strong>“</strong> 530<br />

6.2.1. Resümee:<br />

Will man die Bewertung des Chattenkrieges in der modernen Forschungsliteratur<br />

zusammenfassen, fällt auf, dass gerade das von Tacitus und Cassius Dio vermittelte<br />

antike Negativbild Domitians die Ergebnisse der modernen Forschung lange Zeit<br />

dominiert hat. Die „Dominanz der domitianfeindlichen Stimmen<strong>“</strong> konnte sich auch<br />

besonders in den frühen Darstellungen der neueren Forschung durchsetzen, wobei<br />

sich diese modernen Autoren im Wesentlichen nicht die Mühe gemacht haben, die<br />

antiken Quellen und Autoren kritisch zu hinterfragen oder gar das Spektrum der<br />

herangezogenen Quellen zu erweitern. 531<br />

527Strobel (1987a), S. 450; ebenso Wendt (B. 1960), S. 109; Baatz (1989), S. 66; Becker (1992), S. 265; S. 287ff.;<br />

Pfeiffer (2009), S. 93.<br />

528Kneißl (1969), S. 52.<br />

529Pfeiffer (2009), S. 92.<br />

530Ebd.<br />

531Urner (1994), S. 315. Gemeint sind hier die Werke von Beulé (1875), Kraus (1876), Domaszewski (1922), Birt<br />

(1922). Als positive Beispiele sind die Werke von Pichlmayr (1889) und Vieze (1902) zu nennen.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 83


Dies hat sich jedoch im Verlauf des 20. Jahrhunderts geändert:<br />

„Die Haltung der Forscher ist stark von der Zeit abhängig in der sie schrieben. Die Zahl der<br />

abwertenden Äußerungen ist in der älteren Forschung sehr viel größer als in der neueren ab<br />

1950, bei den lobenden verhält es sich genau umgekehrt. Hinsichtlich des Chattenkrieges<br />

ist eine Entwicklung von einer konträren Bewertung zu einer fast einheitlichen Anerkennung<br />

festzustellen.<strong>“</strong> 532<br />

Dieser allgemeine Wandel in der Bewertung des Chattenkrieges verlief durchaus<br />

analog zum Wandel des allgemeinen Domitianbildes und ist durch verschiedene<br />

Aspekte herbeigeführt worden: Man hat nicht nur die Berichte der senatorischen<br />

Tradition kritisch auf Standpunkt, Intention und innere Abhängigkeiten hin befragt,<br />

sondern zudem das Spektrum der literarischen Quellen um die Werke der Dichter<br />

erweitert und schenkt heute dem Bericht Frontins mehr Glauben als früher. Dieser<br />

Versuch, die Geschichte „auch mal gegen die senatorische Geschichtsschreibung<br />

lesen<strong>“</strong>, hat damit im Laufe des letzten Jahrhunderts zu einer Neubewertung des<br />

ersten Chattenkrieges wie auch der domitianischen Herrschaft insgesamt geführt. 533<br />

Zweitens hat die zunehmende Integration nichtliterarischer Quellen in die historische<br />

Debatte um den letzten Flavier, d.h. Funde archäologischer, epigraphischer und<br />

numismatischer Natur, in nicht unmaßgeblicher Weise geholfen, die <strong>ex</strong>treme<br />

Abwertung des Chattenkrieges als ungerechtfertigt zu erweisen. 534 Wenn auch der<br />

tatsächlich nur geringe Gebietsgewinn in Germanien, 535 die über die Maßen pompöse<br />

Propaganda und der, durch die Gründung der Provinzen und Deklaration der<br />

„GERMANIA CAPTA<strong>“</strong> bedingte, endgültige Verzicht auf Germanien im<br />

weitergefassten Sinne der modernen Forschung durchaus bewusst ist, 536 kann heute<br />

keine Position mehr ernsthaft an den positiven Aspekten des domitianischen<br />

Chattenkrieges zweifeln.<br />

532Urner (1994), S. 312.<br />

533Leberl (2004), S. 14.<br />

534Vgl. Hanson (1992), S. 1748; Pfeiffer (2009), S. 2.<br />

535Vgl. <strong>ex</strong>emplarisch: Ternes (1976), S. 748: „Das militärisch großangelegte Unternehmen gegen ein im Grunde<br />

kleines Gebiet [...].<strong>“</strong> Baatz (2002), S. 75: „Am Rhein musste der Kaiser sich mit einem enttäuschend geringen<br />

Gebietszuwachs begnügen: vom Stammesgebiet der Chatten hatte er so gut wie nichts gewonnen.<strong>“</strong><br />

536Grundlegend hierzu Nesselhauf (1952).<br />

Domitians erster Chattenkrieg 84


7. Exkurs: Saturninus-Aufstand und zweiter Chattenkrieg 537<br />

Die im Folgenden darzustellenden Ereignisse des Winters 88/89 lassen vermuten,<br />

dass die Chatten 84/85 nicht vollständig militärisch vernichtet worden waren. 538 Um<br />

die Jahreswende kam es unter der Führung des Befehlshabers des obergermanischen<br />

Heeres, L. Antoninus Saturninus, 539 zur offenen Erhebung gegen Domitian. Das<br />

genaue Datum hierfür ist nicht überliefert, ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit<br />

wird allerdings dem Neujahrstag 89 zugesprochen: Es war der Tag der traditionellen<br />

Eidesleistung der Legionen auf den Princeps, den die beiden zusammen im<br />

Winterlager in Mainz stationierten Heere, die Legio XXI Rapax und die Legio XIV<br />

Gemina Martia, in diesem Fall verweigert haben und stattdessen Saturninus zum<br />

Imperator ausriefen. 540 Auf die Nachricht von der Revolte hin brach Domitian in<br />

Begleitung der Prätorianergarde von Rom schnell in Richtung Mainz auf. Auch<br />

hierfür ist das genaue Datum nicht gesichert, aufgrund von Mitteilungen der<br />

Arvalbrüder hat sich in der Forschung traditionellerweise der 12. Januar 89 als<br />

Aufbruchsdatum eingebürgert. 541<br />

Saturninus benötigte militärische Unterstützung für seine Erhebung, aber sowohl<br />

537An dieser Stelle scheint die <strong>ex</strong>kursorische Darstellung der Ereignisse am zweckdienlichsten. Hierdurch soll<br />

sichergestellt werden, dass der zweite Chattenkrieg Domitians weder komplett ausgeklammert noch in zu<br />

ausführlicher, den Rahmen dieser Arbeit sprengender, Weise behandelt wird.<br />

538Als Indiz hierfür mag auch die Einmischung der Chatten bei der Vertreibung des romfreundlichen Cheruskerkönigs<br />

Chariomerus dienen (Cass. Dio. Hist. Rom. 67, 5, 1), die zwar nicht genau zu datieren ist, aber in die Zeit der beiden<br />

domitianischen Chattenkriege fallen dürfte. Zur Datierung vgl. Christ (1983c), S. 86ff.; auf das Jahr 84 datiert die<br />

Dio-Stelle Braunert (1953), S. 100, ebenso Baatz (2002), S. 74. Strobel (1987a), S. 424, ist der Ansicht, dass man<br />

lediglich das Jahr 92 als terminus ante quem festsetzen könne.<br />

539Vgl. Eck (1985), S. 40f., der auch die für eine nähere Titulierung zu ungenauen antiken Stellen zusammengestellt<br />

hat. Wenn man davon ausgeht, dass die Provinzgründung bereits 84/85 vorgenommen wurde (vgl. Kapitel 5.6.),<br />

muss man natürlich von Saturninus richtigerweise als dem Statthalter der Provinz Germania superior sprechen.<br />

Wenn er hier lediglich als Befehlshaber der Truppen bezeichnet wird, soll dies eine – angesichts der nicht genauer zu<br />

beantwortenden Frage nach der Datierung der Provinzgründung – vorsichtigere Formulierung darstellen. Dieselben<br />

Überlegungen gelten ebenso für Lappius Maximus.<br />

540Cass. Dio Hist. Rom. 67,11,1f.; Suet. Dom. 6,2; 7,3; Epit. de Caes. 11,9f. Dieses Datum hat zuerst Ritterling (1893),<br />

S. 226, mit Verweis auf den Beginn des Bataveraufstandes vorgeschlagen (vgl. Tac. Hist. 1,55). Oft ist daraufhin<br />

eine symbolische Parallelität der zwanzig Jahre zuvor beginnenden Ereignisse strapaziert worden, vgl. z.B. Jones<br />

(1992), S. 147. Becker (1992), S. 288, Anmerkung 90, argumentiert jedoch schlüssig, dass bei den Zeitgenossen<br />

zwar die Erinnerung an die Erhebung des Vitellius wachgerufen worden wäre, Saturninus sich hingegen schwerlich<br />

auf diesen habe berufen können, da die beiden in Mainz stationierten Legionen damals auf verschiedenen Seiten<br />

gekämpft hätten. Ob die beiden in Vindonissa und Straßburg stationierten Legionen, die ebenfalls dem Kommando<br />

des Saturninus unterstanden, am Aufstand beteiligt waren, ist unsicher. Suet. Dom. 7,3 jedenfalls spricht nur von der<br />

Beteiligung zweier Legionen.<br />

541Strobel (1986a), S. 211. Becker (1992), S. 289, zieht aber ebenso einen Aufbruch erst zum 17. Januar in Erwägung<br />

und erklärt sich so die Mitteilungen der Arvalbrüder sowohl am 12. (Mobilisierung der Prätorianer) als auch am 17.<br />

Januar (Abmarsch der Truppen). Der schnelle Aufbruch Domitians hat zudem mehrfach zu der Vermutung geführt,<br />

der Kaiser habe im Vorfeld von der Erhebung gewusst und bereits Gegenmaßnahmen getroffen, vgl. Walser (1968),<br />

S. 453f. Bei Walser (1989), S. 455, findet sich auch eine, mögliche zeitgenössische Melde- und Marschwege<br />

berücksichtigende, Chronologie der Ereignisse in tabellarischer Form. Walser betont aber zugleich, dass die<br />

winterliche Witterung zu Verzögerungen geführt haben mag.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 85


Norbanus, der Statthalter Raetiens war, als auch der Befehlshaber des<br />

untergermanischen Heeres, A. Bucius Lappius Maximus, 542 verweigern ihm diese. 543<br />

Lappius Maximus zog vielmehr gegen die Aufständischen zu Felde, die Erhebung<br />

konnte niedergeschlagen werden. 544 Die Entscheidungsschlacht muss für Mitte<br />

Januar vermutet werden. 545 Domitian selbst erreichte die Nachricht vom Sieg der<br />

loyalen Truppen auf dem Marsch, dennoch wird man davon ausgehen können, dass<br />

er weiter nach Mainz gezogen ist, um persönlich die am Aufstand Beteiligten zur<br />

Rechenschaft zu ziehen. 546<br />

Interessant ist auch die Mitteilung Suetons, die Erhebung habe lediglich durch einen<br />

wundersamen Glücksfall (felicitate mira) vereitelt werden können; wegen des<br />

Tauwetters hätten germanische Truppen (copias barbarorum) gerade zum Zeitpunkt<br />

der Entscheidungsschlacht den bis dahin zugefrorenen Rhein nicht überschreiten und<br />

somit Saturninus nicht zu Seite stehen können. 547 Scheinbar hatte Saturninus bei der<br />

Suche nach Unterstützung für seinen Aufstand Verbündete in germanischen Stämmen<br />

gefunden, wenngleich hierin wohl eher eine durch Beute motivierte Verbindung<br />

gesehen werden muss als ein „offizielles Bündnisangebot eines politisch einheitlich<br />

handelnden Stamms.<strong>“</strong> 548<br />

Die Verwicklung der Chatten in den Saturninus-Aufstand und in der Folge gegen sie<br />

getroffene Vergeltungsmaßnahmen sind nicht gesichert. 549 Eine Inschrift nennt<br />

542Vgl. Eck (1985), S. 149-151.<br />

543Mart. Epigr. 9, 84,1f. Bei Epit. de Caes. 11,10 wird Norbanus mit Lappius Maximus identifiziert. Die neuzeitliche<br />

Forschung ist ihm hierin lange Zeit gefolgt, z.B. Domaszewski (1922), S. 164; Henderson (1927), S. 111, später<br />

auch noch Garzetti (1974), S. 272 und Goetz / Welwei (1995), S. 261.<br />

544Cass. Dio Hist. Rom. 67,11,1; Epit. de Caes. 11,10;<br />

545Becker (1992), S. 291, geht davon aus, dass die Schlacht vermutlich am 15. oder 16. Januar 89 an einem nicht näher<br />

zu bestimmenden Ort zwischen Mainz und Bonn stattgefunden habe.<br />

546Eine persönliche Anwesenheit des Princeps leugnet Suet. Dom. 6,2. Schumacher (1976), S. 137f., geht davon aus,<br />

dass Domitian sofort nach Erhalt der Siegesnachricht umgekehrt sei und sich zurück nach Rom begeben habe. Für<br />

einen Weiterzug Domitians sprechen sich hingegen aus: Walser (1968), S. 503f.; Strobel (1986a), S. 212. Explizit<br />

Becker (1992), S. 292: „Angesichts von Domitians Gewohnheit, sich um wichtige Angelegenheiten selbst zu<br />

kümmern, halte ich die zweite Möglichkeit [Fortsetzung des Marsches nach Obergermanien] für weitaus<br />

wahrscheinlicher. Die Schwere des Verbrechens spricht dafür, dass der Kaiser die folgende Aburteilung der<br />

Beteiligten persönlich in Mainz vornahm.<strong>“</strong> Hierfür ist weiterhin der Grabstein des kaiserlichen Vorkosters Zosimus<br />

herangezogen worden (AE 1976, 504 = Schumacher (1988), S. 209), dessen Datierung allerdings nicht eindeutig<br />

gesichert ist. Für eine Datierung ins Jahr 89, und damit für eine Anwesenheit Domitians in Mainz, spricht sich mit<br />

Nachdruck Walser (1989), S. 4452f., S. 456, aus.<br />

547Suet. Dom. 6,2.<br />

548Wolters (2008), S. 90. Vgl. hierzu auch Tac. Germ. 14,2f. Becker (1992), S. 34 Anm. 134: „Unter diesen Germanen<br />

sind wohl in erster Linie Chatten zu verstehen.<strong>“</strong><br />

549Vielfach wurden Zerstörungshorizonte in den römischen Lagern in der Wetterau als Indiz für eine chattische<br />

Beteiligung angeführt, vgl. hierzu Murison (1985), S. 37; Schönberger (1969), S. 159ff. Dem widerspricht Strobel<br />

(1986a), S. 215ff.: Es lasse sich nicht eindeutig belegen, dass die Brandspuren aus dem Jahre 89 stammen, zudem<br />

könnten sie auch von Auseinandersetzungen zwischen römischen Truppen stammen und letztlich fehlten<br />

Zerstörungsspuren „gerade dort, wo man einen chattischen Angriff auf die Wetterau und das Vorfeld von Mainz zu<br />

erwarten hätte.<strong>“</strong><br />

Domitians erster Chattenkrieg 86


Lappius Maximus confector belli Germanici, die knappen allegorischen<br />

Andeutungen in der Dichtung und die 19. imperatorische Akklamation Domitians<br />

reichen aber nicht aus, um einen zweiten Chattenkrieg zweifelsfrei zu bezeugen. 550<br />

Schlüssig scheint so ein Unterfangen allerdings schon, da ein solches Unternehmen<br />

dem Princeps die Möglichkeit eröffnet hätte, die Usurpation etwas in den<br />

Hintergrund treten zu lassen und dem Gesamtkonflikt zumindest den Anschein eines<br />

äußeren Krieges zu geben. 551 Insgesamt wird aber angesichts der kalten Jahreszeit mit<br />

größeren und raumgreifenderen Operationen ohnehin nicht zu rechnen sein: „Februar<br />

und März waren keine zur Kriegsführung besonders geeigneten Monate.<strong>“</strong> 552<br />

Der Dichter Statius jedenfalls berichtet von schonungsvollen Verträgen für die<br />

besiegten Chatten (victis parcentia foedera <strong>Chattis</strong>), welche die Milde des Kaisers<br />

gewährt habe. 553 Hieraus ist anzunehmen, dass man sich von römischer Seite damit<br />

begnügt haben wird, durch das Schließen eines foedus bzw. durch Erneuern des<br />

gebrochenen Vertrags den status quo ante bellum wiederherzustellen. 554<br />

Durch den 89 abgehaltenen Doppeltriumph über Chatten und Daker 555 fand der,<br />

wahrscheinlich auf sehr überschaubare militärische Erfolge beschränkte, sogenannte<br />

zweite Chattenkrieg im Nachhinein eine propagandistische Aufwertung; das, was im<br />

Wesentlichen ein bellum civile war, wird in ein bellum <strong>ex</strong>ternum umgedeutet worden<br />

sein. Aus dem Chattentriumph des Jahres 89 wird somit eine „kaschierte<br />

Bürgerkriegsfeier.<strong>“</strong> 556<br />

Unklarheit herrscht über die Beweggründe, die Saturninus zur Rebellion gegen den<br />

550CIL VI 1347, vgl. Becker (1992), S. 296, besonders auch Anm. 128. Die entsprechenden Stellen bei Martial (Epigr.<br />

7,7,3; 9,1,3; 9,6,1) und Statius (Silv. 1,1,51) kommentiert überzeugend und prägnant Urner (1994), S. 104f. Strobel<br />

(1986a), S. 219, hatte die 19. imperatorische Akklamation Domitians in Zusammenhang mit einem zweiten<br />

Chattenkrieg gebracht.<br />

551Nesselhauf (1960), S. 165f.<br />

552Becker (1992), S. 297; Southern (1997), S. 103: „There was probably a demonstration of strength, not strictly<br />

deserving of the label of a war.<strong>“</strong><br />

553Stat. Silvae 3, 3, 168. Urner (1994), S. 105: „Hier ist ausdrücklich von einem Sieg über die Chatten die Rede.<strong>“</strong><br />

554Becker (1992), S. 298. Becker leitet hieraus zwei Erkenntnisse ab: Einerseits, dass der pragmatische aber „wenig<br />

ruhmreiche<strong>“</strong> Abschluss eines möglichen zweiten Chattenkriegs der weiterhin unruhigen Lage an der Donau<br />

geschuldet sei und dass andererseits die erneute Auseinandersetzung mit den Chatten, gemessen an der Dringlichkeit<br />

des anderen Kriegsschauplatzes, relativ unbedeutend war.<br />

555Suet. Dom. 6,1.<br />

556Wolters (2008), S. 90. Ebenso Christ (1983c), S. 98, sehr deutlich Nesselhauf (1960), S. 166: „[...] vertuschte man<br />

die Peinlichkeit des Bürgerkriegs, indem man ihn als äußeren Krieg, in diesem Falle als Germanienkrieg,<br />

deklarierte.<strong>“</strong> Für eine Verzeichnung einer inneren Auseinandersetzung zu einem äußeren Konflikt spricht sich mit<br />

Nachdruck auch Urban (1999), S. 84, aus. Dagegen deutlich Perl (1981), S. 564: Die Stellen Suet. Dom. 6,3 und<br />

10,5 sprächen nicht nur <strong>ex</strong>plizit von einem bellum civile, sondern auch die diesbezüglichen Mitteilungen der<br />

Arvalbrüder seien nur in diese Richtung zu interpretieren. Für eine Umdeutung der Ereignisse in einen<br />

außenpolitischen Krieg spricht aber meines Erachtens bereits der bei Suet. Dom. 6,1 überlieferte Triumph: Sowohl<br />

Künzl (1988), S. 30, als auch Eder (2002), Sp. 837, betonen, dass bei Siegen in Bürgerkriegen kein Triumph<br />

vergeben wurde.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 87


Princeps verleitet haben mögen, gerade weil die antiken Quellen diesbezüglich keine<br />

wirklich verwertbaren Anhaltspunkte geben. Martial unterstellt Saturninus reine<br />

Hybris als Motiv, wenn er höhnt, der Legat habe sich aufgrund seines nomen gentile,<br />

das er mit Marcus Antonius gemeinsam gehabt habe, zu Höherem berufen gefühlt als<br />

ihm nach seiner tatsächlichen sozialen Position zugestanden habe. 557 Der Epitomator<br />

de Caesaribus sieht hingegen die Ursache für den Aufstand im Fehlverhalten des<br />

Kaisers begründet: Dessen generelle Grausamkeit und eine persönliche Beleidigung<br />

von Seiten Domitians gegenüber Saturninus – möglicherweise auch in Hinblick auf<br />

tatsächliche oder unterstellte homos<strong>ex</strong>uelle Neigungen des Letzteren – hätten die<br />

Revolte begründet. 558 In der modernen Forschung stehen sich bei der Beurteilung<br />

dieser Frage im Wesentlichen zwei Theorien gegenüber: Die eine Seite vertritt die<br />

Ansicht, Saturninus selbst sei das treibende Element gewesen, das den Putsch gegen<br />

den Princeps angestrengt habe, 559 die andere Seite geht davon aus, dass es sich um<br />

eine Militärrevolte gehandelt habe, wobei Saturninus als Heerführer des<br />

obergermanischen Heeres von seinen Soldaten zur Usurpation gedrängt worden<br />

sei. 560<br />

Angesichts von gewaltsamen Aktionen der Häscher Domitians, die sich in den<br />

Folgejahren auch gegen Mitglieder des Senats richteten, ist zudem vielfach davon<br />

ausgegangen worden, dass der Aufstand des Saturninus von senatorischen Kreisen<br />

557Mart. Epigr. 4,11,1f. Vgl. auch Urner (1994), S. 103.<br />

558Epit. de Caes. 11,9. Einen Hinweis auf mögliche homos<strong>ex</strong>uelle Neigungen des Saturninus liefert uns Cass. Dio Hist.<br />

Rom. 67, 11, 4. Vgl. hierzu auch Urner (1994), S. 114.<br />

559Strobel (1986a), S. 205f; Murison (1985), S. 46ff; Nesselhauf (1960), S. 163: Gegen eine vom Heer ausgehende<br />

Initiative zum Aufstand, und damit für einen von Saturninus selbst initiierten Putsch, wird als Argument immer<br />

wieder angeführt, dass Domitian nach der Solderhöhung im Rahmen des ersten Chattenkrieges gerade bei den<br />

Soldaten sehr beliebt gewesen sein müsse, was durch die Nachricht bei Suet. Dom. 23,1 gestützt werden mag. Auch<br />

Sueton selbst unterstützt im Grunde diese Position, wenn er (Dom. 7,3) schreibt, dass Saturninus seine<br />

Siegeshoffnungen auf die große Menge des in der Legionskasse hinterlegten Geldes begründet habe.<br />

560Walser (1968), S. 499f.; Jones (B. 1974), S. 535; Flaig (1992), S. 445-449. Alle diese Positionen sehen sich<br />

natürlich mit dem Zwang konfrontiert, eine ganz massive Unzufriedenheit der beiden Mainzer Legionen<br />

nachzuweisen. Hier ist vielfach die Vermutung geäußert worden, dass die Truppen und ihre Führung mit der, im<br />

Kern defensiven, auf Bewahrung des Erreichten ausgerichteten Germanienpolitik Domitians unzufrieden gewesen<br />

wären. Walser (1968), S. 499f., sieht die Ursache der Erhebung in der „weichen Politik am Rhein<strong>“</strong>, d.h. dem<br />

Verzicht auf Großoffensiven gegen die Chatten; ob die Erhebung von Seiten der Truppen oder der Führung<br />

ausgegangen sei, sei allerdings nicht zu klären. Jones (1992), S. 144, führt zu dieser Frage an, dass den Soldaten erst<br />

fünf Jahre zuvor der Sold erhöht worden und ihre Veteranenprivilegien bestätigt worden seien. Zudem seien es nach<br />

Suet. Dom. 23,1 eben die einfachen Soldaten gewesen, die nach der Ermordung Domitians für dessen<br />

Vergöttlichung eingetreten seien. Daraus schließt er: „[...] they should have had little cause for dissatisfaction. [...]<br />

Pressure for revolt may have come from above [Offiziere] rather than from below.<strong>“</strong> Southern (1997), S. 105,<br />

hingegen zieht massive Unzufriedenheit der Soldaten angesichts von Gerüchten über eine erneute Verlegung der<br />

Legio XXI Rapax in Erwägung, welche den Soldaten die aus Handelskontakten mit der einheimischen Bevölkerung<br />

resultierenden Profite nehmen würde: „XII Rapax may have seen its potential profit margins rapidly diminishing,<br />

and their grievances, fortified by an alcoholic Saturnalia, may then have grown into rebellion.<strong>“</strong><br />

Domitians erster Chattenkrieg 88


gedeckt wurde. 561 Mit Hinblick auf die nicht herausragende soziale Position des<br />

Saturninus aber wird von der neueren Forschung eher von einer militärischen<br />

Einzelaktion eines unzufriedenen, möglicherweise persönlich gekränkten,<br />

Heerführers als von einer weitreichenden Verschwörung ausgegangen. 562<br />

Unterschiedlich fällt in der antiken Literatur auch die Bewertung der Gründe für das<br />

Scheitern des Aufstandes aus: Während Martial die Loyalität des rätischen<br />

Statthalters Norbanus lobt (sancta fides), 563 sieht der jüngere Plinius<br />

selbstverständlich in dem eilends aus der Provinz Hispania Tarraconensis<br />

heranbeorderten Trajan, zu diesem Zeitpunkt Befehlshaber der legio VII Gemina, die<br />

stärkste Stütze Domitians (validissimum praesidium) bei der Niederwerfung des<br />

Saturninus-Aufstandes. 564 Die historische Realität der Ereignisse jedoch muss Plinius'<br />

Äußerung als im Nachhinein angebrachte Schmeichelei enttarnen: Trajan erreichte<br />

Mainz erst nach der Niederwerfung des Aufstandes. 565 Nicht ganz ungerechtfertigt ist<br />

hingegen Martials Einschätzung, hätten doch Norbanus' bis zu zehntausend Mann<br />

starke Auxiliartruppen „das Kräfteverhältnis schon erheblich verändern können.<strong>“</strong> 566<br />

Insgesamt darf man aber „eher konkurrierende Faktionen vermuten, an deren<br />

Gegensatz die Erhebung scheiterte.<strong>“</strong> 567<br />

Über die Folgen des Saturninus-Aufstandes berichtet nur Sueton. Domitian habe<br />

nach der Niederschlagung der Revolte angeordnet, dass von nun an nicht mehr zwei<br />

Legionen in einem Lager untergebracht sein dürften; zudem erfolgte eine<br />

Beschränkung der Lagerkasse auf nicht mehr als tausend Sesterzen pro Soldat, um<br />

ähnlichen Bestrebungen in Zukunft die finanzielle Grundlage zu entziehen. 568 Auch<br />

in Hinblick auf Domitians Charakter sieht Sueton im Aufstand des Jahres 89 eine<br />

entscheidende Zäsur. So sei der Kaiser nach dem Sieg im Bürgerkrieg beträchtlich<br />

grausamer geworden (post civilis belli victoriam saevior) und habe neue<br />

Foltermethoden angewandt, um verborgene Mitwisser zu enttarnen (latentis conscios<br />

561So Ritterling (1883), S. 229; Weynand (1909), Sp. 2567f.; Walser (1968), S. 498: „Hinter Saturninus stand eine<br />

größere Verschwörung aus Kreisen des Senats und der Generalität.<strong>“</strong> Syme (1983), S. 122, weist jedoch daraufhin,<br />

dass zumindest direkt nach dem Aufstand in der Hauptstadt selbst keine Verurteilungen stattgefunden haben.<br />

562Nesselhauf (1960), S. 165; Strobel (1986a), S. 204f.; Jones (1974), S. 147: „This was a military revolt, nothing<br />

more.<strong>“</strong>; Becker (1992), S. 293ff.; Southern (1997), S. 103.<br />

563Mart. Epigr. 9, 84, 1f. Vgl. auch Urner (1994), S. 103.<br />

564Plin. Paneg. 14,5. Vgl. auch Urner (1994), S. 105f.<br />

565Walser (1989), S. 455, setzt die Ankunft Trajans für Ende Februar an, er hat Mainz damit erst nach Domitian<br />

erreicht.<br />

566Urner (1994), S. 104.<br />

567Timpe (2008), S. 191.<br />

568Suet. Dom. 7,3.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 89


investigat, novo quaestionis genere). 569<br />

Als weitere Maßnahmen wurden die loyalen Legionen und Auxilien mit dem<br />

Ehrentitel pia fidelis Domitiana ausgezeichnet und Lappius Maximus nach dem<br />

erfolgreichen Abschluss der Straf<strong>ex</strong>pedition gegen die Chatten zum Statthalter der<br />

ranghöheren Provinz Syria befördert, Norbanus wurde möglicherweise zum<br />

Statthalter von Ägypten berufen, bevor er Prätorianerpräfekt wurde. 570<br />

569Suet. Dom. 10,5. Cass. Dio Hist. Rom. 67,11,1f. behauptet, der Umstand, dass Saturninus' sämtliche Korrespondenz<br />

verbrannt worden war, bevor sie dem Princeps in die Hände fallen konnte, habe Domitian einen passenden Vorwand<br />

für eine Reihe von Mordtaten geliefert. Während Sueton also mit der Anwendung der Folter zum Aufspüren von<br />

Mitverschworenen und Hintermännern eine gewisse Zweckrationalität der sich steigernden Grausamkeit Domitians<br />

liefert, verschweigt dies Cassius Dio ebenso wie Epit. de Caes. 11,10. Beide stellen so Domitians Vorgehen als<br />

willkürliche Gewaltakte dar, vgl. hierzu auch Urner (1994), S. 117. In der modernen Forschung finden die strengen<br />

Maßnahmen Domitians gegen die Verschwörer durchweg Verständnis: Gsell (1894), S. 260f.; Waters (1964), S. 73;<br />

Grant (1987), S. 303f.; Southern (1997), S. 103. Das Motiv der Rache und die Aburteilung der Mitverschwörer als<br />

Vorwand für die willkürliche Beseitigung unliebsamer Personen betonen hingegen die älteren Positionen Kraus<br />

(1876), S. 24 und Henderson (1927), S. 112f. Bei Suetons Einschätzung des Saturninus-Aufstandes als Wendepunkt<br />

in Domitians Charakter sind ihm einige neuzeitliche Autoren gefolgt: Pichlmayr (1889), S. 41; Bengtson (1979), S.<br />

208; Grant (1987), S. 307; Pfeiffer (2009), S. 74.<br />

570Southern (1997), S. 103; Griffith (2000), S. 66. Zu Lappius Maximus vgl. Eck (1985), S. 149f. Becker (1992), S.<br />

291, sieht in der Tatsache, dass die beiden anderen obergermanischen Legionen diesen Titel nicht erhielten, ein<br />

abwartendes und damit in den Augen des Princeps kompromittierendes Verhalten begründet. Interessant ist<br />

weiterhin die Frage, warum Saturninus nach der Herrschaftszeit Domitians nicht (literarisch) rehabilitiert wurde,<br />

musste er doch von den Gegnern des verblichenen Princeps als einer der Ihren gesehen werden. Nesselhauf (1960),<br />

S. 165, hat hier als Grund die Rolle des späteren Princeps Trajans im Saturninus-Aufstand vermutet, der eilfertig für<br />

Domitian Stellung bezogen hatte.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 90


8. Die Einordnung der domitianischen Germanienpolitik<br />

Ob man nun einen von Anfang an bestehenden Plan zur umfassenden Eroberung<br />

unterstellen mag oder nicht, die militärischen Aktivitäten der augusteischen Zeit<br />

brachten Germanien unmissverständlich in den Blick des Imperiums: Der Alpenraum<br />

war erobert worden und Drusus waren zwischenzeitlich Vorstöße über die Nordsee,<br />

die Täler von Lippe und Main gelungen, man erreichte gar die Weser und Elbe.<br />

Umso überraschender scheint es, dass es trotz enormer militärischer Anstrengungen<br />

während der Herrschaftszeit des Augustus nicht zu einer dauerhaften direkten<br />

Herrschaft der Römer über Germanien gekommen war. 571<br />

Die Germanienpolitik des ersten römischen Princeps endete vielmehr „in einer<br />

Aporie<strong>“</strong>: Die massive Konzentration von Truppen in den germanischen <strong>ex</strong>ercitus<br />

symbolisierte einerseits ein „Festhalten an offensiven Einwirkungsmöglichkeiten in<br />

den rechtsrheinischen Raum<strong>“</strong>; demgegenüber stand andererseits die Erkenntnis, dass<br />

eine Realisierung dieses Anspruches zu diesem Zeitpunkt nur unter zu hohen Kosten<br />

hätte möglich sein können. 572 Augustus vererbte gewissermaßen das Problem seinen<br />

Nachfolgern, die hier jeder für sich eine Antwort zu finden hatten: „Denn zumindest<br />

die entscheidenden Fragen der Außen- und Militärpolitik waren auf die neue Figur<br />

des Princeps übergegangen und an den diesbezüglichen Erwartungen musste sich<br />

jeder von ihnen messen lassen.<strong>“</strong> 573 Tiberius hatte mit der Abberufung des Germanicus<br />

im Jahre 16 nach Christus die römische Beharrung auf der Rheinlinie als offizielle<br />

Strategie ausgegeben, was in langfristiger Perspektive ein entscheidender Einschnitt<br />

der römischen Germanienpolitik werden sollte. 574 Der römische Anspruch auf<br />

Germanien wurde hierdurch aber „nur vertagt, nicht preisgegeben. Die folgenden<br />

Regierungen hüteten sich, die heikle Frage anzurühren und diese die römische<br />

Außenpolitik belastende Hypothek einzulösen, sie scheuten sich aber auch, sie zu<br />

annullieren.<strong>“</strong> 575<br />

In der Folgezeit setzten die einzelnen Herrscher jeweils persönliche Akzente in der<br />

571Recht aktuelle Zusammenfassungen und Beurteilungen der Forschungsdiskussion bieten Deininger (2000) und<br />

Kehne (2002).<br />

572Ungern-Sternberg (1989), S. 165.<br />

573Wolters (2008), S 77.<br />

574Deininger (2000), S. 750, vgl. auch Lehmann (1989).<br />

575Nesselhauf (1952), S. 236. Für eine Aufrechterhaltung des römischen Anspruches auf Germanien nach dem Verzicht<br />

des Tiberius spricht sich besonders auch Wendt (B. 1960) aus.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 91


Germanienpolitik, eine „übergeordnete, sachlich begründete und langfristig<br />

durchgehaltene germanienpolitische Linie<strong>“</strong> gab es hingegen nicht. 576 Der unter<br />

Caligula, dem Sohn des Germanicus, im Jahre 39 begonnene Feldzug in Germanien,<br />

erscheint durch die verzerrte Überlieferung aber lediglich als eine durch die<br />

irrationalen Launen eines Verrückten motivierte Posse, die sich später für den<br />

Triumph gekaufter und verkleideter Gefangener habe bedienen müssen. 577 Laut<br />

Tacitus hätten diese mit ungeheuren Drohungen verbundenen Unternehmungen ein<br />

lächerliches Ende gefunden (mox ingentes Gai Caesaris minae in ludibrium<br />

versae). 578<br />

Die zwar besonnene, aber im „Grundtenor reagierend angelegte Germanienpolitik<strong>“</strong><br />

des Claudius setzte auch Nero fort, der aber an militärischen Aktivitäten in<br />

Germanien weniger interessiert schien. 579 Trotz gelegentlicher und begrenzter<br />

kriegerischer Aktivitäten im rechtsrheinischen Gebiet war dieses zu einem<br />

hauptsächlich diplomatisch kontrollierten Vorfeld des direkten römischen<br />

Herrschaftsbereiches in Germanien geworden. 580 Seit Tiberius hatte kein Princeps<br />

mehr versucht, „die etablierte Flußgrenze entscheidend zu verändern<strong>“</strong>, wenn auch<br />

der Fortbestand der beiden germanischen <strong>ex</strong>ercitus „grundsätzlich Offenheit für<br />

Änderungen<strong>“</strong> anzeigte. 581 Ungeachtet der faktischen Politik dieser Jahrzehnte<br />

bestanden in der römischen Öffentlichkeit aber „immer noch erhebliche<br />

Erwartungen<strong>“</strong> in Bezug auf die Lösung der germanischen Frage. 582<br />

Nachdem die Erhebung des Vitellius und der Bataveraufstand den beinahe<br />

576Timpe (2008), S. 179; Ungern-Sternberg (1985), S. 164.<br />

577Suet. Cal. 19,2; 43-47; 51,2 stellen die Handlungen Caligulas als militärisch vollkommen sinnlos hin; vgl. aber auch<br />

Suet. Galba 6,2f., wo dieselben Ereignisse wenigstens teilweise als nachvollziehbare Manöverübungen dargestellt<br />

werden. Insgesamt sind die Unternehmungen Caligulas in Germanien eng mit zwei anderen Themenkompl<strong>ex</strong>en<br />

verwoben: Der Verschwörung des Lepidus (vgl. hierzu Suet. Cal. 24,3; 29,1; Cass. Dio Hist. Rom. 59,22, 6-9; Oros.<br />

Hist. adv. Pag. 7,5,9) und die Hinrichtung des obergermanischen Legaten Cornelius Lentulus Gaetulicus (vgl. Suet.<br />

Claud. 9,1). Vgl. ausführlicher bei Becker (1992), S. 224ff.<br />

578Tac. Germ. 37. Nach der Ermordung Caligulas sind die von ihm begonnenen Aktionen in Germanien noch durch<br />

Galba und Gabinius Secundus weitergeführt und beendet worden, vgl. Cass. Dio Hist. Rom. 60,8,7; Tac. Hist.<br />

1,49,4; Suet. Galba 8,1; Suet. Claud. 24,3.<br />

579Wolters (1989), S. 53. Zu archäologischen Nachweisen der claudisch-neronischen Aktivitäten im Oberrheingebiet,<br />

die für eine begrenzte Ausdehnung des römischen Vorfeldes bereits in den 40er Jahren sprechen mögen, vgl.<br />

Whittaker (2000), S. 302. Becker (1992), S. 235, verweist darauf, dass sich für Claudius wegen der Operationen in<br />

Britannien wohl keine Alternative zu einem Verzicht auf größere militärische Operationen in Germanien gestellt<br />

habe.<br />

580Gehrke (2006), S. 369, geht davon aus, dass die Ereignisse im Germanien jenseits der römischen Heeresbezirke<br />

genau beobachtet und durch „Bündnisverträge und Subsidien<strong>“</strong> im römischen Sinne beeinflusst wurden.<br />

581Eck (2004a), S. 214.<br />

582Baatz (2000), S. 63.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 92


vollständigen Zusammenbruch der römischen Positionen am Rhein gebracht hatten,<br />

überschritten unter den drei flavischen Kaisern die Römer nach Jahrzehnten der<br />

Beharrung auf der Rheinlinie wieder den Strom. Vespasian konnte, wohl<br />

hauptsächlich durch die fleißige Poinierarbeit seiner Legionäre, die wahrscheinlich<br />

nur dünn besiedelten Gebiete an Neckar und Donau ohne größere militärische<br />

Auseinandersetzungen unter direkte römische Kontrolle bringen und auch begrenzten<br />

Einfluss auf die Wetterau geltend machen. All dies trägt die Züge einer Politik der<br />

begrenzten Expansion und Arrondierung, die aber nicht bereit war ein größeres<br />

Risiko einzugehen. 583 Am Mittelrhein jedoch lagen die Verhältnisse anders; die<br />

Chatten, die in den letzten Jahrzehnten die Cherusker als führenden Germanenstamm<br />

abgelöst hatten und ihre Romfeindlichkeit bereits mehrfach unter Beweis gestellt<br />

hatten, fühlten sich möglicherweise durch das Vordringen der Römer in der Wetterau<br />

unter Vespasian bedroht, es scheint zumindest nicht zu unwahrscheinlich, dass sie<br />

eine feindliche Haltung eingenommen haben werden. 584 Domitian nutzte die sich hier<br />

beinahe aufdrängende Möglichkeit einer außenpolitischen Bedrohung, um den lange<br />

ersehnten Nachweis seiner militärischen Führungsqualitäten zu erbringen und<br />

reagierte mit seinem gut vorbereiten und militärisch konzentrierten Feldzug.<br />

Domitian führte damit aber nicht nur die von seinem Vater begonnenen Aktivitäten in<br />

Germanien logisch und konsequent fort. 585 Mit seinem dezidiert offensiven<br />

militärischen Vorgehen geht er noch den entscheidenden Schritt weiter, drängte er<br />

doch den letzten ernsthaften Gegner von den römischen Positionen in der Wetterau<br />

ab. 586 Vespasians Sicherungs- und Arrondierungsmaßnahmen im Südwesten der<br />

heutigen Bundesrepublik sind zwar als erfolgreich anzusehen, hatten sich aber des<br />

außenpolitischen Kernproblems, d.h. der Frage, wie der römischen Anspruch auf die<br />

direkte Herrschaft über Germanien verwirklicht werden könnte, ebenso wenig<br />

angenommen wie die Maßnahmen seiner Vorgänger. 587 Mit der auf tatsächlich nur<br />

recht geringem territorialen Zugewinn begründeten Überführung der seit Augustus<br />

bestehenden provisorischen Ordnung in Germanien in die zeitgemäße Form der<br />

583Vgl. Kapitel 4.<br />

584Vgl. Front. Strat. 1,1,8.<br />

585Becker (1992), S. 264: „Der Chattenkrieg Domitians baut somit zwar auf dem unter seinem Vater erreichten<br />

Zustand auf, die Ansicht, daß der Sohn lediglich die schon angelegten Pläne des Vaters durchgeführt habe, wird<br />

dadurch nicht gerechtfertigt.<strong>“</strong><br />

586Ebd., S. 303f. Rüger (2000), S. 496, hatte hingegen lediglich die Kontinuität der vespasianischen Politik betont.<br />

587So hatte Nesselhauf (1960), S. 161, hervorgehoben, dass es Vespasian in der zweiten Hälfte seiner Herrschaft<br />

„weder an Zeit noch an Kräften<strong>“</strong> gemangelt hätte, um selbst militärisch gegen die Chatten vorzugehen.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 93


Provinz hat Domitian hingegen eine eigene, für seine Zwecke rationale Antwort auf<br />

diese Frage gefunden, die man als „nach Anspruch und Situation jedenfalls wohl<br />

genuin domitianisch<strong>“</strong> anzusehen hat: 588 „Das seit einem Jahrhundert der Lösung<br />

harrende Germanienproblem, an dem sich selbst der große Augustus erfolglos<br />

versucht hatte, war damit endgültig bereinigt.<strong>“</strong> 589<br />

Die in Anbetracht auf das enorme Truppenaufgebot verschiedentlich geäußerte<br />

Ansicht, Domitian habe zu Beginn des Feldzuges eine weitgesteckte bis überspannte<br />

Eroberungspolitik bis tief nach Germanien vor Augen gehabt und habe diese<br />

notgedrungen in dem Moment aufgeben müssen, als die Lage an der Donau brenzlig<br />

wurde, scheint nach heute herrschender Meinung nicht haltbar. 590 Für seine<br />

Germanienpolitik wird ihm vielmehr ein „festes strategisches Konzept<strong>“</strong> 591 und<br />

insgesamt „ein nüchternes politisches und strategisches Kalkül und eine gewisse<br />

Zurückhaltung<strong>“</strong> attestiert. 592 Die Art und Weise der Vorbereitung und Durchführung<br />

der militärischen Operationen, die Sicherung der Grenze und die Reorganisation der<br />

beiden germanischen <strong>ex</strong>ercitus „can all be seen as related developments, clearly<br />

indicating that Domitian knew what he was doing.<strong>“</strong> 593<br />

Wenn man ferner das weitere Vorgehen seiner Nachfolger Nerva, Trajan und Hadrian<br />

in der Region in die Überlegungen miteinbezieht, muss man konstatieren, dass die<br />

unter Domitian begonnenen Entwicklungen „einen definitiven Wendepunkt in der<br />

römischen Germanienpolitik<strong>“</strong> darstellten, sollten doch seine Nachfolger an der unter<br />

Domitian eingeschlagenen außenpolitischen Linie in Germanien festhalten. 594<br />

588Strobel (1987a), S. 430, mit Anm. 49. Aufgrund der schweren historischen Belastung des Begriffes sollte auch ein<br />

Althistoriker mit dem Wort „Endlösung<strong>“</strong> etwas behutsamer umgehen als Strobel es an dieser Stelle tut.<br />

589Nesselhauf (1952), S. 237; Eck (2004a), S. 214. Selbstverständlich ist anzuerkennen, dass in rein territorialer<br />

Hinsicht die domitianische Lösung „den eigentlichen Verzicht auf die Germania Magna hinter dem durchsichtigen<br />

[...] Anspruch, dass Gegenteil bewirkt zu haben<strong>“</strong> bedeutete, wie es Timpe (1998), S. 230, formulierte. Wenn man<br />

den Erfolg des Chattenkrieges aber allein an diesen recht schmalen Zugewinnen bemisst, wird man dessen<br />

Tragweite nicht gerecht und so muss auch Timpe zugeben, dass die domitianische Lösung dauerhaften, d.h. im<br />

Endeffekt überaus erfolgreichen Charakter hatte.<br />

590Angenommen hatte dies u.a. Schönberger (1969), S. 158. Anklänge dieser Vorstellung finden sich auch noch bei<br />

Bengtson (1979), S. 199; Rüger (2000), S. 498. Dagegen Strobel (1987a), S. 429; Klee (2006), S. 43. Ungern-<br />

Sternberg (1989), S. 165: „muss offen bleiben.<strong>“</strong> Timpe (1998), S. 229, zieht zumindest beide Möglichkeiten in<br />

Erwägung.<br />

591Bellen (1998), S. 105.<br />

592Strobel (1987a), S. 429 mit Anm. 40; ebenso Southern (1997), S. 85.<br />

593Southern (1997), S. 83.<br />

594Becker (1992), S. 303; Nesselhauf (1952), S. 242.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 94


595Pfeiffer (2009), S. 91.<br />

9. Schlussbetrachtung<br />

Es scheint an der Zeit, die oben angestellten Überlegungen in der gebotenen Kürze<br />

zusammenzufassen. In Übereinstimmung mit der aktuellen Forschungslage lässt sich<br />

mit großer Wahrscheinlichkeit folgendes Szenario für den Ablauf des domitianischen<br />

Chattenkrieges annehmen: Intensive Vorbereitungen und Planungen der Römer<br />

fanden im Jahre 82 statt, im Frühjahr 83 sammelte Domitian dann seine Truppen<br />

unter einem Vorwand in Mainz und führte von dort einen schnellen militärischen<br />

Schlag gegen die Chatten aus. Nach schnell errungenen Anfangserfolgen zogen sich<br />

die Kampfhandlungen wegen des Widerstands des Gegners und der für die Römer<br />

ungünstigen Topographie allerdings hin, was die römischen Legionen zu der oben<br />

beschriebenen Veränderung ihrer Kampfweise zwang. Der bei Frontin angedeutete<br />

Kriegsverlauf war durchaus nicht geeignet, um durch eine große<br />

Entscheidungsschlacht einen glänzenden Sieg zu erringen, zähe Pionierarbeit trat an<br />

die Stelle glorreicher Schlachten. Das bis zum Spätsommer 83 Erreichte genügte<br />

Domitian aber, er kehrte nach Rom zurück, feierte seinen Triumph und ließ sich ein<br />

ganzes Bündel an persönlichen Ehrungen gewähren, während sich die<br />

Kampfhandlungen in Germanien noch bis zum Herbst 84 oder Frühjahr 85 hinzogen.<br />

Insbesondere die nun einsetzende Münzpropaganda Domitians auf den<br />

Germanensieg lässt vermuten, dass die Umwandlung der germanischen <strong>ex</strong>ercitus in<br />

Provinzen eher recht zeitnah zum Abschluss der Kämpfe erfolgt sein wird als zum<br />

späteren Termin 89. Diese Münzprägungen sprechen eine eindeutige Sprache und<br />

weisen auf die immense Bedeutung des militärischen Erfolges für die<br />

Herrschaftslegitimation Domitians hin: „Was der Sieg über Judäa für Vespasian und<br />

Titus bedeutete, war der Sieg über den stärksten und bedeutendsten Germanenstamm<br />

an der Rheingrenze.” 595<br />

Damit wäre die Motivation Domitians für seinen Feldzug angesprochen. Hier darf<br />

man sowohl innenpolitisches Kalkül als auch ernsthafte außenpolitische Gründe<br />

annehmen. So reagierte Domitian mit seinem Krieg gegen die Chatten keineswegs<br />

auf eine spontane Bedrohung, sondern zielte mit Blick auf eine langfristige<br />

Sicherung der Rheingrenze darauf ab, den größten potentiellen Unruhestifter von der<br />

unmittelbaren Interessensphäre der Römer abzudrängen. Allzu verständlich und von<br />

Domitians erster Chattenkrieg 95


596Christ (1995), S. 283.<br />

597Urner (1994), S. 321.<br />

sorgfältiger Überlegung zeugend, ist zudem das Streben des Kaisers, gegen diesen<br />

Gegner mit einem schnellen Erfolg den noch ausstehenden Beweis seiner virtus<br />

imperatoria zu erbringen und diese durch seine Propaganda in massivster Form zu<br />

verkünden. Mit der Gründung der beiden germanischen Provinzen hat Domitian eine<br />

ganz eigene Lösung gefunden, die sowohl sinnvoll als auch zeitgerecht war: Ließ<br />

sich doch hierdurch über die tatsächlich nur geringen Gebietsgewinne<br />

hinwegtäuschen und das von Augustus als unliebsames Erbe hinterlassene Problem<br />

der offenen Germanienfrage als endgültig erledigt erklären.<br />

Nach dem gewaltsamen Ableben des letzten Flaviers kam es zur Abrechnung von<br />

Seiten der domitianfeindlichen, senatorisch dominierten Historiographie. Wenn auch<br />

das Fehlen eines großen Schlachtensieges und die verfrühte und über alle Maßen<br />

pompös inszenierte Siegespropaganda Domitians die Polemik seiner Gegner<br />

verständlicher machen mögen, darf bei dieser nicht übersehen werden, dass die<br />

Autoren mit jeweils unterschiedlichen, persönlich eingefärbten Motiven<br />

unzweifelhaft das Ziel verfolgt hatten, mit dem verhassten Autokraten abzurechnen.<br />

Für das Domitianbild insgesamt sollte diese Rufmordkampagne eine verheerende<br />

und langanhaltende Nachwirkung haben:<br />

„Es gibt wenige römische principes, deren historisches Bild trotz unbestreitbarer positiver<br />

politischer Ansätze [...] so verdüstert wurde wie dasjenige Domitians. Dazu haben zunächst<br />

die senatorischen Geschichtsschreiber ebenso beigetragen, wie die frühchristlichen<br />

Autoren.” 596<br />

Dieses antike Domitianbild wurde lange Zeit auch ungeprüft von der modernen<br />

Forschung übernommen. Erst die um Rehabilitation und Verständnis des letzten<br />

Flaviers bemühten Positionen seit den 1960er Jahren haben sich intensiv darum<br />

bemüht, mit der nötigen Skepsis gegenüber der senatorischen Tradition die<br />

überlieferten Fakten genauer zu hinterfragen, so dass Urner im Jahre 1994 nicht ganz<br />

ohne Genugtuung Folgendes feststellen konnte:<br />

„Das Domitianbild unterliegt einem Wandel. Aus dem grausamen, habgierigen Tyrannen,<br />

dem haltlosen Lüstling und feigen Versager im Kriege wurde inzwischen ein strenger,<br />

konsequenter, […], umsichtiger Staatsmann […] und fähiger Feldherr mit Augenmaß für<br />

Realitäten.” 597<br />

Domitians erster Chattenkrieg 96


598Becker (1992), S. 303.<br />

599Bengtson (1979), S. 199.<br />

Letztlich konnte sich also die „Germania Capta Domitians [...] gegenüber dem<br />

falsus triumphus des Tacitus<strong>“</strong> durchsetzen. 598 Wenn es dabei einerseits falsch wäre,<br />

den faktischen Verzicht auf die Eroberung ganz Germaniens und die – am militärisch<br />

tatsächlich Erreichten gemessen – übertriebene Propaganda unter den Tisch zu<br />

kehren, so wäre es ebenso falsch, den Erfolg Domitians ausschließlich an den relativ<br />

geringen Geländegewinnen zu messen. Vielmehr muss der langfristige Bestand der<br />

domitianischen Lösung anerkannt werden: Gelang es ihm doch insgesamt die<br />

römische Position in der Region zu sichern, die – der Saturninus-Aufstand sollte nur<br />

eine Episode bilden – bis zum Fall des Limes im 3. Jahrhundert nicht mehr ernsthaft<br />

in Frage gestellt werden sollte. Somit hatte der Feldzug auch in außenpolitisch-<br />

militärischer Hinsicht sein Ziel erreicht. Weiterhin war es die erfolgreiche<br />

Konsolidierung der römischen Stellung in Germanien, die eine Verringerung der<br />

Truppen am Rhein und eine militärische Schwerpunktverlagerung an die untere<br />

Donau erst ermöglichte. Durch die Anlage der frühen Limesanlagen im neu<br />

gewonnenen Gebiet hat Domitian in Germanien „ein Zeitalter der<br />

Befestigungspolitik eingeleitet<strong>“</strong> und somit die Grundausrichtung für das weitere<br />

Vorgehen am Rhein vorgegeben, das von seinen Nachfolgern Trajan und Hadrian<br />

recht konsequent weitergeführt und zum Abschluss gebracht werden sollte: 599<br />

Während ihrer Herrschaftszeit wurden die, in domitianischer Zeit angelegten, frühen<br />

Grenzsicherungsanlagen im heutigen Südhessen systematisch ausgebaut und letztlich<br />

in jenes, sich über drei Kontinente erstreckende, Grenzbefestigungssystem integriert,<br />

das dem heutigen Betrachter als der „römische Limes<strong>“</strong> bekannt ist und im Sommer<br />

2005 von der UNESCO zum transnationalen Weltkulturerbe erhoben wurde.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 97


a.) Quellen<br />

Quellensammlungen:<br />

Quellen- und Literaturverzeichnis<br />

Altes Germanien. Auszüge aus den antiken Quellen über die Germanen und ihre Beziehungen zum<br />

römischen Reich. Quellen der alten Geschichte bis zum Jahre 238 nach Christus, Band 2,<br />

herausgegeben von Hans-Werner Goetz und Karl-Wilhelm Welwei, Darmstadt: Wissenschaftliche<br />

Buchgesellschaft, 1995.<br />

Griechische und lateinische Quellen zur Frühgeschichte Mitteleuropas bis zur Mitte des 1.<br />

Jahrtausends u. Z., 4 Bände, herausgegeben von Joachim Herrmann, Berlin: Akademie-Verlag,<br />

1988-1992.<br />

Antike Autoren:<br />

Cassius Dio, Römische Geschichte. Epitome der Bücher 61-80. Herausgegeben und übersetzt von<br />

Otto Veh, Düsseldorf [u.a.]: Artemis & Winkler, 1987.<br />

Marci Valerii Martialis Epigrammaton Libri, 2 Bände, herausgegeben und mit erklärenden<br />

Anmerkungen versehen von Ludwig Friedlaender, Leipzig: Hirzel, 1886.<br />

Marcus Valerius Martialis, Epigramme. Lateinisch-deutsch, herausgegeben von Paul Barié und<br />

Winfried Schindler, Düsseldorf und Zürich: Artemis & Winkler, 1999.<br />

Paulus Orosius, Die antike Weltgeschichte in christlicher Sicht, 2 Bände, übersetzt und erläutert von<br />

Adolf Lippold; eingeleitet von Carl Andresen, München und Zürich: Artemis, 1985/1986.<br />

Plinius Secundus, XII Panegyrici Latini, herausgegeben und erläutert von Roger Mynors, Oxford:<br />

University Press, 1964.<br />

Publius Cornelius Tacitus, Historien. Lateinisch-deutsch, herausgegeben von Helmuth Vratska,<br />

Stuttgart: Reclam, 1984.<br />

Publius Cornelius Tacitus, Agricola. Germania. Lateinisch und deutsch, herausgegeben, übersetzt<br />

und erläutert von Alfons Städele, 2., verbesserte Auflage, Düsseldorf: Artemis & Winkler, 2001.<br />

S<strong>ex</strong>ti Aurelii Victoris Liber de Caesaribus. Praecedunt Origo gentis Romanae et Liber de viris<br />

illustribus urbis Romae; subsequitur Epitome de Caesaribus, herausgegeben von Franz Pichlmayr,<br />

Leipzig: Teubner, 1911.<br />

S<strong>ex</strong>tus Aurelius Victor, Die Römischen Kaiser. Liber de Caesaribus, herausgegeben, übersetzt und<br />

erläutert von Kirsten Groß-Albenhausen und Manfred Fuhrmann, 3. verbesserte Auflage,<br />

Düsseldorf: Artemis & Winkler, 2009.<br />

S<strong>ex</strong>tus Iulius Frontinus, Kriegslisten. Lateinisch und deutsch, herausgegeben und übersetzt von<br />

Gerhard Bendz, Berlin: Akademie-Verlag, 1963.<br />

Silius Italicus, Punica, herausgegeben von Joseph Delz, Stuttgart: Teubner, 1987.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 98


Statius, Silvae, 2 Bände, herausgegeben und übersetzt von John H. Mozley, London: Heinemann,<br />

1928.<br />

Sueton, Leben der Caesaren, herausgegeben und übersetzt von André Lambert, 4. Aufl., München:<br />

dtv-Verlag, 1983<br />

Suetonii Tranquilli opera, vol. 1: De vita Caesarum libri VIII. Editio minor, herausgegeben von<br />

Maximilian Ihm, Leipzig: Teubner, 1907.<br />

Inschriften:<br />

(CIL 1863-) = Corpus inscriptionum latinarum. Consilio et auctoritate Academiae Litterarum<br />

Regiae Borussicae editum. Berlin: Reimer, 1863-.<br />

(ILS 1892-1916) = Dessau, Hermann, Inscriptiones Latinae Selectae (ILS), 3 Bände, Berlin:<br />

Weidmann, 1892-1916.<br />

Freis (1994) = Freis, Helmut, Historische Inschriften zur römischen Kaiserzeit von Augustus bis<br />

Konstantin, 2. Aufl., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1994.<br />

(AE 1889-) = L'Année Épigraphique (AE). Revue des publications épigraphiques relatives à<br />

l'antiquité romaine, Paris : Université. de France, 1889-.<br />

Schuhmacher (1988) = Leonhard, Römische Inschriften. Lateinisch / deutsch, Stuttgart: Reclam,<br />

1988.<br />

Walser (1993) = Walser, Gerold, Römische Inschriften, römische Inschriften für den akademischen<br />

Unterricht und als Einführung in die lateinische Epigraphik. Ausgewählt, photographiert und<br />

erläutert von demselben, Stuttgart: Steiner, 1993.<br />

Münzen:<br />

RIC II (2007) = Carradice, Ian; Buttrey, Theodore, The Roman Imperial Coinage, Volume II, Part 1:<br />

From AD 69-96, Vespasian to Domitian, 2., vollständig überarbeitete Ausgabe, London: Spink,<br />

2007.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 99


. Literatur:<br />

Ahl (1986) = Ahl, Frederick; Davis, Martha; Pomeroy, Arthur, Silius Italicus, in: Aufstieg und<br />

Niedergang der Römischen Welt II 32.4, Berlin [u.a.]: de Gruyter, 1986, S. 2492-2623.<br />

Albrecht (1994) = Albecht, Michael von, Geschichte der römischen Literatur. Von Andronicus<br />

bis Boethius, mit Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Neuzeit, Band 2, 2., verbesserte und<br />

erweiterte Auflage, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1994.<br />

Alföldi (1997) = Alföldi, Maria, Germania Magna, nicht libera, Germania 75.1 (1997), S. 45-<br />

52.<br />

Alföldy (1968) = Alföldy, Géza, Die Hilfstruppen der römischen Provinz Germania Inferior<br />

(Epigraphische Studien 6), Düsseldorf: Rheinland-Verlag, 1968.<br />

Alföldy (1984) = derselbe, Römische Sozialgeschichte, 3. Auflage, Darmstadt:<br />

Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1984.<br />

Allen (1969) = Allen, Walter jr. [u.a.], Martial. Knight, Publisher, and Poet, The Classical<br />

Journal 65 (1969/70), S. 345-357.<br />

Andresen (1985) = Andresen, Carl, Einleitung zu: Paulus Orosius, Die antike Weltgeschichte in<br />

christlicher Sicht, Band 1, übersetzt und erläutert von Adolf Lippold, München und Zürich:<br />

Artemis, 1985, S. 5-48.<br />

Asbach (1884) = Asbach, Julius, Die Kaiser Domitian und Trajan am Rhein, Westdeutsche<br />

Zeitschrift für Geschichte und Kunst 3 (1884), S. 1ff.<br />

Baatz (1993) = Baatz, Dietwulf, Der römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein<br />

und Donau, 3. überarb. Auflage, Berlin: Mann, 1993.<br />

Baatz (2002) = Baatz, Dietwulf; Herrmann, Fritz-Rudolf (Hrsg.), Die Römer in Hessen, aktual.<br />

Lizenzauflage, Hamburg: Nicol-Verlag, 2002.<br />

Bahn (1999) = Bahn, Paul, Wege in die Antike. Kleine Einführung in die Archäologie und die<br />

Altertumswissenschaft, Stuttgart: Metzler, 1999.<br />

Baldus (2002) = Baldus, Christian, Vestigia Pacis. Der römische Friedensvertrag als Struktur<br />

und Ereignis, Historia 51 (2002), S. 298-348.<br />

Baldwin (1975) = Baldwin, Barry, Suetonius: Birth, Disgrace and Death, Acta Classica 18<br />

(1975), S. 61-70.<br />

Baldwin (1983) = derselbe, Suetonius. The Biographer of Caesars, Amsterdam: Hakkert, 1983.<br />

Barnes (1969) = Barnes, Timothy D., The Lost Kaisergeschichte and the Latin Historical<br />

Tradition, Bonner Historia-Augusta Colloqium (BHAC) 1969/70.<br />

Batomsky (1985) = Batomsky, S. J., The Not-so-perfect Man. Some Ambiguities in Tacitus'<br />

Picture of Agricola, Latomus 44 (1985), S. 388-393.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 100


Bauer (1999) = Bauer, Otto, Vergangenheitsbewältigung im Werk des Tacitus, Dissertation,<br />

Eichstätt,1999.<br />

Bechert (1982) = Bechert, Tilman, Römisches Germanien zwischen Rhein und Maas. Die<br />

Provinz Germania Inferior, München: Hirmer, 1982.<br />

Bechert (1995) = derselbe, Die römische Reichsgrenze zwischen Mosel und Nordseeküste,<br />

Stuttgart: Theis, 1995.<br />

Bechert (1999) = derselbe, Die Provinzen des römischen Reiches, Mainz: von Zabern, 1999.<br />

Bechert (2003) = derselbe, Römische Archäologie in Deutschland. Geschichte, Denkmäler,<br />

Museen, Stuttgart: Reclam, 2003.<br />

Bechert (2007) = derselbe, Germania Inferior. Eine Provinz an der Nordgrenze des Römischen<br />

Reiches, Mainz: von Zabern, 2007.<br />

Beck (1998) = Beck, Jan-Wilhelm, „Germania<strong>“</strong>- „Agricola<strong>“</strong>: Zwei Kapitel zu Tacitus' zwei<br />

kleinen Schriften. Untersuchungen zu ihrer Intention und Datierung sowie zur Entwicklung<br />

ihres Verfassers (Spudasmata 68), Hildesheim [u.a.]: Georg Olms Verlag, 1998.<br />

Becker (1992) = Becker, Armin, Rom und die Chatten (Quellen und Forschungen zur hessischen<br />

Geschichte), Darmstadt und Marburg: Selbstverlag der Hessischen Historischen Komission<br />

Darmstadt und der Historischen Kommission für Hessen, 1992.<br />

Becker / Schallmayer (2001) = Becker, Armin; Schallmayer, Egon, Limes, in: Reall<strong>ex</strong>ikon der<br />

germanischen Altertumskunde, 2. Auflage, Band 18, Berlin: de Gruyter, 2001, S. 403-442.<br />

Beckmann (2009) = Beckmann, Martin, Significance of Roman Imperial Coin Types, Klio 91<br />

(2009, Heft 1), S. 144-161.<br />

Bellen (1998) = Bellen, Heinz, Grundzüge der römischen Geschichte. Band 2: Die Kaiserzeit<br />

von Augustus bis Diocletian, Darmstadt: Primus-Verlag, 1998.<br />

Bengtson (1979) = Bengtson, Hermann, Die Flavier. Geschichte eines römischen Kaiserhauses,<br />

München: Beck, 1979.<br />

Berriman (2001) = Berriman, Andrew; Todd, Malcom, A Very Roman Coup: The Hidden War of<br />

Imperial Succession AD 96-8, Historia 50 (2001), S. 312-331.<br />

Beulé (1875) = Beulé, Charles-Ernest, Die römischen Kaiser aus dem Hause des Augustus und<br />

dem flavischen Geschlechte, Bd. 4: Titus und seine Dynastie, Halle: Buchhandlung des<br />

Waisenhauses, 1875.<br />

Beutel (2000) = Beutel, Frank, Vergangenheit als Politik. Neue Aspekte im Werk des jüngeren<br />

Plinius (Studien der klassischen Philologie 121), Frankfurt am Main [u.a.]: Lang, 2000.<br />

Bleckmann (2002) = Bleckmann, Bruno, Inschriften, Münzen, Denkmäler, in: Maurer, Michael<br />

(Hrsg.), Aufriß der Historischen Wissenschaften, Bd. 4: Quellen, Stuttgart: Reclam, 2002, S. 15-<br />

Domitians erster Chattenkrieg 101


32.<br />

Bird (1975) = Bird, Harold Wesley, A Reconstruction of the Life and Career of S. Aurelius<br />

Victor, The Classical Journal 70,4 (1975), S. 49-54.<br />

Bird (1981) = derselbe, The Sources of the De Caesaribus, Classical Quarterly 75 (1981), S.<br />

457-463.<br />

Bird (1984) = derselbe, S<strong>ex</strong>tus Aurelius Victor. A Historiographical Study (Classical and<br />

Medieval T<strong>ex</strong>ts, Papers and Monographs 14), Liverpool: Cairns, 1984.<br />

Birley (2000) = Birley, Anthony R., The Life and Death of Cornelius Tacitus, Historia 49<br />

(2000), S. 230-247.<br />

Birt (1922) = Birt, Theodor, Römische Charakterköpfe., Ein Weltbild in Biographien, 5,<br />

verbesserte Auflage, Leipzig: Quelle & Meyer, 1922.<br />

Bleicken (1962) = Bleicken, Joachim, Der politische Standpunkt Dios gegenüber der<br />

Monarchie, Hermes 90 (1962), S. 444-467.<br />

Borszák (1968) = Borszák, Stephan, Publius Cornelius Tacitus, Paulys Realenzyklopädie der<br />

classischen Altertumswissenschaft, Supplementband 11, Stuttgart: Metzler, 1968, Sp. 374-511.<br />

Bradley (1991) = Bradley, Keith, The Imperial Idea in Suetonius 'Caesares', in: Aufstieg und<br />

Niedergang der römischen Welt II 33.5, Berlin [u.a.]: de Gruyter, 1991, S. 3701-3732.<br />

Braunert (1953) = Braunert, Horst, Zum Chattenkrieg Domitians, Bonner Jahrbücher 153<br />

(1953), S. 97-101.<br />

Bringmann (2006) = Bringmann, Klaus, Römische Geschichte. Von den Anfängen bis zur<br />

Spätantike, 9., durchgesehene Auflage, Beck: München, 2006.<br />

Burgess (1993) = Burgess, Richard W., Principes cum tyrannis. Two Studies on the<br />

Kaisergeschichte and its Tradition, Classical Quarterly 43, Issue 2 (1993), S. 491-500.<br />

Buttrey (1980) = Buttrey, Theodore, Documentary Evidence for the Chronology of the Flavian<br />

Titulature (Beiträge zur klassischen Philologie 112), Meisenheim am Glan 1980.<br />

Calder (1935) = Calder, William M., Silius Italicus in Asia, Classical Review 49 (1935), S. 216-<br />

217.<br />

Cameron (2001) = Cameron, Allan, The Epitome de Caesaribus and the Chronicle of<br />

Marcellinus, The Classical Quarterly 51, Issue 1 (2001), p. 324-327.<br />

Cancik (1986) = Cancik, Hubert, Statius' Silvae. Ein Bericht über die Forschung seit Friedrich<br />

Vollmer (1898), in: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt II 32.5, Berlin [u.a.]: de<br />

Gruyter, 1986, S. 2681-2726.<br />

Christ (1957) = Christ, Karl, Antike Siegesprägungen, Gymnasium 64 (1957), S. 504-533.<br />

Christ (1983a) = derselbe, Zur Herrscherauffassung und Politik Domitians, Aspekte des<br />

Domitians erster Chattenkrieg 102


modernen Domitianbildes, in: derselbe, Römische Geschichte und Wissenschaftsgeschichte.<br />

Band 2: Geschichte und Geschichtsschreibung der römischen Kaiserzeit, Darmstadt:<br />

Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1983, S. 1-27. (Zuerst veröffentlicht in Schweizerische<br />

Zeitschrift für Geschichte 12 (1962), S. 187-213.)<br />

Christ (1983b) = derselbe, Tacitus und der Prinzipat, in: derselbe, Römische Geschichte und<br />

Wissenschaftsgeschichte. Band 2: Geschichte und Geschichtsschreibung der römischen<br />

Kaiserzeit, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1983, S. 101-139. (Zuerst<br />

veröffentlicht in Historia 27 (1978), S. 449-487).<br />

Christ (1983c) = derselbe, Zur Geschichte des hessischen Raumes in der römischen Kaiserzeit,<br />

in: derselbe, Römische Geschichte und Wissenschaftgeschichte. Band 2: Geschichte und<br />

Geschichtsschreibung der römischen Kaiserzeit, Darmstadt: Wissenschaftliche<br />

Buchgesellschaft, 1983, S. 86-100. (Zuerst veröffentlicht in: H. Bannasch und H.-P. Lachmann<br />

(Hrsg.), Aus Geschichte und ihren Hilfswissenschaften. Festschrift für Walter Heynemeyer zum<br />

65. Geburtstag, Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 40, Marburg,<br />

1979, S. 529-543).<br />

Christ (1989) = derselbe, S<strong>ex</strong>tus Iulius Frontinus, princeps vir, in: Werner Dahlheim u.a.<br />

(Hrsg.), Festschrift R. Werner zu seinem 65. Geburtstag (Xenia 22), Konstanz:<br />

Universitätsverlag, 1989, S. 149-160.<br />

Christ (1995) = derselbe, Geschichte der römischen Kaiserzeit, 3., durchgesehene und erweiterte<br />

Auflage, München: Beck, 1995.<br />

Christ (2005) = derselbe, Kaiserideal und Geschichtsbild bei S<strong>ex</strong>tus Aurelius Viktor, Klio 87<br />

(2005, Heft 1), S. 177-200.<br />

Christ (2006) = derselbe, Klios Wandlungen. Die deutsche Althistorie vom Neuhumanismus bis<br />

zur Gegenwart, München: Beck, 2006.<br />

Classen (1985) = Classen, Carl Joachim, Martial, Gymnasium 95 (1985), S. 329-349.<br />

Cobet (2009) = Cobet, Justus, Orosius' Weltgeschichte: Tradition und Konstruktion, Hermes<br />

137 (2009), S. 60-92.<br />

Daumer (2005) = Daumer, Jörg, Aufstände in Germanien und Britannien. Unruhen im Spiegel<br />

antiker Zeugnisse, Frankfurt am Main: Lang, 2005.<br />

Deininger (2000) = Deininger, Jürgen, Germaniam pacare. Zur neueren Diskussion über die<br />

Strategie des Augustus gegenüber Germanien, Chiron 30 (2000), S. 749-773.<br />

Dietz (2001) = Dietz, Karlheinz, Decumates Agri, in: Der Neue Pauly, Band 3, Stuttgart:<br />

Metzler, 2001, Sp. 354-355.<br />

Döpp (1985) = Döpp, Siegfried, Tacitus' Darstellungsweise in cap. 39-43 des Agricola,<br />

Würzbürger Jahrbücher für die Altertumswissenschaft 11 (1985), S. 151-167.<br />

Domaszewski (1922) = Domaszewski, Alfred von, Geschichte der römischen Kaiser, Band 2, 3.<br />

Auflage, Leipzig: Quelle & Meyer, 1922.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 103


Duncan-Jones (2005) = Duncan-Jones, Richard P., Implications on Roman Coinage, Klio 87<br />

(2005), S. 459-487.<br />

Eck (1981) = Eck, Werner, Besprechung H. Bengtson Die Flavier. Vespasian, Titus, Domitian,<br />

Gnomon 53 (1981), S. 343-347.<br />

Eck (1982) = derselbe, Die Gestalt Frontins in ihrer politischen und sozialen Umwelt, in:<br />

Frontinus-Gesellschaft e.V. (Hrsg.), Wasserversorgung im antiken Rom, München und Wien:<br />

Oldenbourg, 1982.<br />

Eck (1985) = derselbe, Die Statthalter der germanischen Provinzen vom 1.-3. Jahrhundert<br />

(Epigraphische Studien 14), Bonn: Rheinland-Verlag, 1985.<br />

Eck (1997) = derselbe, s.v. Domitianus, in: Der Neue Pauly, Band 3, Stuttgart: Metzler, 1997,<br />

Sp. 746-750.<br />

Eck (2004a) = derselbe, Geschichte der Stadt Köln, Band 1: Köln in römischer Zeit. Geschichte<br />

einer Stadt im Rahmen des Imperium Romanum, Köln: Greven, 2004.<br />

Eck (2004b) = derselbe, Diplome, Konsuln und Statthalter. Fortschritte und Probleme einer<br />

kaiserzeitlichen Prosographie, in: Chiron 34 (2004), S. 26-44.<br />

Eck (2007) = derselbe, Befund und Realität. Zur Repräsentativität unserer epigraphischen<br />

Quellen in der römischen Kaiserzeit, Chiron 37 (2007), S. 49-64.<br />

Eder (2002) = Eder, Walter, s.v. Triumph, Triumphzug, in: Der Neue Pauly, Band 12.1,<br />

Stuttgart: Metzler, 2002, Sp. 836-838.<br />

Eigler (2003) = Eigler, Ulrich, s.v. S. Aurelius Victor, Der Neue Pauly, Band 12..2, Stuttgart:<br />

Metzler, 2003, Sp. 187-188.<br />

Enmann (1884) = Enmann, Al<strong>ex</strong>ander, Eine verlorene Geschichte der römischen Kaiser,<br />

Philologus Supplement 4, Göttingen, 1884, S. 335-501.<br />

Evans (1975) = Evans, John K, The Dating of Domitian's War against the Chatti again, Historia<br />

24 (1975), S. 121-124.<br />

Evans (1976) = derselbe, Tacitus, Domitian and the Proconsulship of Agricola, Rheinisches<br />

Museum für Philologie 119 (1976), S. 79-84.<br />

Flach (1972) = Flach, Dieter, Zum Quellenwert der Kaiserbiographien Suetons, Gymnasium 79<br />

(1972), S. 273-289.<br />

Flach (1973) = derselbe, Tacitus in der Tradion der antiken Geschichtsschreibung<br />

(Hypomnemata 39), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1973.<br />

Flaig (1992) = Flaig, Egon, Den Kaiser herausfordern. Die Usupation im römischen Reich,<br />

Frankfurt am Main: Campus-Verlag, 1992.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 104


Filtzinger (1986) = Filtzinger, Philipp; Planck, Dieter; Cämmerer, Bernhard (Hrsg.), Die Römer<br />

in Baden-Württemberg, 3., völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart: Theis, 1986.<br />

Fischer (2001) = Fischer, Thomas, Die Römer in Deutschland, 2. Auflage, Darmstadt:<br />

Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2001.<br />

Franke (2003) = Franke, Regina, Die Kastelle I und II von Arae Flaviae. Rottweil und die<br />

römische Okkupation des oberen Neckargebietes (Forschungen und Berichte zur Vor- und<br />

Frühgeschichte in Baden-Württemberg 93), Stuttgart: Theis, 2003.<br />

Fritz (1969) = Fritz, Kurt von, Tacitus, Agricola, Domitian und das Problem des Prinzipats, in:<br />

Klein, Richard (Hrsg.) Principat und Freiheit, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft,<br />

1969, S. 421-463.<br />

Fuhrmann (1971) = Fuhrmann, Manfred, Nachwort. Leben und Werk des Tacitus, in: Tacitus,<br />

Germania. Übersetzt und erläutert von demselben, Stuttgart: Reclam 1971, S. 59-77.<br />

Fuhrmann (1999) = derselbe, Geschichte der römischen Literatur, Stuttgart: Reclam, 1999.<br />

Garthwaite (1978) = Garthwaite, John, Domitian and the Court Poets Martial and Statius, Diss.,<br />

Cornell University, 1978.<br />

Garzetti (1974) = Garzetti, Albino, From Tiberius to the Antonines. A History of the Roman<br />

Empire AD 14-192, London: Methuen, 1974.<br />

Gehrke (2006) = Gehrke, Joachim; Schneider, Helmuth, Geschichte der Antike. Ein<br />

Studienbuch, 2., erweiterte Auflage, Suttgart: Metzler, 2006.<br />

Giovannini (1986) = Giovannini, Adalberto, Pline et les délateurs de Domitien, in: ders.;<br />

Raaflaub, K.A. (Hrsg.),. Opposition et résistances a l'empire d'Auguste a Trajan VI, Genf:<br />

Vandoevres, 1986, S. 219-248.<br />

Goetz (H. 1980) = Goetz, Hans-Werner, Die Geschichtstheologie des Orosius (Impulse der<br />

Forschung 32), Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1980.<br />

Goetz (R. 1978) = Goetz, Rainald M., Freunde und Feinde des Kaisers Domitian. Eine<br />

prosopographische Untersuchung, Diss., München, 1978.<br />

Grant (1973) = Grant, Michael, Klassiker der antiken Geschichtsschreibung, München: Beck,<br />

1973.<br />

Grant (1987) = derselbe, Roms Caesaren. Von Julius Caesar bis Domitian, Sonderausgabe,<br />

Bindlach: Gondrom, 1987.<br />

Grewing (1998) = Grewing, Farouk (Hrsg.), Toto notus in urbe. Perspektiven der Martial-<br />

Interpretation (Plangenesia 65), Stuttgart: Steiner, 1998.<br />

Griffith (2000) = Griffith, Miriam, The Flavians, in: Bowman, Alan K.; Garnsey, Peter; Dominic<br />

Rathbone (Hrsg.), Cambridge Ancient History, Second Edition, Bd. 11: The High Empire AD<br />

Domitians erster Chattenkrieg 105


70-192, Cambridge: Cambridge University Press, 2000, S. 1-83.<br />

Groß (1959) = Groß, Karl, s.v. Domitianus, Reall<strong>ex</strong>ikon für Antike und Christentum, Band 4,<br />

Stuttgart: Hiersemann, 1959, Sp. 91-109.<br />

Gsell (1894) = Gsell, Stéphane, Essai sur le Règne de l'empereur Domitien, Paris: Thorin, 1894.<br />

Günther (2001) = Günther, Rosmarie, Einführung in das Studium der Alten Geschichte,<br />

Paderborn [u.a.]: Schöningh, 2001.<br />

Habermehl (2006) = Habermehl, Peter, Rezension zu: Sven Lorenz, Erotik und Panegyrik.<br />

Martials epigrammatische Kaiser (2002), Gymnasium 113 (2006), S. 281-282.<br />

Hansen (1984) = Hansen, Günther Christian, Griechische und lateinische Geschichtsschreiber in<br />

der Antike, Klio 66 (1984), S. 605-614.<br />

Hanson (1992) = Hanson, W.S., Tacitus' Agricola. An Archaeological and Historical Study,<br />

Aufstieg und Niedergang der römischen Welt II 33.3, Berlin [u.a.], 1992, S. 1741-1784.<br />

Heiligmann (1990) = Heiligmann, Jörg, Der Alb-Limes. Ein Beitrag zur römischen<br />

Besetzungsgeschichte Süddeutschlands (Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte<br />

in Baden-Württemberg 35), Stuttgart: Theis, 1990.<br />

Helm (1955) = Helm, Rudolf, s.v. M. Valerius Martialis, Paulys Realenzyklopädie der<br />

classischen Altertumswissenschaften, 2. Reihe, Halbband 15, Stuttgart: Druckenmüller, 1955, S.<br />

55-85.<br />

Henderson (1927) = Henderson, Bernard W., Five Roman Emperors. Vespasian-Titus-Domitian-<br />

Nerva-Trajan AD 69-117, Cambridge: Cambridge University Press, 1927.<br />

Herzog (2002) = Herzog, Reinhardt, Spätantike. Studien zur römischen und lateinischchristlichen<br />

Literatur (Hypomnemata Supplementum 3), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht,<br />

2002.<br />

Heubner (1984) = Heubner, Heinz, Kommentar zum Agricola des Tacitus, Göttingen:<br />

Vandenhoeck & Ruprecht, 1984.<br />

Heuß (1998) = Heuß, Alfred, Römische Geschichte, 6., im T<strong>ex</strong>t unveränderter Nachdruck der 4.<br />

ergänzten Auflage von 1976, Paderborn: Schöningh, 1998.<br />

Hingst (1972) = Hingst, Gerhard, Zur offenen Quellenlage bei Orosius, Dissertation, Wien,<br />

1972.<br />

Hoffmann (1870) = Hoffmann, Emanuel, Der Agricola des Tacitus, Zeitschrift für die<br />

österreichischen Gymnasien 21 (1870), S. 249-275.<br />

Hofmann (1983) = Hofmann, Walter, Martial und Domitian, Philologus 127 (1983), S. 238-246.<br />

Hohl (1955) = Hohl, Ernst, Die HA und die Caesares des Aurelius Victor, Historia 4 (1955), S.<br />

220-228.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 106


Holzberg (1986) = Holzberg, Niklas, Neuansatz zu einer Martial-Interpretation, Würzburger<br />

Jahrbücher für die Altertumswissenschaft, Neue Folge 12 (1986), S. 197-215.<br />

Holzberg (1988) = derselbe, Martial, Heidelberg: Winter, 1988.<br />

Holzberg (2000) = derselbe, Martial und das antike Epigramm, Darmstadt: Wissenschaftliche<br />

Buchgesellschaft, 2000.<br />

Hose (1994) = Hose, Martin, Erneuerung der Vergangenheit. Die Historiker im Imperium<br />

Romanum von Florus bis Cassius Dio, Stuttgart: Teubner, 1994.<br />

Howell, Peter, A Commentary on Book One of the Epigrams of Martial, London: Athlone Press,<br />

1980.<br />

Howgego (2000) = Howgego, Christopher, Geld in der Antike. Was Münzen über Geschichte<br />

verraten, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000.<br />

Imhof (1857) = Imhof, Albert, T. Flavius Domitianus. Ein Beitrag zur römischen Geschichte der<br />

Kaiserzeit, Halle: Buchhandlung des Waisenhauses, 1857.<br />

Imperium (2006) = Imperium Romanum. Roms Provinzen am Neckar, Rhein & Donau,<br />

Ausstellungskatalog, Stuttgart: Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, 2006.<br />

Jacques / Scheid (1998) = Jacques, François; Scheid, John, Rom und das Reich in der hohen<br />

Kaiserzeit. Bd. 1: Die Struktur des Reiches, Stuttgart: Teubner, 1998.<br />

Jones (A. 1974) = Jones, Arnold H. M., The Roman Economy. Studies in Ancient Economic and<br />

Administrative History, Oxford: Blackwell, 1974.<br />

Jones (1973) = Jones, Brian W., The Dating of Domitian's War against the Chatti, Historia 22<br />

(1973), S. 79-90.<br />

Jones (B. 1974) = derselbe, Senatorial Influence in the Revolt of Saturninus, Latomus 33<br />

(1974), S. 529-535.<br />

Jones (1979) = derselbe, Domitian and the Senatorial Order, Diss. Philadelphia, 1979.<br />

Jones (1982) = derselbe, Domitian's Advance into Germany and Moesia, Latomus 41 (1982), S.<br />

329-335.<br />

Jones (1984) = derselbe, The Emperor Titus, London [u.a.]: Routledge, 1984.<br />

Jones (1992) = derselbe, The Emperor Domitian, London [u.a.]: Routledge, 1992.<br />

Kahrstedt (1940) = Kahrstedt, Ulrich, Domitians Politik zwischen Donau und Main, Bonner<br />

Jahrbücher 145 (1940), S. 63-70.<br />

Kehne (1997) = Kehne, Peter, Die Eroberung Galliens und Germaniens in den letzten 10 Jahren<br />

der Forschung, Germania 75.1 (1997), S. 265-284.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 107


Kehne (2002) = derselbe, Limitierte Offensiven. Drusus, Tiberius und die Germanienpolitik im<br />

Dienste des augusteischen Principats, in: Jürgen Spielvogel (Hrsg.): Res publica reperta. Zur<br />

Verfassung und Gesellschaft der römischen Republik und des frühen Principates. Festschrift für<br />

Jochen Bleicken zum 75. Geburtstag (Sonderband der Zeitschrift Hermes), Stuttgart: Steiner,<br />

2002, S. 297-321.<br />

Kienast (1990) = Kienast, Dietmar, Römische Kaisertabellen. Grundzüge einer römischen<br />

Kaiserchronologie, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1990.<br />

Klee (2006) = Klee, Margot, Grenzen des Imperiums. Leben am römischen Limes, Stuttgart:<br />

Theis, 2006.<br />

Klodt (1998) = Klodt, Claudia, Platzanlagen der Kaiser in der Beschreibung der Dichter,<br />

Gymnasium 105 (1998), S. 1-38.<br />

Klotz (1927) = Klotz, s.v. Silius Italicus, Realenzyklopädie der classischen<br />

Altertumswissenschaft, 2. Reihe, Halbband 5, Stuttgart: Metzler, 1927, S. 79-91.<br />

Kneißl (1969) = Kneißl, Peter, Die Siegestitulatur der römischen Kaiser. Untersuchungen zu den<br />

Siegerbeinamen des ersten und zweiten Jahrhunderts, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht,<br />

1969.<br />

Kneißl (1983) = derselbe, Rezension zu Buttreys Documentary Evidence, Gymnasium 90<br />

(1983), S. 558-560.<br />

Kortüm (1998) = Kortüm, Klaus, Zur Datierung der römischen Militäranlagen im<br />

obergermanisch-rätischen Grenzgebiet, Saalburg-Jahrbuch 49 (1998), S. 5-65.<br />

Köstlin (1910) = Köstlin, Ernst, Die Donaukriege Domitians, Tübingen: Heckenhauer, 1910.<br />

Kraay (1960) = Kraay, Collin M., Two New Sestertii of Domitian, American Numismatic<br />

Society 9 (1960), S. 109-116.<br />

Kraus (1876) = Kraus, Johann Evangelist, Zur Charakteristik des Kaisers Domitianus,<br />

Programm der königlich-bayrischen Studien-Anstalt Landshut, Landshut: Thomann, 1876.<br />

Krause (2002) = Krause, Arnulf, Die Geschichte der Germanen, Frankfurt am Main: Campus,<br />

2002.<br />

Krieg und Frieden (2007) = Krieg und Frieden. Kelten, Römer, Germanen. Begleitbuch zur<br />

Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum Bonn, herausgegeben von Gabriele Uelsberg,<br />

Darmstadt: Primus-Verlag, 2007.<br />

Krierer (2004) = Krierer, Karl Reinhard, Antike Germanenbilder, Verlag der österreichischen<br />

Akademie der Wissenschaften, 2004.<br />

Künzl (1988) = Künzl, Ernst, Der römische Triumph. Siegesfeiern im antiken Rom, München:<br />

Beck, 1988.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 108


Lambert (1983) = Lambert, André, Nachwort. Sueton, Leben und Persönlichkeit, in: Sueton,<br />

Leben der Caesaren. Herausgegeben und übersetzt von demselben, 4. Auflage, München: dtv-<br />

Verlag, 1983, S. 345-354.<br />

Lambrecht (1982) = Lambrecht, Ullrich, Herrscherbild und Prinzipatsidee, Untersuchungen zu<br />

Suetons Kaiserbiographie, Dissertation, Bonn, 1982.<br />

Lambrecht (1995) = derselbe, Suetons Domitian-Vita, Gymnasium 102 (1995), S. 508-536.<br />

Leberl (2004) = Leberl, Julius, Domitian und die Dichter. Poesie als Medium der<br />

Herrschaftsdarstellung (Hypomnemata 65), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2004.<br />

Lehmann (1989) = Lehmann, Gustav Adolf, Zum Zeitalter der römischen Okkupation<br />

Germaniens. Neue Interpretationen und Funde, Boreas 12 (1989), S. 207-230.<br />

Levick (1982a) = Levick, Barbara, Propaganda and the Imperial Coinage, Antichthon 16 (1982),<br />

S. 104-116.<br />

Levick (1982b) = dieselbe, Domitian and the Provinces, Latomus 41 (1982), S. 50-73.<br />

Levick (1999) = dieselbe, Vespasian, London [u.a.]: Routledge, 1999.<br />

Lieb (1967) = Lieb, Hans, Zum Clemensfeldzug, in: Studien zu den Militäranlagen Roms.<br />

Vorträge des 6. Internationalen Limeskongresses in Süddeutschland, (Beihefte der Bonner<br />

Jahrbücher 19), Köln / Graz 1967, S. 94-97.<br />

Lippold (1969) = Lippold, Adolf, Orosius. Chrislicher Apologet und römischer Bürger,<br />

Philologus 113 (1969), S. 92-105.<br />

Lorenz (2002) = Lorenz, Sven, Erotik und Panegyrik. Martials epigrammatische Kaiser<br />

(Classica Monacensia 23), Tübingen: Narr, 2002.<br />

Malitz (1999) = Malitz, Jürgen, Nero, München: Beck, 1999.<br />

Malloch (2004) = Malloch, S.V.J., The End of the Rhine Mutiny in Tacitus, Suetonius and Dio,<br />

Classical Quarterly, 54 (2004 Heft 1), S. 174-184.<br />

Martin (1987a) = Martin, A La Titulature Epigraphique de Domitien. (Beiträge zur klassischen<br />

Philologie 181), Frankfurt am Main: Athenäum, 1987.<br />

Martin (1987b) = Martin, Alain, Domitian Germanicus et les documents grec d`Égypte,<br />

Historia 36 (1987), S. 73-82.<br />

Maurer (2003) = Maurer, Michael (Hrsg.), Aufriß der historischen Wissenschaften. Band 7:<br />

Neue Themen und Methoden der Geschichtswissenschaft, Stuttgart: Reclam, 2003.<br />

McDermott / Orentzel (1977) = McDermott, William C.; Orentzel, Anne E., Silius Italicus and<br />

Domitian, American Journal of Philology 1977, S. 24-34.<br />

Mehl (2001) = Mehl, Andreas, Römische Geschichtsschreibung. Grundlagen und<br />

Entwicklungen. Eine Einführung, Stuttgart: Kohlhammer, 2001.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 109


Merkel (1966) = Merkel, Eduard, Der Bataveraufstand bei Tacitus, Dissertation, Heidelberg,<br />

1966.<br />

Merkelbach (1979) = Merkelbach, R., Warum Domitians Siegerbeiname eradiert worden ist,<br />

Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 37 (1979), S. 62-64.<br />

Mildenberger (1981) = Mildenberger, Gerhard, s.v. Chatten, in: Reall<strong>ex</strong>ikon der germanischen<br />

Altertumskunde, 2. Auflage, Band 4, Berlin: de Gruyter, 1981, S. 385-391.<br />

Millar (1964) = Millar, Fergus, A Study of Cassius Dio, Oxford: Clarendon Press, 1964.<br />

Molthagen (1995) = Molthagen, Joachim, Die Lage der Christen im römischen Reich nach dem<br />

ersten Petrusbrief. Zum Problem einer domitianischen Verfolgung, Historia 44 (1995), S. 422-<br />

458.<br />

Mommsen (1869) = Mommsen, Theodor, Zur Lebensgeschichte des jüngeren Plinius, Hermes 3<br />

(1869), S. 31-139.<br />

Mommsen (1885) = derselbe, Römische Geschichte. Band 5: Die Provinzen von Caesar bis<br />

Diocletian, Berlin: Weidmann, 1885.<br />

Murison (1985) = Murison, Charles L., The Revolt of Saturninus in Upper Germany AD 89,<br />

Echos du Monde Classique 29 (1985), S. 31-49.<br />

Nauta (2002) = Nauta, Ruurd, Poetry for Patrons. Literary Communication in the Age of<br />

Domitian (Mnemosyne Supplementum 206), Leiden [u.a.]: Brill, 2002.<br />

Nesselhauf (1952) = Nesselhauf, Herbert, Tacitus und Domitian, Hermes 80 (1952), S. 222-245.<br />

Nesselhauf (1960) = derselbe, Umriss einer Geschichte des obergermanischen Heeres, Jahrbuch<br />

des Römisch-germanischen Zentralmuseums 7 (1960), S. 154-186.<br />

Nickel (1999) = Nickel, Rainer, L<strong>ex</strong>ikon der antiken Literatur, Darmstadt: Wissenschaftliche<br />

Buchgesellschaft, 1999.<br />

Nixon (1971) = Nixon, Charles E.V., A Historical Study of the Caesares of S<strong>ex</strong>tus Aurelius<br />

Victor, Dissertation, Michigan 1971.<br />

Noreña (2001) = Noreña, Carlos F., The Communication of the Emperor’s Virtues, Journal of<br />

Roman Studies 91 (2001), S. 146-168.<br />

Nuber (1984) = Neumann, Günter; Nuber, Hans Ulrich; Timpe, Dieter, s.v. Decumates agri, in:<br />

Reall<strong>ex</strong>ikon der germanischen Altertumskunde, 2. Auflage, Band 5, Berlin: de Gruyter, 1984, S.<br />

271-286.<br />

Oertel (1939) = Oertel, Ferdinand von, Zur politischen Haltung des jüngeren Plinius,<br />

Rheinisches Museum für Philologie 88 (1939), S. 179-184.<br />

Oldenstein-Pferdehirt (1983) = Oldenstein-Pferdehirt, Barbara, Die römischen Hilfstruppen<br />

nördlich des Mains, Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 30 (1983), S. 303-<br />

Domitians erster Chattenkrieg 110


348.<br />

Orentzel (1980) = Orentzel, Anne, Pliny and Domitian, Classical Bulletin 56 (1980), S. 49-51.<br />

Perl (1981) = Perl, Gerhard, Frontin und „der Limes<strong>“</strong>, Klio 63 (1981, Heft 2), S. 563-583.<br />

Peschel (1996) = Peschel, Horst, Rezension zu Armin Becker, Rom und die Chatten, Germania<br />

74 (1996), S. 615-620.<br />

Petersmann (1991) = Petersmann, Gerhard, Der 'Agricola' des Tacitus, Versuch einer Deutung,<br />

Aufstieg und Niedergang der römischen Welt II 33.3, Berlin [u.a.]: de Gruyter, 1991, S. 1785-<br />

1806.<br />

Petrikovits (1981) = Petrikovits, Harald von, s.v. Chatten, in: Reall<strong>ex</strong>ikon der germanischen<br />

Altertumskunde, 2. Auflage, Band 4, Berlin: de Gruyter, 1981, S. 379-384.<br />

Pfeiffer (2009) = Pfeiffer, Stefan, Die Zeit der Flavier. Vespasian, Titus, Domitian. Darmstadt:<br />

Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2009.<br />

Pichlmayr (1889) = Pichlmayr, Franz, T. Flavius Domitianus. Ein Beitrag zur römischen<br />

Kaisergeschichte, Dissertation, Amberg, 1889.<br />

Pöschl (1969) = Pöschl, Viktor, Tacitus (Wege der Forschung 97), Darmstadt: Wissenschaftliche<br />

Buchgesellschaft, 1969.<br />

Raepsaet-Charlier (2001) = Raepsaet-Charlier, Marie-Thérèse, Gallien und Germanien, in:<br />

Lepelley, Claude (Hrsg.), Rom und das Reich in der hohen Kaiserzeit. Bd. 2: Die Regionen des<br />

Reiches, München [u.a.]: Saur, 2001, S. 151-210.<br />

Raetzel-Fabian, Dirk, Kelten, Römer und Germanen. Eisenzeit in Nordhessen (Vor- und<br />

Frühgeschichte im Hessischen Landesmuseum Kassel 4), Kassel: Staatliche Museen, 2001.<br />

Reitz (2001) = Reitz, Christiane, s.v., Silius Italicus, Der Neue Pauly, Bd. 11, Stuttgart: Metzler,<br />

2001, Sp. 557-559.<br />

Rimell (2008) = Rimell, Victoria, Martial's Rome. Empire and the Ideology of Epigram,<br />

Cambridge [u.a.]: Cambridge University Press, 2008.<br />

Ritterling (1893) = Ritterling, Emil, Zur römischen Legionsgeschichte am Rhein, Westdeutsche<br />

Zeitschrift für Geschichte und Kunst 12 (1893), S. 105-120.<br />

Römer (1994) = Römer, Franz, Mode und Methode in der Deutung panegyrischer Dichtung der<br />

nachaugusteischen Zeit, Hermes 122 (1994), S. 95-113.<br />

Rüger (2000) = Rüger, C., Roman Germany, in: Bowman, Alan K.; Garnsey, Peter; Dominic<br />

Rathbone (Hrsg.), Cambridge Ancient History, Second Edition, Bd. 11: The High Empire AD<br />

70-192, Cambridge: Cambridge University Press, 2000, S. 496-513.<br />

Rüsch (1976) = Rüsch, A., Arae Flaviae. Die Militärlager und die Zivilsiedlung in Rottweil am<br />

Neckar, in: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt II 5.1, Berlin [u.a.]: de Gruyter, 1976,<br />

Domitians erster Chattenkrieg 111


S. 560-600.<br />

Sauter (1934) = Sauter, Franz, Der römische Kaiserkult bei Martial und Statius (Tübinger<br />

Beiträge zur Altertumswissenschaft 21), Stuttgart [u.a.]: Kohlhammer, 1934.<br />

Schäfer (1977) = Schäfer, Eckart, Domitians Antizipation im vierten Historienbuch des Tacitus,<br />

Hermes 105 (1977), S. 455-477.<br />

Schallmayer (2000) = Schallmayer, Egon, Der Limes in Obergermanien und Raetien bis zum<br />

Ende des 2. Jahrhunderts nach Christus, in: Wamser, Ludwig (Hrsg.), Die Römer zwischen<br />

Alpen und Nordmeer. Zivilisatorisches Erbe einer europäischen Militärmacht. Kataloghandbuch<br />

zur Landesausstellung des Freistaates Bayern, Rosenheim: von Zabern, 2000, S. 64-74.<br />

Schanz / Hosius (1935) = Schanz, Martin; Hosius, Carl, Die römische Literatur in der Zeit der<br />

Monarchie bis auf Hadrian. Handbuch der Altertumswissenschaften Abteilung 8, Band 2., 4.,<br />

neubearbeitete Auflage, München: Beck, 1935.<br />

Scheithauer (2000) = Scheithauer, Andrea, Kaiserliche Bautätigkeit in Rom. Das Echo in der<br />

antiken Literatur, Stuttgart: Steiner, 2000.<br />

Schiller (1883) = Schiller, Hermann, Geschichte der römischen Kaiserzeit. Erster Band, zweiter<br />

Teil: Von der Regierung Vespasians bis zur Erhebung Domitians, Gotha: Friedrich Andreas<br />

Perthes, 1883.<br />

Schillinger-Häfele (1958) = Schillinger-Häfele, Ute, Historische Untersuchungen zum<br />

Panegyricus des jüngeren Plinius, Dissertation, Freiburg im Breisgau 1958.<br />

Schilp (1944) = Schilp, Josef, Die politischen Ideen und Probleme der domitianischen Zeit<br />

gesehen aus den Werken der zeitgenössischen Dichter Martial, Statius, Silius Italicus,<br />

Dissertation, Marburg, 1944.<br />

Schlumberger (1974) = Schlumberger, Jörg, Die Epitome de Caesaribus. Untersuchungen zur<br />

heidnischen Geschichtsschreibung des vierten Jahrhunderts nach Christus, München: Beck,<br />

1974.<br />

Schlumberger (1976) = derselbe, Die Epitome de Caesaribus und die Historia Augusta<br />

(Antiquas Reihe 4, Band 12), Bonn: Habelt, 1976, S. 201-219.<br />

Schmal (2005) = Schmal, Stephan, Tacitus, Hildesheim [u.a.]: Olms, 2005.<br />

Schmidt (1978) = Schmidt, Peter Lebrecht, s.v. Aurelius Victor, in: Paulys Realenzyklopädie der<br />

classischen Altertumswissenschaft, Supplementband 15, München: Druckenmüller 1978, Sp.<br />

1583-1676.<br />

Schneider (C. 2002) = Schneider, Christian, Literarische Werke als historische Quellen, in:<br />

Maurer, Michael (Hrsg.), Aufriß der Historischen Wissenschaften, Bd. 4: Quellen, Stuttgart:<br />

Reclam, 2002, S. 102-125.<br />

Schneider (H. 2008) = Schneider, Helmuth, Einleitung. Die Germanen in einem Zeitalter der<br />

Zerstörung und Gewalt, in: derselbe (Hrsg.), Feindliche Nachbarn. Rom und die Germanen,<br />

Domitians erster Chattenkrieg 112


Köln [u.a.]: Böhlau, 2008, S. 9-24.<br />

Schön (1953) = Schön, Ingeborg, Die spätlateinischen Kurzbiographien von Augustus bis<br />

Domitian und die sogenannte Enmannsche Kaisergeschichte, Dissertation, Berlin, 1953.<br />

Schönberger (1969) = Schönberger, Hans, The Roman Frontier in Germany. An Archeological<br />

Survey, Journal of Roman Studies 59 (1969), S. 149-170.<br />

Schönberger (1985) = derselbe, Die römischen Truppenlager der frühen und mittleren Kaiserzeit<br />

zwischen Nordsee und Inn, Bericht der Römisch-Germanischen Kommission 66 (1985), S. 321-<br />

497.<br />

Schöndorf (1952) = Schöndorf, Kurt Arthur, Die Geschichtstheologie des Orosius, Dissertation,<br />

München, 1952.<br />

Schumacher (1976) = Schumacher, Leonhard, Der Grabstein des Ti. Claudius Zosimus aus<br />

Mainz, Epigraphische Studien 11 (1976), S. 131-141.<br />

Schumacher (1982) = derselbe, Römische Kaiser in Mainz, Bochum 1982.<br />

Schwarte (1979) = Schwarte, Karl-Heinz, Trajans Regierungsbeginn und der 'Agricola' des<br />

Tacitus, Bonner Jahrbücher 179 (1979), S. 139-175.<br />

Schwarz (1899) = Schwarz, E., s.v. Cassius Dio, in: Realenzyklopädie der classischen<br />

Altertumswissenschaft, Reihe 1, Band 3, Halbband 5 , Stuttgart: Metzler, 1899, Sp. 1684-1722.<br />

Scott (1933) = Scott, K., Statius' Adulation of Domitian, American Journal of Philology 54<br />

(1933), S. 247-259.<br />

Seel (1961) = Seel, Otto, Ansatz zu einer Martial-Interpretation, Antike und Abendland 10<br />

(1961), S. 53-76.<br />

Seelentag (2004) = Seelentag, Gunnar, Taten und Tugenden Trajans. Herrschaftsdarstellung im<br />

Principat, Stuttgart: Steiner, 2004.<br />

Sonnabend (2002) = Sonnabend, Holger, Geschichte der antiken Biographie. Von Isokrates bis<br />

zur Historia Augusta, Stuttgart: Metzler, 2002.<br />

Southern (1997) = Southern, Pat, Domitian. Tragic Tyrant, London [u.a.]: Routledge, 1997.<br />

Sullivan (1991) = Sullivan, John Patrick, Martial. The Un<strong>ex</strong>pected Classic, Cambridge [u.a.]:<br />

Cambridge University Press, 1991.<br />

Sherwin-White (1969) = Sherwin-White, Adrian, Pliny, the Man and His Letters, Greece and<br />

Rome 1969, S. 76-89.<br />

Shotter (1991) = Shotter, David Colin Arthur, Tacitus' View of Emperors and the Principate, in:<br />

Aufstieg und Niedergang der römischen Welt II 33.5, Berlin [u.a.]: de Gruyter, 1991, S. 3263-<br />

3331.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 113


Städele (1988) = Städele, Alfons, Tacitus über Agricola und Domitian (Agr. 39-43), Gymnasium<br />

95 (1988), S. 222-235.<br />

Starr (1955) = Starr, Chester G., Aurelius Victor. Historian of Empire, The American Historical<br />

Review 61 (1955/56), S. 574-586.<br />

Streng (1978) = Streng, Margot, Agricola. Das Vorbild römischer Statthalterschaft nach dem<br />

Urteil des Tacitus, Dissertation, Bonn, 1978.<br />

Strobel (1983) = Strobel, Karl, Laufbahn und Vermächtnis des jüngeren Plinius, in: Huß, Werner<br />

(Hrsg.), Beiträge zur (Alten) Geschichte (Bamberger Hochschulschriften, Heft 9), Bamberg:<br />

Bayerische Verlagsanstalt, 1983, S. 37-56.<br />

Strobel (1986a) = derselbe, Der Aufstand des L. Antoninus Saturninus und der sogenannte<br />

zweite Chattenkrieg Domitians, Tyche 1 (1986), S. 253-292.<br />

Strobel (1986b) = derselbe, Zu den V<strong>ex</strong>iliationsziegeltempeln von Mirebeau bei Dijon,<br />

Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 64 (1986), S. 257-264.<br />

Strobel (1987a) = derselbe, Der Chattenkrieg Domitians. Historische und politische Aspekte,<br />

Germania 65 (1987), S. 423-452.<br />

Strobel (1987b) = derselbe, Anmerkungen zur Geschichte der Bataverkohorten in der hohen<br />

Kaiserzeit, Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 70 (1987), S. 271-292.<br />

Strobel (1989) = derselbe, Die Donaukriege Domitians (Antiquitas, Reihe 1, Abhandlungen zur<br />

alten Geschichte, Band 38), Bonn: Habelt, 1989.<br />

Strobel (2003) = derselbe, Plinius und Domitian: Der willige Helfer eines Unrechtssystems? Zur<br />

Problematik historischer Aussagen in den Werken des jüngeren Plinius, in: Castagna, Luigi;<br />

Lefèver, Eckard (Hrsg.): Plinius der Jüngere und seine Zeit. München [u.a.]: Saur, 2003, S. 303-<br />

313.<br />

Sutherland (1976) = Sutherland, Carol, The Emperor and the Coinage. Julio-claudian Studies,<br />

London: Spink, 1976.<br />

Syme (1930) = Syme, Ronald, The Imperial Finances under Domitian, Nerva and Trajan, JRS<br />

20 (1930), S. 55-70.<br />

Syme (1936) = derselbe, Flavian Frontiers and Wars, in: Cook, S.A.; Adcock, F.E.;<br />

Charlesworth, M.P. (Hrsg.), Cambridge Ancient History, Band 11: The Imperial Peace AD 70-<br />

192, Cambridge: Cambridge University Press, 1936, S. 131-187.<br />

Syme (1958) = derselbe, Tacitus, 2 Bände, Oxford: Clarendon Press, 1958.<br />

Syme (1962) = derselbe, Tacitus und seine politische Einstellung, Gymnasium 60 (1962), S.<br />

241-263.<br />

Syme (1983) = derselbe, Domitian. The Last Years, Chiron 13 (1983), S. 121-146.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 114


Szelest (1974) = Szelest, Hanna, Domitian und Martial, Eos 62 (1974), S. 105-114.<br />

Szelest (1986) = dieselbe, Martial – eigentlicher Schöpfer und hervorragendster Vertreter des<br />

römischen Epigramms, in: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt II 32.4, Berlin [u.a.]: de<br />

Gruyter, 1986, S. 2563-2623.<br />

Szelest (1988) = dieselbe, Rezension zu Niklas Holzberg, Martial (1988), Gnomon 61 (1989), S.<br />

358-60.<br />

Ternes (1976) = Ternes, Charles M., Die Provincia Germania Superior im Bilde der jüngeren<br />

Forschung, in: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt II 5.2, Berlin [u.a.]: de Gruyter,<br />

1976, S. 721-1260.<br />

Timpe (1982) = Timpe, Dieter, Zur augusteischen Germanienpolitik, in: derselbe, Römische<br />

Geschichte und Geschichtswissenschaft, Band 1: Römische Republik und augusteischer<br />

Prinzipat, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1982, S. 183-239.<br />

Timpe (1995) = derselbe, Romano-Germanica. Gesammelte Studien zur Germania des Tactius,<br />

Stuttgart: Teubner, 1995.<br />

Timpe (1998) = derselbe; u.a., s.v. Germanen, Germania, Germanische Altertumskunde, in:<br />

Reall<strong>ex</strong>ikon der germanischen Altertumskunde, 2. Auflage, Band 11, Berlin: de Gruyter, 1998,<br />

S. 181-438.<br />

Timpe (2005) = derselbe, Tacitus und der Bataveraufstand, in: Schmidt, T. u.a (Hrsg.),<br />

Gegenwärtige Antike – antike Gegenwarten. Kolloqium zum 60. Geburtstag von Rolf Rilinger,<br />

München 2005, S. 151-187.<br />

Timpe (2008) = derselbe, Die Germania des Tacitus. Germanische Ethnographie und römische<br />

Zeitgeschichte, in: Schneider, Helmuth (Hrsg.), Feindliche Nachbarn. Rom und die Germanen,<br />

Köln [u.a]: Böhlau, 2008, S. 167-200.<br />

Turner (1997) = Turner, A.J., Approaches to Tacitus' Agricola, Latomus 56 (1997), S. 582-593.<br />

Ungern-Sternberg (1989) = Ungern-Sternberg, Jürgen von, Germania Capta. Die Errichtung der<br />

germanischen Provinzen durch Domitian in römischer Tradition, in: W. Dahlheim u.a. (Hrsg.),<br />

Festschrift R. Werner zu seinem 65. Geburtstag (Xenia 22), Konstanz: Universitätsverlag, 1989,<br />

S. 161-170.<br />

Urban (1971) = Urban, Ralf, Historische Untersuchungen zum Domitianbild des Tacitus,<br />

Dissertation, München, 1971.<br />

Urban (1985) = derselbe, Der Bataveraufstand und die Erhebung des Iulius Classicus, Trier:<br />

Verlag Trierer Historische Forschungen, 1985.<br />

Urban (1999) = derselbe, Gallia rebellis. Erhebungen in Gallien im Spiegel antiker Zeugnisse<br />

(Historia Einzelschriften 129), Stuttgart: Steiner, 1999.<br />

Urner (1994) = Urner, Christiana, Kaiser Domitian im Urteil antiker Quellen und moderner<br />

Forschung, Dissertation, Augsburg, 1994.<br />

Domitians erster Chattenkrieg 115


Vessey (1974) = Vessey, David W., Pliny, Martial and Silius Italicus, Hermes 102 (1974), S.<br />

109-116.<br />

Vessey (1983) = derselbe, Mediis discumbere in astris. Statius Silvae IV,2, AC 52 (1983), S.<br />

206-220.<br />

Vielberg (1988) = Vielberg, Meinolf, Bemerkungen zu Plinius dem Jüngeren und Tacitus,<br />

Würzburger Jahrbücher für die Altertumswissenschaften, Neue Folge, Bd. 14 (1988), S. 171-<br />

183.<br />

Vieze (1902) = Vieze, Hermann, Domitians Chattenkrieg im Lichte der Ergebnisse der<br />

Limesforschung, Berlin: Weidmann, 1902.<br />

Vittinghoff (1936) = Vittinghoff, Friedrich, Der Staatsfeind in der römischen Kaiserzeit.<br />

Untersuchungen zur ,,damnatio memoriae", Speyer: Pilger-Verlag, 1936.<br />

Vogt (1924) = Vogt, Joseph, Die al<strong>ex</strong>andrinischen Münzen. Grundlegung einer al<strong>ex</strong>andrinischen<br />

Kaisergeschichte, Stuttgart: Kohlhammer, 1924.<br />

Wallace-Hadrill (1995) = Wallace-Hadrill, Andrew, Suetonius. The Scholar and his Caesars. 2.<br />

Auflage, London: Duckworth, 1995.<br />

Walser (1968) = Walser, Gerold, Der Putsch des Saturninus gegen Domitian, Provincalia 40<br />

(Festschrift R. Laur-Belart), Bern 1968, S. 497-507.<br />

Walser (1989) = derselbe, Domitian in Mainz, Chiron 19 (1989), S.449-456.<br />

Waters (1964) = Waters, K.H., The Character of Domitian, Phoenix 18 (1964), S. 49-77.<br />

Weinreich (1928) = Weinreich, Otto, Studien zu Martial. Literaturhistorische und<br />

religionsgeschichtliche Untersuchungen (Tübinger Beiträge zur Altertumswissenschaft 4),<br />

Stuttgart: Kohlhammer, 1928.<br />

Welwei (1986) = Welwei, Karl-Wilhelm, Römische Weltherrschaftsideologie und augusteische<br />

Germanienpolitik, Gymnasium 93 (1986), S. 118-137.<br />

Wendt (B. 1960) = Wendt, Bernd Jürgen, Roms Anspruch auf Germanien, Untersuchungen zur<br />

römischen Außenpolitik im 1. Jahrhundert vor Christus, Dissertation, Hamburg, 1960.<br />

Wendt (K. 2008) = Wendt, Karl Peter, Bevölkerungsdichte und Landnutzung in den<br />

germanischen Provinzen des römischen Reiches im 2. Jahrhundert nach Christus, Germania<br />

86.1 (2008), S. 191-226.<br />

Weynand (1909) = Weynand, Rudolph, s.v. T. Flavius Domitianus, in: Realenzyklopädie der<br />

classischen Altertumswissenschaft, Reihe 1, Band 6, Halbband 2 , Stuttgart: Metzler, 1909, Sp.<br />

2541-2596.<br />

Whittaker (2000) = Whittaker, C.R., Frontiers, in: Bowman, Alan K.; Garnsey, Peter; Dominic<br />

Rathbone (Hrsg.), Cambridge Ancient History, Second Edition, Bd. 11: The High Empire AD<br />

Domitians erster Chattenkrieg 116


70-192, Cambridge: Cambridge University Press 2000, S. 293-319.<br />

Winterling (2003) = Winterling, Aloys, Caligula. Eine Biographie, 2. Auflage, München: Beck,<br />

2003.<br />

Wirth (1985) = Wirth, Gerhard, Einleitung zu: Cassius Dio, Römische Geschichte, Band 1:<br />

Fragmente der Bücher 1-35. Herausgegeben und übersetzt von O.Veh, Zürich und München:<br />

Artemis, 1985, S. 1-60.<br />

Witschel (1997) = Witschel, Christian, Domitian 81-96, in: Clauss, Manfred, Die römischen<br />

Kaiser, München: Beck, 1997.<br />

Witzmann (1999) = Witzmann, Peter, Zum Herrscherbild in der Spätantike. Aurelius Victor und<br />

Orosius, Diss., Berlin, 1999.<br />

Wolters (1989) = Wolters, Reinhard, „Tam diu Germania vincitur<strong>“</strong>. Römische Germanensiege<br />

und Germanensieg-Propaganda bis zum Ende des 1. Jahrhunderts nach Christus (Kleine Hefte<br />

der Münzsammlung an der Ruhr-Universität Bochum), Bochum: Studienverlag Bockmeyer,<br />

1989.<br />

Wolters (2000) = derselbe, Die Römer in Germanien, München: Beck, 2000.<br />

Wolters (2008) = derselbe, Die Chatten zwischen Rom und den germanischen Stämmen. Von<br />

Varus bis Domitianus, in: Schneider, Helmuth (Hrsg.), Feindliche Nachbarn. Rom und die<br />

Germanen, Köln [u.a]: Böhlau, 2008, S. 77-98.<br />

Wotke (1939) = Wotke, Friedrich, s.v. Orosius, Paulys Realenzyklopädie der klassischen<br />

Altertumswissenschaft, Reihe 1, Halbband 35, Stuttgart: Metzler, 1939, Sp. 1185-1195.<br />

Zimmermann (1992) = Zimmermann, Bernhard, Zur Authentizität des ,,Clemensfeldzuges",<br />

Jahresberichte aus Augst und Kaiseraugst 13 (1992), S. 289-303.<br />

Zwanziger (1885) = Zwanziger, Karl Herrmann, Der Chattenkrieg des Kaisers Domitian,<br />

Programm der Königlichen Studienanstalt Würzburg 1884/85, Würzburg 1885.<br />

,,Ich versichere hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst habe und keine<br />

anderen als die angegeben Hilfsmittel benutzt habe."<br />

Domitians erster Chattenkrieg 117


Göttingen, den 23.04.2010<br />

Domitians erster Chattenkrieg 118

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!