Regio Augsburg Magazin 2024
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REISEN ZUM REICHTUM: DIE „EUROPÄISCHE FUGGERSTRASSE“
jetzt zu festgesetzten niedrigen Preisen bei der
Münzstätte des Landes- und Regalherrn, des
Erz bischofs von Salzburg, abgeliefert werden
mussten und nicht mehr zum Marktpreis verkauft
werden konnten, war den Fuggern der Profit
aus den Gasteiner Gruben zu schmal geworden.
Dennoch war Gastein ein richtungweisendes
Kapitel bei der Entstehung des Fugger’schen
Montankonzerns: Denn dort kamen sie mit
Melchior von Meckau, Fürstbischof von Brixen,
in Kontakt. Der als gebürtiger Sachse mit dem
Bergbau bestens vertraute Kirchenfürst wurde
zum Hauptfinanzier der Fugger, als diese 1494
den Ungarischen Handel gründeten und in den
Kupferbergbau in den Karpaten bei Neusohl
in Oberungarn (das heutige Banská Bystrica in
der Mittelslowakei) einstiegen. Mit ihrem eigenen
Kapital hätten die Fugger diesen Schritt damals
finanziell noch nicht bewältigen können. Auch
bergbautechnisch standen die Augsburger noch
ganz am Anfang: In dem in der Zips geborenen
Montanexperten Johann Thurzo fanden die
Fugger einen Geschäftspartner, der die Kontakte
zum ungarischen Königshof und vor allem das
technische Know-how für das Hüttenwesen
hatte. Auch in Neusohl ging es den Fuggern
wohl vor allem um das Münzmetall Silber:
Das Kupfer war zunächst einmal lediglich ein
massenhaft anfallendes Nebenprodukt.
Den Dusel, den Jakob Fugger „der Reiche“
mit seinem Montankonzern hatte, muss man
erst einmal haben. Das Augsburger Handelshaus
hatte in den letzten Lebensjahren Jakob Fuggers
genau das anzubieten, was ganz Europa auf
einmal dringendst benötigte. So groß war die
Marktmacht Jakob Fuggers, dass sich 1519 ein
Gesandter des Königs von Portugal, der Diplomat
Rui Fernandes, nach Deutschland bemühen
musste, um (nach einem vergeblichen Versuch
bei Nürnberger Kaufherren) beim Fugger wegen
Kupferlieferungen vorstellig zu werden. Im Bewusstsein
seiner Marktposition diktierte Jakob
»
Jakob Fugger hatte
das, was die Seemacht
Portugal dringend brauchte:
Kupfer, Kupfer, Kupfer …
«
Fugger „der Reiche“ den Preis. Der portugiesische
Gesandte ließ König Manuel I. wissen, dass
man nur vom Fugger Kupfer haben könne. Rui
Fernandes schrieb, der Augsburger Kaufherr sei
der wichtigste Mann in Deutschland, „der alle
Fürsten und Könige in einer Weise beherrschte,
dass keiner ohne ihn lebe, jeder sich freue, ihn
zum Freund zu haben.“
Der gefundene Seeweg nach Indien war der
„Big Bang“ der Globalisierung gewesen. Im
Wettlauf um Handelswege und Kolonien benötigten
die Supermächte zur See – Portugal
und Spanien – jetzt vor allem Schiffe und Geschütze,
und für beides jede Menge Kupfer.
Vor allem aber waren Güter aus Kupfer und
Kupferlegierungen für die Portugiesen die wichtigsten
Waren im Handel mit Indien und Afrika.
Indien hatte vieles, was Europäer begehrten –
selbst allerdings einen Mangel an Silber und
(qualitativ hochwertigem) Kupfer. Und an der
Westküste Afrikas hatten die Portugiesen schon
1482 ihren ersten festen Stützpunkt errichtet:
Dort verkauften ihnen regionale und lokale
afrikanische Machthaber gegen Manillen und
Gefäße aus Kupfer, Messing und Bronze menschliche
„Ware“. Portugiesische Sklavenhändler,
aber zum Beispiel auch Schiffe im Auftrag der
Augsburger Welser, verfrachteten die Versklavten
über den Atlantik und in beide Amerika.
„Transatlantischer Dreieckshandel“ nennt
man dieses Geschäft, bei dem Kupfer, Kupferlegierungen,
Fertigwaren aus Metall, Textilien,
allerlei Nippes und sogar Pferde aus Europa
nach Afrika verschifft wurden. Europäische Seefahrer
transportierten die dort von Afrikanern
verkauften Afrikanerinnen und Afrikaner unter
unmenschlichsten Bedingungen übers Meer.
Mit dem Erlös aus dem Sklavenhandel wurden
in Amerika die in Europa begehrten Güter erworben
– Gold, Zucker, Häute, Guajakholz
sowie verschiedendste exotische Luxuswaren.
Die Güter im Schiffsbauch der Karavellen und
Karacken waren die Rückfracht für Europa.
Kupfer war also eine „heiße Ware“, und
Jakob Fugger „der Reiche“ hatte mit äußerst
glücklichem Händchen wirtschaftlich alles richtig
gemacht. Schon 1495 war ein Hüttenwerk in
Fuggerau bei Arnoldstein in Kärnten entstanden,
wenig später ein Verhüttungsbetrieb in Hohenkirchen
bei Georgenthal in Thüringen. In Mogiła
bei Krakau betrieb die Fugger-Thurzo-Gesellschaft
ebenfalls eine Saigerhütte. Diese drei
Hüttenwerke lagen jeweils auf dem Territorium
von Zisterzienserklöstern. Man darf davon aus-
Ein kunstvolles Epitaph
in der Kirche St. Anna
erinnert an Stanislaus
Thurzo. Er war ein Angehöriger
der Familie,
mit der die Fugger den
„Ungarischen Handel“
gründeten. Nicht zuletzt
durch das bergmännische
Know-how
Johann Thurzos und
seiner Kontakte zum
ungarischen Königshof
hatten die Fugger ein
Kupfer imperium in den
Karpaten aufbauen
können. Die Fugger
hatten seinerzeit das
(Fremd-)Kapital beschafft.
Über ihr weitgespanntes
Netz der
Faktoreien hatten sie
zudem die Vertriebs -
wege zu bieten.
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