INDUSTRIELLE AUTOMATION 1/2024
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STEUERN UND ANTREIBEN<br />
ÜBERWACHUNG PER<br />
AUTOMATISIERUNGSTECHNIK<br />
Auf den ersten Blick passt das sicher nicht: Ein Bienenvolk ist ein<br />
komplexer Bioorganismus, der seit tausenden von Jahren sehr<br />
gut ohne Automatisierung funktioniert. In der industrialisierten<br />
Landschaft wird das Überleben eines Bienenvolks mittlerweile<br />
allerdings ohne menschliche Unterstützung schwer. Ein Versuch<br />
in der Schweiz zeigte, dass eine Wiederansiedlung von Bienenvölkern<br />
in ihrer natürlichen Lebensumgebung, dem Wald, lediglich<br />
bedingt erfolgreich ist. Sie überlebten entweder aufgrund<br />
von Nahrungsmangel oder wegen unbehandelter Krankheiten im<br />
Durchschnitt maximal zwei Winter.<br />
Hier ist also der Imker gefragt: Wie kann Automatisierungstechnik<br />
dabei helfen, das Leben der Honigbiene und anderer<br />
Insekten zu verbessern? Und was kann die Automatisierungstechnik<br />
von der Natur lernen? Schon heute überwachen zahlreiche<br />
Imker ihre Bienenstöcke mit verschiedenen Sensoren per<br />
„Fernwartung“. Und es gibt noch viel Luft nach oben. Die Erfassung<br />
des Gesundheitszustands – beispielsweise eines Befalls mit<br />
Varroa-Milben – durch Bildverarbeitung und per App wird ebenso<br />
umgesetzt, wie die Kontrolle des Schwarmverhaltens. Ferner<br />
werden Warnungen an den Imker versendet, bevor ein Schwarm<br />
auszieht. Dies geschieht durch das Auswerten von Innentemperatur,<br />
Geräuschpegel und Vibration. In der industriellen Welt<br />
würde man von Predictive Maintenance sprechen.<br />
01 Verschiedene Sensoren am Bienenstock werden eingesetzt, um<br />
Eingriffe des Imkers zu reduzieren und die Gesundheit des Bienenvolks<br />
zu überwachen<br />
CLOUD-BASIERTE GEWICHTSERFASSUNG<br />
BIENEN BESTÄUBEN GEMEINSAM<br />
MIT ANDEREN INSEKTEN RUND<br />
75 PROZENT DER HEIMISCHEN<br />
BLÜHPFLANZEN<br />
Weitere Felder sind zum Beispiel die Wahrnehmung von Eindringlingen<br />
am Flugloch – etwa Mäuse, Wespen oder Hornissen –<br />
und deren Abwehr auf Basis von Bilderkennung. Auf die Automatisierungstechnik<br />
übertragen wird somit Machine Vision verwendet.<br />
Darüber hinaus erhält der Imker eine Alarmierung bei<br />
einem Schwarmauszug, der auf der Feststellung eines plötzlichen<br />
Gewichtsabfalls – Events und Alarming – basiert. So hat er<br />
die Möglichkeit, den Schwarm wieder einzufangen. Die Gewichtsaufnahme<br />
dient auch zur Bestimmung der richtigen Zeitpunkte<br />
für die Honigernte beziehungsweise die Detektion des<br />
Endes einer Massentracht – beispielsweise dem Ende der Blüte<br />
von Raps oder Linde. Ebenso erleichtert eine Cloud-basierte<br />
Gewichtserfassung und Datenauswertung die Abschätzung des<br />
Futtervorrats im Winter.<br />
Denkbar sind ferner die Erkennung von Weisellosigkeit – des<br />
Königinnenverlusts – anhand der Töne (Condition Monitoring),<br />
die Bienen von sich geben. Das ist ein lautes Brausen innerhalb<br />
der ersten ein bis zwei Wochen der Weisellosigkeit. Zudem lassen<br />
sich aktuelle Wetterdaten und Vorhersagen aufnehmen, zum<br />
www.industrielle-automation.net <strong>INDUSTRIELLE</strong> <strong>AUTOMATION</strong> <strong>2024</strong>/01 27