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Das Stadtgespräch Ausgabe März 2024 auf MeinRHWD

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gibt es seit 1993 das Donkey Sanctuary<br />

Bonaire, einen Gnadenhof,<br />

der 400 Tieren eine Heimat bietet.<br />

5 Sieht malerisch aus –<br />

sind aber ehemalige Sklavenunterkünfte<br />

DAS STADTGESPRÄCH<br />

BEQUEM AUF DEM<br />

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05242 93770 I info@splietker.de<br />

Elend vor Traumkulisse<br />

Vielleicht das beliebteste Fotomotiv<br />

<strong>auf</strong> Bonaire sind kleine<br />

Steinhütten am Strand vor strahlendblauem<br />

Himmel und türkisgrünem<br />

Wasser. Was so malerisch<br />

aussieht, ist allerdings makaberes<br />

Überbleibsel aus der Sklavenzeit.<br />

Die nicht einmal mannshohen<br />

Hütten mit nur einer Eingangsöffnung<br />

und einem winzigen<br />

Fenster ohne Glas beherbergten<br />

ganze Sklavenfamilien. Als die Europäer<br />

1499 unter Alonso de Ojeda<br />

und Amerigo Vespucci, dem der<br />

amerikanische Kontinent seinen<br />

Namen verdankt, Aruba, Bonaire<br />

und Curaçao »entdeckten«, nahmen<br />

sie sie für Spanien ein. Bezeichnender<br />

Weise nannten sie<br />

die heutigen ABC-Inseln »islas<br />

inútiles«, also nutzlose Inseln.<br />

Später hieß Bonaire die Insel der<br />

Riesen, denn die Caiquetíos, ein<br />

Stamm der Arawak, überragten<br />

die Europäer um Haupteslänge.<br />

Ab 1513 verschleppten die Spanier<br />

alle Einwohner als Sklaven nach<br />

Hispaniola, also ins Gebiet der<br />

heutigen Dominikanischen Republik<br />

und Haitis. Ein gutes Jahrzehnt<br />

später brachten sie einige<br />

der überlebenden Ureinwohner<br />

zurück, weil sie Leute für die Viehzucht<br />

brauchten. Bonaire war danach<br />

lange eher so etwas für ein<br />

Depot für Leder und Fleisch, das<br />

man <strong>auf</strong> Grund der natürlichen<br />

Salinen im Süden problemlos<br />

zum Einpökeln gewinnen konnte.<br />

Später merkte man dann, dass<br />

man mit Salz viel Geld verdienen<br />

konnte. Da die Insel nur dünn<br />

besiedelt war und Arbeitskräfte<br />

fehlten, k<strong>auf</strong>ten die Spanier afrikanische<br />

Sklaven. Nur wenige Europäer<br />

siedelten sich an, weil man<br />

sich <strong>auf</strong> der flachen Insel schlecht<br />

gegen Piraten schützen konnte.<br />

Entsprechend waren die Europäer<br />

meist nicht freiwillig hier, also als<br />

Sträflinge oder Kriegsgefangene.<br />

Im 17. Jahrhundert stritten die<br />

Niederlande und Spanien um die<br />

inzwischen durch den Salzabbau<br />

und die Plantagen im Norden interessant<br />

gewordene Insel. Erst<br />

mit der Niederlage Napoleons<br />

ging Bonaire 1816 endgültig an<br />

die Niederlande. Für die Sklaven<br />

spielte es kaum eine Rolle, wer gerade<br />

das Sagen <strong>auf</strong> der Insel hatte.<br />

Die Sklavenhütten wurden 1850<br />

erbaut und dienten während der<br />

Woche als Unterkunft. Am Wochenende<br />

mussten sie in Rincon<br />

übernachten, was jede Woche einen<br />

siebenstündigen Fußmarsch<br />

durch die erbarmungslose Hitze<br />

bedeutete. Erst 1863 beendeten<br />

die Niederlande die Sklaverei.<br />

Welcom oder bon biní<br />

Bonaire durchlief verschiedene<br />

Stadien als Kolonie oder Teil<br />

der Niederländischen Antillen.<br />

Letztere wurden 2010 <strong>auf</strong>gelöst,<br />

Bonaire ist seither Bijzondere<br />

Gemeente, hat also den Status<br />

der Besonderen Gemeinde der<br />

Niederlande. Dadurch gehört<br />

sie nicht zum Schengen-Raum<br />

und hat auch keinen Euro wie<br />

beispielsweise die französischen<br />

Karibikin seln Martinique und Guadeloupe,<br />

sondern den US-Dollar<br />

als Währung. Offizielle Landessprache<br />

ist Niederländisch. <strong>Das</strong><br />

Problem dabei ist, dass nur rund<br />

15 Prozent der Einheimischen das<br />

Niederländische als Muttersprache<br />

haben. <strong>Das</strong> sind in etwa genauso<br />

viele Menschen, wie Spanische<br />

Muttersprachler. Zwei Drittel<br />

der Bewohner Bonaires sprechen<br />

Papiamento. Diese Kreolsprache<br />

repräsentiert ganz gut die wechselvolle<br />

Geschichte der Insel,<br />

wobei sich die Gelehrten trefflich<br />

über die tatsächliche Entstehung<br />

der Sprache streiten. Es gibt dazu<br />

mittlerweile vier Theorien. Unklar<br />

ist, ob die Wurzeln aus dem 17.<br />

Jahrhundert überwiegend aus<br />

dem Pidgin-Portugiesisch, das es<br />

an der Westküste Afrikas seit dem<br />

16. Jahrhundert gab, aus dem<br />

Spanischen, vor allem aus dem<br />

ausgewanderter Sephardische<br />

Juden, aus dem Galizischen oder<br />

aus einer Mischform diverser romanischer<br />

Sprachen entstanden<br />

ist. Unumstritten ist dabei, dass<br />

das Papiamento zwei Drittel seines<br />

Wortschatzes aus dem Portugiesischen<br />

oder Spanischen<br />

hat. 28 Prozent sind Niederländisch,<br />

rund sechs Prozent sind<br />

englischen oder französischen<br />

Ursprungs. Guten Tag heißt »bon<br />

dia« und danke »danki«, das fast<br />

wie das holländische »dank u«<br />

klingt. In den Grundschulen wird<br />

inzwischen auch in Papiamentu<br />

unterrichtet. Die höhere Schulbildung<br />

erfolgt jedoch <strong>auf</strong> Niederländisch,<br />

allein schon deshalb,<br />

weil viele Jugendliche nach ihrer<br />

Schule im Ausland studieren.<br />

Papiamentu ist heute im Inselparlament<br />

als Amtssprache zugelassen.<br />

Doch ganz gleich, ob man<br />

sich einen »goedendag« oder<br />

ein »bon dia« wünscht, freundlich,<br />

entspannt, locker, zu einem<br />

Schwätzchen <strong>auf</strong>gelegt und auch<br />

Besuchern zugewandt sind die<br />

Einwohner Bonaires <strong>auf</strong> jeden<br />

Fall.<br />

54 <strong>Das</strong> <strong>Stadtgespräch</strong>

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