MQ+ Frühling 2024

Das Artland-Magazin.
mobile
Joes
Veloschmiede
Das erste Fahrrad wird
Joao nie vergessen: Es lag
irgendwo in den Straßen
Quakenbrücks auf einem
Stapel Sperrmüll. Dabei
brauchte es nur wenige Handgriffe und
es war wieder komplett hergerichtet.
Für den damals achtjährigen Jungen,
der gerade aus Portugal nach Deutschland
ausgewandert war, war das nichts
Ungewöhnliches. Und schon gar nichts
Minderwertiges. In dem kleinen portugiesischen
Dorf, in dem er seine ersten
Lebensjahre verbrachte, ist es selbstverständlich,
dass gute Dinge repariert
werden. Und so flitzte der temperamentvolle
Junge drei Jahre lang mit
diesem ersten eigenen Fahrrad durch
die Straßen von Quakenbrück.
Warum Gutes
durch Neues ersetzen?
Ob dies das einschneidende Erlebnis
war, das seine Lebenseinstellung
geprägt hat? Der heute 32 jährige Joao,
besser bekannt als Joe, weiß es nicht.
Die Frage, warum man Gutes wegwirft
und durch Neues von zweifelhafter
Qualität ersetzt, begleitet den Minimalisten
allerdings ständig. Das erklärt,
warum er einen guten Job bei einer
namhaften Firma aufgab. Und warum
er mit seiner jungen Familie ein Leben
in Selbstversorgung anstrebt. Und dass
sein zweites berufliches Standbein mit
der Velo-Schmiede das perfekte Puzzleteil
im Leben dieses unkomplizierten
Mannes ist, der echtes Handwerk liebt.
Das Rad aus Paris
Die Idee für seine mobile Velo-Schmiede
schlummerte schon eine Weile in ihm.
Als er dann in den Straßen von Paris zum
ersten Mal ein Lastenfahrrad sah, ließ
ihn der Gedanke an eine eigene mobile
Werkstatt nicht mehr los. Dann kam
Corona und der Fahrradboom war nicht
mehr zu bremsen. Es folgten Lieferengpässe,
der Mangel an neuen Fahrrädern
und Ersatzteilen. Seitdem können sich
Fahrradwerkstätten vor Arbeit kaum
noch retten.
Von Beate Deeken
22 | MQ Ausgabe Frühjahr 2024